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Am 24. Januar. ,,Das Eis kommt nicht zur Ruhe. Dicht neben den auf dem Eise befindlichen Lebensmitteln ist ein Anfangs schmaler, dann langsam breiter werdender Sprung entstanden, der in einen anderen alten einmündet und unter dem Backbord stehenden Boote durchgeht. Die 1400 Pfund Fleischnahrung, welche draussen stehen, sind uns absolut nöthig; aber unsere ganze Umgebung ist derart zerrissen und von Sprüngen durchzogen, die bald zufrieren, bald aufgehen, dass wir nirgends einen Platz haben, dem wir trauen können. Es befindet sich auf grosse Distanz keine ungesprungene Eisplatte, die grösser als wenige Quadrat-Klafter ist."

26. Januar. „Es knistert, knackt und arbeitet fortwährend im Schiffe und seiner Umgebung; wir haben keine ruhige Minute. Kaum hat man sich in der Kajüte niedergelassen und hofft eine ruhige Stunde geniessen zu können, so beginnt wieder das ominöse Geräusch. Bald knackt dieser Balken, bald jener, in den Planken knistert es leise: das sind die Vorboten. Auf einmal durchläuft ein leichtes Zittern das ganze Schiff, es hat sich in seinem Eisbette gerührt. Rasch wirft man den Pelz um und stülpt die Haube auf; allein meistens ehe man noch auf Deck angelangt ist, kracht und schiesst es im ganzen Schiff, es rückt einige Mal, dann zittert und knistert es nach, und für kurze Zeit ist wieder Ruhe. Meistens hat sich dann in der Nähe ein Sprung geöffnet, ein alter ist aufgegangen oder ein neuer hat sich gebildet. Oft friert er rasch wieder zu, bricht wieder auf, friert wieder zu und wiederholt dieses anscheinend unschuldige Manöver vielleicht 14 Tage lang. Dann bricht aber plötzlich aus irgend einer unsichtbaren Ursache das Verderben los, der Sprung geht zusammen und wirft an den exponirten Stellen Berge und Wälle von Eis auf, bei deren Anblick man unwillkürlich an das Schicksal des Schiffes denkt, das inmitten dieser Vorgänge liegt. Sechs Klafter rückwärts vom Schiffe ist die zuletzt aufgeworfene Eismauer 30 Fuss hoch. Sie zieht sich nach Südwest und Nordost, so weit die Mittagsdämmerung die Aussicht gestattet."

27. Januar. „Kurz vor Mitternacht öffnete sich der alte Sprung vorne wieder, und das Eis setzte sich gegen das Schiff in Bewegung. Unter der Pressung öffnete sich noch ein anderer Sprung dicht am Schiffe, machte dasselbe auf Backbord bis zum Grossmast frei, spaltete das Eis unter dem auf Backbord stehenden Fangboote auf und lief unter einem Haufen Kohlen durch die rückwärtige Eismauer durch. Alle Mann, auf Deck gerufen, schafften die Boote, Lebensmittel, Kohlen &c. fort. Kaum hatten wir die Lebensmittel in Sicherheit gebracht, so war auch schon der Platz verschüttet, auf dem sie gelegen hatten. Das Eis warf vor dem Schiffe einen ziemlich bedeutenden Wall auf, wenn

auch nicht so hoch als der rückwärts vorbeilaufende. Auf wenige Klafter vor dem Schiffe kam es zum Stehen. Vormittags setzte es sich wieder in Bewegung, spaltete den Berg Backbord vor dem Bug und drückte ihn theilweis unter."

Wir liegen jetzt derart eingekeilt, dass wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, dass das Schiff wieder frei wird. Steuerbord liegt das Eis vom Oktober her sehr schwer, vorne haben wir neue Wälle von verschiedenem Datum, rückwärts und Backbord ist die hohe Mauer, Alles dicht beim Schiffe. Wir selbst liegen auf einer Eisblase in die Höhe geschraubt. Die eigentliche obere Decke ist durch die untergeschobene Eismasse hoch emporgedrückt. Wir mussten heute ziemlich weit vom Schiffe fortgehen, um eine Stelle zu finden, wo wir das untergeschobene Eis durchbrechen konnten, um lothen zu können."

