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Graswuchs verschwindet, und Moos und Flechten an die Stelle desselben treten.

Die Fauna ist besonders an Vögeln reich. Von diesen wurden 106 einheimische oder nistende und 18 wandernde Arten gefunden, unter denen die Singvögel allein mit 74, beziehungsweise 5 Arten vertreten waren; 43 Arten waren davon in der Mongolei nicht vertreten. Von Säugethieren fand man 18 Arten; Amphibien und Fische giebt es sehr wenige und Insekten auch nicht viele.

In dem Gebirge südlich von Tätung-gol ist die Tangutische Bevölkerung nicht unbedeutend und in der Nähe des Klosters Tschertünton am stärksten; im nördlichen Gebirge, wie z. B. in der Nähe des Gadschur, lebte keine Seele mehr. Chinesen haben sich 12 Werst vom Kloster Tschertünton abwärts im Thale des Tätung angesiedelt und treiben daselbst Ackerbau.

Am 1. September kehrten die Reisenden nach dem Kloster Tschöbsen zurück, wo sie bis zum 23. blieben und sich dann unter der Führung dreier Mongolen, die aus dem Choschun Mur - sasak Hammel zum Verkaufe gebracht hatten, auf Gebirgspfaden zwischen den beiden 70 Werst von einander entfernten Dunganen - Städten Sän - guan und Tätung nach Mur - sasak am Tätung - gol, 20 Werst von der Dunganischen Stadt Jü-nan-tscheu 1) entfernt, und von da nach dem Kuku-nor aufbrachen.

Das Bassin des oberen Laufes des Tätung-gol, durch welches der Weg führte, hat einen eben so wilden Gebirgscharakter wie beim Kloster Tschertünton, denn hier wie dort begleiten Gebirgszüge den Fluss von beiden Seiten. Die Seitenzweige der südlichen Kette bilden die Wasserscheide zwischen den Zuflüssen des Tätung-gol und denen des Silin-gol 2) und des Kuku-nor. Einer dieser Zuflüsse des Silin-gol, der Buguk-gol, fliesst in einem herrlichen, überaus malerischen Thale. Auf der linken Seite des Tätunggol wendet sich die nördliche Gebirgskette in der Nähe der Stadt Jü-nan-tscheu schroff nach Norden zu den Quellen des Äzsinä, wird zugleich immer höher und erreicht in dem bereits erwähnten Schneegipfel Konkür seine grösste Höhe.

Der südliche Gebirgszug ist auf der Strecke von Tschöbsen bis Mur-sasak auf dem Nordabhange mit Gebüsch bedeckt, mit welchem sich im Thale des Buguk-gol ein kleiner Tannenwald vereinigt. Hinter Mur-sasak, besonders nach dem niedrigen Passe wird das Gebirge (mit Ausnahme des Hauptrückens) niedriger und hat sanfte Abhänge, die oft mit Sümpfen bedeckt sind.

Am 12. Oktober gelangte die Expedition in die Ebene

1) Der Mongolische Name dieser Stadt ist Schadün-choto.

2) Der Silin-gol ist einer der rechten Nebenflüsse des oberen Hoang-ho; an demselben liegt die grosse Stadt Sining.

des Kuku-nor und lagerte am folgenden Tage am Ufer dieses See's.

8. Der Kuku-nor und Zaidam.

Der See Kuku-nor 1), von den Tanguten Zok-gumbun und von den Chinesen Tsin-chai 2) genannt, liegt in einer Höhe von 10.500 Fuss über dem Meere und hat die Form einer Ellipse mit der Richtung der grossen Achse von Osten nach Westen; seine Peripherie misst 300 bis 350 Werst. Die Ufer sind nicht gewunden und sehr flach; das Wasser ist salzig und hat eine herrliche blaue Färbung, die einen wunderbaren Contrast mit den sie umrahmenden, bereits mit Schnee bedeckten Gebirgen bildete. Von diesen letzteren ergiesst sich eine Menge kleiner Bäche in den See, von denen der bedeutendste, der Buchain-gol, in die südwestliche Seeecke mündet. Ein unbedeutender Wind bringt schon starken Wellenschlag hervor, so dass der See selten ruhig ist. Heftige Winde wehen zur Zeit des Zufrierens, das Mitte November Statt findet; Ende März wirft der See seine Eisdecke ab. In seinem westlichen Theile ist eine kleine Insel von 8 bis 10 Werst im Umfange, nach Aussage der Eingeborenen, die einzige des ganzen See's. Auf derselben befindet sich ein kleines Kloster, in welchem 10 Lamen wohnen, die während des Sommers gar keine Verbindung mit dem Festlande haben, da auf dem ganzen See kein einziges Boot zu finden ist.

