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Halbinsel durchziehen, bringt von Nemoro nach der Stelle am südlichen Ufer der Halbinsel, wo der Dampfer strandete und wahrscheinlich noch jetzt liegt. Diese Stelle befindet sich zwischen dem Dorfe Hamanaka und dem Cap Otsu (Otschischi, Udsisi). Der Zugang zu der Halbinsel Nemoro vom Meere aus ist durch eine Masse Inselchen, Riffe und Sandbänke gesperrt, die sich weit hinaus erstrecken und diese Gegend zu einem der gefährlichsten Gewässer des Grossen Oceans machen. Daher war es fast wunderbar, dass das Schiff mit voller Dampfkraft durch alle diese Gefahren bis an das Ufer unversehrt gelangte, obwohl seine Führer des Nebels wegen nichts sahen und sich auf offenem Meere weit ab von Jesso glaubten. Wäre das Schiff in jenem Gewirre von Untiefen und Klippen gescheitert, so wäre die ganze Mannschaft wahrscheinlich rettungslos verloren ge

wesen.

Der Brief des Capitän Sengstacke lautet:,,Udsısı, 15. October 1879. Von meinem Unglück, hier gestrandet zu sein, werden Sie gehört haben. Wie ich durch alle die engen Fahrwasser hierher gekommen, weiss ich bis jetzt noch nicht, und hier, wo es breit wird, musste ich das Schiff verlieren! Ich versuche so viel zu retten wie ich kann, doch wird das Wetter alle Tage schlechter und die Rettung tritt immer mehr in den Hintergrund, ich werde aber so lange bleiben, bis ich sehe, dass nichts mehr zu machen ist. Die Gelehrten und die Mannschaft sind jetzt hoffentlich in ihrer Heimath, und ich danke Gott, dass kein Leben bei der Strandung verloren gegangen ist. Die Gegend des Strandes von Jesso, wo ich mich befinde, ist sumpfig und sehr ungesund, ja des Nachts habe ich Besuche von Bären und Wölfen zu bestehen, die manchmal recht zudringlich werden, doch gebe ich die Hoffnung noch nicht auf, gerettet zu werden. Ein russisches Kriegsschiff, welches hierher kam und meine Lage besah, aber selber zu gross war, um mir in dem flachen Wasser Hülfe zu leisten, hat die Leute in Hakodate aufmerksam gemacht.

,,Der Hergang meiner Strandung war folgender: Wir verliessen Yokohama am 1. August, das Schiff war dicht und gut ausgerüstet, die Mannschaft gesund. Da ich glaubte, dass ich viel eher Aussicht hätte der „,Vega" zu begegnen, wenn ich meinen Cours durch den kalten Küstenstrom nähme, auch die Gelehrten dieser Meinung waren, so folgte ich der Küste in 15 bis 20 Seemeilen Abstand. Des trüben Wetters wegen hatte ich am 2., 3. und 4. August schlechte Beobachtungen, der Nebel wurde so dicht, dass man das Vordertheil des Schiffes nicht erkennen konnte. Am 5. August Morgens 6 Uhr stiess das Schiff auf. Ich glaubte 15 Seemeilen vom Cap Noyshap zu stehen, aber wie sich in der Folge herausstellte, hatte mich der Strom um 20 Seemeilen nach West versetzt. Die Dichtigkeit des Nebels erlaubte uns erst gegen Mittag, das Land zu erkennen, trotzdem wir nur 20 Schritt davon entfernt waren. Ich liess Kohlen und Ladung über Bord werfen und die Maschine so lange rückwärts gehen, bis der Maschinist meldete, dass Alles voll Sand sei; die Anker, die wir ausgebracht hatten, wollten nicht halten und das Schiff trieb immer mehr an's Land. So stellte ich gegen 3 Uhr Nachmittags die Arbeiten ein und gab Ordre, dass die Leute an's Land gehen sollten, da ich fürchtete, das Schiff würde sich zu viel auf die Seite legen. Proviant und Kleidung Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1880, Heft II.

der Mannschaft wurde an's Land gebracht und daselbst ein Zelt errichtet. Nur ich, die beiden Steuerleute und der Koch blieben an Bord.

