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Müssen einmal sämtliche vorhandenen Karten nach einem neuen Anfangsmeridian umgeändert werden, was ja unbedingt notwendig ist, selbst wenn es nur eine Verschiebung um wenige Minuten sein sollte, so wird diese Umarbeitung ebenso billig sein, wenn gleich ein internationaler unveränderlicher Anfangsmeridian angenommen wird, als wenn der neue englische Anfangsmeridian gewählt wird, der ja doch Gefahr läuft, bei weiterer Entwicklung des Verkehrs nochmals wieder flüchten zu müssen.

Dr. G. A. Dorsey, Kurator im Field Museum in Chicago hat eine längere Reise zu anthropologischen Untersuchungen angetreten, die sich besonders auf die Weddahs in Ceylon, verschiedene Stämme im südlichen Indien, die Maoris in Neuseeland und die Melanesier verschiedener Inseln erstrecken werden. Auf der Rückreise soll ein längerer Aufenthalt in den Philippinen genommen werden, um unbekannte Teile von Mindoro und Mindano zu erforschen.

Asien.

Eine neue Mammut-Expedition wurde von der K. Russischen Akademie Mitte Februar ausgesandt, um einen im vorigen Jahre an der Mündung der Jana aufgefundenen Mammutkadaver zu bergen und nach St. Petersburg zu schaffen. Leiter der Expedition ist der Geolog K. A. Wolossowitsch, der das Jana-Delta bereits von seiner Beteiligung an der Tollschen Polarexpedition kennt, und der Zoolog E. W. Pfizenmaier, der bereits an der Bergung des 1901 an der Kolyma aufgefundenen Mammuts teilgenommen hatte, dessen Skelett, ausgestopfte Haut nebst zahlreichen Weichteilen die größte Sehenswürdigkeit des Zoologischen Museums der Petersburger Akademie bildet. Die Reise der Expedition führt von Irkutsk über Jakutsk, Werchojansk nach Ustjansk, von wo der Fundort noch 300 Werst entfernt liegt; in zwei Monaten hofft die Expedition das Ziel zu erreichen und während des Monats Mai bereits die Bestandteile des Kadavers auf Schlitten nach Bulun an der untern Lena schaffen zu können, von wo der Weitertransport zu Schiff erfolgen soll. Nach Bergung des Kadavers will Wolossowitsch die geologischen Verhältnisse des Mündungsgebiets der Indigirka und Kolyma untersuchen. und vielleicht auch noch die Neusibirischen Inseln aufsuchen.

Seit Beendigung des Krieges gegen Japan wird von Rußland wieder eine rege Tätigkeit entfaltet zur Erforschung seiner eigenen asiatischen Besitzungen und seiner Nachbarländer. G. A. Kramarenko untersuchte die Fischereiverhältnisse der Halbinsel Kamtschatka; W. Dorogostaiski bereiste zu zoogeographischen Zwecken die nordwestliche Mongolei, wobei 2900 Werst topographisch aufgenommen wurden; N. Sarudny war in den Gebirgen Alatau, Karatau und in der Wüste Kisilkum tätig; N. Schtschukin unternahm eine Expedition in das Ssajan-Gebirge an die Quellen der Flüsse Irkut, Kitoi, Onot und Urik, die der Angara zuströmen; N. W. Poggenpohl erforschte das Quellgebiet des Mukssu im westlichen Pamir, wobei bereits auf der Ausreise die Alai- und Transalaigebirge auf selten begangenen Pässen überstiegen wurden.

