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Im Stande lieget nicht die Ehre, nicht die Schmach 28; Sey das, was dir geziemt, fo folgt die Ehre nach. Und zwifchen Menfch und Menfch was find die Unterscheide? Der thut in Lumpen groß, und der in Gold und Seide. Von gleichem Stolz geführt gehn alle keck einher; Der prangt im Priefterrock, im Schurzfell ftrotzet der. 290 Die Celle dünket fich wohl mehr als alle Throne. Du fchreyeft: welche Kluft der Kutte bis zur Krone! Freund! weit verfchiedner find ein Weifer und ein Thor. Vieleicht kommt der Vergleich dir nicht mehr feltfam vor, Wann du Monarchen fiehft wie Mönche fich geberden. 295 Und wie? wann Priefter nun Schuhflickern ähnlich werden? Bleibt jenem immer noch des Standes Ehrfurchtsrecht, Auch wann er, diefem gleich, flucht, lüget, buhlet, zecht? Das Innre macht den Mann, das Innre macht den Gecken, Er mag im Priefterrock, er mag im Schurzfell ftecken. 300

Dich, große Seele! lockt der vorgezogne Stand, Der Bürger überfieht. Dich lockt ein Ordensband. Ein Band? und wer ertheilt dieß Merkmaal hoher Sinnen?

Die Gunft der Könige und ihrer Buhlerinnen.

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Doch fechzehn Ahnen Gut. Seit taufend Jahren her, 305 Von der Lucretia der Erften, bis zu der,

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Die deine Mutter war, mag dein berühmt Geblüte
Mit Zufatz unvermifcht in wohlgebohrner Güte
Von Sohn auf Sohn gebracht dir zugefloffen seyn :
Der Punkt ift zweifelhaft, doch räumet man ihn ein:
Allein, foll dich der Glanz zahlreicher Ahnen schmücken,
So darfft du keinen mit in deine Rechnung rücken,
Der nicht in Wahrheit groß, in Wahrheit edel war.
Stellt dein uralter Stamm nur fchlechte Junker dar,
Gefetzt du könntest auch bis an die Sündflut zehlen, 315
Verfchweig fein Alterthum, die Nullen zu verhehlen.

Fürwahr kein Pergament, bemodert oder neu,
Erfetzt den Edelmuth. Der Knecht wird niemals frey,
Noch der verehrenswerth, den feine Werke tadeln ;
Und aller Howards Blut kann keinen Schurken adeln.

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Wer ist nun groß? wer hebt im Angeficht der Welt Sein würdig Haupt empor?,, Der Staatsmann und der Held.' Der Held? und welcher denn? fie glichen ftäts einander. Der Tollkopf in dem Nord, ein zweyter Alexander, Glich dem aus Griechenland. Sie gehn auf gutes Glück 325 Gerade vor fich hin, und keiner schaut zurück

;

Die Menfchen find ihr Feind, die Waffen ihre Rechte; Ihr ganzer Lebenslauf ein ewiges Gefechte.

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So fieht der Staatsmann auch dem Staatsmann immer gleich.
Er fchleicht mit leifem Tritt. Er überraschet euch
Aus feinem Hinterhalt in unbewachter Stunde.
Das heißt Gefchicklichkeit. Ifts nicht vielmehr im Grunde
Des andern fein Verfehn? Mag doch Lift oder Schwert,
Der Kunft nach angebracht, dem Ausgang nach bewährt,
Die Länder hintergehn, die Länder an fich reißen:
Welch eine Thorheit ifts Unmenfchen groß zu heißen!
Durch Tücke thut fich der, durch Unfinn jener vor,
Der ist ein größrer Schalk, und der ein größrer Thor.
Wer nach dem edlen Zweck durch edle Mittel trachtet,
Und bey verfehltem Ziel nicht Schmach,nichtKerker achtet. 340
Gib ihm Aurelens Thron, laß durch ein traurig Loos
Ihn gleich dem Socrates erliegen: er ist groß.

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Der Ruhm phantastisch Ding. Dieß träumerische Leben Geathmet nicht in dir, in andern dir gegeben; Ein Wefen außer uns auch vor dem Tode fchon. Was dir zu Ohren kömmt, das trägeft du davon, Das haft du, weiter nichts. Wovon du nichts erfähreft, Lobsprüche, dir ertheilt, die du nicht weist, nicht hörest,

O fage, Bolingbrok, ifts da nicht einerley,
Ob du, ob Cicero durch fie gepriefen fey?
Die ganze Wirkfamkeit von deines Namens Preise
Fängt an und höret auf in einem engen Kreise,
Im Kreis von Freund und Feind. Aus allem nebenhin,
So weit es reichen mag, was ziehft du für Gewinn?
O fiehe! da zergeht, da finket in das Leere
Deslebenden Eugens, des todten Cäfars Ehre ;
Sie fey der Tapferkeit, fie fey des Frevels Lohn,
Heut, oder einft, und wo, am Rhein, am Rubicon.
Der kriegerische Geift, was ift er? eine Ruthe;

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Der Witzling? leichte Spreu. Der Redliche, der Gute 360
Ift Gottes fchönes Werk. Des Buben Name lebt
So wie zu freyem Tag den Rumpf ein Strang erhebt.
Deck ihn, Vergeffenheit! verhehlet ihn, ihr Grüfte!
Daß er die Nachwelt nicht durch feine Peft vergifte.
Der Weyhrauch alles Ruhms (den einzigen nimm aus 365
Der dem Verdienfte brennt) fliegt in die Luft hinaus;
Er fteiget dir zum Kopf, vom Herzen unempfunden
Das eignen Unwerth fühlt und eine derer Stunden,
Da deiner schönen That nach wohlvollzogner Pflicht
Die Selbstberuhigung ein ftilles Urtheil spricht,
Ift Jahren vorzuziehn, wo dicht gedrungne Reihen
Des dummen Pöbelschwarms dir ihrem Glückruf weyhen.
Verbannet lebt Marcell zufriedner in der That
Als Cäfar, nach dem Sieg, begleitet vom Senat.