,,Am 6. Morgens ritt ich mit Professor Grigoriew nach Nemoro, um vom Gouverneur Hülfe zu erlangen, doch wurde mir von dort nur wenig zu Theil. Nach drei Tagen wurden zwar Leute geschickt, ich konnte sie aber nicht verstehen, auch wollten sie nicht im Wasser arbeiten und so gingen sie wieder ab. Am 8. kehrte ich nach dem Schiff zurück und am Abend desselben Tages erschien ein kleiner japanischer Dampfer von Hamanaka, den ich bat, meinen Backbordsanker auszubringen, wofür ich ihm Kohlen geben wollte. Er legte sich auch am folgenden Tage neben den,,Nordenskiöld", nahm Anker und Leinen an Bord, brachte sie aus, auch fingen wir wieder an, Kohlen und Ladung über Bord zu werfen, und brachten das Schiff um 15 Fuss zurück, so dass ich mich bereits der Hoffnung hingab, das Schiff wieder flott zu bringen, als sich gegen Abend ein steifer südlicher Wind erhob. Das Schiff drehte sich um mehrere Striche des Compasses, kam quer See zu sitzen und um 8 Uhr Abends brachen sämmtliche Leinen. Somit verlor ich auch alle Anker bis auf den SteuerbordsbugAnker, den ich dann nach Backbord bringen liess, um dort fallen zu lassen. Das Schiff trieb noch mehr gegen das Ufer. Ich liess die Leute wieder an's Land gehen, behielt nur den ersten Steuermann, den zweiten Maschinisten und einen Matrosen an Bord und schickte den Prof. Grigoriew nach Hamanaka, um den dort liegenden grösseren japanischen Dampfer um Hülfe zu bitten. Da aber letzterer zu gross war, um nahe genug heran zu kommen, so erwies sich auch diess als vergeblich.

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Da ich am 10. August einsah, dass meine Kräfte und die der Mannschaft nicht mehr hinreichten, das Schiff wieder flott zu bekommen, so beschloss ich, die Gelehrten und die Mannschaft bis auf einen Mann zu der nächsten russischen Behörde, nach Hakodate, zu schicken, damit sie von dort nach ihrer Heimath befördert würden, denn es schien nicht rathsam, die Mannschaft länger an dem ungesunden Ort verweilen zu lassen. Am 12. gingen sie auf dem kleinen Dampfer von Hamanaka, den ich für 75 Dollars gemiethet hatte, nach Nemoro ab, um dort den nächsten Dampfer nach Hakodate zu erwarten. Dem Professor vertraute ich mein Schiffsjournal und eine Depesche an Herrn Sibiriakoff an. Jetzt werden sie wohl alle wohlbehalten bei ihren Familien sein.

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,Ausser dem zurückbehaltenen Mann leistete mir ein Eingeborener gegen Brot und sonstige Kleinigkeiten Beistand, auch wurden mir von einem alten Manne, dem ich eine Pfeife und zuweilen etwas Tabak gab, jeden Morgen frischer Lachs und Bärenfleisch gebracht.

,,Am 20. bis 24. konnte ich selten an Bord gelangen, weil die Brandung zu hoch war. Während das Schiff vom 13. an nur 14 Zoll Wasser gemacht hatte, stieg letzteres vom 25. bis 30. auf 6 Fuss und vom 31. August bis 4. September bei sehr schlechtem Wetter bis 8 und 9 Fuss. Am 4. Septbr. gegen Mittag, als ich gerade nach der Hamanaka-Bucht geritten war, kam ein russisches Kriegsschiff in die Nähe des „Nordenskiöld" und der Capitän ging an Bord unseres Schiffes, wogegen bei der hohen Brandung ein Landen unmöglich war. Da das Kriegsschiff des schlechten

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am

Wetters wegen schon an demselben Tage die Gegend wieder verliess, konnte ich es leider nicht sprechen. In den nächsten Tagen besserte sich zwar das Wetter, doch ging die See zu hoch, um unser Schiff besuchen zu können, 11. Septbr. stellten sich alsdann starker Regen und Wind ein und am 12. und 13. wüthete ein fürchterlicher Orkan. In der Nacht vom 13. auf den 14. stieg das Wasser bis hoch über unser Zelt, welches wenigstens 15 Fuss über dem Niveau des Meeres stand; ich musste mit den japanischen Officieren, welche mich beschützten, hoch an den Bergen hinauf steigen, um nicht fortwährend im Wasser zu sein.

In derselben Nacht strandeten vier Schooner und ein Vollschiff in meiner Nähe, und solche Tage wie die beiden genannten habe ich in meinem Leben noch nicht durchgemacht. Ich konnte mein Schiff oft 5 bis 6 Stunden lang nicht sehen und glaubte zuweilen, es sei nicht mehr da. Das Meer sah aus wie eine weisse Fläche von blauen Köpfen unterbrochen. Die letzte Habe schwamm in alle vier Winde, einen Theil fand ich jedoch in den späteren Tagen wieder zusammen, so dass wir sie trocknen und wieder einpacken konnten.