Über die Besteigung des Kabru in Sikkim durch die Norweger Rubenson und Monrad-Aas liegen jetzt einige Aufzeichnungen in indischen Blättern vor, aus denen hervorgeht, daß der über 7200 m hohe Hauptgipfel nicht bezwungen wurde, sondern nur die etwas niedrigere nordöstliche Spitze, die bis 7170 m erklommen wurde; ein noch 20 m höher sich auftürmender Schneewall konnte wegen der späten Tageszeit nicht mehr in Angriff genommen werden. Der Anstieg erfolgte von SW her durch das Tal und über den in diesen ausmündenden Gletscher des Rathong, im ganzen nahm die Besteigung drei Tage in Anspruch. Da für die von Rev. Graham 1883 am Kabru erreichte Höhe von 24015 Fuß (7320 m) noch immer keine vollgültigen Beweise vorliegen, werden die beiden norwegischen Bergsteiger als die Bewältiger des bisher erreichten höchsten Punktes der Erde zu gelten haben. An Versuchen, dieses Maß zu übertrumpfen, wird es nicht fehlen, und auch die britische indische Regierung wird auf die Dauer dem Verlangen, die menschliche Kraft am Mount Everest zu erproben, nicht Widerstand leisten können. Im Jahre 1907 hatte sie aus Rücksicht auf die mit Rußland schwebenden Verhandlungen über Tibet die Erlaubnis zur Besteigung dieses Bergriesen verweigert und die Unternehmer waren infolgedessen gezwungen, sich einem andern Himalayagipfel zuzuwenden. Die aus den bekannten Alpinisten Dr. T. G. Longstaff, A. L. Mumm und Major C. G. Bruce bestehende Expedition erwählte nun den 23406 F. (7134 m) hohen Trisul im Garhwal-Himalaya, welcher am 11. Juni von Dr. Longstaff mit zwei italienischen Führern erstiegen wurde. Die Expedition wandte sich dann der Grenze von Tibet zu, untersuchte im Juli die Gletscherwelt westlich und östlich von dem 25 450 F. (7757 m) hohen Kamet, den sie bis 20000 F. (6100 m) erstiegen, und besuchten Badrimath, eine der heiligen Stätten im Himalaya. Während Major Bruce und Mumm im August und September noch einige Gipfelbesteigungen in Kashmir ausführten, vollendete Longstaff die Aufnahmen der Täler südlich und westlich vom Trisul.

Siam hat die beiden Tributärstaaten auf der malaiischen Halbinsel Kelantan und Tringganu an Großbritannien abgetreten gegen eine Anderung der britisch exterritorialen Rechte; beide Staaten gehörten zu dem Gehiet, welches nach dem englisch-französischen Vertrag von 1896 bei einer etwaigen Aufteilung Siams an Großbritannien fallen soll. Es erfolgt hierdurch eine Abrundung des britischen Besitzes auf der Osthälfte des südlichen Teiles der malaiischen Halbinsel.

Afrika.

Der französische Botaniker A. Chevalier hat vom Dezember 1906 bis September 1907 eine Forschungsreise in das Hinterland der Elfenbeinküste ausgeführt, wodurch namentlich die Besiedlungsfähigkeit der verschiedenen Gebiete festgestellt werden sollte; im ganzen wurden 1200 km zurückgelegt am Sassandra, Cavally und im Grenzgebiet gegen Liberia. Die ganze Strecke lag in fruchtbaren, zu Ansiedlungen geeigneten Gebieten, die Nutzhölzer, Kola, Kautschuk, Ölpalmen u. a. erzeugen können; das Urwald

gebiet ist gegenwärtig noch sehr dünn bevölkert, kann aber durch eine Eisenbahn leicht erschlossen werden.

Noch war der Bericht über seine Kongo-Expedition nicht erschienen, als Leo Frobenius bereits eine neue Reise nach Westafrika übernommen hat, die hauptsächlich zur Anlage von Sammlungen auf dem Gebiet der Länder- und Völkerkunde in der Wirtschaftsgeographie bestimmt ist. In Begleitung des Geodäten Dr. Hugerhoff und des Kunstakademikers Fr. Nansen hat er sich nach dem Senegal und von dort nach dem Niger begeben, um auf diesem Strom Timbuktu zu erreichen, das für längere Zeit der Mittelpunkt seiner Unternehmungen, zahlreichen Ausflügen. innerhalb des großen Nigerbogens, bleiben wird. zweiten Jahr wird er sich nach dem untern Niger begeben, von wo er nach Togo und nach Kamerun vordringen will. Die Expedition wird mit Unterstützung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde ausgeführt.

Im

Nach

Das mächtige Ästuarium des Niger und der zahlreichen Küstenflüsse bis zum Cross River, welches zur Kolonie Südnigerien gehört, ist erst in den letzten Jahren, seitdem es vom Protektorat zur Kronkolonie emporgestiegen ist, eingehender untersucht worden, während sich bis dahin die Forschungstätigkeit der Hauptsache nach auf Befahren der Wasserläufe zu Handelszwecken beschränkte. Mitteilungen von Leutnant E. Steel ist in den letzten vier Jahren hierin eine Wandlung eingetreten; trotz des Widerstands der verschiedenen Stämme, die durch Waffengewalt ihr Handelsmonopol zu schützen suchten, ist es gelungen, nicht allein in das Quellgebiet der einzelnen Flüsse vorzudringen, sondern auch in den Buschwald längs der Flüsse, wie auch das dahinterliegende, bis zu 2000 F. (600 m) ansteigende Grasland zu erreichen. Weiter nach N und NO in der Richtung zum Benue war Gebirgsland bis zu 5000 F. (1500 m) Höhe sichtbar. In absehbarer Zeit dürfte über dieses wenig bekannte Gebiet umfangreiches kartographisches Material zur Verfügung stehen.

