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Die Armee, welche um diese Zeit Oesterreich befreite und Baiern verheerte, hatte sich im Anfange December (1741) bei Wien vereinigt und begann den Angriff auf Ségür's Armee am achtundzwanzigsten. Den Oberbefehl dieses Heeres hatte Khevenhüller, unter ihm dienten Wurmbrand und Bärenklau. Wie schwer es selbst in dieser Zeit war, den Schlendrian in Desterreich zu durchbrechen, und dem Verdienst gegen Protection und Familienanhang seinen Plaz zu sichern, sehen wir daran, daß Wurmbrand wieder als Befehlshaber erscheint und Neipperg troß seiner anerkannten Unfähigkeit Qberanführer in den Niederlanden wird. Prinz Karl von Lothringen, des Groß-herzogs Bruder, der hernach ebenfalls, wo er nicht den Generalen Brown oder Traun blos seinen Namen lieh, mehr verdarb, als er gut machte, hatte nämlich endlich durchgesezt, daß der durchaus unwissende und ungeschickte Neipperg das Commando in Böhmen verlor; aber der Großherzog ließ seinen ehemaligen Hofmeister nicht fallen. Franz wußte seine Gemahlin zu bewegen, daß sie Neipperg zum Oberbefehlshaber der Truppen in den Niederlanden an Aremberg's Stelle be= stimmte; ehe er dahin ging, nahm er, der die lezten Unterhandlungen mit den Türken so erbärmlich geführt hatte, Theil an den Unterhandlungen über den Breslauer Frieden.

Khevenhüller schloß das Hauptheer unter Ségür in Linz ein, Menzel und Trenk und andere wilde Führer von Kroaten, Panduren, Gesindel aller Art und aller Gegenden, welches Hoffnung reicher Beute angelockt hatte, schnitten alle Verbindung der Franzosen mit Baiern ab, hoben die einzelnen Schaaren auf, plünderten alle Vorräthe, und fielen, als sich Bärenklau 22) mit regelmäßigen Truppen an sie angeschloffen hatte, in Baiern ein. In diesem Augenblick eilte Törring aus Böhmen herbei, um Minuzzi und Ségür, die in Linz belagert wurden, zu entsegen, er ward aber am 17. Januar 1742 zwischen Braunau und Schärding von Mänzel und Bärenklau (Pereklö) angegriffen und geschlagen und Ségür und Minuzzi übergaben

22) Wir wollen immer diesen bekannteren Namen gebrauchen, eigentlich hieß er: Johann Leopold Pereklö Freiherr von Schönreuth.

darauf am 24. Linz unter der Bedingung, daß ihre zehntausend Mann frei abziehen dürften. Baiern war damals von Truppen entblößt, schon im Februar erschien Menzel raubend und mordend in München, und Khevenhüller nahm sein Hauptquartier in Landshut. Im März war das Land zwischen Donau und Lech von mehr als fünfzigtausend gräßlichen Barbaren überschwemmt. Diese österreichischen Raizen, Panduren, Kroaten, Slavonier, Uskocken, Morlacken, Theiffer, Maroscher, Warasdiner, ja selbst die Insurgenten und Portalisten, ließen sich freilich gegen die Preußen nicht gebrauchen, denn im regelmäßigen Kriege nugten sie wenig, sie waren aber sehr brauchbar, um die Baiern zu plagen und panischen Schrecken bis weit über den Rhein hinaus zu verbreiten. Karl Albert feierte an demselben Tage, an welchem sein in Linz eingeschlossener General aus dieser Stadt zog, in Frankfurt den Pomp der Kaiserkrönung, der ihn Monate lang beschäftigt hatte.

Während Baiern unterging, der eitle Karl Albert in Armuth und Elend stürzte und tausende von Franzosen mit sich in den Abgrund zog, ward der Urheber alles dieses Elends mit neuen Ehren in Deutschland und Frankreich überhäuft. So verhält es sich leider mit den Ehrenbezeugungen wegen diplomatischer Verdienste überall! Belleisle ward vom neuen Kaiser zum Reichsfürsten ernannt, und Ludwig XV., der ihn im vorigen Jahre zum Marschall gemacht hatte, erhob seine Herrschaft Gisors zum Herzogthum. Der König von Preußen nußte indessen, als Belleisle nach der Krönung nach Prag kam, die Eitelkeit des eingebildeten und verblendeten Mannes ganz vortrefflich, um die Franzosen, die ihn betrügen wollten, zu täuschen und die Ehre des deutschen Namens, die der Kaiser schmählich preisgab, auch in diesem Feldzuge zu retten. 23)