31. Januar. „Um 7 Uhr Vormittags setzte sich das Eis vorne wieder in Bewegung und drückte den am 17. November dort aufgeworfenen Berg derart unter, dass sich eine enorme Eisplatte bis über seinen Gipfel hinaus schieben konnte. Das Schiff wurde vorne wiederum gehoben und ächzte stark. Soweit die Dunkelheit unterscheiden lässt, hat sich auf Steuerbord eine neue Eismauer gebildet, dadurch ist der Kreis um uns nun vollständig geschlossen."

Um uns unsere Lage noch fühlbarer zu machen, herrschte während dieses harten Monats sehr viel schlechtes Wetter. Südliche und nördliche Stürme wechselten mit einander ab und brachten abwechselnd intensive Kälte und feuchte und unangenehm schwüle Luft. Erst gegen Ende des Monats brachte uns die Mittagsdämmerung wirkliches Licht.

Und wiederum kittet die zwischen 30 bis 40° R. schwankende Kälte in den folgenden Tagen Alles zusammen. Und wiederum am 1. Februar kracht plötzlich das Eis unter unseren Füssen; es öffnet sich ein Sprung und erweitert sich so rasch, dass für die auf der anderen Seite Befindlichen mit Brettern eine Brücke gelegt werden muss. ,,Der Sprung läuft dicht am Bug vorbei, trennt den hohen Berg vorn auf Backbord von uns ab und entfernt sich rückwärts vom Schiffe. Ein Fangboot, das Observatorium, Kohlen &c. bleiben auf der entgegengesetzten Seite. Grosse Stücke untergeschobenes Eis tauchten von unten auf und verursachten förmlichen Strom- und Wellenschlag. Jeder neue Eisblock kündigte sich vor dem Auftauchen durch Gurgeln des Wassers an und schoss dann über die Oberfläche empor. Unheimlich ist die Tiefe, bis zu welcher das Eis hinabreicht. So weit das Auge hinunter zu dringen vermag, ist nichts als Eis zu sehen, dessen grüne Farbe tief unten ohne Grenzen mit dem Dunkel des Wassers verschmilzt. Ein am Rande hinabgeworfenes Loth blieb in 8 Meter auf dem vorspringenden Eise liegen, und zwar an

einer oberhalb ziemlich ebenen Stelle. Wie tief es an den Stellen hinabreicht, wo die hohen Eiswälle an der Oberfläche den Kampfplatz der Felder bezeichnen, lässt sich gar nicht bestimmen. Der Sprung erweiterte sich nach und nach und ist jetzt wie ein Fluss zwischen Eisufern, etwa 150 Schritt breit. Beide Ränder haben sich seitlich gegen einander verschoben, so dass sich unser böser Nachbar, der Berg, der uns vorn am Bug lag, jetzt ein paar hundert Schritt rückwärts von uns befindet. Als Nachmittags die drüben befindlichen Gegenstände herübergeschafft wurden, musste für das Boot erst ein Kanal durch das junge Eis gehauen werden."

8. Februar. „Nach Mitternacht begann sich der Fluss wieder zu schliessen, und es arbeitete in demselben bis 8 Uhr Vormittags. Beim Schiffe sind die beiden Ränder noch 6 bis 8 Klafter von einander entfernt, im Nord und Süd von uns sind sie jedoch schon zusammengestossen und haben sich in einander gebohrt. Im Süd ist der Sprung durch die höchste Eismauer gegangen, die sich in unserer sichtbaren Umgebung befindet, und hat sie gespalten. Die beiden schroffen Eiswände starren sich gegenseitig an; der höhere Theil, der sich auf der anderen Seite befindet, hat sich gegen uns geschoben, so dass wir uns jetzt zwischen diesem und dem Berge, der sich früher vorn befand und nun im Nordosten liegt, wie zwischen Scylla und Charybdis befinden."

10. Februar. „Das Eis hielt uns den ganzen Tag in Athem, da es bis 4 Uhr Nachmittags unaufhaltsam näher und näher rückte. Jetzt ist der frühere Fluss wieder vollkommen geschlossen, und statt seiner haben wir eine niedrige Eisbarrière am Backbord längs des Schiffes, die uns von einem ziemlich ebenen Stücke Feld trennt. Es war heute interessant zu sehen, wie das Eis an den Eismauern, die vor und hinter uns liegen, in die Höhe kletterte. Der Absturz rückwärts von uns, dort, wo der Sprung die Eismauer getrennt und verschoben hat, ist noch immer 24 Fuss über Wasser; bis über diese Höhe hinaus kletterten die Tafeln des jungen Eises unter dem Drucke des jenseitigen Feldes und bildeten oben einen neuen Kamm."