,,Vom 15. bis 20. Septbr. war das Wetter gut, ich konnte mitunter an Bord kommen und sah nun, welche Verheerungen das Wasser angerichtet hatte. An Deck war Alles zerstört oder weggespült. Die letzten Tage des September waren gut und hätten Gelegenheit geboten, mir zu helfen, doch scheint kein Consul oder sonst Jemand sich um mich zu bekümmern. Obgleich die Postverbindung nach hier schlecht ist, hätte ich doch irgendwie Nachrichten haben können, was zu thun und zu lassen, zumal meine Mannschaft doch gewiss in Yokohama angekommen ist und den Sachverhalt dargelegt hat. Das Schiff kann gerettet werden, wenn auch nun erst im nächsten Frühjahr.

,,Auch in den ersten Tagen des October blieb das Wetter schön, doch stellte sich in der letzten Zeit viel Regen und Nebel ein, der durch das Zelt trieft, so dass ich kaum ein trockenes Plätzchen für die Nacht zu finden weiss".

Neuere Nachrichten sind von Capitän Sengstacke nicht nach Europa gelangt, wir müssen annehmen, dass er noch jetzt bei dem gestrandeten Schiffe ausharrt; bald jedoch wird der norwegische Capitän E. H. Johansen, der rühmlich bekannte Eismeer-Fahrer und Entdecker der Insel Einsamkeit, bei ihm eintreffen, da er von Herrn Sibiriakoff beauftragt ist, den Dampfer ,,Nordenskiöld" zu übernehmen.

Über die Schicksale von Sengstacke's Gefährten fügen wir noch Einiges aus mündlichen Mittheilungen v. Danckelman's und aus dessen Bericht im Feuilleton der ,,Hamburger Nachrichten" (1879, Nr. 288 und 289) bei.

Der kleine japanische Dampfer, welcher die Gelehrten, Officiere und Mannschaft des ,,Nordenskiöld" mit Ausnahme Sengstacke's und des mit ihm zurückbleibenden Schiffskoches am 12. August von der Unglücksstätte wegbrachte, setzte sie bei einem von Ainos bewohnten Dörfchen an's Land, von wo sie nach einem von Mosquitos ungestörten Schlaf am nächsten Morgen nach Nemoro ritten. Hier mussten sie bis zum 22. August auf einen japanischen Regierungsdampfer warten, der sie endlich in zweitägiger Fahrt nach

Hakodate brachte. Hatten sie in Nemoro, einem durch den steigenden Handel mit den von Russland an Japan abgetretenen Kurilen schnell emporgeblühten Städtchen von 300 Hütten, von Langeweile zu leiden, weil die ringsum herrschende Wildniss Spaziergänge unmöglich machte und der Gouverneur die Jagd auf die zahlreich vorhandenen schwarzen Bären untersagte, so waren sie doch in einem guten Gasthaus untergebracht und wurden täglich mit frischem Lachs und anderen Speisen versorgt. In Hakodate aber, wo gegen früher nur noch wenige Europäer wohnen und kein einziges europäisches Hôtel mehr besteht, fand die Mannschaft in den besseren japanischen Gasthäusern keine Aufnahme, und so sahen sich auch die Officiere und Gelehrten, um sich nicht von der Mannschaft zu trennen, zur Einkehr in einem kleinen, schmutzigen Gasthof genöthigt. Die japanischen Häuser sind im Innern mit gepolsterten Matten aus Reisstroh ausgelegt, die auch als Lager und Sitz dienen. Um diese Matten nicht zu verletzen, müssen europäische Stiefel schon an der Hausthür abgelegt werden und hauptsächlich aus Sorge um die Matten fand die Mannschaft des,,Nordenskiöld" keine Unterkunft in reinlichen und guten Gasthäusern Hakodate's. Mit ihr harrten die Officiere und Gelehrten in dem elenden, höchst übelriechenden Hause bei einer aus getrocknetem Fisch, in Wasser gekochtem Reis und Seetang ohne jede Abwechselung bestehenden Kost drei Wochen lang aus, eine um so schwerer zu ertragende Leidenszeit, als die Mannschaft der schlechten Verpflegung wegen erbittert und aufsässig wurde, so dass nur durch Drohungen mit dem Revolver die offene Meuterei unterdrückt werden konnte.

