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1861.

im Sinne meiner obigen Darlegung instruirt; und wenn der Herr Vertreter No. 33. des kaiserlichen Kabinets in Kassel sich im Sinne des Erlasses vom 31. März Preussen, 10. April ausspricht, so darf ich hoffen, dass seine Rathschläge im praktischen Erfolge mit den unsrigen zusammentreffen; und wenn ein solches Ziel erreicht wird, so erkenne ich in vollem Maasse und mit aufrichtiger Genugthuung an, wie sehr dasselbe dem wohlmeinenden Entgegenkommen des Herrn Grafen von Rechberg zu verdanken ist. Ich ersuche Ew. etc. ergebenst, dies nicht nur dem Herrn Grafen auszusprechen, sondern ihm auch vollständige Abschrift dieses Erlasses mitzutheilen.

An den Königl. Gesandten Hrn. Freiherrn von Werther,

Excellenz, zu Wien.

Nr. 34.

Schleinitz.

BADEN. Erklärung in der kurhessischen Verfassungs-Angelegenheit, abgegeben in der Bundestagssitzung vom 4. Juli 1861, durch

den Grossherzoglichen Gesandten, Herrn von Mohl.

Baden,

4. Juli 1861.

Als die hohe Bundesversammlung am 27. März 1852 und am 24. März No. 34. 1860 Beschlüsse fasste, welche ein unmittelbares Eingreifen in die Verfassungsangelegenheit des Kurfürstenthums Hessen und die Uebernahme der Verantwortlichkeit des damit betretenen Weges enthielten, gingen die hohen Bundesregierungen von der Voraussetzung aus, dass es gelingen werde, ein Einverständniss zwischen der hohen kurfürstlich-hessischen Regierung und, ihren Ständen über den rechtlichen Bestand der am 13. April 1852 als Gesetz publicirten und der weiteren unter dem 30. Mai 1860 erlassenen Verfassung zu erzielen. Dieses Einverständniss ist nicht zu Stande gekommen. Im Gegentheil sind beide Verfassungen, welche auf Grund der genannten Bundesbeschlüsse vorgelegt wurden, von Seiten der Ständeversammlungen, die ihnen zufolge zusammenberufen worden, als nicht zu Recht bestehend betrachtet worden, insolange nicht die unterbrochene Rechtscontinuität zwischen der Verfassung von 1831 und den neuen Ordnungen hergestellt sei. In dem Kurfürstenthum Hessen ist durch diesen nun seit über zehn Jahren fortgesetzten Kampf zwischen der kurfürstlichen Regierung und ihrem Lande ein Zustand geschaffen, welcher von der grossherzoglichen Regierung und mit ihr gewiss auch von allen hohen und höchsten Bundesregierungen nur mit der äussersten Besorgniss betrachtet werden kann. Es darf in keinem deutschen Lande sich ein Gegensatz zwischen einer von der Obrigkeit als formell gültiges Recht vertheidigten Ordnung und dem unzweideutigen Rechtsbewusstsein der Bevölkerung ausbilden. Der nachhaltigste Schaden für die Autorität der Regierung, für das Rechtsgefühl und die Rechtsachtung des Volkes nicht nur im eigenen Lande selbst, sondern weit über seine Grenzen hinaus, über ganz Deutschland hin, wäre die unvermeidliche, sichere Folge. Schon jetzt ist leider offenkundig, wie zersetzend das Missbehagen über die Vorgänge in Kurhessen in ganz Deutschland gewirkt hat. Kein Ausspruch der hohen Bundesversammlung vermag den vorhandenen Widerstreit mit dem Gewissen eines ganzen Landes zu lösen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das am wenigsten Beschlüsse vermochten, denen zum Theil sehr gewichtige Bedenken und selbst verwahrende