Der Wiener Ethnograph Dr. Rud. Pöch, der sich durch seine ethnographischen und anthropologischen Forschungen in Neuguinea und im Bismarck-Archipel hervorgetan hat, ist auf einer im Auftrag der Wiener Akademie übernommenen Reise in die Kalahari-Wüste begriffen; er hat dieselbe von Deutsch-Südwestafrika angetreten und befand sich nach den letzten Nachrichten in Oas (Kameelfontein), der deutschen Station an der Straße nach dem Ngamisee, wo er die Au-San-Buschmänner, die von der Station zu Aufklärungsdiensten gegen die in die Kalahari geflüchteten Herero und Hottentotten benutzt werden, untersuchte. Die nächste Beobachtungsstation beabsichtigt Pöch in Rietfontein an der Grenze, die dritte in Chanse-Veld in BritischBetschuanaland anzulegen. Er beabsichtigt nicht allein die Sprachen der Eingeborenen eingehend zu untersuchen, deren Gesänge, Sagen usw. er durch Phonogramm dauernd festlegen will, sondern wird auch suchen, möglichst umfangreiches anthropologisches Material über Hottentotten und Buschmänner zu sammeln.

Polargebiete.

Das vom Polarkongreß in Brüssel 1907 eingesetzte belgische Organisationskomitee hat die Vorbereitungen zu Berufung der ständigen internationalen Polarkommission beendet. Ein Teil der bisher an der Polarforschung teilnehmenden Staaten hat bereits Vertreter ernannt: von deutscher Seite sind in Aussicht genommen Prof. Penck (Berlin) und v. Drygalski (München), als Stellvertreter Prof. Wiechert (Göttingen) und Supan (Gotha); von Italien Kapt. Cagni; von Schweden Baron de Geer und Dr. Andersson. Beteiligung zugesagt haben außerdem die Niederlande, Argentinien, der australische Staatenbund, Rußland; auffällig ist es, daß Großbritannien noch keine feste Zusage gegeben hat. Für Ende Mai ist eine Zusammenkunft von Polarforschern in Brüssel in Aussicht genommen.

Der dänische Grönlandforscher Knud Rasmussen hat, nachdem er mit seiner Schwester Mi in Umanak überwintert hatte, am 16. März 1907 die Weiterreise nach N angetreten und am 5. April die nördlichste Kolonie Upernivik verlassen, um die heidnischen Eskimo bei Kap York ethnologisch zu studieren und namentlich ihre Sprache, Gesänge und Überlieferungen durch Schrift und Phonogramm aufzuzeichnen. Die Schwester des Forschers trat von hier mit einem schottischen Waler die Rückreise nach Europa an, während Rasmussen selbst nur begleitet von einem Eskimo den Marsch über Ellesmeere-Land und Nord-Devon nach Baffinland begann, um seine ethnologischen Studien unter den Eskimo des amerikanischen Nordens festzusetzen.

Im Auftrag der K. R. G. Ges. in St. Petersburg hat L. A. Moltschanow 1907 geologische Untersuchungen an den Ufern des Matotschkin-schars auf Nowaja Semja ausgeführt.

Der >>Nimrod, das Schiff der englischen Südpolarexpedition unter Leutnant Shackleton, ist am 7. März nach Christchurch in Neuseeland zurückgekehrt, nachdem er die Mannschaft glücklich in Victorialand an dem Winterquartier der »Discovery «-Expedition 1901-1904 gelandet hatte. Infolge der ungünstigen Witterung und heftiger Stürme, durch welche das Schiff ernstliche Beschädigungen erlitt, war es nicht möglich geworden, wie beabsichtigt, King Edward-Land zu erreichen und dort zu landen. Von den Mitgliedern der Expedition haben Dr. Mitchell, Mackintosh und Cotton wegen Erkrankung und erlittener Verletzungen die weitere Beteiligung aufgeben und mit dem Schiffe die Rückkehr antreten müssen. Der >> Nimrod << mußte wegen seines bedenklichen Zustandes in Neuseeland sofort ins Dock gebracht werden und es ist zweifelhaft, ob die notwendigen Ausbesserungen so schnell beendet werden können, daß die geplante Rundreise in den südpazifischen Gewässern zu magnetischen Vermessungen ausgeführt werden kann. Im Dezember d. J. wird der »Nimrod « wieder nach S dampfen, um im März 1909 mit der Expedition zurückzukehren. H. Wichmann.

