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von Schweden (1:1.000.000) von A. Hahr noch unvollendet.) Von Levasseur's grossem physisch - politisch - ökonomischen Atlas, der bei Delagrave erscheinen wird, lagen nur acht Blätter und zwei Zeichnungen vor. Beide Atlanten sind nicht für den Schulunterricht bestimmt, aber sie müssen hier als nothwendige Vorarbeiten für Schul- Atlanten und Schulkarten begrüsst werden. Denn der grosse Gegensatz, welcher zwischen letzteren und den ausgezeichneten Original - Arbeiten, deren sich Frankreich mit Recht rühmen kann, bisher bestand, ist vor Allem aus dem Mangel guter Reproduktionen aus dem topographischen Material in Frankreich zu erklären. Denn nur in seltenen Fällen wird man sogenannte Schulkarten von Neuem nach letzterem bearbeiten. Nennen wir also die grossen HandAtlanten einmal Reproduktionen erster Ordnung, so lässt sich nicht leugnen, dass die älteren in Frankreich bekannten nicht im Entferntesten mit unseren Deutschen oder dem von Johnston conkurriren konnten, und wir möchten Herrn Levasseur fragen, ob es sich wohl der Mühe verlohnt, den alten Brué von Neuem zu revidiren. Die Grundlagen sind in demselben doch gar zu mangelhaft, namentlich was fast sämmtliche Terrain-Bilder betrifft. Übrigens ist diess nicht das einzige Werk, das Herr Levasseur auf dem Laufenden erhalten will. Der ganze Verlagskatalog des Hauses Delagrave vom kleinsten Leitfaden bis zum Compendium, von der stummen Handkarte bis zum Relief erscheint,,sous la direction de Mr. Levasseur", wahrlich ,,un peu trop d'activité", wo der,,soin" nothwendig ein wenig leiden muss, was sich freilich nicht im Augenblick, wohl aber in späteren Jahren zeigt.

Unter den Wandkarten, die Herr Levasseur bereits unter seinem Namen publicirt hat, ist vor Allem eine solche von Frankreich (1:1.000.000) zu nennen, der noch eine grössere (1: 600.000) folgen soll und die an Klarheit die meisten anderen auf der Ausstellung übertrifft. Auch ihre Correktheit wird sehr gelobt, eine Sache, zu deren Prüfung selbstverständlich ein Ausstellungs-Besuch nicht hinreicht. Ungleich plastischer ist noch die von Erhard (Schieble) herausgegebene Wandkarte (1:800.000), welche wohl ihres ansprechenden Äusseren wegen in zahllosen Exemplaren zur Ausschmückung des Treppenhauses im AusstellungsGebäude und der Säle selbst verwendet war. In der That wirken die reichen Farbentöne des Terrains, das weiche Grün der Tiefebene, das blaue Meer und die gewaltigen Schatten der Abhänge des Hochgebirges fesselnd auf jeden Beschauer und müssen beim Schüler einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Im Einzelnen liessen sich manche Ausstellungen machen, namentlich dass das Flussnetz viel zu sehr zurücktritt, manche plateauartige Gebirge zu sehr den Charakter von Kettengebirgen erhalten haben, die Ebe

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nen im Westen zu sehr noch mit Gebirgszeichnung gefüllt sind, und dass die Namen im Dunkel des Brauns unlesbar werden &c. Aber wenn auch mit diesen Mitteln noch entschieden mehr hätte geleistet werden können, müssen wir zu unserem Leidwesen doch gestehen, dass wir eine solche Wandkarte von Deutschland noch nicht besitzen. Denn die Möhl'sche, welche ihrer schönen technischen Ausführung wegen dahin gerechnet werden könnte, verdient. nach dem Urtheil vieler Fachmänner ihrer mannigfachen Fehler wegen das Lob nicht, welches ihr namentlich in freigebigster Weise von Schulbehörden zu Theil geworden ist.

