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milia sancti Adalberti de parochia Olne, que sita est in pago Ardenne, conductu praepositi Theoderici et fratrum ad nostrum auxilium confugit: verbera, rapinas et multas iniurias a subadvocatis eis illatas nobis deploravit. Condolentibus itaque tam principibus quam episcopis illorum miseriis, et admirantibus super inauditis iniuriis, iudicatum est in presentia nostra, quia post ducem unum solum advocatum, qui bannum habeat a nobis, debeant habere, et in tribus solummodo placitis generalibus in anno debeant eum suscipere et servitium ei dare. Si vero ipse legitimus advocatus voluerit, consilio prelati nuntium sub se constituere poterit, qui tamen nec sit advocatus nec ius placiti habeat, sed iustum servitium domini sui recipiat. Huic iudicio affuerunt et consenserunt; archiepiscopus Coloniensis Fredericus; episcopi Leodinensis Obertus, Monasteriensis Borchardus; dux Heinricus de Lemburch; comites Wibertus de Saxonia, Berengarius de Solzbac, Arnulfus de Los; liberi homines Giselbertus de Duraz, Arnulfus de Rode, Giselbertus de Grules, qui erat legitimus eorum advocatus. Facto itaque et diffinito iudicio, precipiendo interdiximus advocato Giselberto, ne ulterius superponeret eis subadvocatum, nec contra iustitiam requireret ab eis servitium aut placitum. Tale est autem servitium quod ei debetur in tribus generalibus placitis per annum: XII maldra tritici, et XXX et I maldra avene, VIII porci et IV porcelli, VIII friskinge ovine, XXX et VI pulli, XV solidi ad vinum. Si vero aliquis pro culpa ab advocato deprehensus fuerit, consilio ministrorum debet eum tractare nec penitus confundere.

Nr. V. (3u §. 10. Note 108.)

Heinricus dei gratia Argentinensis minister humilis. Residentibus nobis in presentia domini nostri imperatoris cum aliis episcopis et confratibus nostris, considentibus etiam multis baronibus dominus Rogerius Lausanensis episcopus de ipso imperatore querimoniam deposuit, dicens, quod ipse dominus imperator tempore Haimedei episcopi antecessoris sui, dignitatem ipsius Lausanensis episcopi in tantum diminuerat, quod cum

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Beseler, die deutschen Kaiserurkunden als Rechtsquellen.

Lausanenses electi a sola manu imperiali regalia accipere semper consuevissent et deberent, ipse dominus imperator ius suum in regalibus concedendis duci Berchtoldo contulisset, nec super hoc tunc temporis Lausanensem episcopum citasset, nec praesentem, nec confessum seu convictum denuntiasset. Plurimas etiam molestias et iniurias contra ducem Berchtoldum, quamvis absens foret, proponebat.

Ad hoc dominus imperator respondit, se quidem predicto duci Berchtoldo illud ius contulisse et cum dux Berchtoldus ius istud per eum possideret, eo absente se respondere debere negabat: cumque super his dominus imperator a nobis sententiam quesivisset, iuxta conscientiam nostram iudicavimus, quod dominus imperator in hiis, que Lausanensis episcopus adversus eum proponebat, etiam duce absente, episcopo iustitiam exhibere deberet, in hiis vero, que contra ducem proponebat, duce rationabiliter citato, eius presentiam expectaret. Huic sententiae dominus archiepiscopus Bisuntinus et Spirensis et Gebennensis episcopi consenserunt. Cum autem a Basileensi episcopo queretur de consensu sententiae, iudicavit quod dominus imperator nec debuit nec potuit duci Berchtoldo conferre ius regalium et auferre ecclesiae, verum tamen, quia in qualicunque possessione dicebatur esse per dominum imperatorem, dixit quod non debebat hoc retractari nisi duce presente vel absente ob contumaciam. Huic sententiae multitudo laicorum consensit.

Zum Capitulare Karoli M. de Judaeis

bon

Herrn Dr. A. Helfferich in Berlin.

Unter den Capitularien Carls des Großen bedarf c. 2 des Capit. de Judaeis einer Erläuterung. Es heißt daselbst: Ut nullus Judeus neminem christianum in wadium ab ullo Judeo aut ab alio christiano mittere praesumat, ne deterior fiat; quod si facere praesumat, secundum suam legem restituat, et debitum et wadium simul perdat. Ich überseße: ,,Kein Jude unterstehe sich, einen Christen als Unterpfand sei es von einem Juden sei es von einem Christen in Haft und Gewahrsam zu bringen, damit derselbe nicht an seiner Ehre Schaden nimmt; wagt er es, so soll er ihn seinem Geseze gemäß freigeben, und Schuld und Unterpfand zugleich verlieren.“

Damit scheinen mir alle Schwierigkeiten gehoben zu sein. [Im vorhergehenden Capitel ist verordnet, daß nichts Dingliches, was einer Kirche gehöre, von einem Juden als Pfand oder an Zahlungs Statt dürfe angenommen werden. Indirect bezeugt die Verordnung, daß ein gewöhnliches Unterpfand für ein Darlehen anzunehmen den Juden gestattet war, so gut als jedem Andern. Davon grundwesentlich verschieden war die Befugniß, die Einer sich herausnahm, für ein wirklich oder angeblich ihm zugefügtes Unrecht ohne richterliches Dazwischentreten den Thäter zu pfänden, d. h. Etwas, was diesem zu eigen gehört, bis zur Abtragung der Buße in Verwahrsam zu nehmen. Solches eigenmächtiges Rechtnehmen verbieten die Volksrechte und Capitularien. Ut nullatenus alterum aliZeitschrift für Rechtsgeschichte II.

