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Ala-schan's besteht er aus Thon oder Thon und Sand, SO dass er sich mit feinem Steppengrase bedecken kann. Hier erscheint denn auch bald die Bewohnerin der Mongolischen Steppen: die Antilope gutturosa.

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Bemerkenswerth war der Wechsel des Klima's. In Alaschan war selbst in der zweiten Hälfte des Oktober schönes Herbstwetter gewesen, und die Wärme stieg um Mittag im Schatten auf 12,5° C., am 25. erwärmte sich der Sand sogar bis auf +43,5° C.; Nachts gab es wohl Fröste, aber das Thermometer fiel bei Sonnenaufgang nicht unter -7,5° C. Auf der Hochebene stellte sich aber am 3. November bei starkem Nordweststurme und bei -9° C. ein so heftiges Schneetreiben ein, dass an eine Fortsetzung der Reise an diesem Tage nicht zu denken war. Die Kälte hielt an und machte die Reise noch schwieriger. Nachdem noch 150 Werst auf der Westseite des Chara-narin-ula durch eine vollständig menschenleere Gegend 1) zurückgelegt worden und Herr Przewalsky sich überzeugt hatte, dass das Gebirge keine Ausläufer auf das von ihm umsäumte Plateau entsendet, stieg er am 11. November durch die Schlucht des Flusses Ugün - gol wieder in das Thal des Hoang-ho hinab, WO er auch wieder ein milderes Klima fand und das Thermometer sich zuweilen über den Gefrierpunkt erhob. Ein solcher Unterschied des Klima's stellt sich für eine Entfernung von 20 Werst, d. h. für die Breite des Gebirges, heraus. Indessen auch im Thale liess sich das Nahen des Winters fühlen, das Wasser hatte bereits eine Eisdecke, und wahrscheinlich war diess auch mit dem Gelben Flusse der Fall, da derselbe nach Aussage der Mongolen in der Nähe des Muni-ula Mitte November zufrieren und Mitte März aufgehen soll. Die Morgenfröste nahmen schnell zu, und beim Sonnenaufgange fiel das Thermometer bis auf -26° C.; am Tage, besonders bei

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stillem Wetter, war es warm.

Von den Sandwüsten des Ala-schan an hat das Thal des Hoang-ho auf dem linken Ufer der Nordbiegung denselben Wüsten - Charakter wie auf dem rechten; auch die Höhe übersteigt wie in Ordos nicht 3500 Fuss. In den Dörfern lebt eine dichte Chinesische Bevölkerung, näher zu den Bergen hausen Mongolen.

Am Fusse des Gebirgsrandes läuft hier das alte Bett des Stromes (Ulan-chatun) hin, das eine Breite von 170 Faden hat, aber vollständig trocken und mit Gras bewachsen ist. Zwischen diesem alten Bett und dem jetzigen Strome befinden sich noch zwei kleine Arme, die Wasser haben, wenn der Wasserstand im Hauptstrome hoch ist, bei grösserer Hitze aber auch austrocknen. Ausser dem Hoang-ho

1) Die daselbst nomadisirenden Mongolen hatten sich im Schrecken über die Nachricht, dass eine Dunganen-Bande vom Kuku-nor her erschienen sei, in das Hoang-ho-Thal geflüchtet.

und seinen Armen ist kein anderes Wasser als das in den tiefen Brunnen.

Im Thale überwinterten einige Sippen Vögel: Falco tinnunculus, Circus sp. (?), Plectrophanes lapponica, Otis tarda, Coturnix muta, Anas rutila und zahllose Phasane (Phasianus torquatus). Wo das Thal den Steppen-Charakter annimmt, zeigten sich viele schwarzschwänzige und Mongolische Antilopen (A. subgutturosa und A. gutturosa).

Bis zum Flusse Chalütai zieht sich das Gebirge wie eine Mauer längs des Hoang-ho-Thales hin; dann senkt es sich plötzlich und entfernt sich in einer niedrigen Hügelreihe von dem schroffen Rande, der weiter die Grenze des Thales bezeichnet, während die Hügelreihe zur Verbindung des Randgebirges mit dem Scheiten-ula dient, der sich seinerseits bis zum Flusse Kundulin-gol erstreckt. Dieser letztere Gebirgszug ist zwar nicht hoch, aber felsig, wald- und wasserlos. Fast im Meridian seines Westendes befindet sich auch die Westecke des Muni-ula. Zwischen diesen beiden Gebirgszügen liegt ein langes, schmales Thal, das dicht von Chinesen bevölkert ist.