Unter den anderen Arbeiten der Franzosen verdienen diejenigen der Frères des écoles chrétiennes doch noch der Erwähnung; wenn nämlich auch einige der hypsometrischen Karten von Frankreich ziemlich verunglückt, die Weltkarte viel zu voll ist, so zeigen namentlich die kleineren Atlanten, auch das Album der 1 Meter hohen, 1 Meter breiten stummen Repetitionskarten, dass Schulmänner von praktischer Erfahrung mitgearbeitet haben.

Resumiren wir unsere Betrachtungen über die Französischen Schulwandkarten und Schul-Atlanten, so geht unsere Ansicht dahin, dass in den letzten fünf Jahren Erstaunliches geleistet, dass namentlich die das eigene Vaterland betreffenden Wandkarten bereits eine seltene Vollkommenheit erreicht haben, dass aber für andere Europäische Länder, die Erdtheile oder die ganze Erde noch keine geeigneten Wandkarten vorhanden sind, und Schul-Atlanten, die ihrem Zweck wahrhaft entsprechen könnten, noch fehlen.

Unmöglich können wir in gleicher Ausführlichkeit alle anderen auf der Ausstellung vertretenen Länder besprechen; schon aus dem einfachen Grunde, weil die ausgestellten Gegenstände noch keinen Einblick in den Gesammtumfang der Unterrichtsmittel gewinnen liessen. Das aber lässt sich vertreten, dass Belgien's Schulen sehr dürftig mit Karten versehen sind. Kann man sich geschmacklosere Bilder als diejenigen des Etablissement de Carlsbourg (Brüssel) denken mit ihren breiten farbigen Bändern und den roh gezeichneten Höhenschichten? Wir schweigen von den ausgestellten Schulheften, in denen den Völkern Europa's merkwürdige Charaktereigenschaften von Schülern vindicirt werden, die offenbar des Schreibens noch kaum mächtig sind.

Die meisten Englischen Schulwandkarten fehlten. Sie sind wie die Handkarten zu fein und glatt, in den Farben nach unseren Begriffen geschmacklos. Das Flächenkolorit für politische Gebiete waltet vor, so dass das Terrain-Bild fast verschwindet, mit Einem Worte nüchtern, nicht individualisirend, doch sind sie im Einzelnen meist viel sorgfältiger und nach besserem Material gearbeitet, als wir diess bei den Französischen constatiren konnten.

In den Niederlanden stehen die Atlanten von Kuyper auf der Höhe der Zeit. Wandkarten und Schul-Atlanten haben wir nicht entdeckt. Gross scheint auch das Material in Dänemark nicht zu sein, und man wird billig sein müssen bei kleinen Staaten. Denn wie kann eine Collektion von grossen Wandkarten, deren Herstellung Tausende von Mark kostet, in einem Lande wie Dänemark auf genügenden Absatz rechnen.

Besonders reich dürfte auch das Material in Schweden und Norwegen nicht sein. In ersterem Land hat sich namentlich Lieutenant Mentzer der Aufgabe unterzogen, verschiedene Atlanten und Karten dem Schulinteresse anzupassen. Doch sahen wir keine der grösseren Karten zusammengesetzt, und offenbar werden nicht alle Projekte ausgeführt, welche die Specimina seiner Wandkarten zur Darstellung brachten. Vor allem wäre die Vollendung der physischen Wandkarte von Schweden von A. Hahr (1:1.000.000) zu wünschen, die eine der besten derartigen Karten zu werden versprach, die überhaupt existiren.

