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tation, in welcher der hübsche Süssklee (Hedysarum sp.) vorherrscht und neben anderen Blumen auch die berühmte Kreuzblumenpflanze (Pugionium cornutum) nicht selten ist. Dieselbe war bisher nur in zwei kleinen Zweigen bekannt, welche der Naturforscher Gmelin im vorigen Jahrhundert mitgebracht hatte, und die sich in den Museen von London und Stuttgart befinden. In der Kusuptschi wächst diese Pflanze buschartig und erreicht eine Höhe von 7 Fuss bei einer Dicke von 1 bis 1 Zoll an der Wurzel.

Nachdem die Wüste Kusuptschi auf das linke Ufer des Hoang-ho übergetreten, wird das Thal dieses letzteren ganz unfruchtbar. Dem salzigen Lehmboden mischt sich Sand bei und das mit kleinen, 3 bis 6 Fuss hohen Kuppen bedeckte und namentlich in der Nähe des Stromes von ausgetrockneten Wasserrissen durchfurchte Terrain hat nur auf jenen Kuppen eine kümmerliche Vegetation aufzuweisen. Den Rand des Thales bilden jetzt flache, unfruchtbare Hügel, die sich allmählich erheben und der Stadt Dün-chu gegenüber zu einem hohen Felsrücken ansteigen, der sich mit dem Strome parallel nach Süden zieht. Wahrscheinlich ist das ganze Ordos eben so unfruchtbar, wie der eben beschriebene Theil des Thales; gewiss ist, dass die Ortseinwohner es Boro-tochoi, d. h. graue und nicht grüne Wiese, nennen.

Das Thierleben ist im Hoang-ho-Thale nicht besonders reich. Von den Säugethieren leben hier schwarzschwänzige Antilopen (Antilope subgutturosa), Hasen (Lepus Tolai), Füchse, Wölfe und kleine Nager. Von den Vögeln trifft man am zahlreichsten: Phasane (Phasianus torquatus), Lerchen (Alauda arvensis, Al. pispoletta?, Galerita cristata?), Steinschmätzer (Saxicola deserti, S. oenanthe) und Wiedehopfe (Upupa Epops); in den Sümpfen und auf den See'n Gänse, Enten, Rohrweihen (Circus rufus, C. spilonotus), Seeschwalben (Sterna leucoptera, Sterna sp.), Hypsibates himantopus, Recurvirostra Avocetta, Scolopax Gallinago und Sc. megala, Totanus ochropus nnd T. Glareola, am Strome Larus rudibundus und L. occidentalis (?); auf den zerrissenen Ufern Haliaëtos Macei. Im Ganzen wurden im Hoang-ho-Thale und in den Oasen der Wüste Kusuptschi nur 104 Sippen Vögel gefunden. Auch von Fischen hat der Gelbe Fluss nicht sehr zahlreiche Arten aufzuweisen. Mit ihrem kleinen Netze fingen die Reisenden nur sechs Arten: Silurus asotus, Cyprinus carpio, Carassius vulgaris (?), Squalius chinensis und zwei neue Species, vielleicht zwei neue Gattungen aus der Familie der Cyprinidae. Schildkröten (Trionyx sp.) sind in Menge im Hoang-ho.

Was die Bevölkerung betrifft, so ist das Thal nach den Verwüstungen der Dunganen im Jahre 1869 nur bis zu 90 Werst westlich von der Überfahrt Lan-chaisa bewohnt; weiter hinaus ist es menschenleer. Stellenweise trifft man Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1876, Heft III.

auf zerstörte Dörfer, oder auf ein von Wölfen halb zerrissenes Skelett.

Zur Beschreibung seiner Reise zurückkehrend, berichtet Herr Przewalsky, dass die Expedition nach Überschreitung des Hoang-ho bei der Überfahrt Li-wan-di über den 10 Werst vom Hauptstrome entfernten, 50 Faden breiten Arm Bagachatun setzen und dann am See Zaidemin-nor eine längere Rast halten musste, weil die Thiere bei der im Juli herrschenden Hitze so mitgenommen waren, dass sie der Er. holung bedurften. Im Schatten waren zwar nur +37° C., die Sonne erhitzte aber den Boden bis zu +70° C., so dass selbst die Kameele ihre nackten Füsse nicht aufsetzen konnten. Das Wasser des Gelben Flusses erwärmte sich bis zu +241° C., das der See'n und Sümpfe sogar bis zu +321° C. Auch der häufige, meist von Gewittern be. gleitete Regen kühlte die Luft nicht ab.