Der Kuku-nor ist fischreich, doch beschäftigen sich mit dem Fischfange nur einige Dutzend Mongolen, die ihre Ausbeute nach Donkür bringen. Die gefangenen Fische gehörten alle der einen Gattung Schizopygopsis nov. sp. doch sollen nach Aussage der Mongolischen Fischer auch andere Arten vorhanden sein.

an,

Das nördliche und das südliche Ufer des See's sind nahe mit Gebirgen umsäumt, die an der Ost- und Westseite etwas zurücktreten. Auf dem engen Raume zwischen den Gebirgen und dem Seeufer dehnen sich vorzügliche Steppen aus, doch ist auf der Nordseite des See's der ebene Raum zur Hälfte durch Hügel beengt, die oft in senkrechten Wänden von 6 bis 10 Faden Höhe zur Ebene abfallen. Der Contrast dieser Steppenbildung zu dem durchwanderten Gebirge war wunderbar. Auch zeigten sich bald die Bewohner der Mongolischen Steppe, die Antilope gutturosa, die Hasenmaus mit den Lerchen und den Bastardhühnern. Dazu kamen einige Arten, die schon den Tibetanischen Einöden angehören. Von den Vögeln fällt vor allen anderen eine sehr grosse Lerche (Melanocorypha maxima) von der Grösse des Staars in die Augen; zahlreich sind auch

1) d. h. Blauer See; die südlichen Mongolen sprechen das Wort ,,Chuchu-nor" aus. 2) d. h. Blaues Meer.

Montifringilla (?), Podoces humilis u. a. m. Von den Säugethieren der Kuku - nor - Steppe ist das bemerkenswertheste der wilde Esel oder Chulan (Equus Kiang), von den Tanguten Dschan genannt. Dieses hübsche Thier gleicht im Äussern sehr dem Maulesel; seine Farbe ist im oberen Theile des Körpers hellbraun, unten weiss. Am zahlreichsten sind die wilden Esel in den üppigen Steppen des Kukunor, wo zuweilen Heerden von einigen hundert Köpfen angetroffen wurden; aber sie erstrecken sich auch über Zaidam und das nördliche Tibet, wo sie übrigens auch auf dem Gebirge zu finden sind, wenn es daselbst nur Weide und gutes Wasser giebt. Für gewöhnlich sind sie in Heerden von 10 bis 50 Köpfen beisammen, lauter Stuten, die ein Hengst führt, welcher keinen anderen Hengst in seiner Nähe duldet.

Die Bevölkerung des Kuku - nor - Bassins und Zaidam's besteht aus Chara - Tanguten und Mongolen vom Stamme der Olüten, doch sollen hier, wenngleich in geringer Anzahl, auch noch Mongolen der Stämme Turgut, Chalcha und Choit leben. Diese Mongolen, die in starker Abhängigkeit von den Tanguten und unter schwerem Drucke leben, sind der schlechteste Zweig des Mongolen-Volkes und haben mit Ausnahme des Essens für nichts in der Welt ein Interesse. Die Chara-Tanguten sind am zahlreichsten an den Quellen des Gelben Flusses, wo sie sich Walüren nennen, den Islam angenommen haben und Feinde China's sind. Die von Kuku - nor sind China nur dem Namen nach unterworfen und betrachten als ihren gesetzmässigen Oberherrn den Dalai Lama; ihre Hauptbeschäftigung ist Raub, von dem am meisten die Mongolen zu leiden haben.