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(Geschlossen am 17. März 1908)

Studien über die Oberflächengestalt des Rheinischen Schiefergebirges.

Von Privatdozent Dr. Karl Oestreich, Marburg i. H.
(Mit Karte, s. Taf. 8.)

I. Pliozäne Züge im Antlitz des heutigen Gebirges. Wenn man aus dem untern Moseltal gegen die Eifel zu ansteigt, so kreuzt man der Reihe nach folgende Geländeformen: Erosionstal der Mosel, Moselberge, Wittlicher Senke, Quarzitzug, Hochfläche der Vordereifel und Bergland der Hohen Eifel.

Die Hochfläche ist bisher wohl als besondere Geländeform noch nicht erkannt worden, und doch hebt sie sich bereits in der Geländezeichnung der Generalstabskarte klar von den im N und S sie begrenzenden Landschaftsformen ab.

Schon die Schraffenzeichnung ergibt ein ähnliches Bild, wie es uns bei der Darstellung von Kalkhochflächen entgegentritt: eng eingeschnittene, schmale Täler windungsreich verlaufender Flüsse treten durch enge Schraffen hervor aus einer in zarter Geländezeichnung wiedergegebenen Fläche. Die Täler selbst ziehen, einander parallel, in etwa NNW-SSO- Richtung. Die Breite des Gebiets beträgt 8-10 km, die Länge der Geländeform aber ist bedeutend größer; alles wirkt dazu, uns zu zeigen, daß hier ein ganz bestimmtes morphologisches Gebilde vorliegt.

In der Natur tritt Dasein und Art dieses morphologischen Gebildes noch viel klarer zutage. Als Beispiel diene die Hochfläche bei Beuren, zwischen Ellerbach, Mosel und Üßbach. Wenn man von Beuren gegen N nach Kliding zu geht, sieht man nach allen Seiten kilometerweit eine vollständige Ebene, auf allen Seiten, in allen möglichen Entfernungen erscheinen ferne und immer fernere Dörfer, kenntlich durch ihre spitzen Kirchtürme. Die Höhenunterschiede sind für das Auge kaum bemerkbar: Beuren 423 m, Weggabelung 1 km davon 418, Kliding 413. Ganz schwach nur ist die Fläche durch die von der rückschreitenden Erosion des Erden- und Ellerbachs hervorgerufenen Bachläufe modelliert. Wenn das Land bis zum untern Denudationsniveau abgetragen ist, kann die Abebnung keine vollständigere sein.

Auch die Abflußverhältnisse sind nicht völlig klar. Nicht bildet ein ausgesprochener Rücken die Wasserscheide zwischen Erdenbach und den Zuflüssen des Ellerbachs, in ganz flachen Kuppen erhebt sich das Gelände auch zu beiden Seiten der idealen Wasserscheidenlinie, sumpfige Stellen, also Stellen ohne entschiedene Entwässerung, erfüllen die kleinen Niederungen.

Petermanns Geogr. Mitteilungen. 1908, Heft IV.

Man hat auch nicht die Empfindung, als sei man, wie es doch tatsächlich der Fall ist, auf einem schmalen, an einer Stelle nur 1 km in der Breite messenden Riedel 1) zwischen zwei tief eingeschnittenen Tälern, auch nicht als befinde man sich unmittelbar über einem tief eingesunkenen Haupttal: die Mosel bei Bremm liegt nur 1 km in der Luftlinie entfernt, und da die Höhenlage des Flusses etwa 90 m ist, 300 m tiefer.

Überall in der Vordereifellandschaft finden wir den Gegensatz: mehr oder weniger schwach wellige Hochfläche und steiles Talgehänge. Die Hochfläche ist nach ihrer Ausgestaltung ein Gebilde von der Art einer Schichttafel. Sie unterliegt derselben Zerstückelung wie jene; und diese Zerstückelung führt zu ähnlichen Gebilden. Was bei tafellagernden, der Abtragung unterliegenden Schichtenkomplexen die Zeugenberge sind, das sind hier die Vorpostenberge. Wie die Zeugenberge meist bereits erniedrigt sind gegen die unverletzte Schichttafel, so erreichen auch die Vorpostenberge fast nie mehr die volle Höhe der unverletzten Hochfläche.