Auf dem Wege zum Zaidemin-nor trafen die Reisenden noch auf den See Urgun-nor, dessen Ufer, so wie die benachbarten Theile des Hoang-ho-Thales von einer zahlreichen Bevölkerung von Chinesen und Mongolen bewohnt ist. Letztere leben theils in Jurten, theils in Fansen und treiben auch etwas Ackerbau.

Der sumpfige, mit allerlei Rohrpflanzen bewachsene See Zaidemin-nor war mit zahlreichen Enten und Gänsen bevölkert; die umliegenden Wiesen gaben den Thieren reichliche Nahrung, und der neben dem Zelte fliessende helle Bach Tachülga gewährte ein vorzügliches Bad, trotz der darin zahlreich sich vorfindenden Schildkröten (Trionyx sp.).

Elf Werst nordöstlich von Zaidemin - nor liegt in der Nähe des Hoang-ho ein ziemlich hoher Hügel, den die Mongolen Tumür-alchu, die Chinesen Dschü-dschin-fu nennen. Hier ist nach einer Überlieferung der Mongolen die Gemahlin Tschingis-Chan's, die er dem Mongolischen Fürsten Gitschin-Chan abgenommen und die sich in Folge dessen hier im Hoang-ho ertränkt hatte, begraben. Im ganzen Ordos weist die Tradition noch viele Spuren von dem wilden Eroberer auf. So soll sein Leichnam sich in einem 200 Werst südlich vom See Dabasun-nor belegenen Kloster in dem zum südlichen Ordos gehörigen Choschun (Fahne) Wan befinden. Derselbe ruht hier mit seinen Waffen in zwei Särgen, von denen einer von Silber und der andere von Holz ist, unter einem gelbseidenen Zelte, das mitten im Kloster steht. Im Sterben soll nun Tschingis-Chan prophezeit haben, dass er binnen 800 bis 1000 Jahren wieder auferstehen werde, was also, da seit seinem Tode 650 Jahre vergangen sind, in 150 bis 350 Jahren erfolgen würde. Dass diese Traditionen auch nicht das Geringste mit den geschichtlichen Nachrichten gemein haben, versteht sich von selbst.

Nach zehntägiger Ruhe am Zaidemin - nor brachen die

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Reisenden auf und überschritten die beiden schnell fliessenden Bäche Churei - chundu und Churai - chundy. An letzterem verweilten sie drei Tage, um auf die schwarzschwänzige Antilope (Antilope subgutturosa), von den Mongolen Chara-sulta (d. h. schwarzschwänzig) genannt, Jagd zu machen. Dieses Thier, das seinen Namen von dem 7 bis 8 Zoll langen schwarzen Schwanze erhalten hat, den es fleissig hin und her bewegt, und durch den es sich vorzugsweise von der Antilope gutturosa unterscheidet, lebt in Ordos und in der Wüste Gobi, breitet sich nördlich bis etwa zum 45° N. Br., südlich über ganz Ala-schan bis zur Provinz Gan-su und mit Überspringung dieser letzteren und des Bassins des Kuku-nor über die salzigen Sumpfebenen Zaidam's aus, wählt vorzugsweise die wildesten, unfruchtbarsten Stellen oder kleine Oasen im fliegenden Sande zu seinem Wohnorte und begnügt sich mit dem kärglichsten Futter. Durst scheint es sehr lange ertragen zu können, da es an Stellen getroffen wurde, die auf hundert Werst keinen Tropfen Wasser hatten. Die Brunstzeit ist im November, und die Jungen kommen im Mai zur Welt. Die Chara-sulta lebt gewöhnlich allein, zu zweien, oder in kleinen Trupps von 3 bis 7 Köpfen; nur im Winter trifft man zuweilen Heerden von 15 bis 20 Köpfen. Sie geht nur Abends und am frühen Morgen auf Äsung, ist sehr vorsichtig, hat überaus scharfe Sinne und erträgt selbst schwere Wunden mit grosser Leichtigkeit, so dass die Jagd auf dieses Thier äusserst mühsam ist. Trotzdem wurde nach zweitägiger vergeblicher Mühe endlich ein prächtiger Bock erlegt.