Am Ufer des Kundulin-gol gelangten die Reisenden auf ihren früheren Weg, so dass sie nun der Karte folgen konnten und, was sehr erfreulich war, keine Aufnahme zu machen hatten, die bei der Kälte und namentlich bei Wind nur mit sehr grossen Schwierigkeiten ausgeführt werden konnte.

Ohnehin gab es schon der Schwierigkeiten übergenug. Ende November verliessen sie das Thal des Gelben Flusses und stiegen über den Rücken des Schochoin-daban auf den höheren Rand des Mongolischen Hochlandes, wo sie grimme Kälte, die bei Sonnenaufgang auf -32,7° C. stieg, empfing, während sie fast auf derselben Stelle im Sommer + 37° C. zu ertragen gehabt hatten. Unter tausenderlei Mühseligkeiten, die noch durch den leidenden Zustand des Herrn Pylzow erhöht wurden, gelangten sie am 30. November in die Nähe des Klosters Schüretü-dsu, das 80 Werst nördlich von Kuku-choto, auf der grossen Strasse von dieser Stadt nach Uliasutai liegt. Hier stiegen ihre Verlegenheiten derart, dass ihre Lage eine fast hoffnungslose wurde, denn alle ihre Kameele bis auf ein krankes, sieben an der Zahl, gingen ihnen hier auf der Weide verloren und konnten auch nicht mehr aufgefunden werden; die umwohnenden Chinesen verkauften ihnen kein Futter für das kranke Kameel und die beiden Pferde, so dass ersteres starb, eines der letzteren, vom Hunger geschwächt, erfror und sie mit nur einem Pferde zurückblieben. Glücklicher Weise gewährten die aus dem Verkauf verschiedener Sachen in Ala-schan gewonnenen 200 Lan die Möglichkeit, ein Pferd und andere Kameele zu kaufen und ihre Reise nach 17tägigem Aufenthalt fortzusetzen. Am

Sylvestertage des Jahres 1871 kamen sie endlich in Kalgan an, wo sie bei ihren Landsleuten die freudigste Aufnahme fanden und sich zur Reise nach dem Kuku-nor vorbereiten konnten.

6. Reise nach Ala-schan zurück.

Die Vorbereitungen zur neuen Reise nahmen zwei Monate in Anspruch. Leider verschlangen die Ausgaben für Beschaffung guter Kameele, vorzüglicher Waffen und diverser Waaren, die man mit Vortheil abzusetzen hoffte, so viel Geld, dass ihnen nur 87 Lan übrig blieben. Auch in dem Personalbestande war eine Änderung eingetreten, indem die beiden begleitenden Kosaken entlassen und zwei neue aus Urga angenommen wurden. Einer derselben war ein 19jähriger Russe, Namens Tschebajew, der andere, ein Buräte, hiess Irintschinow. Beide waren ausgezeichnete Leute, die nicht wenig zum glücklichen Erfolge der weiteren Reise beigetragen haben.

Am 5. März brach die Gesellschaft auf und wählte denselben Weg, den sie im verflossenen Jahre nach dem Gelben Flusse und bei der Rückkehr von Ala-schan verfolgt hatte. Auf dem Hochlande trug die Natur noch ihr Winterkleid. Es war zwar kein Schnee, aber auf den Flüssen lag noch das dicke Wintereis, die Kälte stieg zuweilen bei Sonnenaufgang bis auf -20° C. und Stürme wütheten oft drei Tage hinter einander. Dazu kamen oft die schroffsten Temperaturwechsel. So zeigte das Thermometer am 13. März um 1 Uhr Nachmittags im Schatten + 22° C., während es am folgenden Tage um dieselbe Zeit -5° C. angab. Auch der Wanderzug der Vögel war unbedeutend, so dass im ganzen Monat März nur 26 Arten derselben bemerkt wurden.

