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wärtigen Zeitläufen nicht für so unwichtig gelten dürfte. Schreiber dieses ist es nicht allein, dem derartige Geständnisse gemacht worden sind.

Was nun den Verfasser zur Abfassung dieser Schrift veranlasste, war das an ihn öfter gestellte Begehren junger Leute, welche ihr Fachstudium ziemlich hinter sich haben, ihnen ein Buch zu empfehlen, das sie, ihren dermaligen Bedürfnissen gemäss, in die wissenschaftlichen Betrachtungen der allgemeinen Ethik leicht einführte. Die Verweisung auf Herbart selbst erschien deshalb nicht recht zweckmässig, weil sowohl das in dem Lehrbuche zur Einleitung in die Philosophie, als auch das in dessen allgemeiner praktischen Philosophie Dargebotene zu allgemein gehalten ist, als dass bei der herrschenden Verwirrung der Begriffe und bei der Ungeduld, welche vielmehr nach den Endgedanken hineilt, als den Begründungen die nöthige Aufmerksamkeit schenkt, auf ein genügendes Beisammensein der zum Verständniss erforderlichen appercipirenden Vorstellungsmassen gerechnet werden dürfte. Man braucht nicht erst durch die vielfältigen Einwirkungen der neuern idealistischen und monistischen Theorien confus gemacht zu sein, um zu fühlen, was das besagen will, in die Grundgedanken der Herbart'schen Ethik, deren Schwierigkeit gerade in ihrer Einfachheit liegt, einzudringen und mit denselben in den mannichfachen sehr verwickelten Erscheinungen des sittlichen Lebens sich zu recht zu finden. Dagegen hätte nun die Schrift von Hartenstein, die Grundbegriffe der ethischen Wissenschaften, Leipzig 1844, theils wegen der vortrefflichen historischkritischen Einleitung, theils wegen ihrer weiteren Ausführungen gute Dienste leisten können. Doch war dies den Meisten

wieder zu viel, sie schreckten vor der Zumuthung, durch das Buch sich hindurchzuarbeiten, zurück. Aehnliches gilt von Taute's Religionsphilosophie, welche im ersten Bande Elbing 1840, einen werthvollen Abriss der allgemeinen Ethik enthält. Von Strümpell's Vorschule der Ethik, Mitau 1845, konnte deshalb nicht die Rede sein, weil diese sonst sehr gehaltreiche Schrift die Erörterung der ethischen Normalprincipien, auf welche das Interesse des Anfängers zumeist gerichtet ist, aus ihrem Plane ausgeschlossen hat. Alle diese und noch andere Schriften, unter denen man, ausser der neuesten Schrift von Thilo, die theologisirende Rechts- und Staatslehre u. s. w., Leipzig 1861, welche gegenwärtig in wissenschaftlichen Kreisen Epoche machend ist, das verdienstliche Schriftchen von Tepe: die praktischen Ideen nach Herbart, Emden 1861, nicht übersehen wolle, werden um so nützlicher und angenehmer zu lesen sein, wenn zuvor der Eingang in das Gebiet ethischer Untersuchungen gewonnen und die nöthige Orientirung auf demselben zu Stande gekommen ist. Dazu eben sollte vorliegende Schrift dienen. Die verschiedenen in ihr enthaltenen Nebenbetrachtungen, theils analytischer, theils historisch-kritischer Art, sind speciell auf das Bedürfniss solcher Leser, wie sie dem Verfasser vorschwebten, gerichtet. Es hatten ursprünglich noch mehr erläuternde Anmerkungen hinzugefügt werden sollen, doch schien es besser, mit dem Gegebenen es sein Bewenden haben zu lassen, theils um den Umfang des Buches nicht zu sehr zu erweitern, theils in Hinblick auf die Zeitschrift für exacte Philosophie, welche die Bestimmung hat, auch für das weitere Bedürfniss ethischer Betrachtungen durch eingehende Specialartikel zu sorgen.

Schiesslich noch der Wunsch, dass diejenigen, welche, bei der bereits seit einer Reihe von Jahren stattfindenden Vernachlässigung des Studiums der allgemeinen oder sogenannten philosophischen Ethik auf unseren norddeutschen Universitäten, noch nicht dahin gekommen sind, in einem nach zufälligem Geschmacke eingerichteten Gemengsel verschiedenartiger Vorstellungen Befriedigung zu finden, und dagegen die eigentliche Grundwissenschaft edeler Humanität für einen überflüssigen Bildungsartikel zu halten, sondern das Bedürfniss fühlen, sich mit derselben genauer bekannt zu machen, durch die Lectüre vorliegender Schrift in ihren Einsichten sich wesentlich gefördert fühlen mögen.

Halle, den 3. August 1861.

Der Verfasser.

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