Vom Bache Churai - chundy führte der Weg über das Kloster Chargantü, an dem Wege nach dem Salzsee Dabasunnor vorüber, durch eine unbevölkerte Gegend zu dem von den Dunganen zerstörten grossen Kloster Schara-dsu, in dem einst gegen 2000 Lamen lebten, das aber jetzt vollkommen verlassen ist. In dem dichten Buschwerk, das im Hoang-hoThale an vielen Stellen den Boden bedeckt, fand sich viel verwildertes Hornvieh, welches theils von verirrtem, theils von dem auf der Flucht vor den Dunganen zurückgelassenen Vieh herrührt. Die Jagd auf diese Thiere ist ziemlich schwierig, so dass die Reisenden während ihres Aufenthaltes in Ordos nur vier Stiere erlegten, von denen die besten Stücke gedörrt und auf die Reise mitgenommen wurden.

Am 19. August wurde an der Überfahrt Gurbundutü Halt gemacht, in deren Nähe ein kleiner salziger See gleichen Namens liegt, der nach Mittheilungen der Mongolen ungefähr 4 Werst im Umfange messen muss und Salzniederschläge von 1 bis 2 Fuss Dicke hat. Das Salz wird von Chinesen ausgebeutet. Einige Tage später wurden in der Wüste Kusuptschi die Überreste einer alten Stadt aus

der Zeit Tschingis-Chan's, 13 Werst von Hoang-ho entfernt, gesehen. Die Stadt muss bedeutend gewesen sein, denn die Seiten der quadratischen Mauer messen noch heute 8 Werst, bei einer Höhe und Dicke von 7 Faden. Jetzt ist Alles vom Sande verschüttet, nur die Mauern sind noch stellenweis gut erhalten. Die Hitze, die Mitte August etwas nachgelassen hatte, wurde im letzten Drittel des Monats wieder so gross, dass die Reise sehr unbequem wurde. Dazu kam, dass der Mongolische Begleiter Dschül-dschiga, der sich in der ersten Zeit ziemlich gut gehalten hatte, ein nichtsnutziger Bursche war, der durch seine Faulheit auch Ursache wurde, dass das Pferd des Herrn Pylzow vom hohen Ufer des Flusses herabstürzte und ertrank, und endlich durch die Mittheilung überraschte, dass er sich irgendwo eine syphilitische Krankheit geholt habe. Da man sich in ganz unbevölkerter Gegend befand, konnte er nicht einmal entlassen werden, was erst in der Stadt Dün-chu geschah, wo die Reisenden am 2. September eintrafen.

Dieser Stadt gegenüber liegt der Arbus-ula, der sich aus den Sandhügeln, die hier den Rand der Sandwüste bilden, allmählich zu einem hohen Felsrücken entwickelt hat, sich dann dem Strome immer mehr nähert und schliesslich bis auf 5 Werst an denselben an der Stelle herantritt, wo sich auf dem anderen Ufer das kolossale Ala-schan-Gebirge erhebt.