Die Franzosen hatten damals eine zweite Armee bei Sct. Louis und bei Mannheim über den Rhein gehen lassen, sie war aber kaum zwanzigtausend Mann stark und litt in Baiern große

23) Ausführlich und vortrefflich hat Friedrich II. selbst das Verhältniß der Franzosen und ihres Dünkels und seine Ansicht der politischen Lage an= gedeutet. Hist. de mon tems Vol. I. chap. IV. p. 198.

Schlosser, Gesch. d. 18. u. 19. Jahrh. II. Th. 4. Aufl.

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Noth, weil es den Baiern an Geld fehlte und von einer faiserlichen Armee keine Rede war. Der König von Preußen hatte damals einen neuen Sieg erfochten, wodurch die Oesterreicher waren genöthigt worden, ihre Truppen aus dem Innern von Baiern zurück zu ziehen. Die Armee, welche Friedrich in Mähren beobachtet hatte, und die ihm nach Böhmen gefolgt war, fommandirte dem Namen nach der Prinz Karl von Lothringen, er hatte aber Königseck und Brown zur Seite, von denen der Lestere zu den vorzüglichsten Generalen gehört, welche Desterreich seit dem spanischen Erbfolgekriege gehabt hat. Die Preußen waren, ehe Prinz Karl und Königseck den Entschluß faßten, ihnen ein Treffen anzubieten, aus Schlesien verstärkt worden, die Desterreicher hatten in Mähren Verstärkungen erhalten, beide konnten durch den Sieg Vieles in der Meinung gewinnen, wenn sie aber das Treffen verloren, konnten sie den Verlust leicht ersehen.

Das verschiedene Resultat dieses Kriegs für Preußen, Baiern, Sachsen erklärt sich leicht aus dem verschiedenen Betragen der drei Regenten. Karl Albert machte Schulden und gebrauchte die Subsidien, um Krönung zu feiern, Feste zu halten, Säle zu vergolden. Brühl segte Deutschland durch die Pracht der Opern in Erstaunen, die er in Dresden aufführen ließ, sein König kaufte einen großen Smaragd für hunderttausend Thaler. Friedrich entsagte allen Bequemlichkeiten, er zeigte im Leben und in der Erscheinung die größte Einfachheit, er war selbst unter seinen Soldaten und theilte ihre Beschwerlichkeiten; er wandte sogar die reichen Einkünfte Schlesiens ausschließend zur Vermehrung des Heers an.

Die Desterreicher boten das Treffen an, obgleich die Engländer schon Unterhandlungen über den Frieden eingeleitet hatten, und Friedrich, der unter dem alten Fürsten von Dessau ein neues Heer nach Schlesien hatte kommen lassen, nahm das ihm angebotene Treffen gern an. Es ward am 17. Mai (1742) zwischen Czaslau und Chotusig geliefert und Friedrich behauptete das Schlachtfeld. Dieser Sieg befestigte den seit dem Treffen bei Molwig erworbenen Kriegsruhm Friedrich's; das war der Hauptvortheil, den es ihm brachte, denn die Dester

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reicher zogen sich ohne bedeutenden Verlust in guter Ordnung zurück. Den Antheil, den Prinz Karl von Lothringen an der Schlacht und an dem geschickten Rückzug hatte, schildert der Verfasser des österreichischen offiziellen Berichts für den verständigen Leser auf eine höchst naive Weise. Er berichtet nämlich, der Prinz sei anfangs für todt oder für gefangen gehalten worden, er sei aber nachmals bei seinen Truppen, die sich gegen Mähren hin retirirt, wieder zum Vorschein gekommen.

Die Vermuthung, daß das Treffen bei Chotufig eine Folge des Entschlusses war, sich mit Preußen abzufinden, wenn man nur noch einen legten Versuch gemacht hätte, Schlesien durch die Waffen zu behaupten, erhält dadurch Wahrscheinlichkeit, daß unter Vermittelung der Engländer mit Preußen schon im Oktober des vorigen Jahrs ein Waffenstillstand in Schnellendorf unterzeichnet war; außerdem ward Desterreich von dem in Baiern erschienenen zweiten französischen Heere aufs neue bedroht. Die Armee Broglio's hatte den Prinzen Lobkowig geschlagen, der mit wenigen tausend Mann sich in die Nähe von Prag gewagt hatte, wo gerade damals zehntausend Mann Franzosen zur Verstärkung und Belleisle selbst aus Frankfurt angekom

men war.