Russland's Ausstellung der wichtigsten Bestandtheile eines Pädagogischen Museums, welches den MilitärerziehungsAnstalten zu St. Petersburg gehört, war von höchstem Interesse und zeigt, mit welcher Energie dort in einzelnen Kreisen für die Verbreitung geographischer Kenntnisse in den Schulen gearbeitet wird. Wie weit diese Bestrebungen in's Volk dringen, lässt sich freilich nicht aus solcher Ausstellung entnehmen. Die Mehrzahl der Gegenstände kann auch jetzt nur von wenigen Schulen acquirirt werden zum wenigsten nach Deutschen Begriffen, denn wenn auch, wie der Bericht über das Pädagogische Museum sagt, die Gesammtkosten für das Unterrichtsmaterial, welches eine Schule sich zu verschaffen hätte, von 3650 Rubel im J. 1870 auf 1350 Rubel im J. 1875 gesunken ist, so übersteigt letztere Summe doch noch weit alle Budgets Deutscher Mittelschulen.

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In Russland sind Schulkarten fremden Ursprungs noch weit verbreitet, dennoch verfügt es Dank den Bestrebungen der Obersten Iljin und Mikhaïlow schon über ein beträchtliches eigenes Material. Die Schul-Atlanten des ersteren überragen denjenigen Stockmann's, erreichen den Sydow'schen jedoch nicht. Sehr bemerkenswerth waren die Entwürfe zu einem umfassenden Schul-Atlas von Pulikowsky, auf die wir zu unserem Bedauern nicht gründlicher eingehen können. Hier liegt aber einmal ein Atlas im Plan vor, der ausschliesslich pädagogischen Interessen dienen soll, freilich wieder für's Volk sich nicht eignet, da er für dieses zu viel bieten wird allein der vorbereitende

Theil wird 53 Blätter oder Zeichnungen enthalten. Der Preis muss darum eine zu grosse Rolle spielen. Im Allgemeinen scheinen uns die Bestrebungen Russland's auf die

sem Gebiete für seinen ungeheueren Umfang viel zu sehr concentrirt in der Hauptstadt und in den militärischen Kreisen. Es fehlt die belebende Conkurrenz, deren wir uns in Deutschland erfreuen.

Die kleine Schweiz brillirt auch auf dem Felde der Schulgeographie in einer Weise, dass sie mit Deutschland in vielen Unterrichtsmitteln um den ersten Preis ringt. Zwei Dinge kommen der Entwickelung derselben hier sehr zu Statten. Die staatliche Zersplitterung und der hohe Zustand, auf dem das Schulwesen überhaupt in der Schweiz steht. Ohne die erstere würde es keinesfalls neben der vorzüglichen topographischen Karte der ganzen Schweiz so viele und in so kostbarer Ausführung hergestellte Cantonalkarten geben wie hier. Diese bilden die Grundlage für die zahlreichen Schulwandkarten einzelner Schweizer Gebiete, welche vielfach der Rivalität in der inneren Verwaltung derselben ihren Ursprung verdanken. In Beziehung auf Karten für den Unterricht in der Heimathskunde steht demnach die Schweiz an der Spitze aller Europäischen Staaten. Die einsichtige Unterrichtsverwaltung hat aber öfters noch die Herstellung guter Kartenwerke direkt oder » indirekt befördert und nur so ist der beispiellos billige Preis von 1 fr. 35 c. für den so vorzüglich ausgeführten Wettstein'schen Schul- Atlas in 12 Blättern (bei Wurster, Randegger & Co. in Winterthur hergestellt) zu erklären. Derselbe enthält eine solche Fülle pädagogisch mit grossem Verständniss ausgewählten Stoffes, dass er mit die beste Leistung auf diesem Gebiete ist, die heut zu Tage existirt. Natürlich ist er, da allein vier Blätter der Schweiz gewidmet sind, zunächst nur für Schweizer Schulen geeignet. Er könnte aber ein Muster für andere Gebiete abgeben. Unter den zahlreichen Wandkarten heben wir nur die der Gesammtschweiz von J. M. Ziegler (1:200.000) hervor, die jede höhere Schule Europa's besitzen sollte, denn alle Wandkarten der benachbarten Staaten stellen die Alpen doch immer in einem viel zu kleinen Maassstab dar. Mit desselben Verfassers,,Atlas über alle Theile der Erde" in 27 Blättern (Winterthur 1864-74) können wir uns indess nicht befreunden. Auf vielen Blättern, wie Russland, SüdAmerika, Süd - Deutschland (z. B. ist der Jurazug nördlich von Nördlingen absolut nicht zu verfolgen) fehlt jede scharfe Charakterisirung der Gebirgsverhältnisse.

