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Pone sub curru nimium propinqui
Solis, in terra domibus negata:
Dulce ridentem Lalagen amabo,
Dulce loquentem.

ХХІІІ.

Vitas hinnuleo me similis, Chloe,
Quaerenti pavidam montibus aviis
Matrem non sine vano

Aurarum et siluae metu:

5 Nam seu mobilibus veris inhorruit
Adventus foliis, seu virides rubum
Dimovere lacertae,

Et corde et genibus tremit.

Atqui non ego te, tigris ut aspera
10 Gaetulusve leo, frangere persequor:

Tandem desine matrem
Tempestiva sequi viro.

22. Solis des Sonnengottes, we- der erste grüngelbe Pflanzentrieb)

gen des sub curru; domibus negata den Wohnungen versagt: poetisch, als wollten die Wohnungen dort weilen. Bei Homer 'wohnen' Länder und Inseln, Städte und Hänser, und wenn Ep. I, 14. 2 das Gütchen des Horaz fünf Feuerstätten zum Wohnsitz dient und fünf Väter nach Varia sendet', so hätte man weder an dem Einen noch an dem Andern Anstoss nehmen sollen.

23. dulce ist Neutrum und Object, wie III. 27. 67 perfidum: vgl. II. 12. 14, 19. 6. Wenn übrigens Horaz das άδυ φωνείσας καὶ γελαίσας ιμερόεν der Sappho vor Augen hatte, so hat er dieses mit seinem unvergleichlichen Schluss unstreitig übertroffen.

XXIII.

Eitle Furcht. Das Metrum ist der Ausdruck schwermüthiger Klage. Die Pointe liegt in der scherzhaften Verwahrung Atqui non ego te. Der Name Chloe (xión

bezeichnet die Jugend der Angeredeten.

2. avius abwegsam und darum auch einsam.

4. aurarum et siluae (dreisilbig) =vor jedem Lüftchen des Waldes: Ev dia dvoiv, d. h. ein (modificirter) Begriff durch zwei (coordinirte) Begriffe. Bedeutung dieser Figur: II. 16. 33.

5. denn ob des Frühlings Nahn (er naht mit dem Favonius und den Ornithien) das regsame Laub durchschauerte: eig. aufschauerte mit dem Laub, foliis Ablativ.

7. dimovere auseinanderbewegten, d. i. durchschlüpften.

8. tremit, wir: so beben ihm dem Rehlein Herz und Kniee.

9. Aprosdoketon: Nun ich verfolge dich ja nicht dich zu zermalmen; tigris ut aspera wie ein grimmiges Tigerthier, näml. frangere persequitur. Vgl. Ov. Met. I. 504: non insequor hostis est mihi causa sequendi.

amor

12. tempestiva eben recht' für den Mann: III. 11, 12,

XXIV.

Quis desiderio sit pudor aut modus
Tam cari capitis? praecipe lugubres
Cantus, Melpomene, cui liquidam pater
Vocem cum cithara dedit.

5 Ergo Quinctilium perpetuus sopor
Urget? cui Pudor et Iustitiae soror,
Incorrupta Fides, nudaque Veritas
Quando ullum inveniet parem?

Multis ille bonis flebilis occidit,
10 Nulli flebilior quam tibi, Vergili.
Tu frustra, pius, heu non ita creditum
Poscis Quinctilium deos.

Quid? si Threicio blandius Orpheo

XXIV.

Todtenklage. 'Kein Schmerz kann gerechter sein, als der um Quintilius: zumal von deiner Seite, mein Vergil. Gleichwohl vermagst du nichts zu ändern: fasse dich.' Damit versucht Horaz den Vergil über den 24 v. Chr. erfolgten Tod des gemeinsamen Freundes Quintilius Varus aus Cremona zu trösten. Der Wendepunct der Nenie liegt gerade in der Mitte.

1. Welche Scheu oder welches Mass sollte das Verlangen kennen nach einem so theuren Haupt? V. 6 ist pudor personificirt als edle Sitte, vgl. C. S. 57.

2. praecipe 'stimme an', als Vorsängerinn.

3. liquidam vocem die helle, klare Stimme; 'der' Vater ist hier 'ihr' Vater, steht also anders als 2.2.

5. Ergo. Der Dichter weiss es kaum zu fassen. 'So deckt nun wirklich ewiger Schlaf?' (urget premit: vgl. 22. 20, und 4, 16 premet nox).