Zu den Unterhandlungen zwischen Oesterreich und Preußen, die gleich nach dem Siege bei Chotufig eingeleitet wurden, hatte der englische Gesande, Lord Hindfort, der längst mit dem Könige von Preußen wegen der Bedingungen des Friedens einig geworden war, die Vollmacht der Königin von Ungarn schon früher gehabt, nach der Schlacht bei Chotufig erhielt er Auftrag, die Präliminarien zu unterzeichnen. Noch ehe dies geschehen war, brach Prinz Karl's Heer gegen die Franzosen auf, als sie im Begriff standen, den über Lobkowig erhaltenen Vortheil zu verfolgen.

Lord Hindfort unterzeichnete am 11. Junius für Maria Theresia, Graf Podewils für Friedrich II. zu Breslau die Präliminarien des Friedens, wodurch ganz Niederschlesien und Glag an Preußen abgetreten ward. Sonderbar genug war es, daß derselbe Graf Neippers, welcher den unseligen Belgrader Frieden mit den Türken geschlossen hatte, auch bei den Verhand

lungen über die Abtretung von Schlesien gebraucht ward. Der eigentliche Friede ward hernach am 28. Juni in Berlin ge= schlossen und bekräftigt. Schäßt man die damalige Bevölkerung von Preußen auf fünf Millionen, so ward fast ein Drittel der ganzen Bevölkerung gewonnen. Daß Friedrich Sachsens Ansprüche an Oberschlesien ganz vergaß, entschuldigt er damit, daß er von geheimen Unterhandlungen Brühl's mit Oesterreich Nachricht gehabt habe; doch ward zum Schein in den geheimen Artikeln in allgemeinen Ausdrücken einer Entschädigung Sachsens in Böhmen erwähnt.

Preußen erhielt nicht blos Niederschlesien, sondern auch Oberschlesien mit Ausnahme der Fürstenthümer Teschen, Troppau, der mährischen Herrschaften, und des Strichs, der jenseit der Oppa liegt. Die beiden Geldmächte und ihre Abgeordneten, die den Frieden vermittelten, hatten indessen die Geldforderungen ihrer wuchernden Landsleute nicht vergessen. Karl VI. hatte nämlich Schlesien an Engländer und Holländer und Brabanter Kapitalisten für geliehene Summen als Pfand angewiesen, im Frieden ward bestimmt, Preußen sollte die Engländer und Holländer, Oesterreich die Brabanter Gläubiger befriedigen. Dies hat Streitigkeiten veranlaßt, die erst in unsern Tagen beendigt find, wir fügen daher unten das Nähere bei. 24)

24) Karl VI. hatte 1734-35 durch einen, 1734 in London unterschriebenen Contrakt mit holländischen und englischen Kaufleuten bedeutende Summen auf Schlesien aufgenommen. Der 8. Artikel der Präliminarien enthielt zwar den Saz: Der König von Preußen übernehme allein die Bezahlung der Kapitalien, Lord Hindfort hatte aber nur die Engländer verstanden, es meldeten sich also auch die Holländer, und im Berliner vollständigen Traktat heißt es dann im neunten Artikel ausdrücklich, daß Preußen auch die Zahlung an die Holländer übernehme. Dabet ward jedoch die Bedingung gemacht, daß Preußen in Abrechnung und Compensation bringen dürfe, was Holland ihm schuldig set. Um Gegenrechnung war man nicht verlegen; in den Jahren 1629-1668, hieß es, seien die Holländer wegen Einquartierung und Verpflegung den Städten Wesel, Orsoy, Büderich, Rees, Emmerich eine Million schuldig geworden, das betrage mit den Zinsen gegen 4 Millionen, die Holländer rechneten auch ihre Zinsen zum Kapital, und als Preußen 1810 zwanzig Millionen in Holland leihen mußte, konnte es diese nur unter der Bedingung erhalten, daß es zwölf Millionen der alten Schuld

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