4. Ala-schan.

Der südliche Theil des Hochlandes Gobi, westlich vom mittleren Laufe des Hoang-ho, ist eine wilde, unfruchtbare Einöde, in der die Mongolischen Olüten hausen und die unter dem Namen Ala-schan bekannt ist. Sie ist von fliegendem Sande bedeckt, der sich westwärts bis zum Flusse Äzsinä hinzieht, im Süden an die hohen Gebirge der Provinz Gan-su stösst und im Norden in die unwirthlichen Lehmebenen der Wüste Gobi übergeht. Diese natürlichen Grenzen bilden auch die politischen, so dass dieses Land im Norden von Chalcha und den Uroten, in den übrigen Theilen von Gan-su und zum kleinen Theile von Ordos umschlossen wird. Der ebene, feste, von Salz durchdrungene Lehmboden, auf dem der Flugsand liegt, und die Salzsee'n in den niedrigsten Theilen weisen darauf hin, dass auch dieses Land einst der Boden eines See's oder Binnenmeeres gewesen ist. Auf Dutzende, ja Hunderte von Wersten sieht man nur Flugsand ohne einen Tropfen Wasser; kein Vogel, kein Thier belebt die Todtenstille, die den hierher verirrten Menschen mit Schrecken erfüllt. Die Wüste Kusuptschi erscheint dagegen wie ein Miniatur-Bild. Auch hatte diese doch noch einzelne Oasen, während hier nur gelber Sand, salziger Thon und näher zum Gebirge nacktes Kieselgerölle zu sehen ist. Wo sich eine Vegetation zeigt, ist dieselbe äusserst kümmerlich und besteht aus verkrüp

pelten Gesträuchen und einigen Dutzenden von Kraut- und Gras-Arten. Vorherrschend sind Haloxylon sp., von den Mongolen Sak genannt, und Agriophyllum gobicum. Ersteres wird hier baumartig, 10 bis 12 Fuss hoch und wächst auf dem nackten Sande. Zur Bearbeitung taugt das Holz nicht, weil es spröde und welk ist, es brennt jedoch ganz vortrefflich. Die blätterlosen, aber saftigen und wie Besen aufstrebenden Zweige bilden die Hauptnahrung der Alaschan'schen Kameele. Unter diesen Bäumen stellen die Mongolen ihre Jurten auf, wo sie immer noch besser gegen die Winterkälte geschützt sind, als in der nackten Wüste. Auch soll man da, wo der Sak wächst, eher durch Brunnen Wasser erhalten können. In Ala-schan kommt dieser Baum übrigens nur im nördlichen Theile und in der Wüste Gobi bis zum 42° N. Br. vor. Noch wichtiger ist für die Bewohner von Ala-schan das Agriophyllum gobicum. Dieses stachlige, salzhaltige Gewächs wird 2, höchstens 3 Fuss hoch, wächst gewöhnlich am Rande der vollständig vegetationslosen Flächen auf dem nackten Sande, blüht im August und bringt seinen feinen Samen im September zur Reife. Dieser Same wird geröstet, zu Mehl gestossen und gewährt eine schmack- und nahrhafte Speise; auch ist er ein vorzügliches Viehfutter. Die Ernte fällt jedoch nur in regnerischen Sommern gut aus; in der Dürre missräth sie, und die Mongolen leiden dann das runde Jahr hindurch Mangel. Eben so ärmlich ist die Fauna im Ala-schan. Ausser der Chara-sulta giebt es noch Wölfe, Füchse, Hasen, hin und wieder Igel (Erinaceus auritus) und zwei Arten von Schenkelthieren (Meriones sp.), von denen eine Art mit ihren Höhlen den Boden dergestalt durchlöchert, dass man nicht mehr darauf reiten kann. Den ganzen Tag hört man das Pfeifen dieses Thieres, das aber so langweilig und einförmig ist, wie die ganze Natur in Ala-schan. Unter den Vögeln ist der bemerkenswertheste der von den Mongolen Cholo - dschoro ') genannte (Podoces Hendersoni), von der Grösse eines Holzhähers und mit dem Fluge des Wiedehopfs. Dieser Vogel bewohnt ausschliesslich die wildesten Theile der Wüste und reicht in der Wüste Gobi bis zum 441° N. Br., kommt aber auch in Zaidam vor. Von anderen Vögeln sind noch die Bastardhühner (Syrrhaptes paradoxus), Lerchen, Steinschmätzer, Sperlinge und eine Kranich - Art (Grus virgo), die sich von den zahllos vorhandenen Eidechsen (Phrynocephalus sp. und ringer Menge Eremias sp.) nährt.

in ge

Die Bewohner sind der Mongolen-Stamm der Olüten, zu dem auch ein Theil der Anwohner des Kuku-nor, die Turguten, und die Kalmücken gehören. Sie haben viel Chine

1) Wörtlich übersetzt:,,hellbrauner Passgänger", wegen seines schnellen Laufes so genannt.

sisches, nur nicht den Chinesischen Fleiss angenommen und ergeben sich auch dem Genusse des Opiumrauchens, wie denn überhaupt die Mongolen nur die schlechten Seiten des Chinesischen Charakters anzunehmen pflegen, ohne ihre Untugenden abzulegen. Die Ala-schan'schen Mongolen sind arm und beschäftigen sich mit Kameelzucht. Schafe, Pferde und Rinder sind selten; eher trifft man noch Ziegen, und im Gebirge auch Yaks.