=

6. cui. In dem Relat. ist hier dem Sinne nach ein 'ach' enthalten, wie sonst wohl ‘aber', 'denn', 'ja' und dgl.

7. incorrupta unverfälschte, nuda unverhüllte.

11. frustra mit pius verbunden erweckt die Vorstellung, als wäre die pietas dem Angeredeten bloss Mittel zum Zweck gewesen, während es andrerseits bei poscis nicht entbehrt werden kann. Das blosse poscis braucht Horaz dem Vergil nicht zu sagen. Pius concessiv: trotz deiner Frömmigkeit, welche dir die Gunst der Götter sichert. Heu geht regelmässig auf das Folgende, hier auf non ita creditum, was für die Vergeblichkeit des Forderns den Grund nennt. Der Freund war nur ein anvertrautes Gut, und von den Göttern dem Freunde nicht so anvertraut worden, dass dieser ihn, wenn sie ihn nun zurücknahmen (repetissent), fordern durfte: ea enim condicione (mit Cic. Tusc. I. 39. 93 zu reden), ut repeterent quum vellent, acceperat. Die Bedeutung von ita ea condicione ut ademptum posceres bestimmt sich durch die Beziehung auf poscis, ist also nicht willkürlich. Creditum tibi creditum 3. 5. Es für dis a te creditum (commendatum) zu nehmen ist unstatthaft.

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13. Weitere Ausführung des frustra V.11. Das besser beglaubigte Quid? si num redeat für Quod si non giebt auch den

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passenderen Sinn. Quid (Wie) ist lebhafter als Quod, und Zustimmung fordernd; in der zweiten Hälfte ist die Rede gestaltet wie Sat. II. 3. 159 u. 219, wo ebenfalls nach dem Bedingungssatz die Behauptung in eine Frage gelegt ist.

14. 'den Bäumen (auritis 12.11) tönende', von ihnen vernommene Saiten handhabtest oder spieltest: II. 1. 31.

15. vanus körperlos, imago Scheinbild (εἴδωλον).

16. horrida (oxovoέoon) gilt der Unterwelt. In dem Lobgesang 10. 19 glänzt das Beiwort aurea. 17. non lenis precibus = inexorabilis? oder non lenis ἀμείλι zos, und precibus mit recludere zu construiren? Propert. V. 11. 2: panditur ad nullas ianua nigra preces, d. i. nullis precibus recluditur. Fata recludere die Banden des Schicksals erschliessen, wie Verg. Aen. VI. 882 fata rumpere die Banden des Schicksals sprengen. Der Tropus liegt im Verbo, und ist mit Rücksicht auf die unerschliessbaren, keine Rückkehr gestattenden Pforten des Orcus gewählt. Der gleichen Kürze begegnen wir III. 9. 19, wo durch excutere die Chloe als eine Bürde oder ihre Liebe als ein Joch bezeichnet wird.

18. gregi. Der Dativ lässt in compellere die Bedeutung 'zutreiben' erkennen, wie traducere (vi

tae inerti) auch zuführen und ire (caelo Aen. V. 451) auch zugehen heisst.

19. levius fit patientia stimmt zu dem Verse des Vergil 'Quicquid erit, superanda omnis fortuna ferendo est', und zu dem was von dem Dichter Donat erzählt: solitus erat dicere nullam virtutem commodiorem homini esse patientia, ac nullam adeo asperam esse fortunam, quam prudenter patiendo vir fortis non vincat. Mit gleicher Geschicklichkeit wird auf einen Grundsatz des Angeredeten Bezug genommen zum Schlusse

des Liedes II. 20.

20. corrigere zurechtrücken, zum Besseren ändern'; nefas 'versagt', quando quidem 'vetant leges Iovis'. (Ep. 17. 69.)

XXV.

Vergeltung. 'Du wirst bereits vernachlässigt: es wird noch schlimmer kommen.' Mit dem beissenden Inhalte bildet das Metrum einen wirksamen Contrast: vgl. II. 4. II. 8. III. 20.

1. quatiunt fenestras: um dich von ihrer Anwesenheit in Kenntniss zu setzen und eingelassen zu werden. Mit den geschlossenen Fenstern sind die Laden gemeint, mit welchen die Fensteröffnungen des Nachts geschlossen waren.