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In administrativer Hinsicht erstreckt sich die Provinz Kuku-nor weit über die Grenzen des See-Bassins. Es gehören zu derselben die Landstriche am oberen Laufe des Tätung-gol, im Süden alles Land bis Tibet und das weit in nordwestlicher Richtung sich ausdehnende Zaidam.

In die Nothwendigkeit versetzt, die zur Fortsetzung der Reise untauglich gewordenen Kameele umzutauschen, wurden die Reisenden zu Ausgaben genöthigt, die ihnen nicht mehr volle 100 Lan in der Tasche liessen. An die Fortsetzung der Reise bis Hlassa war daher nicht mehr zu denken, sie waren jedoch entschlossen, so weit vorzudringen, als es ihre Mittel nur gestatteten.

Den Buchain-gol, den der Missionär Huc als einen gewaltigen Strom mit zwölf Armen schildert 1), erfanden unsere Reisenden als einen ganz unbedeutenden Fluss, mit einem einzigen Arm, der nur zur Regenzeit Wasser hat. Der Fluss ist da, wo ihn die Strasse nach Tibet über

') Huc, Souvenir d'un voyage dans la Tartarie et le Thibet. T. II, p. 203.

schreitet, 15 Faden breit, so flach, dass er fast überall durchwatet werden kann, und soll nach Aussage der Mongolen 400 Werst lang sein. Das Thal des Buchain-gol ist 12 oder 15 Werst breit, und unmittelbar hinter demselben erhebt sich ein hoher Gebirgsrücken, welcher auf der Südseite des Kuku-nor und dann nach Aussage der Eingeborenen - 500 Werst westlich hinstreicht, um sich wahrscheinlicher Weise mit dem auf der Nordseite befindlichen Gebirge zu vereinigen. Wie dieses letztere das Bassin des Kuku-nor von dem gebirgigen, wasserreichen und bewaldeten Gan-su scheidet und noch eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem hat, so trennt das auf der Südseite die fruchtbaren Steppen des See's von den Wüsteneien, die sich nach Zaidam und Tibet hinziehen und denen es sich bereits im Charakter nähert. Hier liegt auch der Salzsee Dscharatai-dabasu, der ungefähr 40 Werst im Umfange hat und in dem vorzügliches niedergeschlagenes Salz in fussdicker Schicht liegt; am Ufer ist die Salzschicht nur 1 Zoll dick. Bemerkenswerth ist es, dass man an Ort und Stelle für das Salz von jedem Kameel zwei Päckchen (ungefähr 1/4 Pfund) Guamän (Teignudeln) zahlt '). Die Ebene, in welcher der Dscharatai - dabasu liegt, ist 30 Werst breit, zieht sich weit nach Osten und wird im Norden von dem Gebirge auf der Südseite des Kuku-nor und im Süden von einem demselben parallel laufenden Gebirgsrücken umsäumt; beide Gebirgszüge vereinigen sich westlich vom Dscharataidabasu. Noch etwas weiter liegt beim Austritt aus dem engen Thale, das durch den Bach Dulan-gol gebildet wird, der Distrikt Dulan-kit 2), der Aufenthaltsort des Zin-chaiwan, d. h. des Administrators des westlichen Theiles der Kuku - nor - Länder 3). Nicht weit von dem Lager dieses Fürsten beginnt eine unfruchtbare Salzebene, in welcher die beiden Salzsee'n Süchrä-nor und Dulan-nor liegen. Nach Übersteigung eines Bergrückens, eines Ausläufers der südlichen Kuku-nor - Kette, d. h. zwei Tagereisen von dem Bogen des Zin-chai-wan, gelangten die Reisenden zuerst auf einen schmalen hügeligen Raum, dann aber in die vollständig glatte Ebene von Zaidam, die im Norden von der westlichen Fortsetzung der südlichen Kuku-nor-Kette, im Süden von dem Tibetanischen Gebirge Burchan-Budda, im Osten von den diese Gebirge verbindenden Bergrücken begrenzt wird und im Westen sich unabsehbar wie die Ortseinwohner angeben bis zum Lob-nor hinzieht. Diese Ebene, die aller Wahrscheinlichkeit nach in einer der jüngsten geologischen Epochen noch der Boden eines kolos

1) Am Kuku-nor dient übrigens auch Butter als Münze.

