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herab und bald verschwindet auch der letzte »>Zeuge « einer früher weitausgedehnten Gesteinsschicht und eine Ruhepause tritt ein in der Abtragung des Landes, denn die Kalkbank D widersteht energisch und lange den Angriffen der wüstenbildenden Kräfte. Sobald es ihnen aber gelungen ist, irgendwo ihr Werk am Rand und unter

Fig. 46. Schuttkegel an einem Hügel am SO-Ende des Mokkatam gegen das Plicatulathal.

der Kalkschicht in dem Mergel E anzufangen, dann beginnt der Denudationsprocess aufs Neue, abermals entsteht eine Zeugenlandschaft mit Circusthälern, und abermals wird auch diese abgetragen und eine weite Kieswüste gebildet.

Als Gegenstück zu der eben geschilderten Zeugenbildung und Denudation in einer undislocierten Tafellandschaft will ich jetzt noch kurz die Denudationsvorgänge in einem complicirteren, durch Dislocationen verwickelteren Gebiete schildern. Auch hier brauche ich nur das aneinander zu reihen, was ich nebeneinander in der Wüste häufig beobachtet habe, und zwar dienen mir hier als Grundlagen die

Abu Roasch

el Gaa

Fig. 47. Dislocierte Kreidekalke bei Abu Roasch.

Beobachtungen vom Djebel el Gaà, NW von Abu Roasch s. Fig. 47, und vom Djebel Súffr s. Korallenriffe Fig. 11 und einigen anderen Bergen am Sinai.

Nehmen wir an, dass der Aufbruch des Dj. Súffr nicht nur Sandstein, Kreidemergel und Nummulitenkalk, sondern auch den unter dem Sandstein liegenden Granit zu Tage gebracht hätte, so würde.

Abhandl. d. K. S. Gesellsch. d. Wissensch, XXVII.

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ein schematisches Profil durch den Dj. Súffr folgendes Bild bieten: Fig. 48. Die Einwirkung der denudierenden Kräfte in der Wüste auf die in kleinem Raum hier zusammen vorkommenden Gesteine wird nach ihrer Härte eine sehr verschiedene sein.

Der Granit wird schalig zerspringen und zu lockerem Feldspathquarz-hornblende-grus zerfallen (s. u. Entstehung des Wüstensandes). Der Wüstenwind wird die durch Insolation immer mehr zerkleinerten Fragmente des leichter zerstörbaren Feldspathes rasch entführen. Quarz- und Hornblendesand bleibt zurück. Der Sandstein beiderseits

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Fig. 48. 1. Granit. 2. Sandstein mit Manganknollen. 3. Kalk mit Ammoniten.

4. Kalk mit Nummuliten.

von dem Granit wird sich theilweise mit schwarzer Schutzrinde umgeben und dadurch sehr resistent werden, theilweise wird er zerstört und zerfällt ebenfalls zu Quarzsand. Die Kreideschichten werden je nach ihrer Härte verschieden stark angegriffen, aber da sie nicht

Fig. 49. Schichtenköpfe von Kreidekalk bei Abu Roasch.

nach oben durch eine feste Decke geschützt sind, und die schräg einfallenden Schichten der Deflation keinen grossen Widerstand leisten können, werden sie zu kleinen Hügeln mit einzelnen härteren Bänken abgeschliffen, wie man an den Kreidebänken bei Abu Roasch s. Fig. 49 vortrefflich beobachten kann. Die verkieselten Exogyren und Korallen sind widerstandsfähiger als das umgebende Gestein und werden übrig bleiben, wenn dieses auch zerstört wird, der Nummulitenkalk endlich wird in ähnlicher Weise zerstört und die härteren

Wurzeln und Aeste werden nicht gefunden, dagegen besitze ich selbst Stücke, in denen Astansätze ganz deutlich erkennbar sind. Auch Rindenstücke werden nicht beobachtet, wenn man nicht eigen

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Fig. 74. Nicolienstamm am grossen versteinerten Wald bei Cairo nach einer Photographie von Dr. SARASIN.

thümliche mit Warzen bedeckte Stücke als Reste der Rinde ansprechen darf. Taf. VIII, Fig. 6 ist ein solches warzenbedecktes Stück, das vom grossen versteinerten Wald stammt. Da ähnliche

Am folgenden Tage kreuzte ich von Uâdi Mbel bis Uâdi Timân eine grosse Anzahl von Thalrinnen und hatte Gelegenheit zu vergleichen, in welchem Maasse dieselben vom Wasser betroffen worden waren. Hierbei zeigte es sich, dass nahe beieinander liegende Thäler ganz verschieden stark bewässert worden waren, in dem Einen war Alles überschwemmt gewesen, gelber Schlamm überzog alle Steine, Salsulabüsche waren ausgerissen und weit verschleppt, kleine Wasserpfützen waren noch sichtbar, in dem nächsten Thal war Alles trocken und keine Spur rinnenden Wassers zu beobachten. Beduinenfamilien mit hunderten kleiner Ziegen und Schafe begegneten uns, um die überschwemmten Thäler aufzusuchen, da dort binnen. wenigen Tagen eine üppige Vegetation emporspriessen musste.