4. Juli 1861.

No. 34. Stimmen hoher Bundesmitglieder entgegenstanden. Die hohen deutschen Baden, Bundesregierungen sind nicht nur durch das Band der Bundesverfassung verknüpft. Ein höheres Interesse der gemeinschaftlichen Aufrechthaltung der Hoheit und der Würde monarchischer Ordnung und der unantastbaren Heiligkeit bestehender Verfassungen legt denselben ernste Verpflichtungen Vorgången gegenüber auf, welche darthun, dass der Rechtszustand eines deutschen Landes in tiefe Verwirrung gesunken ist. Sie können und dürfen am wenigsten sich verhehlen, dass bei der bewährten Treue, mit der in tausendjähriger Geschichte deutche Völker zu ihren angestammten Fürsten gestanden sind, ein so beklagenswerther Erfolg nicht eingetreten wäre, ohne die Schuld schwerer Fehlgriffe. Wohl kommt deutschen Regierungen in solchen Lagen zu, vor Entschlüssen nicht zurückzutreten, welche ein Zeugniss dahin enthalten, dass sie das Recht über alle Rücksichten, selbst über die Consequenz früherer vorübergehender Anschauungen stellen. Die hohen Bundesregierungen sind selbst bestrebt gewesen, die Gründe aufzusuchen, warum in Kurhessen der regelmässige Gang der Regierung fortwährenden Störungen ausgesetzt war. Sie haben zunächst versucht, die bedrängte Lage, in welche die Regierung des Kurfürstenthums ihren Ständen gegenüber gekommen war, durch eine Reihe von Massnahmen zu heben, in welchen die kurfürstliche Regierung das Bestreben nicht verkennen kann, dem Ansehen und der Autorität derselben jegliche Unterstützung zu gewähren. Es ist dafür ein Weg betreten worden, der keinen Ausgang zeigt und es muss als bewiesen angenommen werden, dass das im kurhessischen Volke lebendige Rechtsbewusstsein zu mächtig war, als dass die Art und Weise, wie zu einer Revision der Verfassung vom 5. Januar 1831 geschritten werden wollte, willkürlich gewählt werden konnte. Es steht nach Ansicht der grossherzoglichen Regierung fest, dass in Kurhessen derjenige Weg nicht umgangen werden kann, welcher durch § 56 der Wiener Schlussacte für Revision deutscher Verfassungen als der allein zulässige bezeichnet ist; und die grossherzogliche Regierung will mit der Ueberzeugung nicht zurückhalten, dass es im Interesse aller deutschen Regierungen gelegen ist, auszusprechen, dass jeder fernere Versuch der Nichtberücksichtigung der Vorschrift des genannten Artikels 56 der Wiener Schlussacte künftig unmöglich sein muss. Aber auch die Hoffnung, es könnte durch die Zustimmung einer künftigen auf Grund einer anderen Verfassung als der alten Rechtsordnungen des Kurfürstenthums berufenen Ständeversammlung eine Versöhnung erreicht werden, würde sich als wenig gegründet erweisen, und gewiss wäre eine solche Zustimmung auch nicht geeignet, bei dem einmal zu Tage getretenen Widerspruche fast der ganzen Bevölkerung die Grundlage dauerhafter und erspriesslicher Rechtszustände abzugeben. Die grossherzogliche Regierung hatte schon bei ihrer Abstimmung über die Ausschussanträge, welche zu dem Beschlusse vom 27. März 1852 führten, ihren Bedenken dahin Ausdruck gegeben:

„dass die grossherzogliche Regierung vorgezogen hätte, die den Bundes-
grundgesetzen nicht widerstreitenden Bestimmungen der. Verfassung von
1831 möchten nur als einstweilen unanwendbar betrachtet werden,"
„und dass die Competenz der hohen Bundesversammlung der grossher-

4. Juli 1861.

zoglichen Regierung in so fern überschritten erscheine, als durch den No. 34. beantragten Bundesbeschluss die kurhessische Regierung aufgefordert Baden, werden solle, zugleich eine näher bezeichnete Verfassung an die Stelle der seitherigen zu publiciren, während die Bundesversammlung an und für sich nur berufen ist, auf Uebereinstimmung der staatlichen Einrichtungen mit den Grundgesetzen des Bundes zu dringen, auch die den letzteren widerstreitenden Bestimmungen ausser Wirksamkeit zu setzen, dagegen jede desshalb zu treffende positive Anordnung Sache der Bundesregierungen bleibe."

