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förmigen Basen, die man sich gut in zwei Reihen zu sechs und vier Würfeln übereinander gelegt denkt. Die vier äußersten Würfel sind glatt gelassen, die inneren sechs durch einen Rand in eine kleinere Stufenfolge zusammengefaßt, deren Fläche durch lot- und wagrechte Schnitte punktiert erscheint. Die Stütze darüber ist zwischen schmalen Rändern diagonal gestreift. Die Bogen werden durch ein fortlaufendes, dreistreifiges Band gebildet, die Zwickel dazwischen sind wieder schraffiert. An den Enden läuft das Bogenband wagrecht weiter und verschwindet hinter Rosetten, die zusammen mit je einem Tiere die Ecken bilden. In den Bogen stehen als Füllungen Palmetten aufrecht; die beiden mittleren sind rund-, die vier äußeren spitzblätterig. Man beachte die Technik: die Ränder wurden als Stege stehen gelassen, die Flächen vertieft. Ebenso gearbeitet sind die über den Eckpfeilern nach der Seite wehenden Akroterien. Die Rosetten werden durch achteckige Sternunterlagen gebildet, über die sich ein zweiter achteckiger Stern heraushebt. Der untere zeigt eine Belebung der Fläche durch Doppelführung der Ränder und Diagonalen, der obere dadurch, daß nach jeder Einziehung ein dreistreifiger Radius läuft. Die Mitte bildet ein Bohrloch. Die den Reliefstreifen abschließenden und der Mitte zugewendeten Tiere sind ungleich gearbeitet. Beide stellen Löwen dar; doch erscheint der zur Linken kleiner und in einem zweistreifigen Kreise mit drei Eckschleifen, während der andere rechts größer und ohne Umrahmung gebildet ist. Die Vorderbeine sind. vorgesetzt, die rückwärtigen eingezogen. Aus dem Maul steht die Zunge vor, und der Schwanz endigt blattartig. Die Arbeit ist flach und roh, der Kontur zumeist doppelt.

Es kann kein Zweifel sein, daß wir es mit Schmuckresten einer christlichen Kirche zu tun haben: einem Türsturz oder dem Architrav einer Bilderwand. Die Maße legen nahe, an erstere Verwendung zu denken; dafür spricht auch die Inschrift, die sehr gut über den Eingang der Kirche paßt. Eine sichere Entscheidung wird nur auf Grund des Augenscheines zu gewinnen sein, wenn die beiden Stücke einmal herausgenommen und auf die Spuren tektonischer Verbindung hin untersucht sind.

Die Analogien für dieses kleinasiatische Stück vom Jahre 967 findet man sehr zahlreich auf dem Boden des mittelalterlichen Hellas. Nach den vom Jahre 974/75, also etwa gleichzeitig datierten 1)

1) Diese Datierung steht infolge der Zerstörung der Inschrift nicht außer Zweifel. Vgl. ▲eλтíov a. a. O., S. 121.

Ornamentstücken aus dem Kloster τοῦ κυνηγοῦ τῶν φιλοσόφων bei Athen, die ich in den Magazinen des Kentrikon fand, möchte man das allerdings nicht erwarten; denn auch dort bildeten zwar Bossen die Gliederung des Architravs, und es treten Vögel als Schmuck auf, aber das verbindende Element sind nicht Bogennischen, sondern mehrstreifige Ranken. Der Fall liegt eben wohl so, daß im 10. Jahrhundert in Hellas mehrere Dekorationssysteme nebeneinander bestanden. Man betrachte für die unmittelbar folgende Zeit nur die beiden Ikonostasen in den Kirchen von Hosios Lukas1) und wird einen überzeugenden Eindruck von dem Reichtum an Schmuckformen im Mittelalter von Hellas bekommen.

Die Ikonostasis der Hauptkirche von Hosios Lukas könnte auch Aufschluß über den Einteilungsgrund des Architravs von Magnesia geben. Wir sehen die drei symmetrisch verteilten Bossen und die Löwen, beziehungsweise Greifen an den Enden. Die Bossen sitzen über der Mitte der Interkolumnien des von vier Säulen getragenen Steinbalkens. Da aber die Einteilung des gewöhnlichen Türsturzes eine ähnliche und der Architrav von Magnesia im ganzen nur 185 m lang ist, so ist auch damit die Frage nach der Bestimmung unserer Stücke nicht unbedingt entschieden.

