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Galdhöpig und Sneehätta.

Von Hauptmann M. Ruith.

Als zu Anfang unseres Jahrhunderts Leopold v. Buch seinen berühmten Reisebericht über Norwegen und Lappland veröffentlichte, und durch Wahlenberg zum ersten Mal die Gletscherwelt des Sulitjelma in wissenschaftlicher Darstellung bekannt wurde, da war die Skandinavische Halbinsel auch ihren gebildeten Bewohnern zum grossen Theil noch eine terra incognita.

Den auf willkürliche Combination begründeten Glauben an eine hohe Gebirgskette, „Kjölen" genannt, die als Naturgrenze der beiden Königreiche die Halbinsel ihrer ganzen Länge nach durchziehen sollte, hat hauptsächlich erst P. A. Munch's orographische Abhandlung (veröffentlicht in der ,,Gaea Norvegica", Christiania 1850) beseitigt. Durch seine Darstellung ist es ersichtlich geworden, dass die Gebirgsmasse Skandinavien's im Grossen und Ganzen genommen hoch und schroff aus dem Meer im Westen aufsteigt und dann ein Plateau bildet, welches von vielen schmalen Thalfurchen durchzogen, allmählich gegen Osten hinabsinkt.

Felsinseln gleich ragen da und dort einzelne Gipfel über demselben auf, so die Massen des Gausta und Skovre (beide über 6000 Fuss über dem Meere) in Thelemarken, oder der Sneehätta und seine zerklüfteten Nachbarn über dem Wüsten - Plateau des Dovre. In grösserer Anzahl und bis zur höchsten Höhe in ganz Nord-Europa aber thürmen sich die aufgesetzten Hochgipfel in jenem erhabenen Bergrevier empor, welches im Osten und Norden vom Gudbrands-Thal, im Süden vom Valdres, im Westen aber vom Sognefjord begrenzt wird, und in neuerer Zeit unter dem Namen der Jotunfjelde oder Riesengebirge berühmt geworden ist.

Unter 61° 50' N. Br. und 26° 12' Ö. L. (von Ferro) zweigt sich vom Otta - Thal, das sich bei Laurgaard mit dem grossen Thale des Logen (Gudbrands-Thal) vereinigt, der enge und tiefe, vom wilden Bergwasser der Baeora durchströmte Thalriss südwärts hinauf an den Fuss des Store Galdhöpig, oder wie die von tiefen Engthälern umzogene Masse auch genannt wird, des Ymesfjeld. In jenem verborgenen Felswinkel liegt das Örtchen Rödsheim, etwa 1800 Fuss über dem Meere, das in neuester Zeit häufig zum Ausgangspunkt für die Bergfahrten nach dem Galdhöpig, dem fast gleich hohen Glittertind und anderen Partien der Jotunfjelde gewählt wird.

Man ist hier an der Schwelle einer der wildesten und grossartigsten Hochgebirgs-Regionen Europa's. Die Nähe des Sognefjord, der sich mit steigender Pracht seiner Felsufer fast bis in's Herz dieser Gebirgsmassen verzweigt, und des gewaltigen Schnee- und Gletscherreiches des Jostedalsbrae

verleihen dem westlichen Theil der Jotune einen besonderen Reiz.

Ich war am 17. Juli Morgens mit einer kleinen Gesellschaft von Rödsheim nach dem Galdhöpig aufgebrochen. Der Weg führt anfänglich bis zu den Hütten von Galde ') im Düster des Baevra-Thales aufwärts. Dort verlässt man die Fahrstrasse, die längs des reissenden Gebirgsstromes weiterzieht, und steigt auf einem steilen, bewachsenen Hang, der von abströmenden Schneewassern wild durchwühlt ist, bis zur Felsterrasse empor. Eine Sennhütte, RaubergstulSäter genannt, gewährt dem Aufsteigenden die erste Rast.