Die inzwischen gemachten Erfahrungen haben bewiesen, wie gegründet diese Bedenken waren. Wenn sich die grossherzogliche Regierung auch nicht der Betheiligung an Massregeln entzogen hat, welche die hohe Bundesversammlung zur Unterstützung des mit dem Beschlusse vom 27. März 1852 eingeschlagenen Verfahrens für nothwendig erachtete, so glaubt sie sich um so mehr berechtigt, jetzt auf ihre ursprünglich geltend gemachten Bedenken zurückzukommen. Sie hegt dabei die Ueberzeugung, dass auch die hohen. mitverbündeten Regierungen den Ausschuss-Anträgen von 1852 nunmehr eine andere Beurtheilung zu Theil werden lassen würden, nachdem sich ergeben, dass die wahre Natur der damaligen kurhessischen Zustände vielfach verkannt, und auch über die Berechtigung der hohen Bundesversammlung zu Beschlüssen, wie die vom 27. März 1852 und 24. März 1860, nachträglich rechtliche Einsprache erhoben werden konnte. ¶Thatsächlich bilden diese Beschlüsse zur Zeit eine wesentliche Erschwerung für Betretung des einzigen Weges, der einen Ausgang aus den vorhandenen Verwickelungen verspricht, zur freiwilligen Rückkehr der kurfürstlichen Regierung auf den Rechtsboden und zur Anerkennung der unvermeidlichen Nothwendigkeit, mit dem Rechtbewusstsein ihres Volkes eine Verständigung zu suchen. ¶ Dem Ermessen der grossherzoglichen Regierung nach scheinen von Seiten des Bundes vor Allem die Hindernisse hinweggeräumt werden zu müssen, welche zur Zeit unmöglich machen, dass im Kurfürstenthum Hessen Institutionen begründet werden, welche allseitig anerkannt sind. Dem begründeten Anspruche des Bundes, dass, wenn in der Verfassung von 1831, deren Er. läuterungen und den später hinzugekommenen Abänderungen bundeswidrige Bestimmungen enthalten sind, solche entfernt würden, kann auf andere Weise genügt werden, als durch dass Festhalten an einer Verfassung, der die wesentlichste Grundlage aller Institutionen fehlt, dass sie als Recht und als sittliche Ordnung im Lande empfunden und anerkannt wird. ¶ Dieses Ziel könnte wohl ohne Schwierigkeiten erreicht werden, wenn die kurfürstliche Regierung sich entschliessen wollte, einen von den erwähnten bundeswidrigen Bestimmungen freien Verfassungsentwurf einer ad hoc zu berufenden Ständeversammlung zur Vereinbarung vorzulegen, welche nicht nur im Lande als competent für diese wichtige Entscheidung gehalten wird, die ihr zufallen soll, sondern in der That dafür die einzig competente ist. In der zuversichtlichen Hoffnung mit ihren hohen Verbündeten sich in der Ueberzeugung der Nothwendigkeit einer von dem Bunde ausgehenden und eine Versöhnung zwischen der Regierung und ihrem Lande erleichternden Ent

No. 34. schliessung zu begegnen, ist der grossherzogliche Gesandte angewiesen, den Antrag zu stellen:

Baden, 4. Juli 1861.

,,Hohe Bundesversammlung wolle beschliessen:

Da den Bundesbeschlüssen vom 27. März 1852 und vom 24. März 1860 wegen rechtlicher und thatsächlicher Bedenken keine Folge gegegeben werden könne, so stehe nichts im Wege, dass die kurfürstlichhessische Regierung die Verfassung vom 5. Januar 1831, die in den Jahren 1848 und 1849 dazu gegebenen Erläuterungen und daran vorgenommenen Abänderungen sammt dem Wahlgesetze vom 5. April 1849 im Ganzen und namentlich mit Bezug auf die zu berufende Landesvertretung als rechtskräftig und in Wirksamkeit bestehend betrachte;

dass, soweit Bestimmungen jener Verfassungsgesetze mit unzweideutigen und durch die bisherige Uebung bekräftigten Bundesgesetzen in Widerspruch stehen sollten, die kurfürstlich - hessische Regierung die aus diesem Grunde gebotenen oder sonst nützlich scheinenden Abänderungen mit der legalen Ständeversammlung verfassungsmässig vereinbaren möge;

dass es der kurfürstlich - hessischen Regierung anheimgestellt bleibe, eventuell sich an die Bundesversammlung behufs Bezeichnung solcher bundeswidrigen Bestimmungen in den obengenannten Verfassungsgesetzen zu wenden, sofern sie eine Specialisirung derselben bei einer Vereinbarung mit ihren Ständen bedürfen sollte;

dass die kurfürstliche Regierung von den zufolge dieses Beschlusses getroffenen Massnahmen seiner Zeit hohe Bundesversammlung unterrichten wolle, damit diese die beruhigende Ueberzeugung gewinne, dass eine definitive Regelung der Verfassungsangelegenheiten des Kurfürstenthums erfolgt sei."

PREUSSEN.

Nr. 35.

Königliche Proclamation, die Krönung betr.