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Im Muni-ula, der am 16. April erreicht wurde, erwachte die Vegetation ziemlich schnell; besonders im unteren und mittleren Gürtel des Südabhanges zeigte sich frisches Gras und blickten die Blumen der Küchenschelle (Pulsatilla sp.), Anemone (Anemone barbulata), des Tragantstrauchs (Astragalus sp.) und der Gagea sp. hervor. Die ornithologische Ausbeute war aber auch hier höchst unbedeutend.

Im letzten Drittel des April wurde die Hitze im Hoangho-Thale sehr gross und stieg bis auf + 31° C. im Schatten, so dass wie früher die Kälte jetzt die Hitze die Entwickelung der Vegetation verzögerte. Die Physiognomie Alaschan's war gegen den Winter fast nicht verändert, und wenn auch irgendwo ein blühendes Pflänzchen sich zeigte, erschien es wie ein fremder Eindringling inmitten dieser stiefmütterlichen Natur. Regen-, resp. Schneetage gab es im April 6, im Mai regnete es an 20 Tagen.

Am 26. Mai kam Herr Przewalsky mit seinen Reise

gefährten wieder in Dün-jüan-in an. Hier fand sich eine vortreffliche Gelegenheit, an den Kuku-nor zu gelangen, und zwar mit einer Karawane von 27 Tanguten 1) und Mongolen, welche einer der berühmtesten Mongolischen Kutuchtas in Peking nach dem Kloster Tschöbsen entsendet hatte. Dieses Kloster liegt in der Provinz Gan-su, 60 Werst nordöstlich von der Stadt Sining und fünf Tagereisen vom Kuku-nor entfernt. Nachdem Herr Przewalsky durch Verkauf der mitgebrachten Waaren und die Geschenke der fürstlichen Familie die ihm noch gebliebenen 50 Lan auf 500 und die Zahl der Kameele auf 14 gebracht, dann den Widerstand des Fürsten überwunden hatte, der ihn wahrscheinlich auf höhere Instruktion durchaus nicht mit der Tanguten-Karawane ziehen lassen wollte, begannen sie ihre Reise am 6. Juni.

Von Dün-juan-in führte der Weg Anfangs nach Süden und dann direkt nach Westen in der Richtung auf die Stadt Dadschin in der Provinz Gan - su. Das südliche Ala-schan wird eben so wie das mittlere und nördliche von fliegendem Sande eingenommen, der Hügel von 50 bis 60, zuweilen sogar von 100 Fuss bildet und auf festem Lehmgrunde aufliegt. Die Mongolen nennen diesen Theil der Wüste Tüngeri, d. h. Himmel. Den zu verfolgenden Weg bezeichnet höchstens der Kameelmist oder ein Kameelskelett. Die thonigen Stellen, die man trifft, sind wellenförmig und steigen zuweilen zu Hügelreihen von ein paar hundert Fuss an. Die ganze Gegend war menschenleer, und oft legten die am Wege liegenden menschlichen Skelette Zeugniss für die Verwüstungen ab, welche die Dunganen hier unlängst angerichtet hatten. In zwei zerstörten Klöstern lagen ganze Haufen halbverfaulter und von den Wölfen angefressener Leichname.

Dem fliegenden Sande folgte eine unfruchtbare Thonebene, und bald erhob sich denn auch das majestätische Gebirge von Gan-su, das wie eine Mauer aus der Ebene aufsteigt. Im schroffsten Übergange folgten auf die weit nach Westen sich erstreckende Sandwüste bebaute Felder, blumige Wiesen und Chinesische Fansen. Die Scheidelinie zwischen Kultur und Öde, Leben und Tod macht hier die Grosse Mauer. Von den Städten Kalgan und Gu-bei-keu streicht diese Mauer auf den das Mongolische Hochland umsäumenden Gebirgen westwärts, umgeht das ganze Ordos im Süden, lehnt sich an das Ala-schan-Gebirge, das eine natürliche Schutzmauer bildet, und setzt sich vom Südende dieses Gebirges längs der Nordgrenze der Provinz Gan-su fort, an den Städten Lan-tscheu, Gan-tscheu und Su-tscheu vorüberziehend.