Über Ungarn können wir hier schnell hinweggehen, da dort Schulwandkarten und Atlanten von einiger Bedeutung noch kaum hergestellt sind. Die Perthes'sche Geogr. Anstalt versieht seit Jahren das Unterrichts- Ministerium mit Kartenmaterial, das auf Veranlassung desselben meist von Dr. H. Berghaus hier in vorzüglicher Weise hergestellt ist.Österreich hat seit einer Reihe von Jahren angefangen, sich mehr vom Deutschen Markte zu emancipiren. Die rüh

rige Firma von Hölzel in Wien hat keine Mühe gescheut, die Österreichischen Schulen mit Provinzkarten und SchulAtlanten zu versorgen. Erstere, meist von Kozenn herrührend, sind jedoch nicht besonders gelungen, zu gleichmässig bedeckt das Braun des Terrains das ganze Bild, von Weitem ist wenig zu unterscheiden. Der Kozenn'sche SchulAtlas ist sehr vollständig und sorgfältig ausgeführt, er stützt sich fast überall auf Stieler. Eine ganz ausserordentliche Thätigkeit entwickelt seit den letzten Jahren der um die Österreichische Landeskunde und die Österreichische Schulgeographie so hochverdiente Rath Steinhauser, dessen Schul- Atlanten in verschiedenen Stufen, den Sydow'schen ähnlich, jetzt weit verbreitet sind. Ihm verdankt man auch die erste für den Unterricht zu verwendende Karte der Gesammt- Alpen (1:500.000), freilich ist die technische Ausführung etwas ungleich, sie enthält als Schulkarte betrachtet viel zu viel. Das Bild würde sich unbedingt wesentlich heben, wenn das Wasser in Blau colorirt würde. Im Übrigen finden Deutsche Karten noch vielfach Eingang in Österreich, die von den einheimischen noch nicht übertroffen sind.

Wir gelangen zu Deutschland, dessen Ausstellung im Schulfach besonders Werthvolles enthielt. Justus Perthes hatte nur seine neuesten Wandkarten, darunter jene unübertroffene physikalische Wandkarte der Erde von H. Berghaus, auf der eine Fülle neuer Ideen verkörpert ist und der keine andere Nation eine ähnliche an die Seite zu stellen vermag, und die Karte vom Deutschen Reich von H. Wagner, deren Genauigkeit Ref. verbürgen zu können glaubt, ausgestellt. Bei D. Reimer traten die physikalischen Wandkarten von H. und R. Kiepert in den Vordergrund, die mit einer so überraschenden Schnelligkeit das Licht der Welt erblickt haben, daneben die weit verbreitete köstliche Serie von historischen Wandkarten von H. Kiepert, &c Das Photolithographische Institut von Cavael in Weimar hatte die meisten seiner photolithographischen Wandkarten nach Reliefs gesandt, über welche das Urtheil noch nicht abgeschlossen zu sein scheint. Unseres Erachtens sind dieselben nicht anders als eine Verirrung zu bezeichnen, sobald man sie, wie jetzt geschieht, auf jedes beliebige Gebiet ausdehnen will. Die Wandkarte von Deutschland von Möhl hing friedlich innerhalb der Ausstellung des Hauses Perthes. Ich hörte verschiedene Beschauer sie als dessen schönste Publikation preisen. Auch die zweckmässigen Wandkarten von O. Delitzsch auf Wachstuch zur Eintragung beliebiger Zeichnungen mit Kreide fehlten nicht. Eine stumme Karte in grossem Maassstabe vom Königreich Sachsen von demselben war nicht eigentlich Wandkarte zu nennen, da sie in der Detaillirung weit über den Zweck einer solchen hinausging. Von Schul-Atlanten lagen nur die allbekann

