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Die secundum tabulas bonorum possessio 38) habe ich in den früheren Bänden dieser Serie bis auf folgenden Punkt geführt.

1) Die sec. tab. b. p. war im Anfang eine confirmandi iuris civilis gratia aufgestellte, und dieses confirmatorische Element ist auch noch im Justinianeischen Recht der Kern, an den sich das Uebrige anlehnt.

2) An dieses confirmatorische Element hat sich unter der Hand des Prätors ein wichtiges emendatori: sches geknüpft. Dieses bezieht sich theils auf den Inhalt der Testamente [worunter als selbständig Neues vorzugsweise die zwei Punkte von der Instituirbarkeit der postumi alieni (Ziff. 54. Nr. II.), und von der provisionellen Besizertheilung an bedingt Eingeseßte (Ziff. 55 -58.) hervortreten], theils, und dies ist das ganz bes sonders Wichtige, auf die äußeren Erfordernisse des Tes staments. Es hat, im Gegensatz zu dem civilrechtlichen Institute des Mancipationstestamentes (des iure factum testamentum), der Prätor schon vor der Entwicklung der classischen Jurisprudenz den neuen Saß aufgestellt, daß ihm behufs Ertheilung der sec. tab. b. p. das Extiren von (mit 7 Siegeln) fignirten tabulae genüge, aber auch andererseits erforderlich sei 39). Damit hat

38) Vgl. Fabricius Bon. Poss. (1837.) S. 107 ff.; meine historia bonorum possessionis secundum tabulas (1841.); meine Bon. Poss. II. (1848.) 1. S. 250 ff.; 2. S. 80 ff.; Bd. I. dieser Serie (1870.) S. 434 ff.; Paul Krüger Kritische Versuche (1870.) S. 1—40.; Köppen in Jhering's Jahrb. XI. (1871.) S. 220 -230.; Bd. II. dies. Serie (1873.) S. 81–93. ; Windscheid P. III. (4. Aufl. 1878.) §. 554. 563 -565.; 673.

39) L. 2. C. h. t. (Gordian.): Bonorum quidem posses

sich gegenüber den civilrechtlichen Erfordernissen ein selb ständiges prätorisches Recht entwickelt, neben dem aber die confirmatorische sec. tab. aus dem iure factum testamentum einfach fortgehen konnte, da auch das iure factum testamentum, als ein regulär mit 7 Siegeln obsignirtes, in seiner äußeren Erscheinung der prätorisch: neuen Sagung entsprach. Die Frage von den äußeren Erfordernissen der Testamente umfaßt also nunmehr ein ius utrumque 40). Die neue prätorische Signations; vorschrift enthält gegenüber dem Civilrecht nur ein emen: datorisches, nicht correctorisches, Element. Wie danach das Ineinandergreifen dieses ius utrumque, durch ein vielfache Schwierigkeiten darbietendes Detail hindurch, im Genaueren zu verstehen sei, bedarf im Folgenden der genauesten Untersuchung.

3) Außer der Verleihung der sec. tab. b. p. in neuen vom Prätor zugelassenen Fällen hat im testamen: tarischen römischen Erbrecht noch, zum Zweck der Fort: bildung des Rechts, eine bedeutende Rolle gespielt die Gewährung der exceptio doli [Bd. II. dieser Serie S. 87, 88], und zwar nach zwei Richtungen hin. Ei

sionem ex edicto praetoris non nisi secundum eas tabulas, quae septem testium signis signatae sunt, peti posse in dubium non venit.

40) Fr. 23. qui test. fac. poss. 28. 1. (Ulp.): Si testa

mentum, quod resignaverit testator, iterum signatum fuerit septem testium signis, non erit imperfectum, sed utroque iure valebit tam civili quam praetorio; fr. 20. pr. de vulg. et pup. 24. 6.; Patris et filii testamentum pro uno habetur etiam in iure praetorio: nam . sufficit tabulas esse patris signatas, etsi resignatae sint filii, et septem signa patris sufficiunt.

nerseits auf Grund kaiserlicher Bestimmung zu dem Zwecke, um der an sich nur emendatorisch vom Prätor gewährten sec. tab. b. p. eine correctorische Tragweite beizufügen. Andererseits um in der Hand des Prätors für das Gebiet des ius utrumque der, gegenüber der testamentarischen Rechtsform abweichend hervortretenden, materiellen voluntas des Erblasfers in verschiedenen Fällen Rechnung zu tragen. Dieser lettere Punkt ents hält ebenfalls bedeutende Schwierigkeiten; es wird deshalb auch ihm besondere Sorgfalt zuzuwenden sein.

Die nach dem Gesagten vor mir liegende Aufgabe theile ich in die sich von selbst scheidenden Abschnitte von den äußeren Erfordernissen der Testamente (Ziff. 28 -52.), und von dem auf prätorischem Recht ruhenden Testamentsinhalte und dessen Realisirung (Ziff. 53–58.).