Ala-schan wurde von den Dunganen gleichzeitig mit Ordos verwüstet, nur die Stadt Dün-jüan-in entging diesem Schicksal; überhaupt sind in Ala-schan nach der Dunganischen Katastrophe höchstens nur noch 1000 Jurten zu finden, was eine Bevölkerung von 5- bis 6000 Köpfen ergiebt.

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Auf dem Wege nach dieser 187 Werst von Dün-chu entfernten Stadt gewannen die Reisenden statt des zurückgelassenen Dschül-dschiga in einem zum Islam übergetretenen Mongolen einen vortrefflichen Führer. Auf dem zweiten Tagemarsche hinter Dün-chu gelangte die Expedition an den kleinen See Zagan-nor, neben welchem eine grosse Seltenheit in dieser Gegend eine Quelle klaren, reinen Wassers sprudelte. Zwei grosse Weiden überschatteten diesen von den Mongolen für heilig gehaltenen Ort. Die Wanderung der Vögel, die bereits im August begonnen hatte, wurde im September viel stärker, so dass im ersten Drittel dieses Monats 18 Arten auf der Wanderung bemerkt wurden, obgleich die meisten Zugvögel dem Thale des Hoang-ho folgen und die unwirthliche Wüste vermeiden.

Ungefähr 70 Werst von Dün-jüan-in bleibt die Sandwüste rechts vom Wege liegen, und an ihre Stelle tritt eine thonige Sandebene, die hauptsächlich mit vereinzelten Gebüschen von Beifuss bedeckt ist, welchen die Mongolen als Brennmaterial gebrauchen. Diese Ebene reicht bis an das Ala-schan - Gebirge, das ganze hundert Werst weit zu sehen ist und dessen Gipfel stellenweis mit Schnee bedeckt waren.

Am 14. September trafen die Reisenden in Dün-jüan-in ein, der Residenz des regierenden Fürsten oder „Amban" von Ala-schan, der sie freundlich aufnahm. Der Ort liegt 80 Werst nordwestlich von der grossen Chinesischen Stadt Nin-sia von den Mongolen Irgai genannt in der Provinz Gan-su, und ist eine Festung, deren Lehmmauer 11⁄2 Werst im Umfange hat. Vor dieser liegen noch drei kleine mit Palissaden umgebene Werke. Der Fürst, Mongole von Geburt, ist ganz Chinese geworden und hatte auch eine Prinzessin aus dem Hause des Bogdochan zur Gemahlin gehabt. Wie alle derartige Gewalthaber ist er der Bestechung zugänglich und herrscht mit äusserster Willkür. Er zeigt sich nie auf der Strasse, und seine Hauptbeschäftigung im Inneren seiner Fansa ist das Opiumrauchen. Er

hat drei erwachsene Söhne: der älteste ist der Nachfolger seines Vaters; der zweite, zur Zeit der Reise des Herrn Przewalsky 21 Jahre alt, bekleidet die Würde eines Gögen, d. h. eines der unsterblichen obersten Lamaitischen Geistlichen; der dritte, Sija mit Namen, hatte damals noch keinen bestimmten Beruf. Die letzteren beiden sind lebhafte, feurige Charaktere. So findet denn auch der jugendliche Heilige für seine nach Bewegung und Leben dürstende Seele keine Befriedigung im engen Rahmen seiner Berufsthätigkeit, und mit Leidenschaft giebt er sich mit seinem jüngeren Bruder der Jagd hin. Während des Dunganen-Aufstandes hatte er aus allen überflüssigen Lamen eine Abtheilung von 200 Mann gebildet, diese mit Englischen Gewehren bewaffnet und gegen die Räuber geschickt, die zuweilen noch jetzt diese Gegend plünderten.