Am 14. September endlich traten die Schiffbrüchigen an Bord eines japanischen Postdampfers die Fahrt nach Yokohama an, aber ihre Prüfungen sollten damit noch nicht zu Ende sein. Auf der Überfahrt geriethen sie in den entsetzlichen Wirbelsturm, der auch dem deutschen Kriegsschiff „Prinz Adalbert" mit dem Prinzen Heinrich an Bord so gefährlich wurde, und mussten sich dem Untergang dadurch entreissen, dass sie selbst die Führung des Schiffes und alle Arbeiten übernahmen, denn die Japaner waren durch starke Seekrankheit bald arbeitsunfähig. So gelangten sie am 17. Septbr. nach Yokohama und die Schiffbrüchigen begrüssten hier die mit Festlichkeiten und Ehrenbezeigungen überhäuften Polarfahrer der ,,Vega", zu deren Hülfe und Rettung sie ausgesandt waren.

Durch die Zuvorkommenheit des russischen Consuls war es Herrn v. Danckelman möglich, bereits am 30. Septbr. mit einem Dampfer der Messageries maritimes nach Europa abzureisen, und diese vom besten Wetter begünstigte Fahrt auf dem vortrefflichen Schiff ist seine angenehmste Erinnerung von der an Abenteuern und Widerwärtigkeiten so reichen, an Gelegenheit zu längeren Studien am Land so überaus armen Expedition. Bald nach ihm wurde die Mannschaft des „Nordenskiöld" nach Schweden zurückbefördert, während Prof. Grigoriew vorläufig in Japan blieb, wo er auf Ausflügen im mittleren Theile des Landes neue Beiträge zur praehistorischen Anthropologie und zur Botanik zu sammeln bemüht ist. E. Behm.

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Lieferungsausgabe von Stieler's Hand-Atlas.

Die ersten drei Lieferungen der neuen Ausgabe dieses Kartenwerkes wurden bereits in diesen Blättern (1879, S. 175) angezeigt und besprochen. Seitdem und bis zum Schlusse vorigen Jahres sind in Zwischenräumen von vier Wochen weitere acht Lieferungen zu je drei Blättern erschienen, so dass mit der elften über ein Drittel des Ganzen vorliegt. Von den 29 für diese Ausgabe bestimmten neu gezeichneten Karten sind zu den drei früher erschienenen weitere 5 ausgegeben worden. Davon ist der Reihenfolge nach zuerst anzuführen ein dreifacher Planiglob, der an Stelle der bisherigen Karte der westlichen Halbkugel tritt. Die Überschrift,,Höhen und Tiefen der Erde" rechtfertigt der Inhalt der oberen Erdansicht, welche durch Äquidistanten und Flächencolorit einen allgemeinen Überblick der Massenerhebungen des Landes und der Vertiefungen des Secbodens giebt, und zwar für beide in gleicher auf- und absteigender Scala, in dieser Durchführung ein erster und in mancher Hinsicht gewagter Versuch, der aber einen Vergleich von hoch, niedrig und tief gewährt, wie er durch Schattirungen, Schraffen oder andere Mittel der Kartenzeichnung schwer zu erreichen ist. Bei der Anwendung des verbreitetsten geographischen Längenmaasses, der Seemeile aller Nationen, stellt derselbe senkrechte und wagerechte Dimensionen in unmittelbaren Vergleich und lässt die Geringfügigkeit selbst der höchsten Erdengipfel oder tiefsten Meeresabgründe im Verhältniss zum Durchmesser unseres Planeten erkennen. Ein kleinerer Planiglob (Atlantische und Pacifische Halbkugel) fügt hierzu die Vertheilung der Vulcane in Reihen und Gruppen und das säculare Auf- oder Niedersteigen von Meeresküsten und Landseeflächen. Dieser sowohl wie der oberen Erdansicht liegen äquivalente Entwurfsarten zu Grunde, dieser die in neuerer Zeit häufiger angewendete Mollweide'sche, jener die noch wenig benutzte Zenithal-Projection von Lambert. Die dritte Erdansicht, ein Planiglob der Antipoden, bringt dem Atlas eine Darstellung wieder, welche früher ein besonderes Blatt einnahm, von der vorletzten Redaction aber weggelassen war, unterscheidet sich jedoch von jener dadurch, dass hier die östliche Halbkugel zu oberst gestellt wurde.