No. 35. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preussen etc., thun Preussen, kund und fügen zu wissen: Nach Gottes Rathschlusse haben Wir den 3. Juli 1861. Königlichen Thron Preussens bestiegen und Unseren Willen feierlich kund gegeben, nach der Verfassung und den Gesetzen des Königreichs, die Uns durch die göttliche Gnade anvertraute Regierung zu führen. Unsere Vorfahren in der Krone haben Uns das ehrwürdige Herkommen überliefert, dass den Königen Preussens beim Regierungsantritt von dem Lande die Erbhuldigung geleistet worden. Wir halten dieses Herkommen als ein unverbrüchliches Anrecht unserer Krone fest und wollen es ebenso Unseren Nachfolgern in der Regierung gewahrt wissen. In Betracht der Veränderungen aber, welche in der Verfassung der Monarchie unter der reich gesegneten Regierung Unseres vielgeliebten Bruders Königs Friedrich Wilhelm des Vierten Majestät hochseligen Andenkens eingetreten sind, haben Wir beschlossen, an Statt der Erbhuldigung die feierliche Krönung zu erneuern, durch welche von

3. Juli 1861.

Unserem erhabenen Ahnherrn König Friedrich dem Ersten die erbliche No. 35. Königswürde in Unserem Hause begründet worden. ¶ Indem Wir Uns im Ange- Preussen, sichte Gottes in Demuth beugen und den Segen des Allmächtigen für Uns und Unser geliebtes Vaterland erflehen, wollen Wir durch die Feier der Krönung in Gegenwart der Mitglieder der beiden Häuser des Landtagés und der sonst von uns zu entbietenden Zeugen aus allen Provinzen Unseres Königreichs von dem geheiligten und in allen Zeiten unvergänglichen Rechte der Krone, zu der Wir durch Gottes Gnade berufen worden, Zeugniss ablegen und von Neuem das durch eine glorreiche Geschichte geknüpfte Band zwischen Unserem Hause und dem Volke Preussens befestigen. Wir werden demnach in Gemeinschaft mit der Königin Unserer Gemahlin Unsere feierliche Krönung im Monat Oktober dieses Jahres in Unserer Haupt- und Residenzstadt Königsberg vollziehen und behalten Uns vor, über die Ausführung der Krönung, sowie über den bei unserer Rückkehr in unsere Haupt- und Residenzstadt Berlin zu haltenden feierlichen Einzug die weiteren Bestimmungen zu erlassen.

Gegeben in unserer Haupt- und Residenzstadt Berlin, am dritten des Monats Juli Eintausend Achthundert Ein und Sechszig.

Fürst zu Hohenzollern – Sigmaringen.

Wilhelm.

v. Auerswald.

v. Roon. v. Bernuth.

v. d. Heydt. v. Schleinitz. v. Patow. Gr. v. Pückler. v. Bethmann-Hollweg.

Gr. v. Schwerin.

schaften.

No. 36.

TÜRKEI Min. des Ausw. an die bei der Pforte beglaubigten Gesandt-
Anzeige des Thronwechsels.
[Uebersetzung ]

25. Juni

1861.

A Se. Exc. etc. ¶ Seine kaiserliche Majestät der Sultan Abdul- No. 36. Medjid Chan ist heute, Dienstag, den 17ten des Monats Zilhidja 1277 Türkei, (25. Juni 1861) gestorben und gemäss dem Gesetze der Osmanen über die Erbfolge in der kaiserlichen Familie hat sein Bruder Abdul-Aziz Chan den Thron bestiegen. ¶ Seine kaiserliche Majestät, der sehr grosse, mächtige und gewaltige Sultan hofft, die Uebereinkünfte und Verträge, welche zwischen unserer Regierung und der .... bestehen, streng aufrecht zu erhalten und sie bei jeder Gelegenheit zu befestigen. Ich ergreife diese Gelegenheit etc. Aali-Mehemed- Emin-El-Seid.

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No. 37.

Hat des Sultan Abdul-Aziz an den Grosswesir, vom 1. Juli 1861.

[Uebersetzung.]

1. Juli 1861.

Mein erlauchter Wesir Mehemed Emin Pascha! Nach den ewigen No. 37. Bestimmungen des höchsten Herrn der Welt auf den kaiserlichen Thron Türkei, meiner Vorfahren gelangt, habe ich dich wegen deiner viel bewiesenen Treue und Einsicht in der hohen Stellung als Grosswesir und eben so auch die anderen Minister und Beamten meines Reiches in ihren Aemtern bestä7

Staatsarchiv. 1861.

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