Der Weiterweg geht zum grossen Theil ziemlich eben über ein weites Trümmerfeld, das die nächste Stufe zum Galdhöpig bildet. Dann folgen mehrere grosse Schneefelder, die steiler und steiler ansteigen, und von welchen das letzte den zerrissenen Gletscher des Galdhöpig, den Styggebrae 2) bedeckte, welchen wir auf diese Weise ohne sonderliche Schwierigkeit überschreiten konnten. Er ist von geringer Dimension. Ein kleiner blauer Eissee, Diuvvand, ruht zu seinen Füssen.

Die letzte Strecke war ein ermüdender Aufstieg durch tiefen Schnee, der polsterartig auf der Felsmasse des Galdhöpig lagert und stellenweis über den Rand des nach Norden steil abstürzenden Gipfels hinauszuragen schien. Es war 1 Uhr Mittags, als wir oben anlangten; zwei kurze Rasten eingerechnet, hatten wir von Rödsheim aus sieben Stunden gebraucht. Das Wetter war herrlich, die Sonnenstrahlen liessen uns die Macht des nordischen Sommers gehörig empfinden, auch auf den Schneefeldern herrschte gewaltige Hitze, und von unserer sechs Köpfe zählenden Gesellschaft hatten drei Personen, darunter ich, vom Sonnenstich zu leiden.

Aber alle Fährlichkeiten und Mühen waren rasch vergessen, als wir die weit schauende Höhe erreicht hatten, die nach den neuesten Messungen zu 8161 Norwegischen Fuss 3) über dem Meere aufsteigt und damit den Rang des höchsten Gipfels in ganz Nord-Europa behauptet.

Von der Höhe des Store Galdhöpig erschliesst sich den Blicken das ganze vielgestaltige Gebäu und Gefüge der Jotunfjelde. Aber man sieht für's Erste nicht mit dem

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nüchternen Auge des Geologen oder Topographen. Das Ungeheuere der Ausdehnungen, die unfassbare, verwirrende Menge gleichartiger und doch in sich tausendfach verschiedener Gebilde, die schwindelnde Wirkung riesiger Tiefen und Weiten, das Alles lässt nicht sogleich ein bestimmtes, ordnendes, unterscheidendes Beschauen zu. Es bedarf einer Minute der Sammlung, um die erregten Nerven zu beschwichtigen und den Sinnen die Kraft zu prüfender Betrachtung gewinnen zu lassen.

Ich habe auf manchem Hochgipfel im Süd und Nord unseres Erdtheils Umschau gehalten. Aber der erste Eindruck dieser über alle Beschreibung erhabenen Scene war mir ein völlig fremdartiger, noch nirgends empfundener. Als ich vom langen eintönigen Emporstieg über blendende Schneefelder endlich aufblickte, da war mir's zuerst, als wäre ich in ein weites Lichtmeer getaucht, das rings in magischem Blau den einsamen Gipfel umfing. Drüben im Osten schwamm weit hin gezogen, wie ein fernes Eisgebirge im Polarmeer, ein phantastischer Wolkenstreif im unbegrenzten Äther.

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Es war der erste Gegenstand, an dem der Blick haftete, einen Augenblick nur, dann fiel er hinab auf die Pracht und Grösse des wirklichen Gebirgsbildes. Wer mag ihn schildern den ungeheueren Ring von schimmernden Eiszacken und Domen, die sich hier chaotisch übergipfeln! Das ist nicht die trostlose Eintönigkeit der Norwegischen „Viddene", jener wüsten, nur von eisbedeckten Hochsee'n, Moorflächen und Schneefeldern unterbrochenen, welligen Plateaux, über welche der Blick ohne Haltpunkt meilenweit hinwegirrt. Nein, nur von den höchsten Höhen der Alpen mag sich ein so seltsames Wirrsal hochemporstarrender Gipfel und blendender Schneeflächen darstellen. Die leichter zugänglichen und daher rasch bekannt gewordenen Aussichtspunkte eines Faulhorn, Piz Languard u. dgl. können sich mit der wilden Erhabenheit des GaldhöpigPanorama's nicht messen. Denn bei jenen ist neben die grandiose Pracht ewigen Winters immer noch die mildernde Anmuth sprossender Regionen, grüner Thalgelände und lieblicher Seespiegel gestellt. Hier aber herrscht weit und breit nur eisige Erstarrung und lebloses Gestein, dessen schwarzbraunes Gerippe da und dort in grellem Contrast aus seiner schimmernden Schneeumhüllung zu Tage tritt.