ten von Stieler und Sydow, Kiepert, Liechtenstern und Lange und einige Blätter eines verunglückten Unternehmens, eines photolithographischen Atlas vor. Unter diesen Atlanten hier den besten auszuwählen, scheint nicht der Ort. Nach den neuesten Umarbeitungen zu urtheilen, verspricht mit der Zeit der Stieler'sche vielleicht den ersten Rang einzunehmen; für die Periode des Übergangs entbehrt er freilich die pädagogisch so äusserst wichtige Einheitlichkeit, welche der Vorzug der Kiepert'schen Atlanten ist. Der Sydow'sche, von Vielen noch immer an die Spitze gestellt, bedarf inhaltlich jetzt mancher Erneuerungen. In pädagogischer Beziehung zeigt auch der Liechtenstern'sche grosse Vorzüge, wird aber in Correktheit und Sorgfalt der Zeichnung weit von den ersteren übertroffen.

Das sind so ziemlich die Artikel, welche der sechsten Gruppe in der Deutschen Abtheilung angehörten von Reliefs und Globen abgesehen. Wenn nun Herr Wallon auf die unmittelbar vorliegenden Gegenstände sein Urtheil gründete, dass Deutschland auf diesem Gebiete bis jetzt unübertroffen dastehe, so würde dieses Compliment entschieden mehr auf den Gehalt als die Menge der Produktion gehen. Letztere würde sich freilich ganz anders stellen, wenn unsere Ausstellung jene Vollständigkeit gehabt hätte, die alle Deutschen Congress-Mitglieder ihr wünschten, auch würde der Gesammteindruck schon ein imposanter gewesen sein, wenn alle Deutschen Erzeugnisse in anderen Abtheilungen mit der Hauptausstellung vereinigt worden wären, z. B. die Ungarischen Wandkarten von Berghaus und Geiger (J. Perthes), die ganze Serie der bekannten Sydow'schen Wandkarten, welche in der Russischen Abtheilung ausgestellt waren; vor Allem aber würde jener Reichthum an Globen, deren sich Deutschland erfreut, sich wesentlich anders ausgenommen haben, wenn neben den von Reimer und aus Weimar jener Wald von Erdkugeln gestellt worden wäre, welchen die Augen des Beschauers bei Hachette & Co. bewunderten. Sie stammten sämmtlich von Ernst Schotte & Co. in Berlin. Nehmen wir zu den angeführten Beispielen hinzu, in welche Menge fremder Sprachen vor allen die Perthes'schen Kartenwerke übertragen sind, um in deren Gebieten noch heute stark verbreitet zu werden Französisch, Italienisch, Ungarisch, Russisch, Finnisch, Schwedisch &c., und gedenken wir der mannigfachen Erzeugnisse unseres Vaterlandes, die ein reges Streben für die Verbreitung geographischer Kenntnisse in Schulen bezeugen wie die Atlanten von Adami, Wagner (Darmstadt, jetzt gleichfalls in der Umarbeitung begriffen), Stössner, Issleib, Provinzkarten von Guthe, Leeder &c., so ist keine Frage, dass wir zur Zeit eine numerisch der Französischen weit überlegene Ausstellung hätten zu Wege bringen können freilich zum Theil wohl nicht zum Vortheil