2) Kit heisst Kirche; wirklich befindet sich hier auch ein kleiner Tempel.

3) Der Administrator des östlichen Theils wird Mur-wan genannt. Beide sind dem Amban von Sining, d. h. dem Gouverneur von Gan-su, untergeordnet.

salen See's war, bildet einen ausgedehnten Sumpf, welcher dergestalt mit Salz geschwängert ist, dass dieses in einer 2 bis 1 Zoll dicken Schicht wie Eis daliegt. Weiter trifft man häufig Moore, kleine Bäche und Seechen, und im westlichen Theile dieser Ebene liegt der grosse See Chara-nor. Von den Flüssen ist der Bajan-gol der grösste, der da, wo ihn Herr Przewalsky überschritt, 230 Faden breit, aber nur 3 Fuss tief ist und einen schlammigen Grund hat. Wie die Mongolen behaupteten, kommt derselbe aus dem am Ostrande des Burchan - Budda belegenen See Toso-nor und verliert sich nach einem Laufe von ungefähr 300 Werst in die Sümpfe des westlichen Zaidam's.

Der salzige Thonboden bringt ausser einigen Arten von Sumpfpflanzen nur noch Rohr und an trockeneren Stellen das Gesträuch Nitraria Schoberi hervor, dessen Beeren die Hauptnahrung der Menschen und Thiere in Zaidam bilden und selbst von Wölfen und Füchsen gefressen werden. Thiere giebt es wenige, vielleicht wegen der Mücken, die im Sommer zu Myriaden in den Sümpfen schwärmen und die Einwohner mit ihren Heerden in das Gebirge treiben. Nach den Versicherungen der Mongolen sollen im nordwestlichen Zaidam Kameele und in den Steppen von Lobnor Pferde im wilden Zustande leben. Von den Vögeln, deren Mehrzahl den Gattungen der Sumpf- und Wasservögel angehört, ist ausserdem eine besondere Art von Phasanen (Phasianus sp.) zu merken, die von den Mongolischen und Gan-su'schen verschieden sind.

Die Bevölkerung Zaidam's besteht aus Chara-Tanguten und denselben Mongolen, die auch am Kuku-nor lebten, und zählt in ca. 1000 Jurten 5- bis 6000 Köpfe.

Zaidam liegt 1700 Fuss niedriger als die Steppen von Kuku-nor, und das Klima ist wärmer, als an diesem letzteren Orte. Die Nachtfröste stiegen im Oktober wohl auf -23°,6 C. und im November auf -25,2 C., aber am Tage war es stets warm, so dass das Thermometer erst am 28. Oktober um 1 Uhr Nachmittags unter Null sank.

Am 18. November erreichte die Expedition das Lager des Chefs des Choschuns Dsun-sasak, wo sie in dem Mongolen Tschutun - dsamba einen Führer nach Tibet erhielt und nach dreitägigem Aufenthalt ihren Weg fortsetzte.

9. Das Nördliche Tibet.

Das Gebirge Burchan - Budda, das die südliche Grenze der sumpfigen Ebenen Zaidam's bildet und das Hochland von Tibet im Norden umsäumt, zieht sich als ein ununterbrochen fortlaufender Kamm in einer Länge von ungefähr 200 Werst von Osten nach Westen. Das Ostende des Gebirges befindet sich nicht weit von dem in der Nähe der Quellen des Hoang-ho belegenen Gebirge Jörgai-ula und wird hier von dem schmalen, 50 bis 60 Werst langen See