Auf dem ganzen weiten Bilde ist kaum die Spur eines Waldes wahrzunehmen, kein Mattengrün, keine heiter blinkende Seefläche, kein strömendes Gewässer, das Leben und Bewegung in die versteinerten und verschneiten Massen brächte. Die tiefen Thalrinnen, welche den Fuss des Galdhöpig umziehen, versinken in blaue Schatten und bergen ihr von wilden Wassern durchströmtes Bette vor den Blicken des Hinabschauenden. Nur aus einigen ferneren

Felswinkeln ragt das Ende eines einsamen Hochsee's hervor, licht- und leblos wie das brechende Auge eines Sterbenden.

Indess man findet sich allmählich wieder und beginnt das grosse, überwältigende Ganze im Einzelnen zu mustern. Da fesselt zunächst liegend die seltsame Gestalt des Bergriesen, auf welchem wir stehen, unsere Aufmerksamkeit. Eine grosse kraterförmige Vertiefung öffnet sich zu unseren Füssen auf der Südwestseite. Blendende Schneemassen in makellosem Weiss füllen dieselbe. Es wird uns in Kurzem klar: die kegelförmige Spitze ist in sich selbst zusammengestürzt, wir stehen auf einer kolossalen Bergruine. Nirgends eine compakte Gesteinsmasse, Alles ist in Trümmern und Scherben, bis zu kleinen, pfenniggrossen Stücken zerschmettert und zersplittert.

Die herrschenden Gesteine im Distrikt der Jotunfjelde sind wesentlich aus Hornblende und Feldspath - Arten zusammengesetzt. Hier am Galdhöpig tritt ausnahmslos ein aus schwarzer Hornblende und weissem Feldspath bestehendes, ganz parallel gestreiftes Material auf.

Schaut man über das mässig weite Plateau, auf welchem der Galdhöpig sich emporthürmt, hinüber nach der nächsten Reihe der wild zerrissenen Hochgipfel, so hat man augenscheinlich lauter Felsgebilde vor sich, die auf ähnliche Weise entstanden sind. Man möchte glauben, dass diese Kolosse ursprünglich alle ausgehöhlt, blasenförmig aufgetrieben waren und dann in sich zusammengebrochen sind. So bildeten sich aus einzelnen Gipfeln ganze Gipfelgruppen, in der Art etwa, wie diess durch zeitweise Eruptionen an vulkanischen Höhen geschieht. Die malerischen, grotesken Formen der Horungerne, die ihre Zacken und Zinnen auf der Südwestseite des Galdhöpig in die Lüfte recken, sind hier das interessanteste Beispiel solcher ruinenhaft zerstückelter und zerbrochener Felsmassen.

Ihr höchster Gipfel, der Skagstölstind '), hat lange Zeit für den höchsten Punkt der Jotunfjelde gegolten. Aber er hat nach neueren Messungen nur 7650 Fuss Meereshöhe, also 500 Fuss weniger als der Galdhöpig. Dagegen steigt im Osten des letzteren der Glittertind zu 8140 F. empor. Das tiefe, enge Thal der Visa trennt ihn von seinem Rivalen, zu welchem die majestätische Pyramide in ihrer stummen Schneepracht herüberschaut. Ob der Name derselben indess als,,glitzernde Zinne" zu deuten ist, will ich dahin gestellt sein lassen. Es möge hier lediglich bemerkt sein, dass der ihrem Westabhang entströmmende Torrent die ,,Glitra" heisst.

Das Auge misst vom Gipfel des Store Galdhöpig von

1) Die Norwegischen,,Tinder" entsprechen den Savoyischen „Dents". Die Benennungen Zinne und Zahn sind sprachlich eben so nahe verwandt, wie die beiderlei durch sie bezeichneten Formen.