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unseres auswärtigen Rufes. Denn neben dem Tüchtigen, was leider nicht zugegen war, hätten sich sicher Publikationen breit gemacht, die zwar mit einem gewissen Geschick entworfen und den Vortheil der Billigkeit an sich tragend dennoch des inneren Gehaltes entbehren, ja zum Theil noch dem Fortschritt der Technik Hohn sprechen. Ohne hier, wo uns zur näheren Begründung der Raum mangelt, Namen zu nennen, wollen wir noch das erfreuliche Ergebniss der letzten Jahre constatiren, dass nämlich ein grosser Theil jener erbärmlichen kleinen Elementar - Atlanten, die nur durch die Billigkeit ihr Leben fristen können, im Laufe der letzten 6 bis 8 Jahre durch drei Unternehmungen weit zurückgedrängt sind, einen Atlas von Kiepert (bei Reimer), von H. Lange und von Issleib in Gera. Unter diesen überragt der erste die anderen bei weitem, beim letzteren ist es zu bedauern, dass nicht eine geeignetere geographische Kraft den wirklich anerkennenswerthen Anstrengungen der Firma zur Seite gestanden hat. Wäre in Deutschland's Lehrerwelt, vor allen in den oberen Schulbehörden, nur ein wenig mehr Verständniss für Kartenwesen, so würde sich bald das Bessere noch mehr die Oberhand verschaffen. Mit ,,offiziellen Empfehlungen von Seiten von Schulcollegien und Unterrichtsministerien" wird vielleicht nirgends solches Unwesen getrieben als bei uns, ein Umstand, der die eigenthümliche Erscheinung zu Wege gebracht hat, dass mehrfach solche Werke, welche die Fachmänner gründlich verdammt haben, sich der weitesten Verbreitung erfreuen denn sie sind von oben empfohlen".

Fassen wir diess zusammen, so stellt sich heraus, dass mit das Beste, was Deutschland zur Zeit im Fache der Schulgeographie besitzt, auf der Ausstellung vertreten war. In der That wagen wir die Behauptung auszusprechen, dass in Summa keine Nation bis jetzt solche Serien von gediegenen Wandkarten und keine solche Schulkarten wie diejenigen im Stieler'schen, Sydow'schen, Kiepert'schen Atlas aufzuweisen hat, während im Einzelnen vielfach bessere Leistungen von anderen Ländern vorliegen.

Es ist durchaus nicht immer der Geschmack und die Eleganz, welche unsere Karten auszeichnen, sondern der Hauptwerth liegt meist in der Deutlichkeit und Correktheit der Zeichnung. Wir glauben ein Französisches Urtheil über die Leistungen der Perthes'schen Geographischen Anstalt, das wir hier einschalten, auf die meisten in der Deutschen Abtheilung ausgestellten Schulkarten ausdehnen zu können.

,,Tout le monde sait que les cartes exécutées à l'Institut à Gotha ne brillent pas seulement par la perfection de leur exécution, mais aussi par leur consciencieuse exactitude et le soin avec lequel les conquêtes nouvelles de la géographie y sont registrées. Dans toutes les nations de

la terre on étudie et l'on copie ces cartes qui ont servi de matrice à la plupart de celles les plus heureusement composées qui ornent l'Exposition. L'esprit laborieux, minutieux et patient des Allemands aurait suffi pour en faire des géographes distingués; les sacrifices pécuniaires qui sont faits en faveur de l'Institut de Gotha leur permet en outre de tenir leurs productions au courant des progrès accomplis chaque jour. Ce n'est pas d'ailleurs que les cartes allemandes brillent par l'harmonie des couleurs et le goût artistique; on y sent le pesanteur germanique et le goût douteux d'outre-Rhin; en revanche rien n'est sacrifié à la vue, tout concorde à la rectitude et si ces œuvres géographiques ne peuvent lutter pour la beauté et la grâce avec celles de la Russie, de la France, de la Belgique, de la Suède et de la Norvége nul ne songe à leur contester le mérite de la précision et de la parfaite exactitude" ').