Diese beiden jungen Männer besuchten die Reisenden sehr oft und wurden nicht müde, sich von Europäischen Dingen unterhalten zu lassen. Oft wurden auch gemeinschaftliche Jagdpartien unternommen.

Eine andere Persönlichkeit, mit der die Reisenden während ihres Aufenthaltes in Dün-jüan-in viel verkehrten, war die Vertrauensperson der fürstlichen Familie, ein Lame mit Namen Baldün-Sordschi, ein viel erfahrener Mann, der acht Jahre in L'Hassa zugebracht hatte und auch einmal in Kiachta gewesen war. Nach achttägigem Aufenthalt wurden die Fremden auch dem Amban vorgestellt, den sie in seiner mit einigem Europäischen Comfort ausgestatteten Empfangs-Fansa begrüssten. Natürlich zeigte sich bei der Unterredung der Barbar in seiner ganzen Blösse. So fragte er, ob es wahr sei, dass man zur Herstellung der photographischen Bilder die Flüssigkeit aus menschlichen Augen gebrauche '), wie viel Tribut die Franzosen und Engländer den Russen zahlen u. dgl. m. In dieser Audienz ertheilte der Fürst den Reisenden auch die Erlaubniss, im Alaschan'schen Gebirge zu jagen. Sie brachen denn auch am folgenden Tage dahin auf.

Das Gebirge liegt 15 Werst östlich von der Stadt und bildet die Grenze zwischen Ala-schan und Gan-su. Es beginnt am Hoang-ho, 80 bis 90 Werst südlich von der Stadt Dün-chu, streicht längs des linken Ufers des Stromes in divergirender Richtung südwärts und ist nach Aussage der Mongolen 200 bis 250 Werst lang; seine Breite ist unbedeutend und übersteigt im mittleren Theile nicht 25 Werst. Steil vom Thale emporstrebend, trägt es den vollständigsten Alpen-Charakter an sich, der besonders auf dem öst

1) In der That war das Gerücht, dass die barmherzigen Schwestern der Missions-Gesellschaft, welche die Kinder unterrichteten, diesen darauf die Augen ausgestochen hätten, um die erwünschte Flüssigkeit zu gewinnen, in ganz China und Central-Asien verbreitet, und das dadurch aufgereizte Volk ermordete im Jahre 1870 im Thian-schan 20 Franzosen und 3 Russen.

lichen Abhange hervortritt. Einzelne Bergspitzen erheben sich nicht besonders hoch über den Kamm des Gebirges, dessen höchste Punkte, der Bajan-Zumbur (10.600 F. absolute Höhe) und der Bugutui (ca. 1000 Fuss höher) ungefähr in der Mitte des Gebirges liegen. Zwischen den genannten beiden Punkten senkt sich der Bergrücken dergestalt, dass hier der einzige Pass des Gebirges liegt, über welchen der Weg nach der Chinesischen Stadt Nin-sia führt.

Die Schneegrenze erreicht das Gebirge nirgends, und selbst auf den höchsten Spitzen schmilzt der Schnee vollständig, obgleich er daselbst zuweilen noch im Mai und Juni fällt, wenn es in der Ebene regnet. Im September lag jedoch schon wieder auf den Nordabhängen einiger Gipfel Schnee, der vom Ende des genannten Monats an sich auf der höheren und mittleren Region erhielt. Trotz der ziemlich bedeutenden Menge der atmosphärischen Niederschläge ist das Gebirge sehr wasserarm, und nach Aussage der Mongolen entströmen demselben (und zwar dem Bugutui) nur zwei grössere Bäche, der Bugutui-gol auf dem westlichen und der Käschiktä-muren auf dem östlichen Abhange; beide verschwinden jedoch, wie diess in der Mongolei gewöhnlich geschieht, in der Ebene. Als Ursache hierfür giebt Herr Przewalsky die mauerartige Steilheit des isolirt dastehenden Gebirges an, in Folge deren das Wasser sich nirgend sammeln kann, sondern sofort abfliesst und vom Sande der Ebene verschlungen wird.