Hier ist diese Grosse Mauer jedoch nicht mehr das

1) Die Tanguten sind eines Stammes mit den Tibetanern.

frühere Riesenwerk, sondern nur noch ein 3 Faden hoher Lehmwall, den die Zeit noch halb in Trümmer gelegt hat. Zwei Werst hinter der Grossen Mauer liegt das Städtchen Dadschin, das der Zerstörung entgangen ist.

Ein bequemerer Weg hätte nach dem Kloster Tschöbsen und Sining über die Städte Sa-jän-tschin und Dschunlin geführt, aber die dichtbevölkerten Striche und die in denselben unvermeidlichen Plackereien von Seiten der Chinesischen Behörden fürchtend, hatte die Karawane den westlicher liegenden Weg über Dadschin gewählt.

7. Die Provinz Gan-su 1).

Am 20. Juni wurde von Dadschin aufgebrochen, und an demselben Tage begann auch die Ersteigung des Plateau's von Gan-su, wo sich eine neue Natur enthüllte. Mit freudigem Staunen fanden die Reisenden ein mächtiges Gebirge, das in einzelnen Theilen die Schneegrenze erreichte, schwarze Pflanzenerde, ein ausserordentlich feuchtes Klima, den üppigsten Graswuchs auf dem fruchtbaren Steppenboden und im Thale, dichte Wälder auf den hohen und steilen Abhängen des Gebirges und ein reiches Thierleben. Und alles das war kaum 40 Werst von der Wüste Ala-schan's entfernt!

Wie die anderen Gebirge der Mongolei ist auch das Randgebirge von Gan-su nur nach der Ebene hin ganz entwickelt; selbst die Schneerücken Kulian und Lian-tschu, die 50 Werst rechts vom Wege entfernt blieben, fallen, so weit diess aus der Ferne zu erkennen war, nicht schroff zum Plateau ab und haben hier, d. h. auf dem Südabhange, nur sporadisch kleine Schneefelder.

Vom Fusse der Berge führt der Weg durch eine von steilen Thonschieferfelsen eingeschlossene Schlucht zur Passhöhe. Nicht weit hinter dem Passe, der 28 Werst von dem äussersten Rande des Gebirges entfernt ist, liegt das Chinesische, von den Dunganen zerstörte Städtchen Da-i-gu, das eine absolute Höhe von 8600 Fuss hat, während Dadschin sich kaum 5900 Fuss über den Meeresspiegel erhebt.

Auf dem Steppenboden erschien auch wieder die Mongolische Antilope, die in Ala-schan nicht zu finden ist; auch traf man hier Heerden verwilderter Pferde, die in Folge der Plünderungen der Dunganen ihrem Schicksal überlassen worden waren.

Nach dem Übergange über den ziemlich bedeutenden Bach Tschagrün-gol, der südwestlich zur Stadt Dschun-lin fliesst und wahrscheinlich in den Tätung-gol (von den Chi

1) Grenzt im Norden an die Mongolei, im Osten an die Provinz Schän-si, im Süden an Sü-tschuan und den Kuku-nor. Die westliche Grenze ist unsicher. Vor dem letzten Dunganen - Aufstande erstreckte sich Gan-su in einem langen Streifen so weit nach Westen, dass es noch die Bezirke Barkul und Urumtsi im östlichen Thian-schan umfasste.

nesen Datung-ho genannt), den bedeutendsten Nebenarm des oberen Hoang-ho, mündet, führte der Weg wieder durch die Schlucht des in den Tschagrün-gol münderden Baches Jarlün-gol in ein Gebirge, das kein Randgebirge mehr ist, sondern sich auf dem Plateau selbst aufthürmt und das Nordufer des Tätung-gol begleitet. Auf dem Südufer dieses Flusses erhebt sich ein anderes nicht minder kolossales Gebirge. Ersteres, in welchem die Reisenden Spuren früherer Goldwäschen fanden, hat einen vollständigen, aber mehr nach dem äusseren Rande hin entwickelten Alpen- . Charakter; jedoch auch auf der anderen Seite kommen bedeutende Gipfel vor; so z. B. der rechts vom Wege bemerkte Gadschur, auf dem noch Reste des Winterschnee's lagen. Flora und Fauna waren sehr reich. Bei jedem Schritte zeigte sich eine neue Pflanzen-Art, und fast jeder Schuss lieferte einen neuen Vogel. Der Aufstieg zum Passe war sehr sanft, der Abstieg etwas steiler.