Nur mit wenigen Worten müssen wir die Frage noch erläutern, ob wir bei uns am Ziel angelangt sind, so weit davon bei den Fortschritten der Wissenschaft und Technik überhaupt die Rede sein kann. Uns scheint es leicht, dieselbe mit einem einfachen ,,nein" zu beantworten. Abgesehen davon, dass wir noch einzelne unausgefüllte Lücken schmerzlich empfinden, wie eine physikalische Wandkarte von Deutschland (bis jetzt ist die Petermann'sche für den Unterricht entschieden die beste), eine wirkliche Wandkarte der Alpen &c., steht die Entwickelung der Kartographie für die Elementarschulen noch in der Kindheit. Ein Vorwurf, den man auch vielen sogenannten Schul- Atlanten machen kann, dass sie mehr Volks-Atlanten sind, wie pädagogisch zu verwerthende Karten enthalten, lässt sich im eminenten Maasse für den Primär - Unterricht aussprechen. Bisher waren die sogenannten Elementar-Atlanten nichts als kleinere Ausgaben der Schul-Atlanten, d. h. es figurirten die nämlichen Karten in ersteren, nur in geringerer Anzahl. Diess ist zum Theil in der letzten Zeit besser geworden, es giebt schon der untersten Stufe des Unterrichts angepasste ElementarAtlanten. Dieselben können aber nicht mit anderen conkurriren, wenn diese billiger sind. In weiten Kreisen ist der Begriff,,billiger Atlas" und Elementarschul- Atlas" identisch. Viel empfindlicher ist noch der Mangel an Wandkarten für Volksschulen. Letztere haben noch grössere Bedeutung, weil man mit ihnen bis in die Dorfschule dringen kann und muss, wohin Elementar-Alanten bis jetzt nur noch wenig gelangen. Wir sehen, es liegt ein reiches Feld noch vor uns, ein Feld, auf dem wir leicht von auswärtigen Ländern überflügelt werden können, denn wir haben auf ihm keinen Vorsprung, keine historische Vergangenheit voraus. Wahrhaft fruchtbar kann aber dieses

1) L'Explorateur 1875, Nr. 30.

Feld nur dann bebaut werden, wenn Kartographen und Pädagogen gemeinsam zu arbeiten beginnen.

Leider gestattet es uns der Raum nicht, näher auf die zahlreichen Veranschaulichungsmittel einzugehen, welche dem darstellenden Wort des Lehrers eine mächtige Unterstützung zu bieten geeignet sind, wir meinen jene landschaftlichen Charakterbilder, wie Wüsten, Steppen, Eisgebilde, Gletschermassen, Thalformationen, Küstenbildungen, Gebirgssee'n, Panoramen, Urwälder, Savannen, Ruinenstätten, Rassentypen &c. Die Ausstellung bot zum Theil Vorzügliches, und es ist schwer, aus der Masse der herrlichen Photographien, die unmittelbar für den Schulunterricht zu verwerthen wären, auch nur etwas herauszuheben. Doch können wir uns nicht versagen, auf die prachtvollen Blätter des Rhône - Gletschers von Gosset (Bern, bei E. Nicola à 9 fr.) aufmerksam zu machen, welche ihrer Grösse und systematischen Auswahl wegen sich vor vielen, technisch auf gleicher Stufe stehenden Leistungen auszeichnen. Unübertroffen steht noch immer Simony's mächtige Aquarelle zur Erläuterung der Gletscherbildungen da, die jeden Beschauer bereits 1873 in Wien entzückte aber als Unicum hat es natürlich für den Unterricht noch keinen Werth. Und so müssen wir denn leider diese kurze Notiz mit der Bemerkung schliessen, dass sich trotz so vieler schönen Einzelleistungen noch eine wesentliche Lücke in den Unterrichtsmitteln constatiren liess, ein für Schulen verwendbarer geographischer Bilder-Atlas. Es giebt ja deren eine unendliche Anzahl in kleinerem Maassstab. Was uns vor Augen schwebt, ist eine Serie von wo möglich farbigen Charakterbildern, welche zum wenigsten die Grösse der von Hölzel in Wien herausgegebenen äusserst dankenswerthen Bilder zur alten Geschichte, welche 1 m breit und 80 Cm hoch sind, haben müssten. Berücksichtigt man die heutigen Fortschritte der Technik, besonders des Farbendrucks, und andererseits die regen internationalen Beziehungen, die durch die geographischen Congresse angebahnt sind, so wird man einem industriösen Manne die Versicherung geben können, dass ein solches Unternehmen kein Wagniss ist, dass es aber auch nur dann bleibenden Erfolg hätte, wenn es in grossartigem Stile begonnen würde. Es müsste Gutes für einen billigen Preis geliefert werden.