Die Regen in der Wüste haben ein ähnlich begrenztes Verbreitungsgebiet wie die Hagelschläge in unseren Breiten, und wie diese, üben sie ihre Wirkung auf zeitlich und örtlich begrenztem Raum.

Nun ist die Erosion eine unmittelbare Folge des Regens und in ihren Wirkungen an die Verbreitung desselben gebunden, in der Wüste mehr als bei uns. Denn der Wüstenboden ist ausgetrocknet, beständig rinnendes Wasser ist selten und noch seltener erreicht es das Meer. In mehreren Uâdis der Sinaihalbinsel trifft man rinnendes Wasser (Uâdi Tayibe, Uâdi Feirân, Uâdi Hebrân etc.), allein dasselbe versiegt, ehe es das Meer erreicht. Ebenso ergeht es dem Wasser, das bei Gewitterregen die Uâdi erfüllt. Es wird rasch vom ausgedorrten Boden absorbiert und kann nur auf kurzen Strecken erodierend wirken.

Wir sehen also, dass die erodierende Kraft in der Wüste zeitlich und örtlich eng begrenzt wird, dass jeder Regen ein neues, anderes Verbreitungsgebiet hat, und demzufolge auch seine Erosionswirkungen verlagert.

Die Erosion besteht darin, dass fliessendes Wasser Gesteinsbrocken losreisst, rollt und abrundet, die Sohle des Thales damit bearbeitet und die Gerölle da ablagert, wo seine transportierende Kraft erlahmt. Alle diese Erscheinungen müssen daher in der Wüste local begrenzt sein, sie müssen in benachbarten Thalsystemen sich verschieden verhalten, sogar im Verlauf ein und derselben Thalrinne in ihrem Verhalten wechseln.

Wer diesen Gedanken im Auge behält, wer sich der erwähnten Thatsachen stets erinnert, der wird sich über die sonderbare Vertheilung der Erosionsproducte in den Wüstenthälern nicht wundern, der wird keine der Wüste fremden Kräfte zu Hülfe nehmen, um sich Rechenschaft zu geben über das sonderbare Auftreten der Schottermassen in der Wüste.

Aber es muss noch Eins in Rechnung gezogen werden. Bei uns in einem regenreichen Klima ist die Wirkung der Erosion auch insofern vom fallenden Regen abhängig, als er die Erosionsproducte bilden hilft. Der Regen dringt in die Felsen, löst chemisch und mechanisch den Verband des Gesteins und derselbe Regen trägt die gelockerten Steine zum Thal hinab, und rollt sie in der Thalsohle weiter. Es werden also durch den Regen die Erosionskraft und die Transportkraft geliefert und gleichzeitig die zu transportierenden Massen gebildet. In der Wüste regnet es so selten, dass die Lockerung und Zerkleinerung des Gesteins durch das fallende Wasser in ganz untergeordneter Weise vollzogen wird. Andere Kräfte, welche im Gegensatz zum seltenen Regen, Tag und Nacht, Jahr aus Jahr ein wirksam sind, lockern die Gesteine. Die Verwitterung, die Zerbröckelung des salzhaltigen Gesteins, die Wirkung der Insolation, das sind die Kräfte, welche Gesteinsbrocken bilden, welche das Material liefern, das die Erosion dann übernimmt, die selbst da noch thätig sind, wo die Kraft des fliessenden Wassers erlahmt.

Infolgedessen kann die Kraft des fliessenden Wassers ganz als Transportmittel ausgenutzt werden, an Gesteinsbrocken ist kein Mangel, alle liegen locker aufeinander und erwarten den ersten Regen, der sie leicht davonträgt.

Daraus erklärt sich jene überraschende Wirkung der Erosion in der Wüste. Wir sehen ungeheuere Massen von Erosionsproducten aufgehäuft, und schliessen aus der Analogie europäischer Verhältnisse, dass ungeheuere ungewohnte Erosionskräfte hier thätig gewesen sein müssen, ohne zu bedenken, dass das fliessende Wasser in der Wüste nur die vorhandenen Gesteinsbrocken abrundet und transportiert, und seine ganze Kraft auf diese Leistung concentrieren kann, während bei uns die Kraft des fliessenden Wassers beim Eingraben in den Boden, beim Lockern von Steinen schon zum Theil verbraucht wird und ein anderer bedeutender Antheil durch die

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