Toso-nor begrenzt. Die Westgrenze des Gebirges bildet. der Nomochun-gol, der im Schuga-Gebirge entspringt, längs des Südfusses des Burchan - Budda fortfliesst und, in die Ebene von Zaidam getreten, in den Bajan-gol mündet. Auf der Südseite des Gebirges erhebt sich das Land zu der ungeheueren absoluten Höhe von 13- bis 15.000 F., und nur das enge und tiefe Thal des Nomochun-gol schneidet sich bis zu einer absoluten Höhe von 11.300 F. ein. Dieses hohe Plateau zieht sich bis zum Gebirge Tan-la und erhebt sich hier wahrscheinlich noch mehr. Von der Ebene Zaidam's aus beträgt die Entfernung vom Fusse des Gebirges bis zum Kamme 30 Werst. Der Aufstieg ist ziemlich sanft und wird nur bei dem Passe von 15.300 F. absoluter Höhe steil. Der dem Passe zunächst belegene und, nach der übrigens nicht sehr glaubwürdigen Versicherung der Mongolen, höchste Gipfel heisst auch Burchan-Budda und erhebt sich 16.300 F. über das Meer und 7500 F. über die Ebene von Zaidam, erreicht jedoch nirgends die Schneelinie.

Den Burchan-Budda charakterisirt eine ausserordentliche Unfruchtbarkeit. Seine Abhänge bestehen aus Thon, Conglomerat, Schutt oder aus nackten Felsen von Thon und Kieselschiefer, Syenit und Syenit-Porphyr. Vegetation ist mit Ausnahme einiger verkrüppelten Gesträuche von Kalidium gracile und Potentilla tenuifolia nicht vorhanden, und auch Thiere giebt es wenige. Der südliche Abhang ist im Allgemeinen etwas fruchtbarer, und an den Bächen trifft man zuweilen wiesenartige Striche.

Der Abstieg ist noch etwas sanfter und bis zum Nomochun-gol 23 Werst lang. Von diesem Bache erhebt sich der Boden wieder zum Schuga-Gebirge, das dem Burchan - Budda parallel läuft, im Westen gleichfalls steil zur Zaidam-Ebene abfällt und hier wahrscheinlich einen Zusammenhang mit dem Burchan - Budda hat. Er ist etwas länger als dieser letztere und zweigt sich im Osten von dem Gebirge Urunduschi ab, auf welchem auch der Schugagol entspringt, der das Schuga-Gebirge im Süden umsäumt und an den Stellen, wo die Expedition ihn überschritt, ungefähr 40 Faden breit, sonst aber wasserarm ist. Dieser Fluss ist, nach Aussage der Mongolen, 300 Werst lang und verliert sich in die Ebene des westlichen Zaidam's. Seine Ufer sind mit gutem Grase bedeckt und ziemlich fruchtbar.

In seinem alles Lebens baaren Charakter gleicht der Schuga dem Burchan-Budda; auf seinem Kamm erheben sicn kolossale Felsen aus Kalkstein und Epidosit, aber Auf- und Abstieg sind sehr sanft, obgleich die Passhöhe eine absolute. Höhe von 15.500 F. hat und einzelne Gipfel ziemlich hoch sind. Von diesen erreichen fünf im mittleren Theile des Gebirges, die ungefähr 7 Werst östlich vom Wege der

Expedition lagen, die Schneelinie und sind dieselben nach dem Augenmaasse gegen 2000 F. höher als der Pass.

Dieses Gebirge bildet die politische Grenze zwischen der Mongolei (d. h. Zaidam) und Tibet; doch ist diese Grenze nicht ganz sicher, da die Tibetaner den BurchanBudda als Grenze ihres Landes betrachten. Diese Unsicherheit des Besitzstandes hat jedoch nichts Verfängliches, da der ganze 800 Werst messende Raum vom Burchan-Budda auf dem Tibeter Wege bis zum südlichen Abstiege vom Tan-la gar keine Bevölkerung hat. Die Mongolen nennen denselben,,Guresu gadsür", d. i. Thierland, wegen seines Reichthums an wilden Thieren.

Der vorhin erwähnte Gebirgsrücken Urunduschi erhebt sich auf der nördlichen Seite der zwei Tagereisen langen Steppe Odon-tala, von den Chinesen Sin-su-chai, d. i. Sternenmeer, genannt, in welcher die Quellen des Hoang-ho liegen.