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Was ist es endlich auch, Witz, Einficht, hohe Gaben 375 In Ueberlegenheit vor taufenden zu haben? Was ist es Bolingbrok. Fürwahr man weis alsdann, Wie wenig alles fey, was je man wiffen kann.

Man fieht mit fchärferm Blick der andern Menschen Fehler, Und fchaut in eigne Bruft und findet eigne Mäler.

* damals

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Von andern unerreicht, auf eigne Stärke kühn,
Auf eignen Beyfall ftolz, erhebt dich dein Bemühn,
Bald in der Wiffenschaft, bald in dem Weltgefchäfte,
Und immer um den Preis der zugefetzten Kräfte.

Du follft der Wahrheit Schirm, der Wahrheit Lehrer feyn; 385
Du follft ein finkend Land erretten und befreyn:

Und alle fürchten dich. Auf wen willft du dich fteifen?
Und da dir niemand gleicht, wer wird dich wohl begreifen ?
Beschwerlich Vorzugsrecht! der, welcher allzusehr
Des Lebens Schwächen fieht, fieht deffen Troft nicht mehr. 390

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Vortheile vieler Art. Ift ihr Betrag nun wichtig? Zieh ab und fetze zu, dann nimm die Summe richtig. Der eine mindert meift den andern; insgemein, So viel man hier gewinnt, fo viel büßt man dort ein. Oft fieht man diefen gar durch jenen untergehen; Wie wenig können fie bey größern Gütern ftehen; Man opfert ihnen oft das Leben, ftäts die Ruh. Und diefe blenden dich? und diefe foderft du? Komm her, und bift du ja für fie noch eingenommen, Vertausche dich einmal mit dem, an den fie kommen. 400 Du willst ein Ordensband. Willft du Lord Umbra feyn ? Ein Ritter Billy? O! die kleinen Seelen. Nein. Wenn dich der gelbe Koth, das Gold, fo fehr entzücket, Schau, ob in feiner Frau den Gripus Gold beglücket. Lockt dich ein fchön Talent: fchau die Gelehrfamkeit Des großen Bako an, des klügften feiner Zeit, Und des Verachteften. Soll dich auf weichen Schwingen, Das fäufelnde Gerücht der Nachwelt überbringen : So fich auch Cromweln da zur Ewigkeit verdammt. Will fie dein großer Wunsch auf einmal allefamt, So geh ins Alterthum; dort kannft du fie betrachten, Im vollen Umfang sehn, fie prüfen, und verachten;

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Dort fiehe dargestellt im Punkt des ftärksten Lichts
Die Herrlichkeit der Welt und auch zugleich ihr Nichts.
In der Monarchen Gunft den erften Platz gewinnen;
Berauscht von Wolluft ruhn im Arm der Königinnen,
O! zu dergleichen Glück ist nichts hinzuzuthun !
Wunsch voller Eitelkeit! Verräthrisch handelt nun
Der eine bey dem Thron, der andre bey der Liebe,
Gib acht, durch welchen Schwung unwürdiger Getriebe 420
Durch manche niedre Lift, durch manchen schnöden Streich
Er zu der Hoheit geht: Venedigs Zinnen gleich,

Die dem beherrschten Land in voller Pracht fich zeigen,
Und in dem Grunde doch aus Schlamm und Meergras steigen,
Der Wachsthum feines Ruhms wird feiner Tugend Grab; 425
Was ihn als Held erhebt, fetzt ihn als Menfch herab.
Schau, wie um feine Stirn Europens Lorber pranget:
Doch auch fur fo viel Gold durch übeln Tausch erlanget,
Doch auch vom Blute roth. Vom Sieg zur Raft gekehrt,
Durch der Provinzen Raub bereichert und entehrt,
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An Kraft und Muth erfchöpft, in Weichlichkeit begraben,
Ift es noch jener Held, den wir bewundert haben?
O! fein unfelig Gold, das keinen Schimmer wies
In irgend einer That, die den Besitzer pries!
Und welches Glück bekrönt das Ende feiner Tage?
Gefpenfter vieler Art, erfehn zu feiner Plage,
Ein kühner Favorit und ein gebiethrifch Weib
Stehn gierig um ihn her. Elender, fliehe! bleib!
Umfonft winkt dir der Schlaf auf jenen weichen Matten
Umnebelt von dem Pomp hochaufgefpannter Schatten. 440
Umfonft! ihr blaffes Bild, dein Schrecken, deine Quaal,
Steht aller Orten da, fteht in dem weiten Saal,
Wo der Trophäen Glanz und eitle Schildereyen
Der Thaten ganzen Lauf und jeden Sieg erneuen.
Du aber, den vieleicht fein Mittag blenden kann,
Schau feinen Morgen auch, fchau feinen Abend an.

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