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Die Verbreitung der sedimentären Gesteine in Europa.

Begleitworte zu Tafel 5.

Von H. Habenicht.

Die Wissenschaft der Geognosie hat noch grosse Theile ihres Gebietes nur oberflächlich oder gar nicht in Besitz genommen. Denn abgesehen von den zwei Dritteln der Erdrinde, welche durch den verhüllenden Schleier des Weltmeeres wohl noch für lange Zeiten geognostischer Forschung verschlossen sind (bis auf die jüngsten Sedimente), und abgesehen von unserer gegenwärtig noch absoluten Unkenntniss grosser Flächen im Innern ausser-Europäischer Continente, giebt es selbst in unserem hochkultivirten Europa ganze Länder-Complexe, welche höchst mangelhaft erforscht sind, wie die Türkei und Spanien. Der Grund hierfür liegt in den ausserordentlich complicirten Lagerungsverhältnissen und in der Schwierigkeit und Kostspieligkeit von Bohrungen, welche in vielen Fällen das einzige untrügliche Mittel sind, die Existenz und Lagerungsverhältnisse der einzelnen Formationen zu erforschen.

Für eine Übersichtskarte kleinen Maassstabes wie die beigegebene Tafel, welche nur die Hauptgrundzüge der Oberflächen - Lagerungsverhältnisse geben kann, ist jedoch unsere geognostische Kenntniss bereits ausreichend; es wurde auch schon vor beinahe 20 Jahren von André Dumont eine sehr schöne geognostische Karte von Europa in bedeutend grösserem Maassstab veröffentlicht, welche der unsrigen in der Westhälfte als Grundlage diente, während für Russland Murchison und Helmersen, für Österreich die Aufnahmen der K. K. Geologischen Reichs-Anstalt, für die Türkei und Klein - Asien Hochstetter's und Tchihatchef's Arbeiten benutzt wurden.

Als Grundlage ist die orographische Übersichtskarte aus Stieler's Hand-Atlas gewählt, und wird damit der Versuch gemacht, die physikalischen mit den geognostischen Verhältnissen zugleich dem Auge des Beschauers vorzuführen. Es muss auf diesen Umstand ganz besonderes Gewicht gelegt werden, denn die innige Verbindung, welche zwischen der Oberflächengestaltung und dem inneren Bau der Erdrinde besteht, ist dieselbe wie zwischen dem getreuen Bild eines organischen Körpers und seiner anatomischen Zergliederung.

Es ist naturgemäss, dass die Lagerungsverhältnisse der Gesteine uns ausgezeichnete Hülfen in die Hand geben für Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1876, Heft III.

die Erklärung der Formen, der Lage, Streichung und Höhe der Gebirge, der Hochländer und Depressionen, sowie der Vertheilung von Wasser und Land, der Formen von Inseln, Halbinseln, Meerbusen, Binnensee'n &c.

Je kleiner der Maassstab einer Karte ist, desto mehr müssen in ihr die Hauptsachen hervorgehoben, die Nebensachen über Bord geworfen werden. Die Arbeit des Reducirens ist daher meist schwierig und mühsam, dafür aber auch lohnend, denn man kann durch bändereiche Schriften eine Sache oft nicht so klar machen als durch eine einfache Übersichtskarte. Als höchst bedauerlicher Umstand muss es daher hingestellt werden, dass gute physikalische Übersichtskarten noch so wenig beachtet und studirt werden, besonders aber, dass grosse Werke geschrieben werden ohne Begleitung von solchen Karten, die doch für das Verständniss solcher Untersuchungen von der allergrössten Wichtigkeit sind.

Es ist begreiflich, dass dem Auge des Zeichners gewisse Gesetzmässigkeiten in der Formation eines Landes eher auffallen, als dem in den meisten Fällen nur flüchtigen Blick des Beschauers. Es sei daher dem Zeichner der beigegebenen Karte gestattet, einige Worte über die Lagerungsverhältnisse, besonders der sedimentären Gesteine, in Europa beizufügen ').

Zunächst einige erklärende Worte in Bezug auf die Karte selbst. Der Maassstab erlaubt es nicht, alle Formationen anzugeben. Die sedimentären Gesteine sind offenbar die wichtigsten und verbreitetsten; zur Ausfüllung sind die Eruptiv-Gesteine mit einem hochrothen Tone angegeben, indem als bekannt vorausgesetzt werden die Gneiss- und Granit-Zonen Skandinavien's, der Alpen &c., so wie die wenigen Herde vulkanischer Thätigkeit. Gneiss und Cambrische Formation sind auf der Karte gleich den EruptivGesteinen kolorirt.