Ungefähr 100 Werst südlich vom Schuga-Gebirge streicht ein dritter Gebirgszug, den die Mongolen Bajan-chara-ula (d. i. reiche schwarze Berge) und die Tanguten Jögraiwola-dakzü nennen, auf dem linken Ufer des oberen Laufes des Blauen Flusses (von den Mongolen hier Mur-usu genannt) von Osten nach Westen hin und bildet die Wasserscheide zwischen dem Bassin dieses Flusses und den Quellen des Hoang-ho. Er ist ungefähr 700 Werst lang und hat verschiedene Namen: im Westen bis zum Flusse Naptschitaiulan-muren 1), also in einer Länge von 250 Werst, heisst er Kuku-schili, in der Mitte Bajan-chara-ula, dann Dakzü und im östlichsten Theile, der im Süden der Steppe Odontala liegt, Soloma. Das ganze Gebirge soll nirgends die Schneelinie erreichen. Übrigens begleitet nur der mittlere Theil den oberen Lauf des Blauen Flusses, der westliche und der östliche entfernen sich von demselben.

Vom Burchan-Budda- und Schuga-Gebirge unterscheidet sich der Bajan-chara-ula durch weichere Formen und geringere Höhe. Auf der Nordseite erhebt er sich kaum über 1000 Fuss über seinen Fuss, nach dem Thale des Mur-usu fällt er steil ab und hat eine absolute Höhe von 13.100 F. Von Gesteinen herrscht Thonschiefer und Felsit-Porphyr vor. Dieses Gebirge hat viel Wasser und ist auf seinem Südabhange viel fruchtbarer, als die anderen Gebirge im Norden Tibet's.

Der Raum zwischen dem Schuga und dem Bajan-charaula ist eine wellenförmige Wüste von 14.500 F. absoluter Höhe 2), die stellenweis Hügelgruppen von etwa 1000 F.

1) Dieser Fluss entspringt auf dem Schneegebirge Zagan - nir und fällt nach einem Laufe von ca. 400 Werst in den Mur-usu. In seinem unteren Laufe ist er im Winter 30 bis 40 Faden breit. Sein Wasser ist salzig..

2) Der See Bucha-nor hat eine absolute Höhe von 14.400 F. und der Sumpf Chuitun - schirik am Nordfusse des Bajan - chara - ula eine solche von 14.900 Fuss.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1876, Heft V.

Höhe aufzuweisen hat. Nur im nordwestlichen Theile des Plateau's erhebt sich das kolossale Schneegebirge Gurbunaidschi (Tangutisch: Atschün-gontschik 1), welches den östlichsten Theil des grossen Kün-lün-Systems bildet; ausser dem Gurbu-naidschi befinden sich hier noch die Gebirgsgruppen Jüssun-obo und Zagan-nir.

Das ganze Plateau lässt den allgemeinen Typus der Wüsten des nördlichen Tibet's erkennen und zeigt überall den furchtbaren Charakter trostloser Unfruchtbarkeit. Der Boden besteht aus Thon mit einer Beimischung von Sand, oder aus Kieselgerölle, ist stellenweis mit einer leichten Lage Salz bestreut und entbehrt fast ganz der Vegetation. Hie und da erhebt sich ein Grasbüschel, oder bedecken gelbgraue Flechten den Boden. Nur an den Quellen und Sümpfen bilden sich kleine, dürftige Gras-Oasen.