Im weiteren Verfolge ihres Weges sahen die Reisenden bald die ersten Nomadenlager der Tanguten, dann schwarze Zelte und Heerden langwolliger Yaks, die von den Mongolen Sarloks genannt werden. Nach dem Übersteigen einiger weiteren Ausläufer des Hauptgebirgszuges gelangten sie an das Ufer des Tätung-gol und machten bei dem Tangutischen Kloster Tschertünton Halt. Dieses Kloster war, Dank seiner unzugänglichen Lage im Gebirge, der Zerstörung durch die Dunganen entgangen, und in der Umgebung desselben lebte eine ziemlich dichte Tangutische Bevölkerung. Der Tätung-gol ist hier, in seinem mittleren Laufe, 20 Faden breit und hat eine reissende Strömung; in seinem Bette liegen Steinblöcke von jeder möglichen Grösse, durch welche er sich brausend seinen Weg bahnt. Wo seine Felsufer etwas zurücktreten, bildet sich stets ein malerisches Thal. In einem solchen lag auch das Kloster Tschertünton im Schutze kolossaler Felsen, in einer Höhe von 7200 Fuss über dem Meere. Über den Tätung-gol führte 3 Werst oberhalb des Klosters eine Brücke, und das Gebirge, welches sich auf der rechten (südlichen) Seite dieses Flusses hinzieht, wurde in einer engen Schlucht erstiegen, durch welche der Rangchta-gol, ein Nebenfluss des Tätung-gol, fliesst. Im Passe selbst windet sich der Weg im Zickzack an einer fast senkrechten Wand empor; dafür entschädigte die herrliche Aussicht von der Passhöhe auf das jenseit des Gebirges sich ausdehnende Hügelland. Nach der dem Tätung-gol entgegengesetzten Seite fällt das Gebirge in kurzer und steiler Böschung ab. Die Entfernung von der Passhöhe bis zur Ebene beträgt südwärts nur 9 Werst, während die bis zum Tätung-gol durch die Rangchta-Schlucht 34 Werst misst. Das hinter dem Gebirge liegende hügelige, zum Theil gebirgige Land, das sich bis zur Stadt Sining erstreckt, und hinter dem wieder kolossale,

theilweis schneebedeckte Gebirge sichtbar werden, ist vorzüglich angebaut und wird von Chinesen, Tanguten und Dalden bewohnt. Hier liegen die Städte Nim-bi und U-jämbu, weiter nach Westen Sining, Donkür und Sän-guan. Die Dalden sind ein Mongolischer Stamm, der noch ziemlich den Mongolischen Typus bewahrt hat, obgleich sie ansässig sind, Ackerbau treiben und in Fansen wohnen. Die Männer scheeren den stark wachsenden Bart und das Haupt, auf welchem nur der unvermeidliche Zopf bleibt. Die jungen Frauen tragen die geflochtenen Haare auf dem Hinterhaupt und dazu einen unförmlich grossen Kopfputz von quadratischer Form, die älteren flechten die hinteren Haare zu einem Zopfe, die vorderen theilen sie in zwei Hälften. Die Kleidung der Männer sowohl wie der Frauen ist die Chinesische. Die Sprache ist ein Gemisch von Mongolischen, Chinesischen und eigenen Wörtern.

Auf dem Nordrande des erwähnten Hügellandes liegt das Kloster Tschöbsen unter 37° 3' N. Br. und 70° 38' Östl. L. von Pulkowo, und 60 Werst nordnordost wärts von Sining; seine absolute Höhe ist 8900 Fuss. Das Kloster bestand einst aus dem mit einem Lehmwalle umgebenen Haupttempel und einigen Dutzenden, vielleicht auch hundert Fansen; letztere sind von den Dunganen zerstört worden, während der Tempel stehen geblieben ist. In dem Kloster befanden sich damals ungefähr 150 Lamen und ein Gögen, aber ausserdem noch ca. 1000 Miliz-Soldaten zum Schutze gegen die Dunganen, deren Herrschaft ungefähr 50 Werst von da beginnt. Sieben Werst östlich vom Kloster befindet sich eine ähnliche Lehmmauer mit Thürmen, wie auf der Grenze von Gan-su; dieselbe soll stark verfallen sein und sich von Sining über die Stadt Tätung bis nach Gan-tscheu hinziehen. (Schluss folgt.)