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quis pignorare praesumat'); pignorandi licentiam in omnibus submovemus 2) u. s. w., worunter man irriger Weise das Pfänden der Person eines Andern verstanden hat. Ausgeschlossen war damit nicht, daß in einzelnen Fällen, z. B. wenn Schweine in fremde Eichelmast einbrachen), der geschädigte Eigenthümer sich aus eigener Machtvollkommenheit entschädigen durfte. Das niedere Herdenvieh sahen die Germanen halbwegs als Wild an, ähnlich den Römern, die dasselbe den res non mancipi beizählten. Knecht und Magd, weil bloße Sachen, unterlagen der gleichen Pfändung; der Richter aber war nicht blos berechtigt, sondern verpflichtet, die Buße, die er gesetzlich zuzuerkennen hatte, durch ein beliebiges Pfandobject sicher zu stellen'), sowie auch durch dasselbe Mittel dafür Sorge zu tragen, daß sich Keiner der gerichtlichen Vorladung entzog. Nur darauf war zu achten, daß kein Lehns- oder anderer Sonderbesit als Unterpfand genommen wurde, was sich der zu Pfändende nicht gefallen zu lassen brauchte. Wer vollwichtige Eideshelfer als Bürgen zu stellen vermochte, entging dadurch allen Verationen, dem Gläubiger so gut als dem Richter gegenüber: hatte er weder Geldeswerth noch Freunde, so diente er mit seiner Person als Unterpfand. Hiezu war er gleichermaßen in dem Falle verpflichtet, daß er für seinen Knecht aufzukommen hatte; denn das Gesetz verbot ausdrücklich, sich der Verantwortlichkeit für einen Knecht dadurch zu entziehen, daß man ihn laufen ließ.5)

Statt eigener leiblicher Haftung war es dem Freien unbenommen, einen fremden „Geisel“ zu stellen, vorausgeseßt, daß es nicht sein eigenes Kind war, das weder verpfändet, noch verfauft und verschenkt werden durfte.) Nur das erhellt nicht deutlich aus den Urkunden, was der Gläubiger mit einem persönlichen Unterpfand anfing und wer die Beköstigung zu bestreiten hatte. Unfreie, läßt sich denken, werden dem, der sie als Unterpfand em pfing, bis zur Abtragung der Schuld als Knechte oder Mägde gedient haben. Zur Sicherstellung von Bußgeldern, wie auch um

1) Capitula de partibus Saxoniae c. 25. Pertz Legg. I, 49.

2) Lex Wisigoth. V, 6. 1.

3) Rothar. L. L. CCCLIV. Lex Wisig. VIII, 5. 1.

4) Bannum rewadiare. Hincmar Opp. II, 610.

5) Pert Legg. I, 120.

) L. Wisig. V, 4. 12.

einen drohenden Friedensbruch abzuwehren, nahm das Grafschaftsgefängniß den haftbar Gewordenen auf, der sich selbst zu beköstigen hatte, oder in dem Fall, daß er für einen Andern haftete, auf dessen Kosten zehrte. Der Ausdruck,,in wadium mittere", der öfter vorkommt, bedeutet wohl im Allgemeinen die Stellung zur persönlichen Haft, die aber zuverlässig nicht blos auf eine und dieselbe Weise bestanden werden konnte. Bei einer gewöhnlichen Schuldforderung mochte der Geisel in der Behausung des Gläubigers selbst fest gemacht werden, oder genügte sein feierliches Angelöbniß, einen bestimmten Ort nicht verlassen zu wollen. Etwas dem Einlager" des Mittelalters Entsprechendes, wodurch der Bürge sich verpflichtete, in einen näher bezeichneten Ort als Geisel einzureiten oder einzufahren, gab es gewiß schon in älterer Zeit, und hat sich in Holstein die Sitte bis in unsere Tage erhalten.

In der Weise einen Christen als Geisel anzunehmen, war dem Juden untersagt, gleichviel ob ein jüdischer oder christlicher Schuldner denselben stellte. Daß im Alterthum unter der Geiselschaft immer zugleich die Ingenuität des Bürgen litt, da sich ein Freier so wenig verpfänden als verkaufen lasse 7), scheint mir nicht begründet zu sein; wohl aber mußte, den Vorstellungen der Zeit gemäß, der= jenige an Ehre und Leumund Schaden nehmen, der einem Juden. als Geisel diente. Die Geiselschaft war einmal ein Verhältniß persönlicher Unterordnung, ein zeitwieriger Zustand halber Unfreiheit, der nach erfolgter Befriedigung des Gläubigers von selbst aufhörte, ohne an dem, der als Unterpfand gedient, den geringsten Makel zurückzulassen; nur keinem Juden durfte der Christ dienstbar werden, weil der Jude für keine vollwichtige Rechtsperson galt und der Bessere keinem Schlechteren dienen konnte, ohne sich zu beflecken. Um es dahin nicht kommen, den Christen an seiner persönlichen Geltung keine Einbuße erleiden zu lassen, (ne deterior fiat), bestraste das Gesetz den Juden, der einen Christen als Geisel annahm und in obrigkeitliche Haft brachte (in wadium mittere). Er mußte ihn sofort freigeben (restituere), und zwar in Gemäßheit derjenigen gesetzlichen Bestimmungen, welche das Recht, unter dem besagter Christ stand, für den Fall aufstellte, daß nach Abtragung der Schuld der Geisel wieder auf freien Fuß zu setzen war (secundum suam

7) Grimm, R. A. 619.

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