Von Stein Arten kommen in diesem Gebirge Schiefer, Kalkstein, Felsit, Felsit-Porphyr, Granulit, Gneiss, GlimmerSandstein und Arten neuester vulkanischer Bildung vor. Auf dem Gipfel des Bugutui bestehen einzelne Felsen aus Quarz-Conglomerat. Ausserdem sind im Ala-schan-Gebirge Steinkohlenlager, die vor dem Dunganen-Aufstande von den Chinesen schwach ausgebeutet wurden.

Die der Ebene zunächst gelegenen Vorberge sind nur mit Gras und kleinem Gebüsch bewachsen; in einer Höhe von 7500 Fuss kommen auf dem westlichen Abhange Tannenwälder mit Espen vermischt vor. Auf dem östlichen Abhange beginnen die Wälder wahrscheinlich niedriger, es herrscht aber die niedrige Espe vor, welcher sich einige weisse Birken, Fichten und baumartige Wachholder beigesellen. Das dichte Unterholz wird vorzugsweise von Spiräen und Haselgesträuch, im höheren Theile aus Caragana jubata gebildet; die höchsten Theile des Gebirges sind von Alpenwiesen eingenommen.

Die ornithologische Fauna ist wahrscheinlich in Folge des Wassermangels sehr arm. Von den dort einheimischen Vögeln ist der Ohr-Phasan (Crossoptilon auritum) zu merken, der sich von den übrigen Phasanen durch ohrförmige Federbüschel am Hinterkopfe unterscheidet. Er ist grösser als der gewöhnliche Phasan und hält sich in Völkern von

4 bis 10 Stück (wahrscheinlich Bruten) in Wäldern auf. Ausserdem kommen noch vor: Greife (Vultur monachus?), Lämmergeier (Gypaëtos barbatus), Mauerspechte (Tichodroma muraria), Poecile cincta, Sitta villosa, Hesperiphona speculigera, Pterorhinus Davidii, Pyrrhocorax, Perdix barbata und P. chukar; von Zugvögeln waren Ende September nur noch Turdus ruficollis, Ruticilla erythrogastra, Accentor montanellus und Nemura cyanara vorhanden.

Eine noch geringere Mannigfaltigkeit der Arten bietet die Thierwelt des Ala-schan-Gebirges dar, dafür entschädigt indessen der Reichthum an Exemplaren, besonders der grösseren Thiere. Im Ganzen wurden nur acht Arten gesehen: Hirsche (Cervus sp.), Bisamthiere (Moschus moschiferus), Bergschafe (Ovis sp.), von den Mongolen Kuku-jaman, d. h. blauer Bock, genannt, Wölfe, Füchse, Iltise (Mustela sp.), Hasenmäuse (Lagomys sp.) und Mäuse. Die Mongolen versichern, dass im nördlichen waldlosen Theile des Gebirges auch Argali vorkommen.

Nach 14tägigem Aufenthalt im Ala-schan-Gebirge, wo besonders der mühsamen Jagd auf Bergschafe nachgegangen wurde, begab sich Herr Przewalsky nach Dün-jüan-in zurück, von wo er nach Peking zurückzukehren beschloss, um sich mit Geld und anderen zur Reise erforderlichen Dingen zu versehen.

5. Rückkehr nach der Stadt Kalgan.

Am 15. Oktober verabschiedeten sich die Reisenden von ihren neuen Freunden, dem Göjen und Sija, zu deren grossem Kummer. Es stand ihnen die 1200 Werst betragende Reise bis Kalgan bevor, die bei der vorgerückten Jahreszeit mit vielen Beschwerden drohte, und die dadurch noch verhängnissvoller zu werden versprach, dass Herr Pylzow am Nervenfieber erkrankte. Glücklicher Weise trug die kräftige Natur des jungen Mannes den Sieg über das Leiden davon, und die Reise konnte nach neuntägigem Aufenthalt an der Quelle Chara-moritä im nördlichen Ala-schan fortgesetzt werden. Es wurde der Weg durch das Land der Uroten eingeschlagen, das an Ala-schan grenzt. Im nördlichen Theile dieses letzteren liegt, 100 Werst von Dünjüan-in entfernt, der grosse Salzsee Dscharatai-dabasu, der ungefähr 50 Werst im Umkreise hat und nur 3100 Fuss über dem Meeresspiegel liegt. Herrliches Salz bedeckt hier in einer Mächtigkeit von 2 bis 6 Fuss den Boden; trotzdem wird dieser Vorrath nur von einigen Dutzend Mongolen ausgebeutet, die das Salz in Bautu und Nin-sia absetzen. Die glänzende Salzfläche erscheint aus der Ferne wie Wasser, in der Nähe wie Eis. Die Täuschung ist so gross, dass ein Zug wandernder Schwäne sich darauf herabliess und, als die freudige Hoffnung, Wasser zu finden, getäuscht wurde, mit unwilligem Geschrei davon flog.