Süd gegen Nord eine Luftlinie von 25 geogr. Meilen. Im Süden steht der blaue Zug der das Valdres-Thal begrenzenden Höhen, die bedeutendsten mit Schnee bedeckt; im Norden der hohe Dovre mit dem Sneehätta, einer breiten stumpfen Pyramide, mit verhältnissmässig wenig Schnee auf ihrem südlichen Abhang.

In der Nähe senken sich schroffe Felswände in unsichtbare Tiefen. Dort unten liegen verborgen die Wellenspiegel des Lyster- und Aurlandsfjord, der innersten Verzweigungen des grossen Sognefjord. Drüben aber, auf der Westseite, leuchtet muschelförmig gewölbt ein mächtiger Schneestreif. Es ist ein Theil jener kolossalsten Firnmasse des Europäischen Festlandes, des Jostedals-Brae. Eine einsame stumpfe Säule, schwarz und düster, blickt die Lodalskaabe darüber hinweg, deren unnahbarer Gipfel 6410 F. über dem Ocean, 2600 F. über dem Schneemeer emporragt.

Am Abend des 17. Juli war ich von Galdhöpig nach Rödsheim im Baevra-Thal zurückgekommen. Am 19. Juli Abends machte ich mich von Jerkin, der höchsten „Fjeldstue") des Dovre, nach dem Sneehätta auf. Ich konnte daher die in so kurzem Zwischenraum auf beiden Hochgipfeln gewonnenen Eindrücke leicht mit einander vergleichen.

Dovrefjeld galt bei der irrigen Vorstellung, die man sich ehedem von der Struktur des Skandinavischen Gebirges gebildet hatte, für die centrale Masse, welche das von Finnmarken herabkommende,, Kjölen - Gebirg" mit dem Langefjeld verbinden sollte. „Es ist gleichsam der Mittelpunkt, von welchem diese Gebirgsketten ausgehen, und es ist bei weitem die grösste Erhebung der ganzen nordischen Halbinsel", sagt noch Leopold v. Buch. Den Sneehätta glaubt derselbe mit Bestimmtheit für den höchsten Gipfel im ganzen Norden erklären zu können. Doch führt er dabei die kurz vorher durch Esmarck vorgenommene Messung an, welche die Meereshöhe des Sneehätta zu 7620 Pariser Fuss angab, während man in jener Zeit noch von einem 12.000 F. hohen Svukufjeld (auf der Grenze Norwegen's und Schweden's) fabelte 2).

Munch betrachtet den Dovre einfach als einen Theil der grossen Norwegischen Central-Gebirgsmasse, welche in der Richtung SW.-NO. von Fillefjeld und Fördefjord bis zum Faemund-See und den Syltoppen sich hinlagert.

Die Thaleinschnitte des Ottavand und des Logen (zwischen Dovre und Lom) als Grenzen grosser Gebirgsgruppen

1) Diese,,Bergstuben" entsprechen den Hospizen der Alpenwelt. Jene von Jerkin liegt 3070 Norweg. Fuss über dem Meere. Schon im Jahre 1120 liess König Eystein die vier Fjeldstuer des Dovre errichten. 2) Nach Vibe's Messungen beträgt der Sneehätta 7400 Norweg. Fuss, das Svukufjeld östlich vom grossen Faemund-See hat dagegen nur 4530 F. Meereshöhe. (Vibe, Hoidemaalinger i Norge, Christiania 1860.)

zu betrachten, hält Munch nicht für zulässig. Denn „Alles geht in einander" und nur der besseren Übersicht wegen, und weil die südlicheren Gebirge Norwegen's im Gegensatz zu den centralen grössere ununterbrochene Haiden darstellen, kann man die Passeinsenkung des Fillefjeld als Grenzlinie zwischen den südlichen und centralen Gebirgen gelten lassen.

