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cordiae intra capitolium et forum: in quo solebant magistratus duntaxat cum senioribus deliberare: alterum ad portam Capenam: tertium citra aedem Bellonae.

Hier wird nun doch deutlichst das Senaculum an den capitolinischen Abhang gesezt, — dort lag also auch die Curie, dort der opimische Concordientempel, welchen Varro neben das senaculum fett!

Hier ist nun vor allen Dingen hervorzuheben: Nicostratus spricht von einer ganz andern Art von senaculum als Varro.

Letterer berichtet: bei der Curie liegt ein senaculum, ubi senatus aut seniores consisterent, d. h. ein Ort freier Vereinigung der Senatoren. So erzählt auch Valerius Maximus ): die Senatoren hätten sich in alter Zeit an dem Orte regelmäßig aufgehalten (assiduam stationem peragebat), der noch jezt das senaculum heiße und von dort aus seien sie in Folge der Citation in die Curie gegangen.

Nicostratus aber nennt senaculum den Ort, wo der Senat berieth, wo er zur Erledigung der Geschäfte von den Magistraten abgehalten wurde o1).

Wir sind nicht berechtigt, den Sizungsort, von dem Nicostratus handelt und den Plaß zu freier Vereinigung, den Varro im Auge hat, ohne Weiteres zu identificiren.

Wollte man über dies hinwegsehen und annehmen, Nicostratus habe sich nur unrichtig ausgedrückt, und doch in der That jene Sammelpläge, von denen Varro handelt, gemeint, so fällt wieder Folgendes auf. Livius berichtet von den Cenforen des Jahres 579. lib. 41 cap. 27. et clivum Capitolinum silice sternendum curaverunt et porticum ab aede Saturni in capitolium ad senaculum et curiam.

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Offenbar ist hier die curia Calabra auf dem Capitol gemeint oo);

6o) Val. Max. II. cap. 2, 5. cfr. noch bei Becker Bd. 2 Abth. 2 S. 405 Anm. 1032 cit. Stellen Liv. XXVI, 9 u. 10. III, 38 u. f. f.

61) Bekanntlich ist senatus haberi technischer Ausdruck für die Abhaltung der Senatssitzungen Caes. de bell. civ. I, 5. Cic. epist. ad fam. I, 4. Philipp. III, 15. Gell. XIV, 7. Plin. hist. nat. VIII, 45. 1. 3. D. de decretis ab ordine 50, 9 lex Julia municipalis 3. 53 u. 54. aes Salpens. cap. XXVI u. s. w.

62) Varro ling. lat. VI, 4. In Capitolio in curia Calabra. Paul. Diacon v. Curia Becker Bd. 1 S. 401 u. dort cit.

Zeitschrift für Rechtsgeschichte. II.

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es fand sich auch dort ein senaculum. Wenn also Nicostratus von drei senacula spricht, gleich als wäre das eine geschloßene Zahl gewesen, so irrt er jedenfalls. Wie seiner Forschung ein viertes senaculum entgieng, so könnte man noch ein fünftes gegenüber dem Palatin annehmen.

Doch wir thun Nicostratus Unrecht, wenn wir seine Worte so genau seciren. Offenbar gehört er einer späten Zeit an, in der von den alten senacula faum noch eine Spur existirte; auch lebte er nicht in Rom selbst. Beides möchte aus dem Ausdruck Romae fuisse, den wir Nicostratus zuschreiben können, genugsam erhellen. Er schrieb wohl ein dem praktischen Gebrauch gewidmetes Büchlein de senatu habendo," eine Anweisung über die Verhandlung der Magistrate mit den Curien in Rom und den Municipalstädten und verbrämte das Werk mit einigen historischen Notizen. Wie wenig sorgfältig man hierbei mit historischen Angaben zu verfahren pflegte, ist bekannt genug 63).

Gewiß wäre es nicht richtig, die so höchst verdächtige Notiz des Nicostratus

von dem wir nicht wissen, wer er war, wann er lebte, welche Hülfsmittel ihm zu Gebot standen, gewissermaßen zum Grundstein unsrer Ansicht über das Forum zu machen und die Andeutungen von Augenzeugen, wie Livius und Horaz, hintenanzusetzen.

Ein letter Grund der Gegner für die Lage des Comitium am Capitolium ist, daß in der spätern Kaiserzeit der f. g. senatus die damalige Curie, sich in der Nähe des Capitols befand.

Ich glaube faum, daß hierauf Gewicht zu legen ist. Unter Nero brannte bekanntlich der obere Theil des Forums, auch die Curie, vollständig ab 4).

Die Neuerrichtung eines Senatshauses schien das am wenigsten dringende Bedürfniß. Der Senat hatte Raum genug zu seinen Sizungen in den Tempeln, besonders dem tiberischen Concordientempel.

Erst nach vielen Jahren begann Domitian einen Neubau 65).

63) Wie leicht konnte eine Verwechselung eintreten, da in der spätern Kaiserzeit wirklich ein senaculum unfern des Tempels des Saturn und des tiberischen Concordientempels sich befand. Macrob sat. I, 12.

64) cfr. Tacit. ann. XV, c. 41.

65) Mommsen Chronogr. v. 354 p. 646.

Es ist leicht möglich, daß er der Curie einen neuen Sig anwies; da die Flavier ungeheure Bauten jenseits der Velia errichtet hatten, vor Allem das Colosseum, so hat man damals, um eine durchgehende Facade zu gewinnen, wohl überhaupt vieles am alten Comitiumplag geändert.

Auch später wurde der senatus häufig durch Feuersbrünste betroffen“), es war kein Intresse mehr da, das Gebäude stets auf der alten Stelle zu errichten.