11. Februar. „Um 4 Uhr Nachmittags öffnete sich der schon fest zusammengegangene Sprung wieder, indem sich

jenseit des gestern aufgetriebenen Walles ein neuer Riss bildete. Er ist jetzt 2 Klafter breit und ungefähr 11⁄2 Klafter vom Schiff entfernt."

12. Februar. ,,Der Sprung hat sich heute wieder geöffnet und geschlossen."

14. Februar. „Unter gewaltigem Krachen ging der Sprung heute wiederum auf. Bis 10 Uhr Abends anhaltendes Schieben im Eise."

18. Februar. „Um 11 Uhr Vormittags schloss sich der schon vollkommen überfrorene Sprung gänzlich, mit starker Pressung gegen den Bug des Schiffes; um das Schiff ist wieder Alles gesprungen. Es ist ein trostloser Anblick, wenn man die Eismassen mit unaufhaltsamer Gewalt direkt gegen das Schiff anrücken sieht und berechnet, wie lange es noch dauert, bis das wenige noch dazwischen liegende Eis auch zersplittert ist. Zoll für Zoll rückt es näher; im Schiffe ächzt, schreit und kracht das Holz von dem untergeschobenen Eise, das es zu heben sucht; unter schussartigen Schlägen reisst es sich aus seinem Eisbette los. Man weiss mit Bestimmtheit, dass nur mehr wenige Fuss über das Schicksal des Schiffes entscheiden, und muss unthätig dabei stehen, ohne etwas Anderes thun zu können, als immer und immer wieder mit den Augen zu messen, wie gross noch der schützende Zwischenraum ist. Im Herbste waren die Eispressungen nicht so heftig als jetzt; es arbeitete länger, aber es traten nicht jene fast unglaublichen Kräfte an den Tag, von denen wir in der letzten Zeit so oft Zeuge sein mussten, Kräfte, die in wenigen Minuten Eiswälle aufthürmen, die bei 30 Fuss Höhe so weit verfolgt werden können, als das Auge reicht. Heute Abends rührte sich das Schiff wiederum unter heftigem Krachen und Stossen. Die Ursache muss unter uns liegen, da sich das Eis des zusammengegangenen Sprunges ruhig verhält."

Es war die letzte Pressung. Eingemauert in Eisklötzen lag von da ab das Schiff regungslos zwischen den Wällen aus Eis, die es auf allen Seiten umgaben bis zum Tage, wo wir auf Nimmerwiedersehen Abschied nahmen von unserer zweijährigen Heimath.

Das ist das Treiben und Schaffen des Packeises im Winter.

Die Mongolei und das Land der Tanguten.
Oberst - Lieutenant Przewalsky's Reisen, 1870-1873 1).

Die absolute Höhe der westwärts von Suma-chada belegenen Gegend bleibt sehr bedeutend, die Bewässerung wird hier aber noch spärlicher, besonders in der Nähe des Gebirges am Ufer des Gelben Flusses, das bei den Geographen unter dem Namen In-schan bekannt ist, während die Eingeborenen diesen Namen gar nicht kennen und einzelne Theile des Gebirges mit besonderen Namen belegen. Dieses Gebirge erhebt sich auf dem Plateau neben der Stadt Kuku-choto und zieht sich von da in senkrecht abfallender Wand längs des Ufers der nach Norden gerichteten Biegung des Hoang-ho hin, um 250 Werst westlich von seinem Anfange mit der Gebirgskette Muni- ula im Thale des Hoang-ho zu endigen. In seiner ganzen Ausdehnung trägt es denselben wilden Alpen - Charakter und unterscheidet sich von den anderen Gebirgen dieses Theiles der Mongolei durch seinen Wald- und Wasserreichthum.