Was sich indess nicht leugnen lässt, das ist der Eindruck einer völlig veränderten Natur, welchen der Reisende empfindet, wenn er aus dem Bereich der Jotune kommend, vom Logen-Thal nach dem Dovre hinaufsteigt. Im Gegensatz zum alpinen Charakter jenes Hochreviers mit seinem grotesken Gipfelmeer treten hier rundliche, geschwungene Bergformen dem Blick entgegen, die allmählich in die platte Monotonie der nur von der bräunlichen Decke des Renthiermooses überzogenen Norwegischen ,,Vidde" übergehen. Auf dieser weiten Hochfläche, sofern sie nicht der Tummelplatz wilder Stürme ist, herrscht die Grabesruhe einer grenzenlosen Wüste. Der Sneehätta, eine zerrissene Pyramide, und einige Nachbarhöhen von ähnlicher Gestalt stehen wie verlorene Posten im weiten, vom Leben geflohenen Raum.

Leopold v. Buch vergleicht seinen Anblick von der Hochstrasse aus, die über den Dovre nach Drontheim führt, mit dem Montblanc, vom Breven gesehen. Das ist, wie auch Forbes bemerkt, offenbar übertrieben. Doch mögen Sommerreisende nicht vergessen, dass unser berühmter Landsmann die ganze Scenerie im winterlichen Frühjahr von 1807 noch unter der Schneedecke sah, was dem Bilde jedenfalls ein ganz anderes Aussehen verleihen musste.

Etwas sonderbar kam mir die Art der Besteigung vor. Ich ritt mit meinem Reisegefährten und zwei Führern Abends 9 Uhr von Jerkin ab, eine kurze Strecke auf der Hochstrasse weiter, dann bogen wir westwärts in die weite, von Moos und Steintrümmern bedeckte Fläche ein, die vor dem Sneehätta hingebreitet liegt. Bald kam uns derselbe vor Augen, ein theilweis beschneiter, zerrissener Grat, scharf vom hellen Abendhimmel abgezeichnet. Ihm zur Seite einige Trabanten von ähnlicher Form. Die ganze Gruppe, vornehmlich der Sneehätta selbst, erinnerte mich in ihrer Gestaltung auf den ersten Blick an die Algäuer Berge, die ich ein paar Jahre täglich vor Augen gehabt. Aber statt der malerischen Vorhöhen, über denen sich die Zacken und Schrofen des ,,Gaishorn" oder „Daumen" erheben, lag hier eine wüste Fläche in trauriger Monotonie hingestreckt.

Der Pfad verliert sich ganz im elenden Gestrüpp, in Sumpf- und Trümmerflächen, in den Vertiefungen rauschen reissende Bergwasser, von denen wir beiläufig ein Dutzend zu passiren hatten. Aber unsere kleinen falben Normänner trugen uns mit sicherem Tritt hinüber und endlich sogar über ein Schneefeld, ein touristisches Intermezzo, wie ich

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Um Mitternacht hielten wir in einem weiten Schuttfeld, unsere Pferde nebst einem der Führer an einer Art Steinhütte zurücklassend. Ein kalter See ruhte schweigend in einer mässigen Vertiefung zwischen Schneefeldern und grauem Gestein eingebettet. Verwitterte, mit Moos überzogene Renthiergeweihe lagen umher. Vor dem Sneehätta aber thürmte sich noch eine dunkle Felsmasse empor, ein kolossaler Trümmerhaufen, über dessen wankende Stufen wir aufwärts klettern mussten, um die beschneite Flanke des Berges selbst zu erreichen. Tausend Funken flimmerten auf der harten Schneedecke seines obersten Abhanges, dann aber brach die Sonne hervor es war 2 Uhr Morgens, da standen wir auf dem Gipfel. Auch das Rundbild von dieser Hochwarte des Dovre ist gross und schön, will jedoch unmittelbar auf die gewaltige Scenerie der Jotune nicht so recht verfangen. Die bedeutenderen Bergreihen liegen entfernter, die packende Wirkung des auf dem Galdhöpig in so plötzlicher Nähe auftauchenden Gipfel- Chaos fehlt hier. Die nächste Umgebung des Sneehätta ist jedoch von eigenartigem Interesse. Eine halbmondförmige Vertiefung zu unseren Füssen, die nach der Südostseite offen ist, bedeutete uns, dass hier hinab ein Theil des Gipfels eingestürzt ist. Schneemassen füllen diesen Kessel wie am Galdhöpig, ein kleiner Gletscher von unmerklicher Neigung ragt daraus hervor, einen Eissee nährend, dem eine Stufe tiefer ein zweiter folgt. Überhaupt zeigen sich hier im Gegensatze zu der scheinbar wasserlosen Feldwüste, die den Galdhöpig umkreist, eine Menge kleiner Seespiegel, die meisten freilich mit einer Eisdecke überzogen. Schwarzbraune Massen, wie erstarrte Schlammwellen, der Lava am Vesuv nicht unähnlich, umlagerten dieselben, auch die Schneefelder erschienen hier theilweis schmutzig. Das leichter verwitternde Gestein des Sneehätta, Glimmerschiefer, das übrigens auch von