Das neue Blatt Nr. 22 bildet den vierten oder südöstlichen Theil einer zum Aneinandersetzen geeigneten Karte des Deutschen Reichs und enthält von diesem ausser der Provinz Schlesien und einem Theil der Lausitz fünf vergrösserte Nebenkarten: die beiden deutschen Kriegshäfen Wilhelmshaven und Kiel in 1:300 000, das Saarbrückener und das Oberschlesische Bergwerksrevier mit ihren zahlreichen Eisenbahnen im dreifachen, die Umgebungen der Reichshauptstadt im zehnfachen Maasse der Karte selbst. Die letzterwähnte Nebenkarte, vom Neuen Palais bei Sanssouci bis Köpenick und von Tegel bis Gross - Beeren reichend, gewährt in sauberstem Kupferstich einen Überblick der Havelseen, der alten und neuen Anlagen und des viel verschlungenen Eisenbahnnetzes. Da diese Arbeit im vorigen Jahrgange von Petermann's Mittheilungen (S. 338) in einem längeren Artikel eingehend beschrieben worden ist, wird es genügen, hier auf diesen Aufsatz hinzuweisen.

Die dritte der neuen Karten ist das Übersichtsblatt von Afrika (Nr. 68), das nicht allein die Ergebnisse neuerer und neuester Reisen und Entdeckungen, die neben den Thaten Livingstone's, Cameron's und Stanley's zu nicht geringem Theil auch deutschen Landsleuten zu danken sind, und die früheren grossen leeren Flächen des „,dunkeln Continents" auf nur noch wenige Räume eingeschränkt haben, zu einem lichten Gesammtbilde zusammenfasst, sondern auch in der Farbenabstufung der umgebenden Meere zeigt, dass auch hier viel für Erweiterung des Wissens geschehen ist. Hinsichtlich der europäischen Colonien entspricht die Karte dem gegenwärtigen Besitzstande der Westmächte.

Die neuen Blätter Nr. 81 und 82 bilden die südliche Hälfte und den Schluss einer ebenfalls zum Aneinandersetzen geeigneten Karte von Westindien und den Vereinigten Staaten von Amerika, deren obere beiden Sectionen bereits vorausgegangen sind. Nr. 81 enthält den südlichsten Theil der Union und fast das ganze Mexikanische Gebiet. Ungeachtet der zahlreichen Namen kommen hier die Hochflächen von Anahuac und Guatemala in kräftiger Haltung des Bergstiches zu gebührender Geltung. Die südwestliche Ecke des Blattes nimmt eine Ansicht des Plateau von Mexiko in engerem Sinne ein mit den Schneegipfeln seiner Feuerberge und ausführlicher Umgebung der Eisenbahn von Vera Cruz nach der Hauptstadt in fast vierfach vergrössertem Maassstabe.

Das östlich anschliessende Blatt, Nr. 82, umfasst das Inselreich Westindiens, Florida, die Republiken des mittelamerikanischen Isthmuslandes und einen erheblichen Theil der,,Tierra firme" von Südamerika. Fünf Nebenkarten, bis auf jene der Havana im Maassstabe der vorgenannten von Mexiko, erweitern den Inhalt in Bezug auf die Grossen und Kleinen Antillen, und hier wie auf den anstossenden Sectionen ist die Gestalt des Meeresbodens angedeutet durch Linien gleicher Tiefe, denen sich als passende Beigabe die Lage der unterseeischen Kabel anschliesst.

Neben den bisher genannten, zum ersten Mal ausgegebenen Blättern haben vier der übrigen zum Theil erhebliche Änderungen erfahren: die Südpolarkarte (Nr. 12) Vereinfachung der Schifffahrtslinien und Berichtigungen in den zahlreichen Nebenkarten; Europa (Nr. 15) Vervollständigung der Sonden in den Nordmeeren; in Indien (Nr. 63) erfuhr die Eintheilung des Kaiserthums grössere Änderungen und das Eisenbahnnetz vielfache Nachträge; in Nr. 83, nordwestlicher Theil der Vereinigten Staaten, wurde das Gebiet von Colorado neu gestochen.

Selbstredend wurden auch bei den übrigen Karten, die bereits früher dem Atlas angehörten, aber zum Theil auch in den letzten Jahren hergestellt worden sind, die durch politische Umgestaltung, Erweiterung der Verkehrswege, Vermehrung der Ortsbevölkerung nöthig gewordenen Änderungen anzubringen gesucht. Die Umrechnung der Höhenmessungen aus dem altfranzösischen in das Metermaass ist bei den auf Frankreich, die Spanische Halbinsel, die Schweiz und Griechenland bezüglichen Blättern ausgeführt, musste aber für osteuropäische Länder aus Mangel an Zeit noch vorbehalten bleiben. Für die Britischen Besitzungen und

die Vereinigten Staaten, wo das Metersystem nicht gilt, und für die Karten der Oceane, betreffs deren englische Maasse in häufigster Anwendung sind, ist diese Umrechnung nicht beabsichtigt, sondern es sollen letztere Maasse beibehalten oder angebracht werden.