In der Verlängerung des In-schan erstrecken sich längs der Nordbiegung des Hoang-ho die Gebirge Scheiten - ula und Chara - narin - ula, von denen das letztere von dem Bache Chaljutai bis zur Nordgrenze von Ala-schan reicht. Diese beiden Gebirgsgruppen schliessen sich an den eigentlichen In-schan nicht unmittelbar, sondern vermittelst anderer Hügel- oder Berggruppen an. So hängt der Charanarin-ula mit dem Scheiten-ula durch eine Hügelreihe, der letztere mit dem In-schan durch den Schochoin - daban

(d. h. Kalkrücken) zusammen. Zwischen diesen Gebirgen und dem Ala-schan-Gebirge findet jedoch keine Verbindung Statt. Der Scheiten-ula ist viel niedriger als der In-schan und unterscheidet sich von diesem durch vollständigen Mangel an Baumwuchs und Wasser. Jenseit des Chaljutai wird das Gebirge zwar höher und alpenartiger, bleibt aber waldund wasserlos, und da es ein Randgebirge ist, erhält es seine volle Entwickelung nur nach dem Thale des Hoang-ho hin, das es von dem auf seiner anderen Seite liegenden Plateau scheidet.

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sich lagernden Häusern wohnen für gewöhnlich 2000, im Sommer auch wohl 7000 Lamen. Ausserdem strömen Schaaren von Pilgern oft aus sehr entlegenen Gegenden herbei.

In den kolossalen Felsen, die das Kloster umgeben, giebt es viele Berg - Antilopen (Antilope caudata?). Dieses kleine Thier bewohnt die wildesten Felspartien des AlpenGebirges, lebt einzeln, seltener paarweis, hält sich während des ganzen Tages an einsamen Stellen auf, die es erst kurz vor Abend verlässt, um die ganze Nacht hindurch auf den Alpenwiesen und am liebsten auf kleinen von Felsen umschlossenen Stellen zu äsen. Zwei oder drei Stunden nach Sonnenaufgang kehrt es wieder zu seiner Zufluchtstätte zurück. Vor dem Verlassen derselben und auch während des Äsens klettert es oft auf die Felsklippen, um eine Umschau zu halten, ob keine Gefahr droht. Überhaupt ist diese Antilope sehr vorsichtig. Sobald sie eine Gefahr bemerkt, enteilt sie in langen Sätzen und springt im Nothfall in tiefe Schluchten hinab. Beim Stehen oder ruhigen Gange bewegt sie beständig den schwarzen ziemlich langen Schwanz. Die Beine sind im Verhältniss zum Körper ziemlich dick. Die westliche Fortsetzung des In-schan, die Gebirgskette Muni - ula, hat denselben Charakter wie jene. Sie liegt 100 Werst lang und ungefähr 25 Werst breit zwischen zwei Thälern, von denen das eine sie im Norden, das andere, das an den Hoang-ho stösst, im Süden begrenzt. Die im mittleren Theile gemessene absolute Höhe betrug 7400 Fuss, doch ist der näher am Westende der Kette belegene höchste Berggipfel, einer der beiden Scharaoroi, vielleicht noch 1000 Fuss höher. Die Hauptaxe des Muni-ula liegt fast in der Mitte des Gebirges, das nach Norden und Süden in schroffen, von felsigen Schluchten durchfurchten Felsabhängen abfällt. Überhaupt hat das Gebirge einen wilden Alpen - Charakter, der sich jedoch mehr auf dem Südabhang entwickelt.

Der Muni ula mit dem Sürun-bulük zusammen besteht aus Granit, Syenit-Granit, gewöhnlichem und HornblendeGneiss, Granulit, Porphyr und Gesteinen neuester vulkanischer Bildung. Die Flora des Gebirges Muni-ula erinnert an die Sibirische, doch lässt sie die Uppigkeit vermissen, welche die Gegenden am Amur und Ussuri auszeichnet. Die Bäume sind meist niedrig und dünnstämmig, die Gebüsche klein und verkrüppelt. Die Bäume wachsen auch hier mehr in den nördlichen Schluchten und in diesen mehr auf den nach Norden gerichteten Abhängen. Oberhalb des Waldgürtels liegen die Alpenwiesen mit ihrem reizenden Grün und dem bunten Blumenteppich, mit denen

die daraus hervorragenden gelbgrauen Felsklippen scharf contrastiren.