Geographische Notizen.

Cameron's Reise durch Afrika und seine neueste
Karte des Gebietes westlich vom Tanganjika-See.
Der Congo-Strom und sein Gebiet.

Die neueste Karte Cameron's liegt jetzt vor uns und giebt uns eine klare Darstellung der Resultate seiner letzten Reise bis an die Westküste. Diese Resultate werfen neues Licht über das zuerst von Livingstone näher aufgeschlossene grossartige System von See'n und Flüssen westlich vom Tanganjika, berühren das Gebiet der älteren Reisen der Pombeiros Baptista und José in 1806, Magyar Laszló 1850/1, und bestätigen im Ganzen diese älteren, aber sehr dürftigen Nachrichten. So bedeutend aber auch in jeder Beziehung Cameron's Reise ist, so berührt sie doch den grossen ganz unbekannten Äquatorial-Gürtel Afrika's, wie er z. B. erst unlängst von uns deutlich auf der Karte veranschaulicht wurde '), nur in seinem südöstlichsten Zipfel, weite Strecken im Norden bis zu den Endpunkten der Forschungen Barth's, Nachtigal's, Schweinfurth's u. a. harren noch einer Schaar neuer eben so erfolgreicher Forscher wie Cameron. Für jetzt sei mit wenigen Worten der Hauptergebnisse Cameron's gedacht.

Auf dieser seiner letzten Reise verliess Cameron Udschidschi im Mai 1874, folgte vom Tanganjika bis Njangwe im Allgemeinen der Route Livingstone's und bestätigte im Ganzen dessen Angaben über das durchzogene Gebiet. Von Njangwe hielt sich Cameron erst südlich, dann südwestlich und gelangte so auf einem grossen Bogen zu jener gegen 5000 Fuss hohen Stelle der Wasserscheide zwischen dem Congo und Zambesi beim Dilolo-See, welche Livingstone Anfangs 1854 zuerst durchschritt. Von hier bis zur Westküste ist mehr oder weniger bekanntes Gebiet, wenn auch Cameron's astronomische Beobachtungen dasselbe viel genauer feststellen werden als bisher; das von ihm hauptsächlich bereicherte Gebiet liegt also zwischen dem

1) Tafel 1 Gedgr. Mitth. 1875.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1876, Heft III.

Dilolo - See und Njangwe, über dessen südliche Hälfte uns die Pombeiros, Graça und Magyar einige Kunde brachten. Alle Flüsse dieses ganzen Gebietes, also von Njangwe bis zur Breite des Bangweolo See's im Süden (etwa 12° S. Br.), lässt Cameron, wie auch schon Livingstone und jene älteren Reisenden nach Norden fliessen, und nur etwa 100 nautische Meilen vom Dilolo-See nach Osten greifen die Quellzuflüsse des Zambesi weiter nach Norden ein, wie schon Magyar 1851 nachgewiesen hatte; Cameron bestimmte hier zuerst die genaue Position der Wasserscheide.

Cameron ist ein entschiedener Anhänger der herrschenden Ansicht, dass zum Congo alle Gewässer ostwärts bis zum Tanganjika gehören, und er zeichnet auf seiner Karte den noch unbekannten Mittellauf dieses Stromes auf dem Parallel von durchschnittlich 4° S. Br., er dehnt sein Flussgebiet im Süden bis 12° S. Br. und darüber aus und hält es für nicht unwahrscheinlich, dass im Norden noch Schweinfurth's Uelle (also bis 5° N. Br.) zu seinem Gebiete gehören. Das Congo-System würde sich, wenn diess richtig, somit durch 16 Breitengrade und, von der Mündung bis zum Tanganjika, durch wenigstens 21 Längengrade erstrecken.