Das Klima ist abscheulich. Im Winter und Frühling wüthen Stürme und Schneetreiben, den Sommer charakterisirt beständiger Regen, und nur im Herbste herrscht helles, stilles, ziemlich warmes Wetter. In dieser Jahreszeit gehen gewöhnlich die Pilger-Karawanen aus der Mongolei, die sich am Kuku-nor gesammelt haben, nach Hlassa. Dieselben brauchen für den 15- bis 1600 Werst langen Weg von Donkür nach Hlassa, wenn Kameele verwendet werden 2), zwei Monate, und zwar: am Nordufer des Kuku vorbei durch Zaidam bis zum Burchan - Budda 15 bis 16, von da bis zum Mur-usu 10, längs dieses Flusses stromaufwärts 10, dann über das Gebirge Tan-la bis zum Tibetanischen Dorfe Naptschi 5 und endlich von da mit Yaks 3) bis Hlassa 12 Tage; dazu kommen zwei Ruhetage. Der Rückweg wird im Februar angetreten und ist sehr gefahrvoll; viele Menschen, besonders aber viele Thiere erliegen den furchtbaren Mühseligkeiten der Reise. Von der Karawane, die im Februar 1870 in der Stärke von 300 Men schen mit 1000 Kameelen und Yaks abging, kamen ungefähr 50 Menschen und alle Thiere im Schnee und in der Kälte um.

Merkwürdig ist es, dass diese Gegend trotz ihrer grossen Unfruchtbarkeit ein ausserordentlich reiches Thierleben aufzuweisen hat.

Von den diesen Gegenden eigenthümlichen und zahlreicher vorkommenden Thieren ist das weissbrüstige Argali (Ovis Polii), das Bergschaf (Ovis sp.), die Antilopen-Arten Orongo und Ada (Antilope Hodgsonii, Antilope sp.), der wilde Esel (Equus Kiang), der gelblich weisse Wolf (Canis sp.), vor Allem aber der prächtige langwollige Ochs

1) Die Expedition sah dieses Gebirge 60 Werst westlich von ihrem Wege entfernt. 2) Wenn Yaks als Lastthiere gebraucht werden, dauert die Reise noch einmal so lange.

3) Von Naptschi wird das Land so gebirgig und das Grünfutter so kärglich, dass die Kameele zurückgelassen und Yaks benutzt werden.

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oder wilde Yak (Poëphagus grunniens) zu nennen. Ausserdem kommen noch vor: Bären (Ursus sp.), Manule (Felis Manul?), Füchse (Canis vulpes), Corsake (Canis Corsac), Hasen, Zieselmäuse und zwei Arten Hasenmäuse.

Von Vögeln sind in Nord-Tibet am zahlreichsten Greife (Vultur monachus?, Gyps nivicola), Lämmergeier (Gypaëtos barbatus) und Raben (Corvus corax); ferner Fregilus graculus, im Winter zu grossen Schwärmen vereinigt, Syrrhaptes tibetanus, Melanocorypha maxima, Alauda albigula, Linota brevirostris (wahrscheinlich nur überwinternd); Podoces humilis und Montifringilla? sp. (die beiden letzteren zahlreich am Kuku-nor).

Die Reisenden brachten über 24 Monate vom 23. November 1872 bis zum 10. Februar 1873 im nördlichen Tibet zu, während welcher Zeit sie meistentheils in einer Mongolischen Filzjurte lebten, die sie besser als ihr Zelt vor den Unbilden des Wetters schützte. Es war diess im Ganzen einer der schwierigsten Abschnitte der Reise. Zu dem steten Kampfe mit dem furchtbaren Klima und der Öde kam noch eine sehr mangelhafte Kleidung, da die verschiedenen Pelzhüllen, deren sie sich bedienen mussten, durch den langen Gebrauch äusserst defekt geworden waren. Stiefel hatten sie z. B. gar nicht mehr; die Stelle derselben ersetzten Stücke Yakfell, die sie an die alten Schäfte genäht hatten. Das nöthige Fleisch zu ihrem Mittagsessen konnten sie sich nur durch die Jagd verschaffen. Sie hatten davon im Überfluss, denn in Tibet allein hatten sie 76 grössere Thiere, darunter 32 Yaks, von denen jeder durchschnittlich 25 Pud Gewicht hatte, erlegt; aber die Kälte und die dünne Luft des Hochlandes gestatteten selten ein ordentliches Kochen des Fleisches, da dieses stets gefroren war und, so wie auch das Eis zur Suppe, erst aufgethaut werden musste, der Argal aber in der sauerstoffarmen Luft sehr schlecht brannte. Nachts fanden die Reisenden nach der Überanstrengung während des Tages nur eine sehr geringe Erholung bei der Ruhe auf einer staubigen Filzdecke, die auf dem gefrorenen Boden des Filzzeltes ausgebreitet lag, wozu dann noch die durch die dünne Luft erzeugten Athmungsbeschwerden und Alpdrücken kamen.

