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und nördlich von der Loire bestehen, haben somit schon im Alterthum die Aufmerksamkeit der alten Schriftsteller auf sich gelenkt. Es wäre aber ganz unmethodisch die Brachykephalen für Ligurer zu erklären, wie es früher öfters geschehen ist, oder die dolichokephalen Kelten für Germanen auszugeben, wie es d'Homalius d'Halloy gethan hat. So viel geht aber aus den geradezu classischen Forschungen Rogets de Belloguet1) hervor, dass beide Stämme eine und dieselbe Sprache, wenn auch mit dialektischen Schwierigkeiten gesprochen haben.

Welcher von diesen beiden, anthropologisch so streng geschiedenen Volksstämmen, der ursprüngliche Träger der keltischen Sprache sei, lässt sich jetzt noch nicht sagen.

Nach Topinard, einem der tüchtigsten Forscher aus der Schule Brocas, soll der keltische Brachykephalus den Typen der iranischen Galtschas, von denen einige Schädel Ujfalvy de Mező-kövesd aus Centralasien nach Paris gebracht hat, am besten entsprechen, woraus er den Schluss ziehen will, dass Kelten und Iranier am besten den arischen Typus repräsentiren. Selbstverständlich theile ich dieses interessante Factum hier, wie früher anderen Orts, mit vieler Reserve mit.

Ueber den Zusammenhang der gallischen Kelten mit dem britisch-keltischen Zweige gibt es bis jetzt keine exacten anthropologischen Forschungen, wie denn überhaupt die anthropologische Gesellschaft in London diesen Forschungen viel zu wenig Aufmerksamkeit widmet.

Zum Schluss muss ich wiederum mein Bedauern aussprechen, dass die ähnlich klingenden Namen Kymren, Cimbern und Kimmerier noch immer - wie dies sogar bei Henri Martin in der ethnologischen Literatur eine bedeutende Confusion verursachen.

Die Cimbern waren gewiss Germanen, 2) denen sich allerdings auf ihren Zügen keltische Schaaren angeschlossen haben und hatten mit den keltischen Kymren nichts gemein.

Die Kimmerier am Pontus waren aber, wie ich es in diesen Mittheilungen, Band VI, p. 218 u. ff., zur Evidenz nachgewiesen zu haben glaube, thrakischen Ursprungs. Die franzö

1) Roget de Belloguet. Ethnogenie gauloise. Paris 1867 bis 1873, IV Theile.

2) Rawlisons gegentheilige Behauptung im Journal of the Anthropological Institute 1876 beweiset nichts.

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sischen Forscher, darunter Roget de Belloguet, haben sich alle erdenkliche Mühe gegeben, aus diesen uralten Kimmeriern, die bekanntlich schon in den homerischen Gedichten genannt werden, Kelten zu machen. Es freut mich daher, dass Herr Girard de Rialle in der Recension meiner prähistorischen Ethnologie der Balkanhalbinsel in Brocas Revue d'Anthropologie 1878, p. 346, meine Ansicht für richtig erklärt. Welchen Sinn soll die kimmerische Race haben in Topinards Anthropologie? Eine ähnliche Bezeichnung ist die sarmatische Schädelform, die v. Hölder in Württemberg gefunden haben will. Er meint darunter wohl die slavische Schädelform. Die Slaven und die längst verschwundenen iranischen Sarmaten sind aber ganz verschiedene Völker.

Ein Idol vom Amazonenstrom.

Von

Richard Andree.

(Hiezu Tafel V.)

Im nachstehenden gebe ich die Uebersetzung einer kleinen Schrift, welche bereits im Jahre 1875 zu Rio de Janeiro erschien, die aber, so viel mir bekannt wurde, in der deutschen, englischen oder französischen ethnographischen Literatur bisher unbeachtet geblieben ist. Dieselbe handelt von dem Funde eines Idols aus Stein, welches von den Indianern am Amazonenstrom herrühren soll. Da wir aber bisher aus Brasilien so gut wie gar keine Ueberreste dieser Art kennen, Steinmonumente in Südamerika überhaupt nur bei den Culturvölkern der Cordilleren bekannt sind, so verlohnt es sich wohl der Mühe, die Schrift näher zu betrachten. Ich gebe zunächst die vollständige Uebersetzung und knüpfe alsdann einige Bemerkungen daran. Der Titel lautet: Idolo Amazonico achado no rio Amazonas por J. Barboza Rodrigues em commissão scientifica pelo governo imperial. Rio de Janeiro Typographia de Brown & Evaristo 1875. Der Verfasser ist Botaniker von Fach und durch eine Enumeratio palmarum sowie durch das fünfbändige Werk Exploraação e estudo do valle do Amazonas bisher bekannt geworden.

Während meiner Excursionen auf dem Amazonenstrom achtete ich stets darauf, neben meinen botanischen Arbeiten noch Zeit zu archäologischen Studien zu gewinnen; die Folge war, dass ich eine für die brasilianische Alterthumskunde sehr wichtige Erwerbung machte, und ich beeile mich nun über diese in künstlerischer und monumentaler Beziehung wichtige Entdeckung einige Betrachtungen als Resultat meiner Studien anzustellen.

Alle Geschichtsschreiber und Naturforscher, welche in den ältesten Zeiten über Brasilien geschrieben haben, sind übereinstimmend der Ansicht, dass unsere Eingeborenen keine Religion besessen haben.

Pigefatta, der Begleiter des Magalhães auf dessen Weltreise, berichtet, dass die brasilianischen Indianer ohne Cultus waren; auch Lery bestätigt, dass die Tupinambas keine Religion hatten und so lautet das Urtheil aller, wofür ich noch die Worte des Simon de Vasconcellos anführe: Die Indianer Brasiliens beten vorsätzlich keinen Gott an; sie haben weder Tempel, Geistliche, Opfer, Glauben noch irgend ein Gesetz" 1).

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Dagegen haben andere, wie der Jesuitenpater João Daniel, der neunzehn Jahre als Missionär am Amazonenstrome war und der im Jahre 1797 schrieb, anders berichtet. Er sagt in seinem Thesouro descoberto no maximo rio Amazonas 2): dass die Indianer Götzendienst und Idole haben und dass nur ungemein schwierig die religiösen Sitten und Gebräuche ihrer Vorfahren nachliessen" und er schliesst unter Beibringung von Beweisen, dass das Heidenthum Amerikas ein Götzendienst, wie in der übrigen Welt sei und dass es nur dadurch von demjenigen anderswo sich unterscheide, dass bei den Ungläubigen der anderen Völker mehr Ordnung und Gewähltheit im Cultus, in der Anbetung, den Tempeln und Opfern, die sie ihren Götzen darbringen, bestände. Die Tapuyas dagegen, wilder und roher von Natur, hatten auch einen roheren Götzendienst mit wenigen oder gar keinen Ceremonien, was ihrer angeborenen Wildheit und Barbarei entspricht".

1) Noticias curiosas e necessarias das cousas do Brazil, pelo padre Simao de Vasconcellos. Lisboa 1668. p. 291.

2) Revista do Instituto Historico. tom II. Nr. 8, 1858 p. 484.

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