In dieser Ausdehnung gedacht, würde der Congo von Süden her vier Haupt-Querthäler mit ihren Flüssen und See'nbetten aufnehmen: Quango, Kassabi, Luapula und Tanganjika. Das Gebiet des Quango kannten wir seit den älteren Portugiesischen Nachrichten, das des Kassabi hauptsächlich durch Magyar, Graça, Livingstone und die Pombeiros, das des Tanganjika durch Speke, Burton, Livingstone, Stanley und Cameron, das des Luapula, in seinem unteren Laufe Luvwa, durch Livingstone. Die Nachrichten, die uns Cameron durch seine neueste Reise gebracht hat, betreffen das Gebiet zwischen dem Luapula und Kassabi und bringen schätzenswerthe nähere Details, sind aber unwesentlich und durchaus unzureichend zur genaueren Beleuchtung des Congo-Flussgebietes im Ganzen, sie affiziren vielmehr unsere bisherige Vorstellung darüber nur wenig.

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Unsere bestimmte Kenntniss über den Congo-Strom reicht zur Zeit nur 400 nautische Meilen von seiner Mündung an der Küste hinein in's Innere, über seinen ferneren Verlauf wissen wir auch heute nicht mehr als Tuckey und Smith im Jahre 1816. Welcher Fluss als sein Oberlauf und sein Quellfluss zu betrachten ist, kann heute noch nicht einmal gemuthmasst werden, es fängt uns nur erst eine allmähliche stückweise Kenntniss über den südlichen Theil seines Flussgebietes an aufzudämmern, über den nördlichen Theil wissen wir zur Zeit absolut gar nichts, wir müssten denn zu den problematischen Nachrichten von Kölle, Clarke, Wilson und zu den Gewässern greifen, wo der „dicke König" begraben liegt 1).

Wenn es wahr ist, was Cameron berichtet, dass etwa 135 nautische Meilen unterhalb Njangwe dem Lualaba ein Fluss von Norden her zuströmt, der Lowa, eben so gross wie der Lualaba selbst, so entsteht die Frage, ob beide als Hauptquellzuflüsse des Congo anzusehen wären, oder wenn nur einer von ihnen, welcher? Die von Cameron näher erforschten Flüsse sind nur untergeordnete Zuflüsse im Congo - System, nämlich nur Nebenflüsse des Lualaba oder Ugarowwa. Livingstone hielt den Luapula mit dem Bangweolo für den Quellfluss des Lualaba und benannte ihn mit diesem Namen vom Moero-See an, Cameron aber nennt ihn hier Luvwa und führt dicht vor Livingstone's KamolondoSee (von ihm Landschi genannt) einen neuen Fluss aus Süden her, den er als den eigentlichen Lualaba bezeichnet und mit dem Flüsschen verbindet und identificirt, welches die Pombeiros im Jahre 1806 etwa 6 Breitengrade weiter südlich überschritten. Die ansehnlichen Flüsse Lufira und Luburi aufnehmend erscheint dieser Lualaba Cameron's allerdings mindestens eben so gross, wenn nicht grösser als der Luapula, und dürfte auch deshalb möglicher Weise als der Quellfuss des Lualaba zu betrachten sein. Nach Cameron fliesst er, noch ehe er zum Landschi oder Kamolondo-See kommt, durch eine ganze Reihe mehr oder weniger beträchtlicher See'n, sieben an der Zahl, von denen der Kassali oder Kikondscha der grösste ist.

Wie Livingstone den Fluss zwischen Moero-See und dem Luamo (unweit Njangwe) nicht selbst verfolgen konnte, so blieb auch Cameron dieser Gegend fern, gleich wie er seinen Lualaba, Lufira und Luburi nur nach Hörensagen auf der Karte andeutet. Nur eine Menge kleiner westlicher Zuflüsse des Lualaba und Luburi überschritt er; den grossen Kassali-See konnte er wenigstens aus der Entfernung sehen.

