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ten.

in solcher Bestimmung erst recht ein unfittlicher Wille verkörpert. Also solche Institutio muß als turpis für ungültig erklärt werden. Ueberdies haben wir ja auch in den Quellen feine Spur eines Anhaltes, daß die Rö mer jene auf ehelich zu erzeugende Kinder berechnete Regel auf beabsichtigt-uneheliche Kinder übertragen hät ßß) Andere [und man wird dies als die jezt herrschende Ansicht bezeichnen dürfen: Mühlenbruch S. 396; Heimbach S. 22; s. noch die bei Windscheid Citirten] nehmen an, daß die Einseßung zukünftiger unehelicher Kinder, eigener wie fremder, (insbesondere auch der Concu binenkinder), wegen der darin stets liegenden Unsittlich: keit, allgemein für ungültig zu erklären sei; „die Vorausseßung (sagt Mühlenbruch), daß man aus einem unerlaubten, oder doch für unanständig zu achtenden Geschlechtsumgange Kinder erzeugen werde, bewirkt allein schon, daß eine solche Einsetzung für unzulässig gehalten werden muß."

yy) Meiner Ansicht nach steht diese Frage lediglich unter dem zweifellos geltenden Rechtssage, eine turpis institutio sei ungültig. Was aber eine turpis institutio rücksichtlich eines zukünftigen unehelichen Kindes sei, hat das richterliche Ermessen ganz frei aus unseren heutigen Verhältnissen heraus zu beurtheilen. Es ist schon gleich nicht richtig, die Frage mit Mühlenbruch so zu stellen, als wenn es sich stets um ein erst noch zu erzeugendes uneheliches Kind handele. 3. B. ein reicher junger Mann hat ein armes Mädchen entführt und verführt, wird darum in ein Duell verwickelt, auf den Tod verwundet, und seßt in dem vor seinem Tode errichteten Testamente seine Geliebte und das von ihr zu erwartende Kind zu Erben ein. Hier hat die Einsegung den Zweck, die Zukunft von Mutter und Kind

sicher zu stellen, also die in der Vergangenheit liegende Schuld wenigstens zum Theil zu fühnen. Ich halte solche Erbeinfegung des unehelichen Postumus für das Gegentheil einer turpis, für völlig gültig. Aber auch wenn wir das Factum der unehelichen Zeugung als noch in der Zukunft liegend annehmen, ist die Einseßung des Kindes keineswegs nothwendig als eine unfittliche zu qualificiren. 3. B. ein Handwerker, der nach der bestehenden Gewerbeordnung noch nicht zu fester äußerer Stellung (Meisterrecht od. dergl.) hat gelangen können und nach den herrschenden Anschauungen nicht wohl eher heirathen kann, hat bei gutem Verdienst sein Mädchen schon zu sich genommen. Sie leben wie Mann und Frau sich gegenseitig treu, betrachten sich auch überhaupt wie Eheleute, für die nur der Rechtsact der Trauung noch nicht hat erreicht werden können. Wenn dieser Mann seine mit dieser seiner,,Frau vor Gott" erzielten und noch zu erzielenden Kinder zu Erben einseßt 48), so ist [wenn es auch unsittlich war, die Frau so zu sich zu nehmen] die Einsegung dieser zu erzielenden Kinder wahrlich nicht unsittlich. Es würde umgekehrt ein ärgerliches Resultat ergeben, wenn man die Einseßung der erzielten für gültig, die der zu erzielenden für ungültig erklären müßte. Oder z. B. ein Mann aus hochstehender Familie wird wegen besonderer Standesrücksichten verhindert, das Mädchen, das er liebt, zu heiz rathen oder auch nur zur linken Hand" sich antrauen zu lassen. Das Paar betrachtet sich aber als vor Gott verbunden"; der Mann seßt die zu erwartenden Kinder zu Erben ein, und so giebt sich das Mädchen

48) Oder wenn ein Dritter eine solche Erbeinsetzung zu Gunsten dieser Kinder des Mannes anordnet.

dem Manne hin. Das ist sittlich zu verurtheilen, aber darum ist doch jene Erbeinseßung (die gerade eine Minderung des Unsittlichen, was der Mann thut, in fich faßt) teine unfittliche. Ebenso kann auch vom römi schen Standpunkt aus die Erbeinfegung zukünftiger Concubinenkinder [namentlich derer, welche der Patron mit seiner freigelassenen Concubine zu erzeugen hofft; vgl. unten Ziff. 147.] nicht als turpis angesehen worden sein. Daß eine Frau ihr zukünftiges uneheliches Kind zu Erben einseßen dürfe, giebt ja auch Heumann S. 349. zu. Aber es ist gar nicht einzusehen, warum es nicht auch gültig sein sollte, wenn z. B. ein Mann, der mit größtem Schmerz erfahren hat, daß ein ihm verwandtes Mädchen verführt worden sei, das zu erwartende Kind (das doch seinerseits ganz unschuldig ist) zu Erben einseßt.