Umfahren wir auf dem Meßtischblatt in der Gegend von Beuren das von der 400 m - Isohypse umschlossene Gebiet, so finden wir, daß diese im großen und ganzen die Hochfläche umschreibt. Die 380 m - Isohypse gehört, wie in den Tälern des Ellerbachsystems zu sehen, bereits den Talgehängen an, und die Vorpostenberge bei Forsthaus Sommet ragen über die 400 m-Linie auf. Dagegen zieht sich nach SW gegen Kennfus und Bertrich die Hochfläche bedeutend tiefer herab: gegen den Erdenbach zu in der Gegend des Gombergs ist die Plateaukante erst in 375 m gelegen, und zwischen Erdenbach und Höllenbachgraben erfolgt der Gefällsknick erst in 365 m. Der Gefällsknick (Plateaukante) liegt hier nicht in ursprünglicher Höhe. Die Abspülung und Schuttrutschung haben ihn tiefer gelegt. Die Grenze zwischen Höhenabtragung und Talwandbildung rückt immer tiefer, und nur aus der Höhe der höchsten Kuppen der unverletzten Hochfläche und der Vorpostenberge kann man die ursprüngliche Höhenlage

1) Mit Riedel werden nach Penck: Talgeschichte der obersten Donau (SA: Schriften des V. f. Gesch. d. Bodensees und seiner Umgebung, Heft 28, S. 11) die zwischen zwei Folgetälern stehen gebliebenen zungenförmige Rücken einer Abdachungsfläche bezeichnet.

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der Plateaukante erkennen. Die alte Landoberfläche dürfte für diese Gegend in eine Höhe von wenig mehr als 420 m anzusetzen sein.

Um die Hochfläche genetisch zu verstehen, müssen wir sie als Hohlform auffassen, müssen wir zusehen, ob in ihrer Erstreckung ein bestimmtes Verhältnis ausgedrückt ist, ob sie z. B. nach Art von Flußebenen eine entschiedene Längenausdehnung hat. Tatsächlich entspricht sie einer ungefähr ostwestlich verlaufenden Niederung, die im S wie im N von höheren Aufragungen flankiert wird. Im S, genauer im SSO, ist es der Kondelwald, im NNW ist es das Hochland, das im Gevenicher Forst der Hochfläche zunächstkommt.

Der Kondelwald ist ein 8 km langer, wenig gegliederter Bergrücken, der in WSW-ONO-Richtung von der Alf zur Üẞ zieht. Auf 3,5 km Länge erhebt sich der Kamm über 440 m, auf 6,5 km über die 420 m-Isohypse. In geologischer Hinsicht wird das Auftreten dieses zu der heutigen Entwässerungsrichtung senkrecht stehenden Gebirgszuges aus dem Vorkommen der harten Quarzite der oberen Koblenzschichten erklärt. Unzweifelhaft knüpft sich das Auftreten eines höher aufragenden und schärfer profilierten Bergkamms an das Vorkommen widerstandsfähiger Schichten. Doch kann dieser » Widerstand << nicht gegenüber der Erosion der heutigen Täler geleistet worden sein; die Herausmodellierung des Kondelwaldes erfolgte im Gegensatz zur Abtragung des nördlich vorlagernden Gebiets. Der Kondelwald in seiner heutigen Gestalt ist ein Erbteil aus früherer Zeit.

Die Hochfläche als solche stellt heute nicht ein einheitliches Entwässerungssystem dar. Sie ist von den Moselzuflüssen zerschnitten und befindet sich auf dem Wege, in ein Hügelland aufgelöst zu werden. Daß sie aber zu einer frühern Erdperiode als solche einem Entwässerungsnetz angehörte, eine Erosionsbasis darstellte, geht aus Ablagerungen fluviatilen oder limnischen Charakters hervor, die sich in der westlichen Fortsetzung des geschilderten Hochflächenabschnitts zerstreut finden. Diese Sande, Konglomerate, Schotter und Tone finden sich nur auf dem Gebiet der Hochfläche, weder im Bergland der hohen Eifel noch auf den Höhen der südlichen Begrenzung. Sie müssen also der Hochfläche ureigentümlich angehören.

Im folgenden seien die Einzelbeobachtungen über jüngere Ablagerungen auf dem untersuchten Teil der Hochfläche, vom Moselknie bei Bremm bis Manderscheid, wiedergegeben.