mächtigen Quarzadern durchzogen wird, mag diese Erscheinungen erklären.

Gegen NW. streckt sich eine groteske Schneezackenreihe hin. Das sind die Berge, welche die wildschöne Umgebung des Romsdalsfjord bilden, während nach Osten hin Alles in blaue Wellenlinien verläuft. Wendet man jedoch auf dieser Seite den Blick etwas südwärts, so begegnen ihm in imposanter Reihe die schneebedeckten Pyramiden der Rundane, die sich bis zu einer Meereshöhe von mehr als 6000 F. über dem einsamen Plateau erheben ').

Auf dem Rückweg hatten wir bei steigender Tageshitze nochmals die volle Empfindung einer melancholischen Wüstenei. Kein Baum weit und breit im endlosen Graubraun der Moosfläche. Auch von der Thierwelt gewahrten wir keine Spur. Nur dann und wann liess sich in der allgemeinen Stille ein kurzer pfeifender Ton vernehmen, vielleicht die Stimme des hier heimischen Regenpfeifers (Eudromias Morinellus).

Der Sneehätta aber, im Glanze des Tageslichtes viel grösser und höher erscheinend, bot uns beim Scheiden noch ein majestätisches Bild. Hätte ich den Montblanc nicht selber in der höchsten Pracht eines Sommermorgens gesehen, vielleicht hätte ich doch den Worten Leopold v. Buch's einigen Glauben geschenkt. Wer aber in Norwegen Anklänge an jene erhabensten Scenen der Hochalpen finden will, der muss sich hierzu nicht den Dovre aussuchen, sondern in's Bergrevier der Jotune dringen, oder nach jener wundersamen Insel- und Küstenwelt hinaufsteuern, die, von den Lofoten beginnend, gegen das Nordkap zieht.

1) Die Schneegrenze erreicht in Norwegen folgende Höhen über dem Meere: Ö. Länge Nördl. Breite. (v. Ferro). 24°

60° 61

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4800' Folgefonden.

5300 Sulutind.

4610 Jotune.

5200 Dovre.

3730 Sulitjelma.

3000 Mittellinie auf der Insel Seiland. 2280 gegen das Nordkap. (Dieses selbst steigt bekanntlich nur 980 Fuss über den Meeresspiegel auf.)

Fortschritte in Neu-Seeland. Begleitworte zu Tafel 8.

Die diesem Hefte beigegebene neue Ausgabe der Petermann'schen Karte von Neu-Seeland zeigt nicht unbedeutende Zusätze und Änderungen. Dieselben sind eingetragen nach einer von John Carruthers, Engineer in Chief, und A. Koch bearbeiteten offiziellen Karte: New Zealand Sketch

Map, Public Works Department; Wellington, Govt Printing Office, 1875. Werfen wir einen Blick auf die rapide Vervollkommnung des Strassennetzes, wie sie uns entgegentritt, wenn wir das Blatt selbst mit der neuesten (Lieferungs-) Ausgabe des Stieler'schen Atlas vergleichen. Die

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