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Es müssen, weil es sich um testatorischen Willen handelt, die überhaupt in Betracht kommenden Dispositio nen insgesammt „,eodem modo“ nach den bestehenden Vorschriften des Civilrechts als sollenne errichtet sein. Es tritt von diesen sollennen Dispositionen nur die suprema beim Tode des Erblassers in Wirksamkeit 48). Aber der große Unterschied ist, daß es sich bei den Legaten eben nicht um die, die Persönlichkeit des Erblas: sers fortseßende, hereditas handelt. Ein Testament ist nur das, worin solch ein die Persönlichkeit fortseßender heres ernannt ist; nur ein solches kann rücksichtlich der hereditas als suprema voluntas in Betracht kom Es macht, wenn es vorhanden ist, alle weiteren ademtiones hereditatis rücksichtlich des früheren Te stamentes irrelevant. Ein Legat aber, als suprema voluntas rücksichtlich eines einzelnen Werthobjectes, kann auch außerhalb des Testamentes in codicilli confirmati errichtet werden 49). Diese haben ihre Kraft durch die testamentarische Confirmation. Was in spåteren codicilli confirmati ausgesprochen ist, hat als nachgefügtes Stück des Testamentes Gültigkeit. So ist auch das spätere confirmirte Codicill nicht im civilrechtlichen Sinne im Gegensatz zu dem früheren Testamente eine, durch seine Zeitfolge das Frühere rumpie rende, suprema voluntas. Es ist ein accessorium

men.

48) Ulp. XXIV. 29.: Legatum quod datum est adimi potest vel eodem testamento vel codicillis testamento confirmatis dum tamen eodem modo adimatur, quo modo datum est.

49) Gai. II. 270a: [Item legatum codicillis] relictum non aliter valet, quam si a testatore confirmati fuerint, i. e. nisi in testamento caverit testator ut quidquid in codicillis scripserit, id ratum sit.

der in jener confirmirenden suprema voluntas begründeten hereditas. So fommt es, daß die Frage von Gültigkeit einer Vermächtnißverfügung eine einzige ist, möge lettere,,eodem testamento" oder „,codicillis (und zwar auch nachfolgenden) testamento confirmatis" angeordnet sein (Anm. 48.). Bei dieser Frage aber kommt gar nicht die Schwierigkeit in Betracht, wie sie für die auch im selben Testament vorzunehmende hereditatis ademtio in den Stellen der Anm. 47. als bestehende ausgesprochen ist. Vermächtnisse also können eodem testamento und codicillis testamento confirmatis wie gegeben so auch adimirt werden 5o). Auch die Ademtionen sind (negative) Vermächtnißverfüg ungen. Daß alle dationes wie ademtiones der Lez gate,,eodem modo" angeordnet sein müssen, hat seinen Grund darin, daß alle (positiven wie negativen) Vermächtnißverfügungen auf dem Boden derselben hereditas, wie sie eben durch dieses Testament begründet wird, ruhen müssen, und daß alle diese Vermächtnißverfügungen unter gewissen allgemeinen civilrechtlichen Vorschriften über die dabei zu gebrauchenden Worte [Glück Fein Commentar Bd. 44. S. 204. Anm. 34.] stehen. Nicht im Geringsten hat diese Ademtion der Legate etwas mit jener Regel: nihil tam naturale est quam eo genere quidque dissolvere quo colligatum est, die man auch hier herbeigezogen hat 51), zu thun.

29.

c) Dieser Grundsaß des Civilrechts, daß das spätere testamentum das frühere eodem modo gemachte rumpirt, nicht in Folge einer besonderen adi

50) Fr. 12. §. 3. de legat. I. (30.).

51) Glück - Fein Commentar Bd. 44. S. 203.

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mirenden voluntas, sondern weil das frühere nicht mehr das supremum ist, wird, wie ich gleich im Voraus angab, auch vom Prätor für seine secundum tabulas befolgt. Aber freilich, da das ius utrumque auseinandergehen kann, so entwickeln sich in dieser Hinsicht complicirtere Fragen, die weiter unten zu untersuchen sind. Hier muß ich zunächst prüfen, wie zu jenem Grundfaß, obgleich er an sich immerfort anerkannt wurde, durch die Handhabung der oben schon hervorgehobenen, auf Anerkennung der materiellen contraria voluntas des Erblassers ausgehenden, exceptio doli allmälig bedeus tende Beschränkungen hinzugetreten sind.