In der Nähe der Quelle Chara - moritä erhebt sich die verhältnissmässig unbedeutende, aber wilde und felsige Gebirgsgruppe Chan - ula oder Chaldsün - burgontu, die die letzte Ausbauchung des Gebirges ist, welches das Thal auf dem linken Ufer des Hoang-ho umsäumt. Dieses Gebirge, von den Mongolen Chara-narin-ula, d. h. schwarze, spitze Berge, genannt, beginnt am Flusse Chalütai und zieht sich in südwestlicher Richtung ca. 300 die hügelige Fortsetzung des Chan-ula auf der Westseite des See's Dscharatai-dabasu mitgerechnet, 370 Werst weit bis zur Nordgrenze Ala-schan's, wo es sich mit kleinen Felshügeln in die Sandebene verläuft und nur noch im Chan - ula eine beträchtlichere Höhe erreicht. Im Osten steht der Charanarin - ula durch niedrige, vielleicht auch unterbrochene Hügelrücken mit dem Scheiten-ula und folglich auch mit dem In-schan in Verbindung. Im Süden wird er vom Ala-schan-Gebirge durch eine mehr als 100 Werst breite Sandebene getrennt. Wie das Kalgan'sche Gebirge ist der Chara-narin-ula ein Randgebirge, welches die grosse Erhebung der Wüste Gobi von dem viel niedrigeren Thale des Hoang-ho trennt. Der Unterschied in der Höhe der auf der östlichen und auf der westlichen Seite des Gebirges belegenen Gegenden beträgt 2400 Fuss. Nach dem Hoangho-Thale hin erhebt sich das Gebirge als eine steile Mauer, die nur selten von einigen Schluchten durchfurcht wird. Die grösste Höhe erreicht es in der Mitte, zwischen den Bergen Choir-Bogdo und Narin-Schoron, aber in seiner ganzen Ausdehnung hat es, obgleich es ziemlich reich an Quellen und Buchten ist, den Charakter der Wildheit und Unfruchtbarkeit. Kolossale Felsen von Granit, HornblendeGneiss, Felsit-Porphyr, Syenit, Felsit, Kalkstein und Thonschiefer thürmen sich an den Seiten auf oder krönen die Gipfel, und ausgedehnte Gerölle verwitterten Gesteins erstrecken sich zuweilen bis zum Grunde der Schluchten. Hin und wieder ragt auf dem freieren Abhange ein Busch des Zwergmandelbaums oder eine magere Ulme empor, im Übrigen ist aber selbst Gras wenig vorhanden. Trotzdem ist das Thierleben nicht arm. Auf den Klippen sind Kukujamane, auf dem minder schroffen Westabhange Argali zu finden.

Vom Chan-ula schlug Herr Przewalsky den Weg längs der westlichen Seite des das Hoang-ho-Thal umsäumenden Gebirges, über die Hochebene des Uroten-Landes ein. Die Expedition stieg zu demselben über die niedrigen Felshügel des Randgebirges empor und fand eine Gegend, die durch ihre Unfruchtbarkeit und ihren fliegenden Sand an die Wüste Ala-schan's erinnert. Die Vegetation ist ausserordentlich dürftig; am häufigsten trifft man noch Beifuss und Winden. Je weiter nach Nordwesten, desto besser wird jedoch der Boden, und 120 Werst jenseit der Grenze

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