2. iactibus verdient vor ictibus

Nec tibi somnos adimunt, amatque
Ianua limen

5 Quae prius multum faciles movebat Cardines; audis minus et minus iam "Me tuo longas pereunte noctes, Lydia, dormis?'

Invicem moechos anus arrogantes 10 Flebis in solo levis angiportu, Thracio bacchante magis sub interlunia vento:

Cum tibi flagrans amor, et libido
Quae solet matres furiare equorum,
15 Saeviet circa iecur ulcerosum,
Non sine questu

Laeta quod pubes hedera virenti
Gaudeat pulla magis atque myrto,

um des Sinnes willen den Vorzug, und scheint sich schon durch den volleren, der Sache selbst entsprechenden Laut zu empfehlen. Ob ictus ohne Weiteres für Steinwurf stehen könne, bezweifle ich. Protervus ungestüm: 26. 2.

3. amat limen hat multum movebat (nicht facilis movebat) cardines zum Gegensatz.

5. multum gehört mit movebat zusammen, wie 26. 3 sub Arcto mit metuatur, 29. 13 nobilis mit Panaeti: 13. 8. Andere lesen und verbinden multum facilis 'bedeutend willig', auch gegen die Cäsur.

7 u. 8 geben die Worte eines παρακλαυσίθυρον, wie wir es III. 10 haben: vgl. III. 7.30. Der ganze Satz ist Object zu audis, und steht im Accusativ wie 'Tu pudica' Ep. 17. 40. Tuo wie tuae 15. 32, pereunte vor Liebe vergehe. Der Plur. longas noctes verallgemeinert und steigert, während sich longam noctem auf den gegenwärtigen Fall beschränkt. Man fühle den weichen Wohllaut der zwei Worte: 'Lydia dormis?'

9. Dann wird die Reihe an dich kommen, danu wirst du deiner

seits: anus levis eine 'verachtete' Alte, arrogantes weil sie die Lydia verschmähn. ·

10. solus desertus.

11. Thracio vento d. i. Borea, Aquilone: Ep. 13. 3. Magis =vehementius, weniger vergleichend als steigernd: obwohl von der Bedeutung solito magis auszugehen ist. Die Wortbrechung inter-lunia ist ganz geeignet, um das masslose Rasen des Sturmes zu versinnlichen 2. 19.

14. Die Brunst rossiger Stuten war sprichwörtlich, und hat mancherlei Fabeln veranlasst: Verg. G. III. 266 ff.

15. iecur ulcerosum bezeichnet nicht bloss Leidenschaft, sondern ekelhafte Leidenschaft. Zu non sine questu ist von deiner Seite' zu denken.

17. virenti adjectivisch: wie patenti II. 16. 1, trementi Ep. 5. 11. Vgl. rubente 2. 2. Der grünende Epheu und die dunkle (Goethe: ‘graulich grüne') Myrte stehen gegensätzlich neben einander. Chiasmus.

18. magis zu gaudeat, atque nachgestellt: III. 11. 18.

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1. amicus ein Freund, und als solcher auch ein Günstling der Musen: II. 6. 18. III. 4. 25.

2. Creticum bezeichnet hier weder ein stürmisches noch ein entferntes Meer, sondern dient lediglich zur Veranschaulichung: 25. 20. Die ganze Stelle ist frei nachgeahmt von H. Heine: Ich wollt', meine Schmerzen ergössen Sich all' in ein einziges Wort, Das gäb ich den lustigen Winden, Die trügen es lustig fort.

3. 'wer unter der Bärinn als König der kalten Zone (Lucan V. 55 gelidae dominum Rhascuporin orae) sich furchtbar macht': nämlich den benachbarten, mit den Römern verbündeten Völkern. Andere verbinden sub Arcto rex, und orae als Dativ mit metuatur: diesen rathen wir die Stelle laut zu lesen. Das dem folgenden quid entsprechende quis ist weder für den Dativ, und noch viel weniger für den Ablativ des Plurals zu halten.

5. Tiridaten: zum Beispiel. Tiridates, Gegenkönig des parthischen Phrahates, floh vor diesem 30 v. Chr. nach Syrien zum Octavian. Auch Phrahates schickte Gesandte. Inzwischen wird Phrahates verjagt und Tiridates zurückgerufen, dieser aber noch einmal vom Phrahates mit Hülfe der Scythen vertrieben. Das Gedicht ist wahrscheinlich 29 v. Chr. verfasst, als die parthischen Wirren Tagesgespräch waren. Vgl.

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