Bei der Farbenskala der sedimentären Gesteine ist für

1) Die auf langjähriger kartographischer Erfahrung beruhende Theorie des Verfassers über die Entwickelungsgeschichte der Erde ist vor Kurzem in der in Paris erscheinenden Zeitschrift,,l'Explorateur" publicirt worden.

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die paläozoischen roth, grau und schwarz, als Ausdruck der noch bedeutenden Thätigkeit des Feuers, der Grauwacken- und Steinkohlen - Perioden, für die mesozoischen blau, als conventionelle Jurafarbe bis zum hellsten Blau für die Kreide, für die kaenozoischen Gesteine endlich grün und gelb gewählt; so dass man die drei HauptformationsGruppen: primär (roth-schwarz), sekundär (blau), tertiär (grün-gelb), so wie jede einzelne Formation mit Einem Blick übersehen und erkennen kann.

Das Neue an der Karte, das ihre Publikation rechtfertigt, ist also die gleichzeitige Darstellung von physikalischen und geognostischen Verhältnissen, die Übersichtlichkeit, durch den kleinen Maassstab und die Farbenskala bedingt, und endlich die Verarbeitung neuer Materialien. Denn Dumont's Karte ist zu gross, um recht übersichtlich zu sein, und auch schon veraltet, die kleinen Kärtchen in Berghaus' Physikalischem Atlas und in Lyell's Principles of Geology verfolgen einseitige Zwecke und sind äusserst dürftig.

Dem Auge eines jeden, auch des oberflächlichsten Beschauers der geognostischen Karte von Europa wird die regelmässige Anordnung der sedimentären Formationen im Pariser Becken, dem Musterbecken par excellence, auffallen. Die Formationen finden sich hier in concentrischen Streifen und in ihrer regelmässigen Altersfolge von aussen nach innen übereinander gelagert. Die Art der Lagerung lässt sich am besten vergleichen mit auf einander gelegten sehr flachen Tellern, von denen die untersten am grössten und stärksten sind, die nach oben folgenden immer kleiner und schwächer werden. Jedoch entspricht dieser Vergleich der Wirklichkeit insofern nicht ganz, als die unteren Formationen sich nicht unter dem ganzen Becken fortsetzen, sondern nach dem Centrum zu allmählich an Mächtigkeit abnehmen und endlich ganz aufhören, also nur den Rand eines Tellers vorstellen, der nach aussen am stärksten ist und daselbst zuweilen steil auf dem Untergrund aufsitzt, zuweilen nach aussen ebenfalls allmählich verläuft. Nur die jüngste oberste Formation, die gewissermaassen den Deckel des Ganzen bildet, ist vollständig erhalten. Man muss ferner den Vergleich noch insofern modificiren, als die Beckenränder nicht kreisrund, sondern verdrückt und verbogen erscheinen, es macht den Eindruck, als wenn das Wasser die Stoffe periodenweis abgesetzt hätte, und als wenn während dieses Prozesses die Beckenränder durch seitlichen Druck verbogen worden wären. Um das Bild ganz zu vervollständigen, hat man sich noch zu vergegenwärtigen, dass die äussersten, also zu unterst abgesetzten Formationen mit ihren äusseren Rändern die grösste Höhe über dem Meeresspiegel erreichen.

Schon Cuvier hat nachgewiesen, dass der Boden des

Pariser Beckens vielfach Hebungen und Senkungen ausgesetzt war, abwechselnd von salzigem und süssem Wasser bedeckt und trocken gelegt wurde. Man kann bei Berücksichtigung all' dieser Umstände kaum anders, als sich das Pariser Becken als selbstständiges abgeschlossenes Hebungsund Senkungs-Gebiet vorzustellen. Wenn diess kein Trugschluss ist, so hätten wir einen Anhalt für die Vertheilung von Wasser und Land bis in die frühesten EntwickelungsPerioden der Erde hinauf, und es würde nur übrig bleiben, festzustellen, ob sich die Lagerungsverhältnisse des Pariser Beckens häufig genug wiederholen, um als Regel hingestellt zu werden.

