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heredes retinere hereditatem. Die Civilintestaterben und Civiltestamentserben führt Gaius da an, wo er die drei Fälle des non iure factum, ruptum und irritum zusammenfaßt (II. 148. 149.). Wir haben danach erst noch weiter zu prüfen, bei welchem dieser drei Fälle die Civiltestamentserben denkbar sind: nam si quis heres iure civili institutus sit vel ex primo vel ex posteriore testamento, vel ab intestato iure legitimo heres sit, is potest ab iis hereditatem avocare. In der That ist beim non iure factum testamentum der Civiltestamentserbe nachweisbar. aa) Der heres institutus ex primo testamento bezieht sich auf den unten noch weiter zu besprechenden Fall des testamentum posterius imperfectum. Wenn das frühere Te stament iure factum, das spätere bloß ein non iure factum ist, so wird das frühere iure civili nicht rumpirt, da das spätere nicht ,,eodem modo" errichtet ist (3iff. 28. Nr. 3. a.). Aber da das spätere signirt und das supremum iudicium ist, so kommt es vom prätorischen Standpunkte aus für die Ertheilung der sec. tab. b. p. allein in Betracht. Also der institutus ex primo testamento kann nicht sec. tab. agnosciren; aber der Prätor erkennt ihm sein civiltestamentarisches Recht an, gestattet ihm also vom sec. tab. bon. possessor die hereditas zu avociren. bb) Der institutus ex posteriore bezieht sich auf den Fall des fr. 12. §. 1. de iniust. rupt. Es wird besser sein, denselben in seinem ganzen Zusammenhange für eine spätere Erörterung aufzubewahren (Ziff. 51. Nr. c.).

b) Man darf nicht annehmen, daß der Gegensaß der prätorischen Signationsvorschrift zu dem civilrechtlichen Erforderniß der Familienmancipation und Testamentsnuncupation lediglich darin liege, daß der Prätor

allmälig wesenlos gewordene Formalitäten des Civilrechts damit über Bord geworfen habe. Das ius utrumque hat in der classischen Zeit so lebendig nebeneinander gegolten, daß man deutlich sieht, es war das Civiltestament mit seinen Grundgedanken den Römern noch eine volle Realität. Der Prätor hat etwas Zweites daneben stellen wollen, welches in der That einen ganz selbständigen Grundgedanken, eine neue civilis ratio [Civ. Stud. IV. S. 175. Anm. 1.]. für die Behandlung der Testamente in sich faßt. Damit hat der Prätor eine wahre Bereicherung des Rechts geschaffen, und in der That war dieses neue Princip dazu angethan, allmälig, nachdem im Laufe der Zeit der in den civilrechtlichen Formen liegende Gedanke den Römern zusammen mit den Formen unlebendig geworden war, die alleinige Herrschaft über die schriftlichen Testamente zu erringen.

a) Bei dem Mancipationstestament liegt die eigent liche Rechtskraft (das ,,ita ius esto") des Testamentes 88) in der Vornahme des Mancipations- und Nuncupations Actes. Es ist und bleibt, auch wenn in schrift: liche Form gebracht, in sich immer ein nuncupatives (mündliches) Testament [Bd. I. dies. Ser. S. 444.]. Die Rechtskraft ruht auf dem alten Sage: si nexum faciet mancipiumque, uti lingua nuncupassit, ita ius esto. Hat der Testator seinen Willen in den tabulae

88) Ueber diese Rechtskraft, das iure factum-sein, kann man streiten, ohne damit dem Willen des Erblassers entgegenzutreten; vgl. Anm. 86.; fr. 24. de his quae ut indign. 34. 9. (Pap.): Si testamentum patris iure factum filius negavit, quoniam de iure disputavit non iudicium impugnavit aut accusavit, retinet defuncti voluntatem.

aufgeschrieben, so gilt er nicht als tabulae, sondern der Testator muß dessen Inhalt erst noch,,generali sermone" nuncupiren. Durch diese mit der Familienmancipation verbundene Nuncupation wird alles in den tabulae Geschriebene mit der Rechtskraft versehen, als wenn der Testator es Alles einzeln nuncupirt hätte 89). Also beim iure factum testamentum beruht die Rechtskraft auf dem Vorgenommensein der Familienmancipation und Testamentsnuncupation. Dagegen die tabulae testamenti sind nicht das Testament, sondern nur Beweismaterial des Testaments. Wird Familiens mancipation und Nuncupation nicht vorgenommen, so liegt ein non iure factum testamentum vor. Fallen aber die tabulae testamenti hinweg, so bleibt das Tes stament immer iure factum, und wenn man nur sicher beweisen kann, (was freilich oft schwierig sein mag), daß die behaupteten Punkte in den zerstörten tabulae gestanden haben, so gelten diese nachgewiesenermaßen in tabulas scripta noch immer als generali sermone nominata atque confirmata. Also für sie besteht noch immer das dem iure factum testamentum ge: währte „ius esto", wofern nicht ihnen in Folge jenes prätorischen Grundsages, daß der späteren contraria vo