Weitere Neuzeichnungen, wie Erdansichten über Land

und Wasservertheilung, Übersichtsblätter von Asien, Nordamerika, die zum Theil bereits druckfertig oder im Kupferstich weit vorgeschritten sind, sollen in den nächsten Lieferungen erscheinen und seiner Zeit in diesen Blättern angezeigt werden. Herm. Berghaus.

Europa.

Geographischer Monatsbericht.

Als Separatabdruck aus der Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins geht uns eine neue Arbeit von dem bekannten Alpenkenner Th. Trautwein in München zu, eine Schilderung des Kaisergebirges, die mit einer Specialkarte, einigen kräftig gehaltenen, deutlichen Panoramen und einer reizenden Ansicht in Lichtdruck versehen, der Touristenwelt für die kommende Saison auf das Beste empfohlen sei. Die Karte in 1:50 000 von H. Petters nach der österreichischen Aufnahme und eigenen Recognoscirungen gezeichnet, wird begrenzt vom Inn, dem Walch-See, dem Kohln Thal, St. Johann und Elmau; H. Petters konnte bei mehrfacher Bereisung dieses Gebietes das Wegenetz und Anderes der Karte des k. k. MilitärGeographischen Instituts berichtigen und Th. Trautwein nahm eine gründliche Revision der Nomenclatur vor. Terrain ist durch Schraffirung, Niveaulinien von 100 m Abstand und durch eingeschriebene Höhenzahlen ausgedrückt, auch die Verbreitung des Waldes durch Signatur angegeben, das Strassennetz in fünf Klassen aufgenommen und alle irgend bemerkenswerthen Objecte sind eingetragen; trotzdem bleibt die Karte klar und licht, durchaus nicht überfüllt, nur die höchsten felsigen Partien, mit Benutzung von zwei Reliefs von C. Babenstuber und Prof. Dr. Winkler gezeichnet, machen einen signaturartigen, etwas unruhigen und unnatürlichen Eindruck.

Das

In Wien hat sich am 19. December 1879 ein Verein für Höhlenkunde constituirt, also für einen Zweig der Erdkunde, der bisher nicht durch besondere Gesellschaften vertreten war. Sein Zweck ist laut den Statuten die wissenschaftliche und touristische Durchforschung von Höhlen und die Gangbarmachung derselben. Ausser den auf 3 österr. Gulden festgesetzten Jahresbeiträgen der Mitglieder sollen hierzu freiwillige Spenden entgegengenommen, Publicationen und periodische Versammlungen veranstaltet werden. Zum Vorsitzenden wurde Hofrath v. Hauer, zum Schriftführer R. Issler (Wien VII, Lerchenfelderstrasse 39) gewählt.

Der italienische Consul de Gubernatis veröffentlicht im ,,Bollettino della Società geogr. ital." (November 1879) eine Karte von Epirus in 1:400 000, die zum Theil nach Prof. Kiepert, zum Theil aber nach den eigenen Beobachtungen des Verfassers gezeichnet ist. Von 1869 bis 1875 bereiste derselbe die südwestlichen Gegenden von Epirus nach allen Richtungen, sein auf der Karte eingetragenes Routennetz ist dort so dicht, dass kaum ein bemerkenswerthes Object der Aufmerksamkeit des Consuls entgangen sein kann. Die nördlicheren Gegenden bis Valona und Ersek lernte er nur