Es muss hier auf die Thatsache hingewiesen werden, dass die Störungen der ursprünglichen Lagerungsverhältnisse in Europa von einer wahrhaft staunenerregenden Grossartigkeit sind. Eduard Suess hat sie zum Theil sehr treffend in seiner kürzlich erschienenen Schrift über die Entstehung der Alpen geschildert. Die Dislokationen, als Verwerfungen, Faltungen, Dehnungen, Zerreissungen, Überkippungen und Überschiebungen der Schichten, sind so grossartiger Natur, dass wir uns nicht wundern dürfen, die Beckenränder arg zerstört, verdeckt, verbogen und zerrissen zu finden. Es muss ferner vorausgeschickt werden, dass der Begriff Becken im Folgenden weit allgemeiner, umfassender zu verstehen ist, wie gegenwärtig unter Geologen gebräuchlich, die meist nur von ganz lokalen, wie dem Wiener oder Mainzer Becken reden und selbst mit Pariser Becken oft nur die jüngste tertiäre Ablagerung begreifen.

Durch die Süd - Französische Granit- und Gneiss-Platte mit vulkanischem Centrum vom Pariser Becken getrennt,. liegt das von Bordeaux. Darin sind dieselben Formationen wie im vorigen vom Trias aufwärts vertreten, nur die jüngste Tertiär - Bildung weist es ausserdem noch auf. Es ist im Westen und Süden theils vom Meere und den Pyrenäen verdeckt, theils verdrückt und zerstört.

Im Norden, nur durch den schmalen Kanal la Manche getrennt, schliesst sich das Englische oder Londoner Becken an das Pariser. Es erscheint von Ost nach West zusammengedrückt, im Westen gehoben und zeichnet sich aus durch beinahe vollständige Reihenfolge aller Formationen von den ältesten bis zu den jüngsten mit alleiniger Ausnahme des Muschelkalkes, eines Gliedes der Trias-Formation. Für seine Eigenschaft als selbstständiges abgeschlos senes Becken spricht die scharfe Umbiegung der Formationen an den Ost- und Südküsten. Jedenfalls ist es streng vom Pariser Becken zu trennen, welches eine ganz ausgeprägte Selbstständigkeit besitzt, schon durch sein abgerundetes tertiäres Centrum, durch den Mangel an Kohlen &c. Viel eher möglich wäre die Zusammengehörigkeit des Englischen und Belgischen oder Unter Rhein - Beckens, doch

wird auch diess bei genauer Vergleichung der Formationen und Contouren unwahrscheinlich, was natürlich nicht hindert, dass einzelne Formationen, wie z. B. die Kreide, in beiden von einem und demselben zusammenhängenden Meere abgesetzt wurden, oder dass wie bei Poitiers die Jura-Lauge aus einem Becken in das andere übergeflossen ist. Es können aber auch derartige Fälle durch spätere Überschiebungen, wie beim Schweizer Jura entstanden sein. Das Unter-Weser-Becken schliesst sich östlich an das Belgische, durch den Teutoburger Wald, Thüringer Wald und das Erzgebirge im Westen und Süden begrenzt, während sich der Nordostrand unter dem Diluvium und den tertiären Gebilden der norddeutschen Tiefebene verliert. Der Harz trennt dieses Becken in zwei Theile, so dass man sehr wohl von einem Thüringer Becken reden kann; im allgemeinsten Sinne wird man aber wahrscheinlich beide als Eins betrachten müssen, indem der Harz auf ähnliche Weise wie das Erzgebirge, Eifel und Westerwald mit ihren azoischen und paläozoischen Gebilden, durch eine verhältnissmässig ganz neue Dehnung zu Tage getreten zu sein scheint. Man erhält an manchen Stellen den Eindruck, als ob die älteren Schichten unter den jüngeren hervorgezogen oder geschleift worden wären, an anderen Stellen sieht es wieder aus, als hätten sich durch seitliche Pressungen die obersten Schichten losgeblättert und wären durch eine allgemeine Fluth fortgeschwemmt worden, wobei mandelförmige Inseln stehen geblieben sind.