27.4) Ehe ich hierauf eingehe, bedarf vorab jenes confirmatorische Element der sec. tab. b. P., welches immer bis ins Justinianeische Recht hinein den Kern des Ganzen gebildet hat, noch einiger Erläuterungen.

a) Zusammengehen des ius utrumque; b. p. secundum nuncupationem. Wenn ein Testament iure (civili) factum ist, so hat es regelmäßig auch 7 Sie: gel. Wenn daraus b. p. agnoscirt wird, so geschieht dies allerdings, weil das Testament der prätorischen Signationsvorschrift entspricht. Aber es muß besonders betont werden, daß die sententia des Prätors [in diesem die eigentliche Regel bildenden, und für die ältere clasfische Zeit auch sicher häufigsten Fall] hier darauf ge richtet war, die b. p. nicht bloß als eine der prätorischen Sagung gemäße, sondern als confirmandi iuris civilis gratia dastehende zu gewähren.

a) Der Beweis, daß dies immer die prätorische

Anschauung gewesen sein muß, liegt in Folgendem. Das ursprüngliche (von Cicero uns aufbewahrte) Edict über die testamentarische b. p., so gut wie das spätere vom Extiren fignirter tabulae, hat schriftliche Testamente vor Augen. Wäre nun nicht die sententia des Edicts gewesen, daß, auch seit dem Bestehen dieses späteren Edicts, der Prätor aus den signirten iure factae tabulae die b. p. sec. tab. nicht als lediglich prätorische Succession, sondern als confirmandi iuris civilis gratia gewährten Erbrechtsbesig verleihe, so hätten die Römer nicht den Schluß ziehen können, den sie zweifellos gezo: gen haben. Sie lassen (schon Julian hat dies aner: fannt) auch eine b. p. secundum nuncupationem zu, und zwar, wie ich bereits Bd. II. dieser Serie S. 440. 441. hervorhob, im Gegensaß zu den verba edicti, aus der sententia praetoris; fr. 8. §. 4. h. t. Diese sententia fann nur die gewesen sein, daß da, wo ein als separates Testament dastehender leßter Wille nicht mit der auf tabulae sich beziehenden prätorischen Signationsvorschrift in Conflict kommt (und das ist für mündliche Testamente von vornherein undenkbar), aus einem iure civili factum testamentum auch iuris confirmandi gratia die bonorum possessio gegeben werde. Daß die Gewährung dieser sec. nunc. b. p. [wie auch im Genaueren ihre Fixirung vor sich gegangen sein möge, die Quellen geben uns darüber keine weis teren Anhaltspunkte] aus dem confirmatorischen Gedanken hervorgegangen ist, spricht Gordian ganz aus: drücklich aus; 1. 2. C. h. t.: Verum si eundum numerum [7 3eugen] adfuisse sine scriptis testamento condito doceri potest, iure civili testamentum factum videri ac secundum nuncupationem b. pnem deferri explorati iuris est.

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B) Die Folgen dieses Grundstandpunktes, daß die sec. tab. b. p. nach ihrer regulären Vorausseßung eine confirmatorische b. p. ist, sind sehr weitgreifend. Sie faffen sich in dem Sage zusammen, daß soweit nicht die besondere prätorische Bestimmung über das Extiren fignirter tabulae ein Hemmniß bildet, im Uebrigen die Grundsäge des testamentarischen Civilrechts, gerade weil sie civilrechtlich bestehen, selbstverständlich auch für die sec. tab. b. p. zur Anwendung kommen. Ich stelle die Hauptanwendungen dieses Sages in der Note furz zusammen 41).

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41) Fr. 2. §. 4. h. t.: sicut ad adeundam hereditatem proximi sunt, ita et ad b. pnem admittendam; fr. 2. §. 3. h. t.: solus heres erit et accipiet b. pnem; fr. 2. §. 8. h. t.: heredi enim scripto sicut portio hereditatis, ita et b. p. adcrescit; fr. 2. §. 9. h. t.; ei domino defertur b. p., ad quem hereditas pertinet.. Septicio deferatur b. p.: ad hunc enim hereditas pertinet; fr. 6. h. t.: si inutiliter quis sit institutus, nec ad b. pnem inutilis institutio proficit; fr. 8. §. 1. h. t.: sicut hereditatem vindicat, ita bonorum quoque eius possessionem accipere potest; §. 2. is ad quem hereditas pertinet etiam b. pnem accipit; §. 3.: sicut ad adeundam hereditatem, ita ad petendam b. pnem scriptus non intellegitur; fr. 12. h. t.: si ita heres scriptus sit, ut interdum [in totum; Momms en] excludatur a testamento..., nec b. pnem petere potest; fr. 20. §. 4. qui test. fac. poss. 28. 1.: testamentum valebit et b. p. ex eo testamento competit: fr. un. pr. unde vir et ux. 38. 11.: quemadmodum nec ex testamento [sibi succedunt: nam illicite inter se coniuncti si alter alterum heredem scripserint, nullo modo ex testamento; ins. Mommsen] adiri hereditas vel sec. tab. peti b. p. potest; fr. 19. de b. p. c. t. 37. 4.

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