Die Fauna des Muni - ula ist ärmlich. Von grösseren Säugethieren findet man hier nur Cervus Elaphus '), Cervus Pygargus, Antilope caudata (?), Canis lupus und Canis vulpes, aber kein einziges Thier vom Katzengeschlecht. Von den Nagern leben in den Wäldern wahrscheinlich Mäuse und Wühlmäuse, in den Thälern Hasen und Zieselmäuse. Von Vögeln, die zwar mannigfaltiger, aber auch nicht sehr zahlreich vertreten sind, findet man Greife (Vultur monachus?) und Lämmergeier (Gypaëtos barbatus), zwei kolossale Vögel von mehr als 9 Fuss Flügelweite; daneben Cypselus leukopyga, Fregilus graculus, Columba rupestris, auf den Alpenwiesen Anthus rosaceus (?), in den Wäldern Ruticilla aurorea, Emberiza sp., Sitta sinensis, Troglodytes sp., Poecile cincta, Phyllopneuste supercil., Phyllopneuste sp., Pterorhinus Davidii, Drymoeca extensicauda, Picus sp., seltener Picus Martius, Phasianus torquatus; mit Sonnenuntergang endlich lässt sich die Japanische Nachtschwalbe (Caprimulgus Jotaca) vernehmen. Unterhalb der Waldgrenze in den trockenen Gebirgsthälern Wachholderdrosseln (Petrocincla saxatilis), Steinschmätzer (Saxicola isabellina), Wiedehopfe (Upupa epops), graue Rebhühner (Perdix barbata) und Berghühner (Perdix chukar).

Eine viel grössere Ausbeute gewährten die Insekten und eine noch reichhaltigere die Pflanzenwelt, da das Wetter im Juni durch häufige, meist von Gewittern begleitete Regengüsse, Windstille und Wärme die Entwickelung der Vegetation begünstigte, obgleich das matte Grün und die wenig farbenreichen Blumen der Steppe selbst in dieser Jahreszeit ein trübes Aussehen verliehen.

Die Reisenden fanden endlich einen Mongolischen Begleiter, Namens Dschüldschiga, und brachen mit demselben nach der Chinesischen Stadt Bautu auf. Sie überstiegen das Gebirge auf einem ziemlich bequemen Passe, der nur auf dem Südabhange steiler wird und weiter durch die am Bache Ubür-mürgün-gol durchflossene Schlucht führt. gelangten in eine nackte, wasserlose Wüste, in der sich nur die Antilope gutturosa und Lerchen zeigten und Myriaden von Grillen mit ihrem Gezirpe die Stille des Tages unterbrachen.

Sie

Der Weg führte weiter ostwärts durch das Thal, das zwischen dem In-schan und dem linken Ufer des Hoang-ho liegt und dicht von Chinesen bevölkert ist, die auf ihren vorzüglich bearbeiteten Feldern Hirse, Weizen, Gerste,

1) Die Reisenden konnten trotz ihres zweimonatlichen Aufenthaltes im Muni-ula keinen Edelhirsch erlegen. Die Eingeborenen vertilgen dieselben der jungen Geweihe wegen, die in China guten Absatz finden. Die dreiendigen Geweihe werden daselbst mit 50 bis 70 Lan bezahlt. Man braucht dieselben als medizinisches Reizmittel.

Buchweizen, Hafer, Reis, Mais, Kartoffeln, Hanf, Erbsen, Bohnen, stellenweis auch Kürbisse, Wassermelonen, Melonen und Mohn bauen.

Bautu liegt 7 Werst vom Ufer des Gelben Flusses entfernt und 50 Werst westlich von der von Huc beschriebenen Stadt Zagan-kuren. Es ist ziemlich gross und von einem quadratischen Lehmwall umgeben, von dem jede Seite 4 Werst misst. Die Einwohner treiben einen lebhaften Handel mit den Yroten, mit Ordos und Ala-schan. Es befindet sich hier sogar eine Eisengiesserei, in welcher die grossen Schalen verfertigt werden, in denen Chinesen und Mongolen ihre Speisen bereiten. Im Übrigen ist der Ort eben so schmutzig wie die anderen Chinesischen Städte.