VII. Es ist nun noch zum Schluß einer merkwürdigen Aeußerung von Plinius zu gedenken, die nicht ohne Einfluß auf die Bestimmung des Orts des Comitiums und besonders der Curie ist.

Plin. hist. nat. VII. 212. Duodecim tabulis ortus tantum et occasus nominantur, post aliquot annos adjectus est et meridies accenso consulum id pronuntiante, cum a curia inter rostra et graecostasim prospexisset solem; a columna Maenia ad carcerem inclinato sidere supremam pronuntiavit, sed hoc serenis tantum diebus usque ad primum Punicum bellum.

Es wurde durch die Diener der Obrigkeiten von den Stufen der Curie herab Mittag und die Abendstunde ausgerufen, und zwar Mittag wenn die Sonne zwischen rostra und Graecostasis gesehen wurde. Aus dieser Bestimmung ergiebt sich flar, wie zuerst Bunsen eingesehen hat, daß die Curie nicht, wie die Italiäner früher annahmen, auf der südlicheren Forumsseite lag, sondern umgekehrt auf der nördlichen. Hierüber sind denn auch alle deutschen Schriftsteller, die seitdem über Comitium und Curie schrieben, einig gewesen.

Viel bedenklicher ist hingegen der zweite Theil der Stelle. Der Accensus soll die letzte Stunde verkünden, wenn sich die Sonne von der Mänischen Säule 7) nach dem carcer wendet.

66) So z. B. unter Carinus und Numerianus Chronogr.: et operae publicae: arserunt senatum, forum Caesaris, basilicam Juliam et Graecostadium.

67) Ich suche die Columna Maenia unweit des Castortempels, etwa in der Mitte des Forums. Da konnten denn die gegenüber am capitol. Abhang Sizenden den hier Ankommenden wohl gewahren. Cic. pro Sextio 58 (a. Ans. Becker S. 322). Hiefür Schol. Bob. ad Cic. pro Sextio 1. c. haec (nämlich columna) in vicinia fori et juxta comitium posita. Was übrigens Pseudoasconius und Schol. Cruq. vom Verkauf des Hauses des Maenius an den Cato erzählen, (vergl. Detlefffen p. 142) ist in der That zu kindisch, um commentirt und widerlegt zu werden.

100 Dernburg, über die Lage des Comitiums u. des prätorischen Tribunals.

Die Bestimmung des carcer ist zwar gegeben, es wäre dies der Mamertinus in dem Jugurtha, die catilinarischen Verschwornen dereinst umkamen und der noch erhalten ist.

Allein dieser carcer liegt im äußersten Norden, ja sogar im Nordosten des Forums, von keinem Punkt desselben aus westlich. Und sintemal es auch nicht einmal der Weisheit der römischen pontifices gelingen konnte, die Sonne in Nordosten untergehen zu laffen, da sie noch heute, wie jeder, der in Rom auf dem Forum spaziert, bemerken kann, gerade auf der entgegengesezten Seite nach dem Fluß und dem Janiculus zu niedersteigt, so liegt hier eine Schwierigkeit vor, die bis jetzt noch keine der mannichfachen Comitiumsansichten beseitigt hat und die wir billig der Quadratur des Circels und ähnlichen Aufgaben an die Seite stellen.

Es ist hier nicht die Mathematik, sondern die Emendation, welche Hülfe bringen kann, und einfach zu lesen statt ad carcerem inclinato sidere ad Castoris, was eine höchst leichte Veränderung ergiebt und vollständig zu der von uns erwiesenen Lage der Curie paßt.

In der That, wenn sich von der Curie aus die Sonne von der columna Maenia, die an der rostra stand, zum Castortempel neigte, war der Abend nicht mehr fern.

Unfre Aufgabe ist beendet. Wir glauben, die Lage des Comitium am Palatin nachgewiesen zu haben. Besser als durch Scharfsinn der Schriftsteller würde vielleicht die Frage gelöst werden durch den Spaten und die Schaufel ungelehrter Taglöhner. Wann wird der Tag erscheinen, an dem das alte Forum ganz aufgedeckt vor unfren Blicken liegt! Es wird ein doppelt erfreulicher Tag sein. Denn die Sachen liegen so, daß für diese Aufdeckung nur dann Hoffnung ist, wenn wirklich das italische Volk zu einem neuen Leben erwacht. Quod deus bene vertat.

Das Firmare des bairischen Volksrechtes.

Von

Dr. Johannes Merkel *).

Die Vertragsform nach bairischem Volksrecht, mit welcher, wenigstens in Ansehung der Immobilien, der Eigenthumserwerb verbunden war, wird im Volksrechte selbst firmare, firmitas genannt; mehrere Stellen handeln davon und in einer derselben wird firmare durch suiron verdeutscht.

Jacob Grimm, Rechtsalterthümer S. 115 f. und Siegel, Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens I, 259 f. erklären diesen Act für eine feierliche Wiederholung des unter den Parteien bereits abgeschlossenen Rechtsgeschäfts der traditio und Siegel führt näher aus, daß der Veräußerer damit seine Evictionspflicht erfüllte.

Diese Auffassung wird allerdings durch die Ueberlieferung in mehreren Urkunden bestätigt, z. B.

Trad. Frising. I n. 21 c. a. 770 Ego Kepahilt rem propriam a viro meo Cundpatone vivente . . . . in unum coacervavi locum ecclesiam condedi . . . . in cujus dote duas donavi colones

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in quo

et meum post obitum cuncta quae possedi .... tradedi ad praenotatum oratorium per consensum filii mei Alpruh . . . . Post haec peracta traditione pariter manu commune cum filio meo iterando

*) Aus seinem Nachlaß herausgegeben.

Roth.

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