Wir wenden uns zu den plastischen Unterrichtsmitteln im weitesten Sinn des Wortes. Die Ausstellung bot günstiges Material an Rassentypen in Gyps und Bronce, welche jedoch in Schulen ihres hohen Preises wegen immer nur wenig Eingang finden können, eben so wie die bunt bemalten Figuren, welche z. B. das Russische Museum in grosser Auswahl zur Illustrirung der in Russland vertretenen Völkertypen aufzuweisen hat. Alle diese Dinge können auf der Stufe des Unterrichts, von welcher wir reden,

immer noch durch Abbildungen ersetzt werden. Es fehlen indessen, wie eben gesagt, solche in genügend grossem Maassstabe noch fast völlig.

Unentbehrlich auf fast jeder Stufe des Unterrichts ist der Globus. Die Massenhaftigkeit, in welcher derselbe neuerdings fabricirt und verbreitet wird, zeugt davon, dass die Lehrer immer mehr die Nützlichkeit dieses Unterrichtsmittels einsehen. Im Allgemeinen wird der Globus indessen im Schulunterricht nur zur Erläuterung der Kugelgestalt der Erde und aller der Phänomene, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser und der Bewegung der Erde um sich selbst und im Planeten-System stehen, verwendbar sein, weit weniger zur Fixirung einzelner kleinerer Flächen auf der Oberfläche. Daraus geht hervor, dass die Detaillirung des Oberflächenbildes, die kräftige Hervorhebung der Terrain-Formationen, wie wir sie für Wandund Handkarten unerlässlich finden, beim Globus ganz zurücktritt, sobald er nicht dem Privat-Studium zur Grundlage dienen soll. Für Schulen genügt daher meist die deutliche Unterscheidung der Land- und Meerflächen, der einzelnen Erdtheile unter einander. Stumme Globen reichen aus und Relief - Globen haben keinen wesentlichen Vorzug vor den anderen, da die Berge auf letzteren in zu unnatürlichem Maasse erhöht werden müssen, um von Weitem nur einigermaassen sichtbar zu sein.

Die Schotte'schen Globen bei Hachette haben wir schon oben erwähnt. Leider fehlte der mächtige Riesenglobus dieser Firma von 125 Centimeter Durchmesser, dessen Preis freilich 750 Mark 940 Frcs. beträgt. Vorzügliche Globen hatte noch Delagrave ausgestellt, unter denen der Levasseur'sche Inductions-Globus von 1 Meter Durchmesser auf leicht beweglichem Fuss sehr bemerkenswerth ist. Der Preis für einen solchen mit Halbmeridian ist nur 275 Francs, auf geradem Fuss 175 Francs. Er besteht aus einer einfach schwarzen Erdkugel, auf welcher die Grade durch eingeschnittene Vertiefungen bemerklich gemacht sind und auf der sich mit Kreide wie auf einer gewöhnlichen schwarzen Tafel zeichnen lässt. Im Allgemeinen werden unsere Deutschen Globen, unter denen die Reimer'schen obenan stehen, von ausländischen nicht übertroffen.

Wir könnten hinsichtlich der Montirung der Globen noch eine ganze Reihe höchst sinnreicher Einrichtungen namhaft machen, deren Studium in ähnlicher Weise so leicht nicht wieder geboten wird. Aber wir müssen eilen, können leider auch nicht bei den mannigfachen Tellurien und Planetarien stehen bleiben, durch die sich die Französische Ausstellung ganz besonders auszeichnete. Weit wichtiger als die hierher gehörenden vollendeten Instrumente, wie Radiguet's Géocyclique (Paris, mit Uhrwerk 600 Frcs.), Nossow's Planetarium (St. Petersburg 800 Rubel), möchten

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