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Über eine Reise durch das Innere von Arabien, die er mit seiner Frau im Winter 1878-79 unternommen, hielt W. S. Blunt am 8. December 1879 einen Vortrag in der Londoner Geogr. Gesellschaft. Er ging von Damascus über die Hauran-Berge und längs des Wadi Sirhan nach Djof, dessen Bewohnerzahl seiner Meinung nach höchstens 7000 beträgt, während Palgrave sie auf 28 000 schätzte, und durch die Sandwüste Nefud (11 Tagereisen) nach Djebel Schammar, dessen Berge in Charakter und Vegetation dem Sinai gleichen. Der in Hail residirende Emir von Djebel Schammar soll gegenwärtig, wo das Wahabi-Reich auseinander gefallen ist, die mächtigste Persönlichkeit in Arabien sein. Der üblichen Annahme von der Güte und Menge der Pferde in Nedschd widerspricht Blunt direct, eine besondere Zucht gebe es dort nicht, die Pferde von Nedschd unterschieden sich nicht von denen der nördlichen Beduinen, sie sind klein und sogar sehr selten, es sei möglich, von einem Ende der Halbinsel zum anderen zu reisen, ohne ein einziges zu sehen, Kameele wären bei den Beduinen das allgemein gebräuchliche Transportmittel. Auf der Rückreise durch die Wüste Nefud nach Mesched-Ali und Bagdad lernte er die Heuschrecken als Nahrungsmittel schätzen. Getrocknet oder geröstet werden sie allgemein von den Thieren gefressen, auch von Pferden und Hunden, in Wasser gekocht geben namentlich die rothen auch für den Menschen eine sehr wohlschmeckende Speise ab von vegetabilischem Geschmack. Man hält sie an den Flügeln, bricht die langen Beine ab, tunkt ihren Kopf in Salz und verspeist dann den ganzen Körper. In der Wüste Nefud bemerkte Blunt nicht, wie Wallin und Palgrave, von N nach S laufende parallele Rücken mit breiten Thälern dazwischen, wohl aber zahlreiche hufeisenförmige Vertiefungen von 20 bis 200 F. Tiefe, von den Arabern ,,fulj" genannt. In manchen Jahreszeiten trägt die Nefud eine ziemlich reichliche Vegetation, auch ist sie von zahlreichen Säugethieren, Vögeln, Reptilien und Insecten belebt.

Seit 1876 ist kürzlich zum ersten Mal wieder ein Heft,

das dritte des 10. Bandes, der Memoiren (Sapiski) der Kaukasischen Abtheilung der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft erschienen (Tiflis 1879) und bringt eine ziemlich umfangreiche Arbeit des Akademikers H. Abich „,über den krystallinischen Hagel im Gebirge von Trialetien und über die Abhängigkeit der Hydrometeore vom physikalischen Bau des Bodens", in's Russische übersetzt von R. K. Schönherr. Obwohl der Hagel, seine Formen und Ursachen hier eingehende Erörterung finden und drei Tafeln mit Abbildungen merkwürdig gestalteter Hagelkörner beigegeben werden, liegt doch für uns der Schwerpunkt dieser Abhandlung in der vorausgeschickten physischen Beschreibung des Gebirgsländchens Trialetien. Der berühmte Geolog betrachtet dabei nacheinander das Gebirge von Trialetien, die ArdschewanKette, das Zalka-Plateau, die Beden-Kette, das bewaldete Chram-Gebirge, den Südabhang der Gebirge von Trialetien, die Wasserscheide zwischen Alget und Weraja, die nördliche Kette vom Ardschewan-Gebirge bis Mzchet, die südliche Kette von Prijut bis Tiflis, ferner in einem zweiten Theil das vulcanische Meridiansystem, die nördliche und südliche Hälfte desselben, seine physikalisch - geographische Bedeutung, die Wasserscheide zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Meerbusen und ihre klimatologische Bedeutung. Am Schluss wird ein Verzeichniss von Positionen und Höhen angefügt. Als Beilage enthält das Heft ferner die ,,Erforschung der Durchbrüche des AmuDarja, die sich während des Austretens desselben im Sommer 1878 gebildet haben, von Ingenieur Ch. Hellmann”. Bekanntlich machten die Durchbrüche des Amu durch seine Dämme in Chiwa im J. 1878 ein ungewöhnliches Aufsehen, weil das alte Bett des Flusses, der Usboi (Darjalyk), sich bis zu den Seen Sary-Kamysch mit Wasser füllte und dadurch namentlich in Russland das Project einer Ableitung des Amu durch den Usboi in's Kaspische Meer wieder lebhafte Anregung erhielt. Dieses Project ist durch Hellmann's Untersuchungen wesentlich gefördert worden, da er die nothwendigen Vorstudien über das natürliche Bodengefälle, die verschiedenen Durchbruchsstellen und Dämme, die Veränderung des Usboi-Bettes und seine Füllung durch das Austreten des Amu, die im Delta Statt gehabten Veränderungen &c. studirte und eine Menge Specialpläne und Kartenskizzen anfertigte, die mit einer ,,Karte der Wasservertheilung im Chanat Chiwa längs der Hauptcanäle zur Zeit der Durchbrüche des Amu" und einer „,Karte der Durchbrüche des Amu im Sommer 1878" (beide in 1:550 000) zu einem besonderen kleinen Atlas verbunden sind. Diese Karten veranschaulichen also einen vorübergehend bestandenen Zustand der Gewässer, nicht einen bleibenden. Als umfassende Fortsetzung der Hellmann'schen Untersuchungen muss man die grossartig organisirte sogenannte SamaraExpedition betrachten, die seit 1878 den Amu von Hissar und Buchara bis hinunter zum Usboi und Aral-See bereiste und beim Khan von Chiwa den Versuch einer theilweisen Ableitung des Amu in den Usboi für dieses Jahr, wie es heisst mit Erfolg, anregte, so wie die neue, auf mehrere Jahre berechnete Expedition unter General Gluchowskor, welche den unteren Amu, sein Delta und den Usboi nivelliren und mit Rücksicht auf Geologie &c. untersuchen soll. Die Hauptabtheilung konnte 1879 nicht ihre Reise antreten, weil die nöthige militärische Bedeckung nicht disponibel