Bei Oberscheidweiler steht gerade auf der Höhe des Riedels zwischen Alf und Sammetbach weißer und grauer, stellenweise zu Sandstein verfestigter toniger Sand an, der Milchquarzbrocken, also kantige, nicht abgerollte Quarzstücke, enthält. Die Ablagerung ist an der Straße gegen Niederscheidweiler zu mehrere Meter mächtig aufgeschlossen. Die Höhenlage beträgt etwa 380 m.

Ausgedehnter ist das Vorkommen bei Hasborn. An der Waldspitze nordöstlich Hasborn erschließt eine Kiesgrube ein zu losem

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der Stelle des zukünftigen Bahnhofs, ist eine mehrere Meter mächtige, nach Angabe mit 6 m noch nicht durchsunkene Ablagerung von feinerm Quarzsand aufgeschlossen. Links des Fußwegs von Hasborn nach Niederöfflingen hat man in dem tonigen Sand mindestens 4 m tief gegraben. Die Quarzbrocken, die dabei gefördert sind, erreichen Längen von 10 cm. Auch weiße und rote plastische Tone sind eingeschaltet, ebenso wie roter plastischer Ton gleich dabei an der Straße, von Niederöfflingen nach Greimerath ansteht. Die Stelle, wo man bereits vor 25 Jahren zuerst auf Ton geschürft hat, liegt an der Waldspitze südwestlich des Dorfes Niederöfflingen. Hier soll unter dem Lehm der Oberfläche gelber, dann weißer, dann plastischer roter Ton liegen. Vor dem Walde, von hier bis zur Gipperather Straße, liegen wiederum die Quarzbrocken. Die Höhenlage dieser Vorkommen beträgt in der Peripherie 390-380 m, doch ziehen sich die jungen Ablagerungen im Gebiet des Lambachtälchens bedeutend tiefer herab. Von der auf Ton niedergegangenen Grabung an dem Verbindungsweg von Niederöfflingen zur Dauner Straße, wo heute aber nur gelbe, sandigfettige Schiefer aufgeschlossen sind, ziehen die Quarzbrocken auf den Feldern und Wiesen bis etwa zu einem Niveau von 360 m herab. Erst in diesem Niveau hat der Lambach die jungen Ablagerungen durchsunken, bilden die Devonschiefer das Talgehänge. Weiter abwärts, in der erwähnten Sandgrube zwischen Hasborn und Niederöfflingen, muß die Auflagerungsfläche der Sande und Tone auf dem Grundgebirge bis fast auf 340 m herabgehen. Der feinsandige und tonige Charakter all dieser Ablagerungen scheint für einen Absatz in einer Seewanne zu sprechen, die ihre Ausdehnung nach Gipperath und Schlad zu haben mußte, von wo mir über ähnliche Tone und Sande berichtet wurde. Überhaupt scheint das Becken von Hasborn-Niederöfflingen seine Fortsetzung in den jenseit der Lieser gelegenen Hochflächen von Carl und Großlittgen zu finden. Es fehlen hierüber aber noch die Beobachtungen.

Von diesen tiefer gelegenen und, entsprechend ihrer teilweise noch erhaltenen Bedeckung mit Sand und Ton, zu weichen Geländeformen ausmodellierten Hochfläche trennt sich eine ältere ab, die vielmehr die Züge der uns bekannten Hochfläche von Beuren trägt. Das ist die Hochfläche von Manderscheid. Die ideale Fläche, die man durch die Resthöhen der Riedel von Hontheim, Scheidweiler und Öfflingen legen kann, hebt sich gegen W zu, und zwar in steigendem Maße: bei Manderscheid 420 m, bei Bettenfeld 450 m. Und hier erreicht die Niederung ihr Ende, in dem der Denudationssteilrand des Buntsandstein, die Hochfläche um etwa 50 m überragend, die Niederung begrenzt.

Die jungen Ablagerungen bei Manderscheid liegen in der normalen Meereshöhe: 400--420 m. Im Fichtenwäldchen an der Straße nach Daun, gleich über der Stadt, sind in einem der Wasserversorgung dienenden Stollen die gelben sandigen Schiefer gefördert worden, von denen zweifelhaft sein kann, ob sie junge Bildungen sind oder Devonschiefer, die lange Zeit der Verwitterung ausgesetzt waren, und außerdem schön gerollte Milchquarze. Von da bis zur Bettenfelder Straße sind die Sande und Schotter zu beiden Seiten des Feldwegs aufgeschlossen; es sind teils feine weiße Sande mit rostigen Streifen, teils zum größten Teil aufgelöste Konglomerate mit mittlerm und kleinem Format der Quarzbrocken. Die Ablagerung bildet nur eine wenige Meter mächtige oberflächliche Decke. Bereits am » Waschhaus hat das zur Kleinen Kyll niederziehende Tälchen die Schotter durchsunken, denen südlich davon noch die Kiesgruben an der Wittlicher Straße angehören.