Charakteristisch für das Klima Nord-Tibet's im Winter sind Kälte ), Mangel an Schnee 2) und Staubstürme.

Nachdem die Expedition das nicht sehr hohe Gebirge Bajan-chara-ula überschritten, erreichte sie am 10. Januar 1873 die Ufer des Jang-tse-kiang oder Blauen Flusses, der in seinem oberen Laufe von den Mongolen Mur-usu und

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von den Tanguten Dü-tschu genannt wird. Er kommt aus dem Gebirge Tan-la und strömt, nachdem er das Hochland Nord-Tibet's durchflossen, dem eigentlichen China zu, wo er bald riesige Maasse annimmt. Die Strömung des Mur-usu ist sehr schnell, seine Breite an der Einmündung des Naptschitai - ulan - muren beträgt 107 und mit Einschluss der Arme und Kieselfelder 800 Faden. In der Regenzeit des Sommers soll dieser ganze Raum mit Wasser bedeckt sein; im Herbst fällt das Wasser, aber auch dann kann man den Strom nur an wenigen Stellen durchwaten, und die erste Furth liegt 30 Werst stromaufwärts von der Mündung des Naptschitai-ulan-muren. Das Flussthal ist höchstens 2 Werst breit und wird zuweilen noch durch Gebirgszüge eingeengt. Die Ufer des Blauen Flusses bildeten die Grenze der Reise. Hlassa war von da zwar nur noch 27 Tagereisen, d. h. ca. 800 Werst, entfernt, die gänzliche Erschöpfung der Lastthiere und der Geldmittel zwang jedoch zur Umkehr. 10. Der Frühling am Kuku-nor und in den Gebirgen von Gan-su. Rückkehr nach Ala-schan. Weg nach Urga durch den mittleren Theil der Wüste Gobi.

Im ersten Drittel des Februar beendeten die Reisenden ihre Wanderung in Nord-Tibet und kehrten nach Zaidam zurück, wo bereits ein milderes Klima sie empfing. Sie wollten am Kuku - nor noch die Wanderung der Zugvögel beobachten, da letztere aber diese Gegend wegen ihres durch die hohe Lage bedingten kälteren Klima's vermieden und nur in 26 Sippen beobachtet werden konnten, brachen sie am 1. April nach dem Kloster Tschöbsen auf, welches sie auf ihrem früheren Wege am 15. April erreichten. Sie begaben sich von hier nochmals in die Gebirge in der Nähe des Klosters Tschertünton, in denen sie den vorjährigen Sommer zugebracht hatten und jetzt durch die Jagd auf die im Hochgebirge zahlreich vorkommenden Schneegeier (Gyps nivicola) und auf den Ohrenphasan (Crossoptilon auritum), von den Tanguten Schärama genannt'), zu einigem Verweilen aufgefordert wurden.

In der ersten Hälfte des Mai war das Wetter frühlingsmässig und warm gewesen, in der zweiten wurde es jedoch wieder kalt; am 28. Mai war ein Schneesturm, in Folge dessen die Erde 2 Fuss hoch mit Schnee bedeckt war; das Thermometer zeigte am nächsten Morgen -5,3° C., nachdem man bereits 76 Arten Pflanzenblüthen gezählt hatte.

Um dieselbe Zeit verliess die Expedition das gebirgige Gebiet von Gan-su, wo sie trotz der Ungunst des Wetters eine sehr reiche Ausbeute für ihre Sammlungen gewonnen hatte.

1) Dieser Vogel wird von den Tanguten besonders seiner vier längeren Schwanzfedern wegen erlegt, welche die Chinesischen Offiziere auf ihren Hüten tragen.

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