war, aber am Amu-Darja wurden die Studien angefangen, u a. ist Ingenieur Hellmann seit August 1879 wieder dort, es wurden Wassermesser in Nukuss und Pitnjak errichtet, um über die Wasserhöhe in jeder Jahreszeit unterrichtet zu sein, auch wurde Pitnjak durch Nivellement mit den 1876 nivellirten Orten verbunden. Die Topographen begannen die Aufnahme im Delta, während mit derjenigen des Usboi im Frühjahr 1880 vorgegangen werden soll.

Von H. v. Schlagintwert-Sakünlünski's „Reisen in Indien und Hochasien" ist der 4. Band (bei H. Costenoble in Jena) erschienen. Er besteht aus zwei von einander unabhängigen Abtheilungen, einer Darstellung Ost-Turkistans und seiner Umgebungen und einer Zusammenstellung der Höhen- und Temperatur-Messungen in Indien, Ceylon, Himalaya und Ost-Turkistan. Die erstere beginnt mit der Beschreibung der Reise der Brüder Schlagintweit von Ladak über den Karakorum und Künlün 1856, so wie einiger anderer nach Jarkand führender Routen, wobei auch eine Abhandlung über Nephrit, Jadeit und Saussurit im Künlün eingeschaltet wird. Darauf folgt ein Kapitel über Adolph Schlagintweit's Reise nach Kaschgar, seine Ermordung und die Schicksale seiner Begleitung, mit Biographie des Gebliebenen. Diesen auf eigene Erlebnisse, Beobachtungen und Erkundigungen gestützten Abschnitten schliesst sich eine umfangreiche Übersicht der früheren und späteren OstTurkistan betreffenden Reisen und Berichte an, nicht etwa als blosses Verzeichniss, sondern mit Angabe des Verlaufes und der geogr. Ergebnisse. Besonders werden die neuesten englischen und russischen Reisen dabei ausführlicher behandelt. Den Schluss der ersten Abtheilung bildet eine kurze Darstellung der neuesten politischen Vorgänge in Ost-Turkistan. Die in der zweiten Abtheilung dargebotenen Höhenmessungen, nach Provinzen und innerhalb dieser alphabetisch geordnet, sind zwar in dem zweiten Bande der ,,Results of a Mission to India and High Asia", so wie daraus in den Sitzungsberichten der kgl. bayer. Akademie 1867 schon veröffentlicht, indess ist es angenehm, die ganze über 1000 Punkte betreffende Masse der Höhenzahlen wieder in anderer, zum Auffinden der einzelnen Zahl bequemer Ordnung und ohne die weitläufigen Erläuterungen der ohnehin seltenen ,,Results" über Art der Beobachtung, Messung und Berechnung, hier zusammen zu haben. Auch die Abschnitte über die Temperaturstationen und Isothermen von Indien und Ceylon, die Temperaturverhältnisse Hochasiens und die Bedingungen und Effecte der Insolation, mit vielen Zahlennachweisen und interessanten Excursen über die Abnahme der Temperatur mit der Höhe, über die indischen Jahreszeiten, die Schneelinie, die Grenzen von Culturen und von bewohnten Orten &c., sind dem Material nach den ,,Results" entnommen, aber ihre Einverleibung in die Reisebeschreibung kann nur mit Dank begrüsst werden. Eine Anzahl landschaftlicher Ansichten und Profile zieren den werthvollen Band.

In einem Briefe an die K. Russ. Geogr. Gesellschaft giebt Potanin Auskunft über den Beginn seiner vorjährigen Expedition in die nördliche Mongolei. Im Juli brach er von Tsusilan auf, besuchte den Fluss Karkiri und ging von dort zum Kirghis-nor, welcher einen beträchtlich grösseren Umfang hat, als man bisher angenommen hatte, und nach Aussage der Mongolen dem Ubsa-nor fast gleichkommen soll.

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