Dagegen war es Cameron vergönnt, unter allen Flüssen des Lualaba-Gebietes den Lomami, dem Namen und seiner ohngefähren Lage nach auch schon von früher her bekannt, am genauesten zu bestimmen, indem er seinem mittleren Laufe folgen und seine Quelle berühren konnte. Dieser Fluss entspringt in etwa 9° 25' S. Br., 24° 15' Ŏ. L. v. Gr. und mündet in den Lualaba (Ugarowwa) etwa 125 nautische Meilen unterhalb Njangwe, also ziemlich gegenüber dem grossen von Norden her kommenden Lowa; er nimmt im Westen zwei beträchtliche Zuflüsse auf, deren Quellen unweit der Lomami-Quelle liegen und von Cameron ebenfalls berührt wurden, den Luwembi und Lubiranzi, die den

1) S. Geogr. Mitth., Erg.-Heft Nr. 10.

See Oki (Livingstone's Tschibungo oder Lincoln) durch

strömen.

So sehen wir, dass trotz des bedeutenden Erfolges der Cameron'schen Reise der grosse weisse Fleck ÄquatorialAfrika's als gänzlich unbekannt und unerforscht noch bestehen bleibt und dass in dessen südöstlichem Zipfel durch Cameron hauptsächlich nur der verhältnissmässig kleine Fluss Lomami und ein Theil des oberen Lualaba näher bestimmt worden ist. Wie weit die von ihm erkundigten Nachrichten über die in seiner vorliegenden Karte enthaltenen Andeutungen reichen mögen, ist zur Zeit unbekannt. Livingstone hatte die Kenntnisse des Landes von den Eingeborenen und Arabischen Händlern leider nicht in dem Maasse gesammelt wie ein Barth, Heuglin, Schweinfurth, Rohlfs, Duveyrier, die auf diese Weise ziemlich ganz NordAfrika mit einem dichten Routennetz ausgefüllt und somit Kunde über weite von Europäern nie betretene Gebiete gebracht haben, die durch nachfolgende Reisen gebildeter Forscher mehr oder weniger bestätigt worden sind. Selbst eine so erfolgreiche Reise wie die Cameron's erscheint auf der Landkarte wie ein schwacher Faden durch ein weites unbekanntes Gebiet gelegt. In diesem Falle jedoch kann die geographische Wissenschaft damit beglückwünscht werden, dass Cameron den schwachen Faden, seine Reise, mit seltener Präcision festgelegt und durch zahlreiche gute astronomische und hypsometrische Beobachtungen zu einer festen Grundlinie erhoben hat, die von jetzt ab maassgebend sein wird für das Gebiet vom Tanganjika bis zur Westküste. Zeit und Mittel '), welche dieselbe beanspruchten, sind verhältnissmässig gering, erst im Dezember 1872 verliess er England und trat am 18. März 1873 mit Dr. Dillon und Lieut. Murphy von Bagamoio aus seinen Marsch in's Innere an. Die Expedition gelangte am 4. August nach Unjanjembe (Kaseh), wo auch Livingstone's Diener mit dessen Leiche eintrafen, die Cameron unter Führung seiner beiden Begleiter am 9. November nach Zanzibar expedirte. Alle drei Mitglieder der Expedition waren in Unjanjembe von heftiger Krankheit befallen und Dillon starb auf der Rückreise nach Zanzibar am 17. November 1873.

Cameron war somit von Unjanjembe an allein, er trat von hier seinen Weitermarsch am 11. November 1873 an und erreichte den Tanganjika - See am 21. Februar 1874; vom März bis zum 9. Mai nahm er in einem Boote den südlichen grösseren Theil dieses See's genauer auf 2), als Livingstone ihn vom Lande aus hatte bestimmen können, und verliess Udschidschi am 20. Mai, um seine grosse Reise zur Westküste anzutreten. Er gelangte im August nach Njangwe, im Oktober nach Kilemba, am 7. September 1875 nach Scha Kelembi, am 17. September nach Peho, im Oktober an die Atlantische Küste bei Catumbella und im November nach Loanda.

Eins der mächtigsten Reiche in diesem Theile von Inner-Afrika ist Rua, welches eine centrale Position zwischen der Ost- und Westküste einnimmt und zwischen dem Lualaba und Lomami liegt; die Hauptstadt Kilemba und Residenz des jetzigen Herrschers Kasongo liegt genau auf der geraden Linie zwischen Zanzibar und Loanda, und

1) Cameron's Reise von der Ostküste durch ganz Afrika hindurch bis zur Westküste kostete nur etwa Ł 5000. 2) S. Tafel 10 Geogr. Mitth. 1875.

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