Am folgenden Tage schon begab sich die Expedition nach dem Hoang-ho, wo sie vermittelst roh gezimmerter Fährboote bei der Überfahrt Lan-chaisa übergesetzt wurden. So betrat sie die Provinz Ordos, die, in dem grossen Bogen des Flusses liegend, von drei Seiten von diesem, im Süden von den Provinzen Schän-si und Gan-su begrenzt wird. Längs dieser Grenzlinie läuft auch die Grosse Mauer, welche hier wie bei Kalgan das von einer ansässigen, Ackerbau treibenden, kulturfähigen Bevölkerung bewohnte Land mit mildem Klima, reicher Bewässerung und dadurch bedingter Fruchtbarkeit von dem hohen, kalten und öden Plateau trennt, auf dem nur Nomaden leben können. Dieses Aneinandertreten der grössten Contraste, welche der physische Bau der Erdoberfläche darbieten kann, hat den Geschicken der hier wohnenden Völkerschaften die ihnen eigene Signatur verliehen, die sich von jeher in dem Kampfe der barbarischen Nomadenhorden mit den physisch zwar schwächeren, aber schlaueren und höher civilisirten Chinesen gekennzeichnet hat, ein Kampf, der mit dem Unterliegen der Barbaren endigen musste.

3. Ordos.

Der Boden von Ordos bildet eine sandige oder salzigthonige Ebene, die auf den Rändern zuweilen von niedrigen Gebirgszügen durchschnitten wird. Der Boden ist mit Ausnahme des Hoang-ho-Thales, das eine ansässige Chinesische Bevölkerung inne hat, des Anbaues durchaus unfähig. Die absolute Höhe dieser Ebene beträgt 3000 bis 3500 Fuss 1), so dass sie von der Wüste Gobi aus, die von ihr durch einige Gebirge auf der Nord- und Ostseite des Gelben Flusses geschieden wird, eine Übergangsstufe nach China bildet.

Der Hoang-ho, der Ordos von drei Seiten umspült, entspringt in dem Alpenlande im Süden des Kuku-nor, windet

1) Das Thal des Hoang-ho hat in der Nähe von Bautu am See Zaidemin-nor 3200 Fuss und 27 Werst westlich von der Stadt Dynchu 3500 Fuss absolute Höhe.

sich hier durch riesige Gebirgsketten hindurch, betritt bei der Stadt Che-tscheu die Grenzen des eigentlichen China, wendet sich bald darauf bei der Stadt Lan-tscheu mit einer kleinen östlichen Abweichung nach Norden und behält diese Richtung durch 5 Breitengrade bei. Durch die Anschwellung der Wüste Gobi und den In-schan aufgehalten, biegt er nach Osten ab, um 50 geogr. Meilen in dieser Richtung fortzufliessen; dann wendet er sich plötzlich unter einem rechten Winkel nach Süden bis über den Parallelkreis seiner Quellflüsse hinaus, worauf er sich wieder nach Osten wendet und seit 1855 mit dem Hauptarm in der Nähe der Stadt Kai-fün-fu nach der Petschili-Bucht abbiegt, während ein versandeter Nebenarm, das frühere Hauptbett, sich dem Gelben Meere zuwendet und 400 Werst südlicher mündet.

Herr Przewalsky verfolgte den Lauf des Hoang-ho auf dessen rechtem Ufer 434 Werst lang, bis zur Stadt Dünchu). Der Strom fliesst nach einer Beobachtung in der Nähe des Ufers bei Bautu mit einer Geschwindigkeit von 300 Fuss in der Minute; in der Mitte ist die Strömung wohl noch schneller. Sein Wasser ist sehr trübe und von gelblich-grauer Farbe, aber nicht schädlich für die Gesundheit, besonders wenn man den Schmutz abstehen lässt. Die Breite des Stromes ist bei dem sehr wechselnden Wasserstande verschieden; eine Messung mit der Boussole bei der Stadt Dün-chu ergab bei mittlerem Wasserstande 203 Faden. Diese Breite ändert sich wenig, so dass sie bei Bautu vielleicht nur um ein Geringes grösser ist. Die Tiefe ist bedeutend, und nirgends bietet sich eine gangbare Furth dar. Ein Flussdampfer könnte hier sehr bequem gehen, jetzt befahren ihn beständig grosse Barken, welche von Bautu bis zur Stadt Nin-sia stromaufwärts 40, für dieselbe Entfernung stromabwärts nur 7 Tage gebrauchen sollen. Buchten bildet der Strom auf dieser Strecke nicht, er fliesst vielmehr in gleichmässigen niedrigen Ufern dahin. Vom Meridian der westlichen Ecke des Muni-ula bilden sich zu beiden Seiten Nebenarme von 25 bis, 40 Faden Breite, die sich jedoch bald wieder mit dem Hauptstrom vereinigen; nur einer derselben, der Baga-chatun, zieht sich ziemlich weit nach Osten. Die gewöhnlich auf dem rechten Ufer der Nordbiegung des Hoang-ho angegebenen Arme sind nicht mehr vorhanden, seitdem der Strom sein früheres Bett westlich vom Muni-ula mit dem ca. 50 Werst südlicher liegenden vertauscht hat. Das alte Bett, von den Mongolen Ylan-chatun genannt, hat sich noch sehr gut erhalten, und nach Aussage der Mongolen sollen zwischen. demselben und dem jetzigen Gelben Flusse noch zwei Arme bestehen. Diese Änderungen im Laufe des Stromes können

