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2. Bestimmung des Wendepunktes durch die grössten Ordinaten- oder die kleinsten Abscissendifferenzen.

Aus dem Umstande, dass der zweite Differentialquotient der Curve für den Wendepunkt verschwindet, entspringen zwei wesentlich nicht von einander verschiedene Methoden, denselben zu bestimmen.

A. Hat man für eine Reihe von Punkten sowohl des convexen, als des concaven Curventheils, deren aufeinander folgende Abscissen sich um dasselbe Stück x unterscheiden, die zugehörigen Ordinaten gemessen, so wird die Differenz zweier aufeinander folgender Ordinaten für dasjenige Intervall, in welchem der gesuchte Wendepunkt gelegen ist, ein Maximum erreichen. Darauf aber ist wohl zu achten, dass man nur ein Intervall angeben kann, innerhalb welches der gesuchte Punkt liegt. Je kleiner man aber die Abscissendifferenz 4x wählt, in desto engere Grenzen kann man auch den zu bestimmenden Punkt einschliessen.

B. Ist die Punktreihe auf der Curve so angeordnet, dass aufeinander folgende Ordinaten um dasselbe Stück 4y differiren, so erreicht der Unterschied zweier aufeinander folgender Abscissen für das Intervall, innerhalb welches der Wendepunkt liegt, ein Minimum.

3. Messung der Coordinaten der Curvenpunkte. Zur Messung der Coordinaten standen mir zwei Apparate zur Verfügung. Jeder von beiden bestand im Wesentlichen aus zwei aufeinander senkrechten Maasstäben, von denen der eine fest war, der andere aber eine Verschiebung parallel sich selbst gestattete.

A. Messapparat bei constanter Abscissen- und maximaler Ordinatendifferenz. Der eine Apparat1), bei dessen Anwendung zur Messung der Coordinaten behufs Bestimmung des Wendepunktes ich die erste der beiden oben auseinandergesetzten Methoden zu Grunde zu legen hatte, besass einen festen verticalen Maasstab, während der horizontale Maasstab längs des verticalen sich verschieben liess. Mit Hilfe eines Nonius konnten am verticalen Maasstab des Apparats Zehntel-Millimeter abgelesen werden und halbe Zehntel-Millimeter

4) Abgebildet in dem Katalog des Herrn Mechanikus PETZOLD.

waren noch bequem zu schätzen. Der bewegliche horizontale zur Messung der Abscissenlänge dienende Maasstab war in Millimeter getheilt. Die exacte Einstellung des beweglichen Maasstabes auf die Punkte der Curve und die Ablesung des Nonius wurde stets mit Hilfe einer mässig vergrössernden Lupe vorgenommen.

B. Messapparat bei contanter Ordinaten- und minimaler Absissen differenz. Der andere Messapparat, dessen Abbildung Taf. I zeigt, besitzt einen festen horizontalen Maasstab a und einen beweglichen verticalen Stab b. Beide Stäbe sind in Millimeter getheilt. Die Verschiebung des beweglichen Maasstabes geschieht aber hier nicht mit der Hand, wie bei dem vorhin beschriebenen Instrument, sondern vermittelst der Mikrometerschraube c, welche auch die Grösse der Verschiebung zu messen gestattet, sodass dadurch bei der Anwendung des Apparats zur Wendepunktsbestimmung, wobei ich die zweite der oben dargelegten Methoden zu benutzen hatte, der feste horizontale Maasstab nur zur rohen Ablesung diente.

Der Mantel des cylindrischen Schraubenkopfes ist nämlich in 50 Theile getheilt, und da die Schraube eine Ganghöhe von 0.5 mm besitzt, so entspricht einer Drehung der Schraube um den fünfzigsten Theil ihres Umfangs eine Verschiebung des Maasstabes um 0.01 mm. Das in Anhang IV. niedergelegte Zahlenmaterial einer Reihe von Versuchen ist jedoch, soweit es sich auf Coordinatenmessungen bezieht, nicht mit Hilfe dieses Apparats gewonnen worden, sondern bei Benutzung des ersteren, weil der letztere früher mit einem inzwischen beseitigten Mangel behaftet war, der die Vortheile, die der Apparat sonst vor dem ersten voraus hat, illusorisch machte. Die Mikrometerschraube c ist nämlich auf einer Schiene montirt, welche, um die Variation der Ausgangslage des beweglichen Stabes zu ermöglichen, gleichfalls beweglich ist, und zu deren Fixirung die Druckschraube d dient. Früher war nun die Einrichtung getroffen, dass die Bewegung der Mikrometerschraube zunächst auf eine dem beweglichen Maasstabe zugekehrte und mit demselben während der Messung in steter Berührung befindliche >> Nase<< übertragen wurde, welche den verticalen Maasstab bei der Drehung der Mikrometerschraube vor sich herschob. Dabei aber erfolgte die Bewegung des Stabes wegen der wenn auch nur sehr geringen Reibung in seiner Führung nicht immer genau sich selbst

parallel und gab so zu Ungenauigkeiten der Coordinatenmessung Anlass. Diesem Uebelstande ist nun dadurch abgeholfen worden, dass der Maasstab an der von der Mikrometerschraube bewegten Nase befestigt wurde. Die beigegebene Taf. I stellt eine Zeichnung des verbesserten Apparates dar.