a) Das civile Testament fordert, was auch nie ganz entbehrt werden kann, eine gewisse Formenstrenge, einen sollennen Willen (Ziff. 28. Nr. 2.). Dabei ist aber doch immer auch schon im Civilrechte Zweck des Ganzen, daß man den wirklichen Willen des Erblaffers zur Geltung bringen will 52). Nur ist die alte Auffass sung, dieser wirkliche Wille sei nur innerhalb, nicht außerhalb, der streng gewahrten Form anzuerkennen. Dem allgemeinen Charakter des prätorischen Rechtes gemäß macht sich dann, je nach den treibenden Elemen ten der Praxis, der Gedanke immer mehr Raum, daß dem materiellen wirklichen Willen des Erblassers auch außerhalb der Form mannigfach Rechnung getragen werden müsse. Der Prätor war, wenn es sich darum handelte, nicht einen positiv neuen Inhalt des lediglich formlos Gewollten zur Geltung zu bringen, sondern ges genüber dem ipso iure nach dem Rechtssag Eintreten: den den entgegenstehenden materiellen Willen des

52) Fr. 12. §. 3. de legat. I. (30.): voluntas ergo facit, quod in testamento scriptum valeat.

Erblassers mit Rechtsschuß zu versehen, die geeignete Behörde, um mit den Mitteln seines Imperiums zu helfen. Er hat diesen Schuß der materiellen voluntas auch gar nicht bloß durch Gewährung der exc. doli bewerkstelligt. Es kann der Erblasser seinen Willen in aller Form festgestellt haben, aber das Testament kann nach den Regeln des Civilrechts nichtig geworden sein, und die Sache kann sich so gestalten, daß Derjenige, um dessentwillen das Civilrecht die Nichtigkeit verfügt, sein Recht nicht geltend macht. Dann haben wir einen in aller Form geäußerten, rechtlich nichtigen, aber der materiellen voluntas des Erblassers völlig entsprechenden Willen vor uns, den in einem bestimmten Fall zu schüßen der Prätor sich veranlaßt sehen konnte 53). Es ist aber andererseits nicht zu glauben, daß der Prätor allgemein sich vorgenommen hätte, stets, wo er auch nur schon mit doli exceptio helfen konnte, die materielle voluntas aufrecht zu erhalten. Es konnten wieder andere Gründe vorliegen, die das Streben nach Schuß der materiellen voluntas überwogen. Wenn der Erblasser Kinder exheredirt hat, so ist damit seine voluntas, daß sie nichts von seinem Vermögen zu erhalten verdienten, ficher constatirt (qui nihil ex patris iudicio meruerunt). Wird nun das Testament durch Erscheinen eines postumus rumpirt, so kann aus jener sicher vorliegenden materiellen voluntas gegen den Erheredirten doch

53) Fr. 17. de iniust. rupt. 28. 3. (Pap.): Filio praeterito, qui fuit in patris potestate, neque libertates competunt neque legata praestantur, si praeteritus fratribus partem hereditatis avocavit: quod si bonis se patris abstinuit, licet suptilitas iuris refragari videtur, attamen voluntas testatoris ex bono et aequo [Civ. Stud. IV. Beil. Nr. C. VI.] tuebitur.

nicht die doli exceptio entnommen werden. Bei fol cher doli exceptio ist auf die persönliche Stels lung der Betheiligten Rücksicht zu nehmen. Haben auch die Erheredirten nach dem iudicium patris nichts verdient, so ist doch andererseits noch schwerer wiegend, daß es eine Gehässigkeit in sich fassen würde, wenn man das durch die Ruption nichtige Testament gerade nur zur Aufrechthaltung der Exheredation verwenden wollte [arg. fr. 20. pr. de b. p. c. t.: ne testamentum per omnia irritum ad notam solam exheredationis profecisse videntur]. So wird denn, troß der sicher vorliegenden materiellen voluntas testatoris, die doli exceptio nicht gewährt; fr. 13. de doli exc. 44. 4. [Bd. III. dies. Ser. S. 104.]: nec opponetur doli mali exceptio. quod non solum in persona eorum, sed in heredibus quoque eorum optinendum est.

B) Das Hauptanwendungsgebiet hat diese exc. doli in dem Punkte gefunden, der gerade hier der Gegenstand unserer Untersuchung ist. Es bezieht sich darauf, daß es sich darum handelt, dem formlosen späteren Widerrufs willen (der contraria voluntas) des Te stators, gegenüber einem errichteten leßten Willen, Rechtsschuß zu gewähren. Also gegenüber der testatorischen Verfügung, die formell die suprema voluntas ist, doch noch wieder Geltendmachung eines späteren, die materiell suprema voluntas enthaltenden, Willens. aa) Die exc. doli steht dem heres, welcher nicht den Willen des Erblassers hat, entgegen; fr. 4. §. 10. de doli exc. (Ulp.): Praeterea sciendum est, si quis quid ex testamento contra voluntatem petat, exceptione eum doli mali repelli solere 54): et ideo

54) Fr. 19. §. 1. de reg. iur. 50. 17. (Ulp.): Non solet

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