Einen Architrav von gleicher Entwicklung, dazu aber mit fast genau der gleichen Dekoration kann ich in der Kirche Peribleptos in Mistra bei Sparta nachweisen (Taf. V, 3). Die Verwandtschaft geht so weit, daß er zur Ergänzung der in Magnesia zerstörten Mittelbosse herangezogen werden kann. Diese schmückt ein Kreuz mit eingerollten Enden. Dann folgen vier statt der drei Arkaden, darauf die bossierten Rosetten, endlich kämen die Löwen. Statt ihrer ist in der Peribleptos der die Arkaden umziehende Bandstreifen zu einem Kreise eingerollt und, wie es scheint, mit Rankenwerk gefüllt. Das Stück ist leider fragmentiert. Es wird wohl aus dem alten Sparta bei der Übersiedlung nach Mistra mitgenommen worden sein).

Ein zweites Beispiel fand ich in Mavromati auf dem Ithome (Taf. VI, 1). Es ist ein vor der Kirche liegender Architrav, 1·34 m lang, 0.29 m breit und 0.24 m hoch. Die Vorderseite zeigt eine ununterbrochene Flucht von Arkaden, die Unterseite an dem in der Abbildung sichtbaren Ende links ein vielstreifiges Rautenornament mit eingerollten Enden, rechts, wahrscheinlich dem Teil, der einst

1) Schultz and Barnsley pl. 22 f.

2) Einen Analogiefall habe ich Byz. Zeitschrift III, S. 12 f. nachgewiesen.

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über dem Mitteldurchgang der Bilderwand lag, ein Reliefbild mit einem Greif, hinter dem ein Löwe herläuft. Man wird nun finden, daß über diesem Felde die Arkaden doppelte, seitlich jedoch nur einfache Säulen haben. Die Intercolumnien sind wieder mit aufrecht stehenden Blättern gefüllt.

Neben diese beiden peloponnesischen Beispiele möchte ich zum Schluß noch ein zweites kleinasiatisches stellen. Ich fand es auf der Akropolis von Pergamon. Es ist ein Architravfragment (Taf. VI, 2), welches an der Vorderseite dieselbe Folge von drei Bogen mit den gleichen Stufenuntersätzen und ähnlichen Bogenrändern, dazı fast genau die gleiche Palmettenfüllung zeigt, wie das Stück im benachbarten Magnesia. Hier sind dazwischen drei flache Rosetten angebracht, welche durch zweistreifige Bänder untereinander verschlungen sind. Dasselbe Motiv umrahmt den Löwen links in dem Stücke von 967. Die Unterseite zeigt Einarbeitungen für die Architravstützen, dazwischen über den alten Türdurchgängen flache Ornamente. Die Stücke, die man in der Abbildung darunter sieht, gehörten im Stil durchaus zu dem Architravstück1).

Aus diesem Parallelismus griechischer und klein asiatischer Belege ergibt sich, daß im 10. Jahrhundert die Kunstformen beider Gebiete, zum Teil wenigstens, die gleichen sind. Diese Erscheinung tritt nicht erst in der in Betracht kommenden Spätzeit hervor. Der alten geologischen Zusammengehörigkeit von Hellas und Kleinasien folgt in historischer Zeit die vereinte Blüte der ionischen Kunst mit Athen an der Spitze. Im hellenistischen Zeitalter übernimmt wieder Kleinasien mit Pergamon, in den ersten christlichen Jahrhunderten mit Ephesos die Führung. Beim Entstehen der byzantinischen Kunst bilden Kleinasien und die Ostküsten des Balkan einen geschlossenen Kreis, nur Hellas selbst bewahrte eine altertümelnde Eigenart. Diese Trennung blieb auf manchen Gebieten auch später, die Monumentalkunst aber zeigt im allgemeinen eine entschiedene Neigung zu byzantinischen Formen. In diesem Zusammenhange wird der vorliegende Fall von Beziehungen zwischen Hellas und Kleinasien zu lösen sein. Es ist hier nicht Platz genug, um die Antwort mit der nötigen Ausführlichkeit geben zu können. Davon wird. daher an anderer Stelle zu reden sein.

Graz.

JOSEF STRZYGOWSKI.

1) Über ein anderes Stück des christlichen Trümmerschuttes von Pergamon vgl. Byz. Zeitschrift III (1894), S. 13 und Taf. III, 5 und 6.

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