4. Lage des Wendepunktes bei den Versuchen mit constanter Anfangsspannung und variabelem Trägheitsmoment.

Um den Text nicht durch besonders lange Zifferreihen zu unterbrechen, habe ich mir gestattet, das gesammte Zahlenmaterial einer ganzen Reihe von Versuchen, die ich für wohlgelungen halte, einem Anhange zu überweisen, sodass ich im Text jenem Anhange nur soviel Zahlen entlehne, als ich unumgänglich brauche.

Zu bemerken ist, dass in sämmtlichen Versuchen die Abscissen vom Momente des Reizeintritts ab, der in leicht ersichtlicher Weise auf der Trommel markirt werden kann, gerechnet wurden.

Versuch V.

Die constante Anfangsspannung betrug bei diesem Experiment 21.88 g. Jedem Millimeter Abscissenlänge entspricht eine Zeit von 0.0034 sec. Sämmtliche Ordinaten wurden im Abstand von je 1 mm gemessen.

Minimalträgheitsmoment.

Gemessen wurden die Ordinaten, denen die Abscissen 2, 3, 10 mm zugehören. Die Reihen der Abscissen, der zugehörigen Ordinaten und der ersten Ordinatendifferenzen lauten:

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Aus der regelmässigen Zu- und Abnahme der Glieder der Differenzenreihe sind wir also berechtigt, auf die Regelmässigkeit des Verlaufs der Zuckungscurve zu schliessen, wie ich überhaupt in der grossen Mehrzahl aller Fälle Curven erhalten habe, die, was die Regelmässigkeit ihres Verlaufs betrifft, nichts zu wünschen übrig lassen.

In der Reihe der Ordinatendifferenzen finden sich die beiden gleichen Maxima 1.35 vor. Die Länge des Grenzintervalls der Abscissenaxe, innerhalb dessen man den Endpunkt der Inflexionsabscisse zu suchen hat, beträgt mithin 7-52. Verlegen wir also das Ende der Wendepunktsabscisse in die Mitte des Intervalls, wodurch wir bei der überhaupt nicht ganz zu vermeidenden Willkür in der Bestimmung des Wendepunkts den geringsten Fehler begehen, so ist die der Inflexion zukommende Zeit T = 6. Derselben entspricht die Ordinate S 4.70.

=

Stab (12).1)

Die Zahlenreihen, welche den im vorigen Versuche stehenden entsprechen, sind die folgenden:

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Es ist also nur ein Maximum in der Reihe der ersten Ordinatendifferenzen vorhanden. Als Inflexionsabscisse ist das arithmetische Mittel der Abscissen T = 8 und T 9 zu nehmen. Also ist die Abscisse des Wendepunkts T=8.5, welcher die Ordinate S = 4.65 entspricht.

Stab (18).

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1) Die eingeklammerte Ziffer bezeichnet hier wie immer die angenäherte Stablänge in cm.

In der zu diesem Versuch gehörigen Differenzenreihe finden sich bereits vier gleiche Maxima 1.10 vor. Die Inflexionsabscisse ist 40+ 14

2

=

12 und ihre Ordinate 6.80. Das Auftreten einer grösseren Anzahl gleicher Maxima bildet einen unbeseitigbaren Mangel der Methode, dem ich durch Anwendung eines anderen Verfahrens abzuhelfen suchen werde.

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In diesem Versuche ist die Muskelschrift wenig gelungen, denn die beiden einander gleichen Maxima 1.10 der Reihe der Ordinatendifferenzen folgen nicht unmittelbar auf einander. Da ein Zwischenglied sich um mehr als 0.05 mm von diesen grössten Werthen unterscheidet, so darf wohl nicht vorausgesetzt werden, dass ein Messungsfehler vorliege; man ist also gezwungen anzunehmen, dass die Curve nicht nur einen, sondern zwei Wendepunkte habe, welchen die Abscissen T 11.5 und T 15.5 zukommen würden. Dies deutet darauf hin, dass die Bewegung nicht ohne Eigenschwingungen des Systems vor sich gegangen sei. Gestattet man sich jedoch, von beiden Inflexionsabscissen das arithmetische Mittel zu nehmen, so erhält man dafür einen Werth T 13.5, welcher sich von dem der vorigen, unter denselben Bedingungen verzeichneten Curve, nämlich T 12.0, nicht allzusehr unterscheidet. Zu T 13.5 gehört als Ordinate S = 7.35.

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=

Abhandl. d. K. S. Gesellsch. d. Wissensch. XXVII.

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