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89) Gai. II. 104.: a) mancipat alicui dicis gratia familiam suam .; b) deinde testator tabulas testamenti tenens ita dicit,haec ita ut in his tabulis cerisque scripta sunt, ita do ita lego ita testor, itaque vos Quirites testimonium mihi perhibetote'; et hoc dicitur nuncupatio: nuncupare est enim palam nominare, et sane quae testator specialiter in tabulis testamenti scripserit, ea videtur generali sermone nominare atque confirmare.

luntas durch doli exc. Schuß verliehen werden müsse, Hemmnisse entgegentreten. Hieraus folgt:

aa) Die tabulae testamenti brauchen nach dem Tode des Testators gar nicht zu extiren. Auch wenn die tabulae ganz untergegangen sind, sobald nur sicher nachgewiesen werden kann, was in ihnen gestanden hat [was, wenn auch unter Umständen sehr schwierig, in anderen Fällen doch wieder sehr leicht sein kann, z. B. wenn von den eigentlichen tabulae noch eine beglaubigte Copie existirt; Anm. 92.], so ist das ius des Testamentes noch ganz aufrechtstehend; fr. 1. §. 3. de his quae in test. del. 28. 4. (Ulp.) [fo auch die von Krüger S. 5. Anm. 1. citirte Synopsis]: quoniam si totum testamentum non exstet [also wenn der gerade Gegensaß des prätorisch - emendatorischen Rechtes vorliegt] constat valere omnia quae in eo scripta sunt. Ulpian spricht damit ganz denselben Saß aus, den wir Gaius (gleich unten Nr. bb) mit den Worten iure civili valet bezeichnen sehen. Und diesen Ulpian'schen Saß darf man nicht mit Mommsen und Krüger (Zusaß) als Gloffem streichen wollen [es müßte der Geist Ulpians über den Gloffator gekommen sein, wenn er diese des civilen wie des prätorischen Rechts offenbar gleich fundige Bemerkung hätte machen können!]. Unser Sag ist der Grund [also das quoniam ist nicht mit Krüger zu ändern] für das Voraufgestellte, daß die inconsulto deleta,,peti possunt" (weil diese ipso iure gültig find), und daß nur aus den consulto deleta eine exc. doli erwächst.

bb) Die tabulae testamenti des Civiltestamentes wurden freilich auch verschlossen und fignirt. Aber wenn die Mäuse das Linum abfressen, oder wenn der Erblasser das Linum, nicht mit contraria voluntas, son

dern um das Testament noch einmal nachzulesen 9o), zerschneidet, so geschieht damit nichts die civilrechtliche Gültigkeit des Testamentes Afficirendes; Gai. II. 151.: ut si linum eius inciderit, nihilominus iure civili valeat. Und da hier keinerlei contraria voluntas des Erblaffers vorliegt, so kann auch nicht von einer gegen das Testament wirksamen exceptio doli die Rede sein. Der Erblasser hinterläßt also ein iure factum und ohne exc. doli zur Geltung fommendes, offenes und mithin für Alle sogleich inspicirbares Te stament.

cc) Ebenso hinterläßt der Erblasser ein ipso iure gültiges Civiltestament, wenn der ganze Inhalt desselben unlesbar geworden, aber auf andere Weise (z. B. durch eine sichere Abschrift) nachweisbar ist; Gai. II. 151.: quin etiam si deleverit quoque aut obleverit tabulas testamenti, nihilominus [non] desinent valere quae fuerunt scripta, licet eorum probatio difficilis sit 91). Und wenn das Unlesbarwerden durch Zufall erfolgt ist, oder der Erblasser unabsichtlich ohne contraria voluntas (z. B. durch versehentliches Ueberschütten einer die Schrift austilgenden Flüssigkeit) die tabulae unlesbar gemacht hat, so ist auch kein Material vorhanden, um gegenüber der ipso iure Gültigkeit des iure factum testamentum eine exc. doli zu ge währen 92).

90) Fr. 20. §. 1. de test. mil. 29. 1.: veluti si tabulas inciderit et legerit testamentum.

91) Die Lesbarmachung dieses wichtigen Gaiischen §. 151. ist das Verdienst Krüger's.

92) Vgl. den Fall des fr. 4. quae in test. del. 28. 4.: der Erblasser hat mehre gleichlautende Testaments

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