Die Beispiele, in denen die Einsegung eines zu fünftigen unehelichen Kindes durchaus kein unsittliches Element in sich faßt, ließen sich leicht noch vermehren. Ebenso liegen auch umgekehrt die Beispiele von turpes institutiones nahe. Wenn ein verheiratheter Mann sein unehelich mit einer Dirne zu erzeugendes Kind instituirt, so ist das eine unsittliche Erbeinseßung, ganz ab= gesehen von der Frage, ob er (was ja die Römer als zulässiges Motiv anerkennen: nam et maritus repudiare uxorem potest) die Dirne später werde heirathen fönnen. Ebenso ist unsittlich die Einsegung eines Kindes, das ein Unverheiratheter ehebrecherisch von einer verheis ratheten Frau erhalten werde; und zwar nicht erst das durch unsittlich, daß es auch unsittlich ist, eine Ehe mit dieser Frau zu planen. Unsittlich ferner ist, wenn ein ,,Libertin", der die verschiedensten,,Liaisons" unterhält, alle seine von diesen Damen zu erwartenden unehelichen

Kinder zu Erben einsegt; und noch viel unsittlicher, wenn ein reicher Freund dieses Libertin alle dessen zukünftige uneheliche postumi (gleichsam als Ansporn für ferneres liederliches Leben) instituirt.

Nach gleichartigen Gesichtspunkten wie, die Erbeinsegung unehelicher postumi werden auch die denselben zugewendeten Vermächtnisse zu beurtheilen sein.

9.

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II. Wirkungen. Das Resultat der bisheri= gen Erörterung ist folgendes. Die missio ventris nomine ist ihrem Grundgedanken nach ein Schußinstitut für den suus heres. Sie ist dann ,,vice contra tabulas" allen,,liberi" gegeben worden; sie ist schließlich auch allen Descendenten gewährt, die auf Grund ihres Intestaterbrechts Anspruch auf die inoff. querela haben. Alle diese Personen können wir unter dem Gesichtspunkt des fr. 6. pr. de inoff. test. zusammenfassen; es find die Descendenten (postumi sui und alieni), die dem Erblasser imputare possunt, cur eos heredes non scripserit. Die missio ventris nomine ist aber auch weiter den Intestaterben [seien es nachgeborene Geschwister, die, turpes personae gegenüber, dem Erblaffer ebenfalls imputiren cur eos heredes non scripserit; seien es lediglich (ohne Notherbenrecht) berech tigte Intestaterben], und instituirten Nachgeborenen (Intestaterben oder Nichtintestatberechtigten), also überhaupt allen postumi alieni, wofern sie ohne sitt liches Aergerniß instituirbar sind, zugänglich geworden, sobald ihnen nur nach ihrer Geburt Erbrecht [im Sinne des Justinianeischen Rechtes; nach der vorjustinianeischen Ausdrucksweise: ex omnibus partibus edicti mittitur, si ei nato daturus est bonorum possessionem praetor] zustehen wird. Dagegen für die mortis tempore

noch nicht Concipirten ist der Saß bestehen geblieben, daß fie als incertae personae nicht instituirbar sind 49).

Es bleibt mir nunmehr noch die Aufgabe, die Rechts: wirkungen darzustellen, die mit der Gewährung der missio ventris nomine sich verbinden.

A. Die missio ventris nomine ist eine lediglich provisorische Einweisung 50), die von dem defini tiven Erbrecht des Geborenen völlig geschieden werden muß. 1) Also die Immission entzieht nicht dem hinter dem Kinde zunächst Erbberechtigten seinen Erbanspruch. Dazu ist erst nöthig, daß das geborene Kind nach den gewöhnlichen Regeln die Erbschaft erworben habe, fr. 2. §. 11. ad SC. Tertull. 38. 17. Auch von Collation kann vor der Geburt des Kindes nicht die Rede sein, fr. 12. de coll. bon. 37. 6. So lange der Venter immittirt ist, läuft den Nachstehenden keine Antretungsfrist, fr. 2. §. 4. quis ordo 38. 15., so lange kann auch Niemand legatorum servandorum causa in possessione sein, fr. 7. ut in poss. legator. 36, 4. 2) Die Immission gewährt eine interimistische Inne habung. a) Juristischen Besig und Alles einen solchen Vorausseßende giebt die Immission nicht 51). b) Die

49) In Betreff dieses Punktes wird freilich eine ganz andere Auffassung ausgesprochen in einem Erf. des Berliner O.A.G. v. J. 1870. Seuffert Arch. XXV. Nr. 246. 50) Die Ertheilung der Mission kann mandirt werden, fr. 4. §. 1. de off. eius cui mand. est iurisd. 1. 21; sie kann an Ferientagen erfolgen, fr. 2. de feriis 2. 12; aus solcher iusta causa possidendi custodiae gratia kann, wenn eine Ertheilung an zwei ventres statt= gefunden hat, utile communi dividundo iudicium gegeben werden, fr. 7. §. 8. Commun. div. 10. 3. 51) Fr. 12. quib. ex caus. in poss. 42. 4. (Pomp.)

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