Durch die bedeutend geringere Höhenlage unterscheiden sich von diesen Manderscheider Ablagerungen, die etwa in der Höhe des Riedels zwischen Lieser und Kleiner Kyl liegen, die Reste einer südwestlich von Manderscheid an den Gehängen des Tals der Kleinen Kyll verbreiteten Schotterablagerung. Dieses Vorkommen wird erwähnt im Zusammenhang mit dem Lavastrom des Horngrabens 1). Der Horngraben, der bekanntlich dem Lavastrom des südlichsten Mosenbergkraters den Weg wies, ist fast seine ganze Lauflänge hindurch ein wenig tief eingesenktes, wenig geneigtes Wiesental mit sanften Gehängen, aus denen sich zu beiden Seiten, oftmals unterbrochen, Basaltwälle erheben, die Reste des aus dem eigentlichen Talweg

1) Dechen, H. v.: Geognostischer Führer zu der vulkanischen Vorder-Eifel. 1. Aufl. S. 181. Bonn 1861.

bereits abgetragenen Stromes. In etwa 340 m Meereshöhe beginnt das Tälchen sich nun plötzlich zu verengen und grabenartig in das Waldland zu vertiefen. Hier nun, fast unmittelbar am Höhenrand über der Kleinen Kyll, liegen auf der linken Seite des Tälchens die Quarzschotter, scheinbar über dem Basalt, tatsächlich aber hat sich das Tälchen in den Schottern eingetieft und der Lavastrom dieses Tälchen ausgefüllt. Gerölle verdecken ferner die Felder südlich des Horngrabens nach der Bettenfelder Straße zu, und die Grube an der Stelle, wo die Straße in den Wald tritt, entblößt die Konglomerate, die in Gerölle und (wenig) Sand zerfallen. Derselben Ablagerung gehören die Sandgruben beim Kaisergarten an, wo, mehrere Meter mächtig, weiße und gelbe Quarzsande aufgeschlossen sind. Die Höhenlage beider Vorkommen ist 335-350 m, also etwa 75 m unter den Manderscheider Ablagerungen, bei nicht einmal 3 km Entfernung.

Es scheint sich demnach in der Manderscheider Gegend um Ablagerungen aus zwei verschiedenen Zeiten zu handeln, und demgemäß um zwei verschiedene Stadien der Talbildung. Die Schotter

von Manderscheid gehören der Hochfläche an, die wir vom Moselknie bei Bremm bis zum Steilrand des Buntsandsteins verfolgt haben. Die Schotter im Gebiet der Kleinen Kyll aber liegen tiefer, sie entsprechen ihrer Höhenlage nach mehr den Ablagerungen des hypothetischen Seebeckens von Hasborn. Man kann also sagen, daß der Hochfläche und ihrem alten Entwässerungssystem ein zweites, jedenfalls jüngeres, eingelagert ist, und das jüngere, also das Becken von Hasborn sowie die Geröllablagerungen der Kleinen Kyll, findet seine Fortsetzung in den gleichartigen Ablagerungen westlich der Lieser bei Großlittgen. Wenigstens spricht die ähnliche Höhenlage dafür.

Wenn wir nun auch festgestellt haben, daß in der Hochfläche der Vordereifel zwei Stadien der Talbildung ausgeprägt sind, so kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß beide Talbildungen räumlich und zeitlich in enger Verbindung stehen. Sie sind beide der Ausdruck eines Entwässerungszustandes, der von dem heutigen und dem diluvialen grundsätzlich verschieden ist durch das Vorherrschen einer äquatorial gerichteten Entwässerungsrichtung und Hohlformerstreckung. Es hat den Anschein als sei ein jüngeres, tiefer gelegenes Entwässerungssystem (Seebecken von Hasborn und Vorläufer der Kleinen Kyll) in ein älteres (Scheidweiler und Manderscheid) eingelagert. Aber auch das jüngere Stadium kannte noch kein Vorherrschen der Meridionaltäler: der südwestliche Teil, überhaupt die westliche Fortsetzung der Hochfläche, scheint dem jüngern Stadium anzugehören. Es liegen uns also in der Hochfläche der Vordereifel die Reste von Geländeformen vor, die älter sind als die Anlage der heutigen Abflußlinien, die aber immerhin noch so jugendlicher Entstehung sind, daß alte Hohlformen noch ziemlich unverletzt sich in unsere neue Zeit erhalten haben. A priori dürfen wir sagen, daß es sich um tertiäre Landschaftsformen handelt.