Die sedimentären Schichten des im Südosten an das Thüringische sich anschliessenden Prager Beckens scheinen durch verhältnissmässig spät zu Tage getretene EruptivGesteine bis auf wenige Reste förmlich verschlungen worden zu sein, so dass man das Ganze besser als Felsplatte bezeichnen kann. Es sind nur schmale Streifen der Steinkohlen-Formation, Kreide, tertiären Gebilde und des Rothliegenden am Fusse des Erzgebirges, Riesengebirges und am äussersten Rand der Mährischen Platte, welche die ursprüngliche Ausdehnung des Beckens ahnen lassen.

Nach Nordosten weiter gehend gelangen wir über die Polnische Ebene zu dem grossen, ausserordentlich flachen Nord-Russischen oder Moskauer Becken, welches weit über die Hälfte des Europäischen Russland ausfüllt. Es scheint das älteste von allen zu sein, denn wir finden nur paläozoische Formationen darin vertreten, mit Ausnahme des Trias; das Jura-Meer oder die Jura-Lauge ist augenscheinlich durch einen Bruch im Beckenrand zwischen Kanin und Nowaja Semlja aus dem östlichen Nachbarbecken hereingelaufen. Der westliche Theil des Beckens erscheint zusammengedrückt in meridionaler Richtung und von Ost nach West auseinandergezerrt, so dass vielleicht die zur Kreidezeit von Wasser bedeckten Dänischen und Preussi

schen Theile der Ostseeküste als äusserste Ränder dieses grossen Beckens zu betrachten sind.

Das Kaspische Becken endlich, im Süden des vorigen gelegen, scheint im Gegentheil jüngeren Ursprungs, denn es treten in demselben ausschliesslich jüngere Gebilde zu Tage. Es erscheint stark verdrückt und zerstört durch meridionale Pression, vielleicht ist in dem West-Russischen Landrücken und der Lysa Gora sein äusserster Westrand zu suchen.

Im Süden schliesst sich an diese Zone von kleineren Becken das grosse Mittelmeerbecken, vielleicht das grösste auf der Erde. Denn man kann wohl nicht gut anders annehmen, als dass Formationen, welche, wie der Nummulitenkalk, sich über grosse Theile von Europa, Asien und Afrika verbreiten, zu gleicher Zeit und von einem zusammenhängenden Meere abgesetzt wurden.

In diesem ungeheueren Becken sind die ursprünglichen Lagerungsverhältnisse in ganz erstaunlich grossartiger Weise gestört. Nicht nur, dass durch Parallelfalten-Bildungen die höchsten Gebirge aufgethürmt sind, die auf dem Boden des Beckens abgesetzten Gesteine, sowohl die ältesten wie die jüngsten, auf die höchsten Berge emporgehoben erscheinen, so sind durch grosse Continentalfalten die Gebirgsketten sowohl als die Beckenränder in einer Weise verbogen und zerstört, dass sie ein unentwirrbares Chaos zu bilden scheinen.

Die Nordgrenze des Mittelmeerbeckens beginnt im Westen am Nordfuss der Pyrenäen, da, wo dieselben Theile des Bordeaux-Beckens überlagern, zieht sich über die Sevennen und Dijon, wo der Jura des Mittelmeeres sich mit dem des Pariser Beckens vereinigt, nach den Vogesen und dem Schwarzwald und läuft, sehr scharf ausgeprägt, durch die breite Spalte des mittleren Rheinthales über die MittelDeutschen vulkanischen Gebilde, auf dem Kamm des Thüringer Waldes (einen prachtvollen Meerbusen bildend) am Südfuss des Böhmer Waldes entlang, schwenkt zwischen Linz und Wien nach Nordosten um und setzt sich über Krakau, die Awratyner Platte, Ponto-Kaspische Niederung &c. fort. Der letztere Theil ist durch Überfliessungen oder Überschiebungen stark verwischt.

Die innerhalb dieses Beckenrandes aufgestauten Parallelfalten haben die Pyrenäen, Apenninen, Alpen, Karpathen, den Balkan und Kaukasus gebildet, und es gehört nicht viel Phantasie dazu, in den Persischen Randgebirgen, dem Thian-schan, Altai, Jablonoi-Gebirge &c. einerseits, in den Nord-Afrikanischen, Süd-Persischen Gebirgen und dem Himalaya andererseits die Fortsetzungen dieser grossen Falten zu erblicken.

Man erhält den Eindruck, als ob die bewegende Kraft bei Bildung dieser Falten von der Mitte ausgehend nach aussen gewirkt und am Beckenrand einen Widerstand ge

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