2) Tschagan-subar-chan auf den Karten Klaproth's und Kiepert's.

übrigens nicht sehr alt sein, da ein und dieselben Choschunen (Fahnen) von Ordos auf dem rechten und auf dem linken Ufer des jetzigen Stromes liegen und die Eintheilung der Provinz Ordos in ihre heutigen Fahnen vor jener Änderung Statt gefunden hat.

Das Thal des Hoang-ho ist 30 bis 60 Werst breit und hat einen angeschwemmten lehmigen Boden, der sich auf der Nordseite, westlich vom Muni-ula, sehr erweitert, auf der Südseite aber durch die stellenweis nahe an den Hoangho herantretende Sandwüste Kusup-tschi beengt wird. Das Thal ist mit Ausschluss des kleinen an das Gebirge stossenden Theiles, der sandig und steinig ist, anbaufähig und mit Chinesischen Dörfern bedeckt; der südliche Theil hat jedoch auch viele Wiesen, die mit ihrer Flora der Europäischen ganz ähnlich sind. In weiterer Entfernung vom Flusse haben sich kleine See'n und Moräste gebildet. Auf dem sandigen und lehmigen Rande, welcher die Kusuptschi-Wüste von dem Thale scheidet, wächst u. A. auch eine für Ordos charakteristische Pflanze, die Lakritze (Glycirchiza uralensis), welche die Mongolen Tschichir-buja und die Chinesen So oder Soho nennen. Die fast vertikal in den Boden dringenden Wurzeln sind 4 oder mehr Fuss lang und oben bis 2 Zoll dick und bilden einen Handelsartikel, der im südlichen China sehr gesucht ist, wo aus der Wurzel ein erfrischendes Getränk bereitet wird.

Vom Meridian der westlichen Ecke des Muni-ula ändert sich der Charakter des Thales, dessen Boden nun viel Salz beigemengt ist, und gleichzeitig die Vegetation. An die Stelle der Wiesen mit ihrer Flora treten ganze mit Calamagrostis sp. und Lasiagrostis splendeus bewachsene Strecken und ziemlich ausgedehntes Busch werk, unter dem die Tamariske (Tamarix sp.) bedeutend vorherrscht, die zuweilen eine Höhe von 20 Fuss bei einer Dicke von 3 bis 4 Zoll erreicht.

Die das Thal im Süden begrenzende Sandwüste Kusuptschi erstreckt sich vom Meridian der Stadt Bautu 300 Werst stromaufwärts längs des Hoang-ho, tritt dann auf das linke Ufer über und erfüllt das ganze Ala-schan. Ihre Breite variirt zwischen 15 bis 80 Werst. Sie ist mit 40 bis 50, selten 100 Fuss hohen Hügeln von feinem gelben Sande bedeckt, dessen obere Schicht vom Winde hin- und hergeweht wird. Die Unterlage ist fester Lehm, wie im Hoang - ho - Thale. Es scheint sich hierdurch die Hypothese zu bestätigen, dass das ganze Ordos der Grund eines See's gewesen ist, der sich durch das Bett des Hoang-ho einen Abfluss nach dem Meere geschaffen hat. Die Einförmigkeit und Todtenstille dieses Sandmeeres, in welchem man höchstens gelbgraue Eidechsen (Phrynocephalus sp.) sieht, fällt mit schwerem Gewicht auf die Brust des Menschen, der dasselbe betritt. An den Rändern finden sich kleine Oasen mit einer Vege

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