Welchem Abschnitt der Tertiärzeit gehört nun die Hochfläche an? Der heute als untermiozän erkannten Braunkohlenformation rechnete v. Dechen und rechnet auch die neuere geologische Spezialaufnahme die Sande, Kiese und Tone zu, die allenthalben auf der Oberfläche des Schiefergebirges auftreten. Der Gedanke in der geschilderten Verebnung, eine oligo-miozäne Landoberfläche zu sehen, wäre an sich gewiß nicht von vornherein zu verwerfen. Nun liegt aber in der Taltiefe des Pelmbachs gleich bei dessen Einmündung in die Lieser, wenige Kilometer oberhalb

Manderscheid, eine Ablagerung, die durch ihren Charakter, ihr Alter und die Art ihres Auftretens die Geschichte der Gegend uns, ich möchte sagen blitzartig, erleuchtet.

Kurz oberhalb seiner Mündung bildet das Pelmbachtälchen eine kesselartige Verbreiterung. Das linke Gehänge entblößt eine Ablagerung von Blätterkohle und braunen blätterigen Schiefern, die sehr reich an Blattabdrücken und verkohlten Resten sind. Auch Bänder von konglomeriertem Gestein kommen vor, vor allem aus Schieferstückchen bestehend. In bis 5 m mächtiger Wand steht die Ablagerung an, die nach oben zu mehr bunt wird, gelb, rot, und zu einem gelbbraunen Sandabhang verwittert. Die Ablagerung ist im Jahre 1838 durch einen Bergschlipf freigelegt worden, und ihre Untersuchung durch 0. Weber hat lithologisch und floristisch vollste Übereinstimmung mit den Braunkohlenschichten von Rott und Lissem, also Zugehörigkeit zu der untermiozänen niederrheinischen Braunkohlenformation ergeben 1).

Wenn nun auch die Höhenlage der Ablagerung etwa der Höhenlage der Schotter des Horngrabens entspricht, so ist einer zeitlichen Gleichsetzung beider entgegenzuhalten, daß das Niveau der Hochfläche hier 140 m höher liegt: Bettenfeld-Buchholz 460 m. Ferner liegt das Vorkommen am Pelmbach in der Tiefe eines jungen Erosionstälchens, das erst entstehen konnte, nachdem die Erosionsbasis, das Liesertal, sich eingeschnitten hatte. Da nun aber der floristische Charakter der Ablagerung mit Sicherheit auf untermiozänes Alter deutet, so sind wir gezwungen, die Hochfläche von der miozänen Landoberfläche zu scheiden. Diese, die ältere Landoberfläche, ist zerstückelt worden, durch tektonische Vorgänge zerteilt, und so gelangte ein Stück dieser alten Landoberfläche in die Grauwacken des devonischen Grundgebirges herein, wo es durch die junge Erosion erschlossen wurde. Die Hochfläche selbst ist also jünger und vermutlich ins Pliozän zu setzen.

Auf Grund einer einzelnen Beobachtung darf natürlich ein abschließendes Urteil über die zeitliche Zugehörigkeit einer so ausgedehnten und auffallenden Geländeform nicht gefällt werden. Aber es verdient doch hervorgehoben zu werden, daß aus ganz andern Untersuchungen heraus E. Kaiser in der Gegend der Moselmündung zu derselben Fixierung pliozäner Schotter und Terrassen gekommen ist 2).

II. Der pliozäne Rhein.

Die Fixierung pliozäner Geländeformen in den deutschen Mittelgebirgen ist von großer Bedeutung. Durch Fossilienfunde (Mastodon arvernensis und Borsoni) sind in

1) Weber, O.: Über das Braunkohlenlager von Eckfeld in der Eifel. (Verh. des Naturhist. V. des preuß. Rheinl. u. Westfalens, 1853, X. Jg., S. 409-15 u. Taf. X.)

2) Kaiser, E.: Pliozäne Quarzschotter im Rheingebiet zwischen Mosel und Niederrheinischer Bucht. (Jb. d. K. preuß. Geol. Landesanstalt für 1907.)

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