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bestände von 90-120jährigem Alter mit einem Vorrath von 75, 80, 90 bis 120 Klaftern einschliesslich der älteren Buchen und Eichen, mit welchen sie durchstellt sind, fehlen nicht (z. B. in der Nachbarschaft von Rothebuch). An vielen Vorbergen, namentlich auf den leichter austrocknenden westlichen und südwestlichen Hängen derselben, auch im Innern des Waldes, in der Nähe der darin gelegenen Ortschaften, wo in früherer Zeit ausgedehnte Streunutzung, ungeregelte Viehweide, Aschenbrennen und Holzfrevel den hier mineralisch nicht minder kräftigen Boden sehr geschwächt haben, mussten die verkrüppelten und gipfeldürren Laubholzbestände entfernt und, wenn auch nur vorübergehend, in Nadelholz umgewandelt werden, welches nun in wüchsigen Beständen diese Orte deckt". (Die Forstverwaltung Bayerns, München 1861.)

Im Bayerischen Spessart betrug nach einer älteren, von Bernhard acceptirten Angabe das Verhältniss der bewaldeten zur unbewaldeten Fläche 70 Procent, und hat sich dieses Verhältniss durch die Gebietsabtretungen an Preussen im Jahre 1866 nicht wesentlich geändert. Allenfalls dürfte laut gefälliger Mittheilung des Königl. Regierungsforstbureau's in Würzburg der Procentsatz der bewaldeten Fläche eine kleine Steigerung erfahren haben. Die Fläche der Staatswaldungen beträgt nach derselben Quelle 36171,781 ha, diejenige der Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen 8100,303 ha; der Fürstlich Löwenstein'sche Wildpark im Spessart hat eine Fläche von 3108 ha, die beiden im Bayerischen Spessart belegenen Gräflich v. Schönborn'schen Reviere haben eine bestockte (bewaldete) Fläche von 1777 ha (laut gefälliger Mittheilung der betreffenden Verwaltungen). 30 Gemeinden, 3 Stiftungen und eine Stadt (Aschaffenburg) haben Waldbesitz im Bayerischen Spessart. Was den Gemeindewaldbesitz betrifft, so vertheilt sich derselbe unter 30 Gemeinden so, dass 13 Gemeinden unter 100 ha, 9 zwischen 100 und 200 ha, 6 zwischen 200 und 300, 1 zwischen 300 und 500 ha, 1 über 500 ha (nämlich Lohr 3121 ha) haben. Orte, wie Rothebuch, Waldaschaff und das Arbeiterdorf Weibersbrunn fehlen in dem uns vorliegenden Verzeichniss, diese und verschiedene andere haben also keinen Waldbesitz.

Nach einer uns im Manuscript vorliegenden Abhandlung des Herrn Geheimen Oberbergdirectors W. Gümbel in München) müssen wir uns den Spessart als ein Buntsandsteingebirge vorstellen, an dessen Rande von der Rheinthalseite her und an dem Austritt des Mains aus dem Gebirge die Abnagung der Jahrtausende die Buntsandsteindecke zerstört und darunter die letzte nördlichste Ur

1) Diese Abhandlung soll demnächst mit anderen Arbeiten, vereinigt zu einer Skizze von Land und Leuten des Bayerischen Spessart, in der Zeitschrift der Bremer Geographischen Gesellschaft erscheinen.

gebirgsstellung des rechtsrheinischen Gebirgssystems blossgelegt hat.,,Das Buntsandsteingebirge ist deshalb hier das Hauptgebirge" (während im Odenwald Urgebirge und Buntsandstein fast zu gleichen Hälften auf das Gebiet vertheilt sind),,,das Urgebirge dagegen bildet nur dessen Vorberge (Vorspessart) und den von mächtigem Aufbau überdeckten tiefsten Untergrund des inneren Gebirges". In den vielfach verzweigten Gebirgszügen lassen sich zwei Hauptwasserscheiden erkennen. Die eine zieht von Gemünden dem Sinn- und Kinzig-Thale entlang zuerst in nordwestlicher, dann westlicher Richtung, die andere scheidet den vom Maine umgürteten Theil in eine Ost- und Westhälfte. Nördlich vom Dorfe Wiesen vereinigen sich beide Züge. Die wellenförmigen Gebirge steigen in der Regel allmählicher auf der Ost- als auf der Westseite an. Die Rücken sind gewöhnlich flach und ziemlich breit, die Thäler bald schmal und tief, bald erweitern sie sich muldenartig.

Für die Bevölkerung des Bayerischen Spessart gilt noch heute, was in der Festschrift: „Der Spessart und seine forstliche Bewirthschaftung" (München 1847) gesagt ist:,,In ihren Wohnungen, im landwirthschaftlichen Betriebe und in ihrem Erwerbe unterscheiden sich wesentlich die. Bewohner des sogenannten Vorspessart von jenen des Hochspessart. Die Ortschaften des Hochspessart liegen fast ohne Ausnahme in den tief eingeschnittenen Thälern des Waldgebirges. Ursprünglich Ansiedelungen von Glasmachern, Kohlenbrennern, Taglöhnern &c., hauptsächlich erst des 15. und 16. Jahrhunderts aus Böhmen und Tirol '), haben sich im Verlauf der Jahre die Familien vermehrt und bevölkerte Gemeinden gebildet, welchen die churmainzische Regierung durch Abtretungen von Waldboden aufzuhelfen suchte. So entstanden die heutigen Dörfer mit ihren einstöckigen, hölzernen, in der Regel Wohnung und Viehställe unter einem Dache vereinigenden Häusern, eben so beschränkt in der Räumlichkeit, wie ärmlich in der inneren Einrichtung. Der landwirthschaftliche Betrieb steht meistens auf einer niederen Stufe. Nicht der Feldbau, sondern der Wald bevölkerte die Thäler des Hochspessart, dessen Bewohner noch jetzt und wohl für immer ihre bedeutendsten Subsistenzmittel aus der Waldwirthschaft und den von ihr abhängigen Gewerben schöpfen und gewinnen" &c.

Neben der Waldarbeit geben zahlreiche Sandsteinbrüche, welche ein nicht blos in Mittel - Deutschland gesuchtes werthvolles Baumaterial liefern, Schwerspathgruben und einige grössere industrielle Etablissements verschiedener Art

1) Nach Behlen: Der Spessart (Leipzig 1823) fand man auf alten Karten die Benennungen: Meister Jacobs-, Meister Heinrichs-, Meister Ruppertshütte, von denen die Orte: Jacobsthal, Heinrichsthal, Ruppertshütte ihre Namen annahmen.

den Bewohnern mehr oder weniger lohnende Beschäftigung. Eigenartig sind die Bevölkerungen von Weibersbrunn einem mitten im Spessart belegenen Dorf, dessen erwachsene männliche Bevölkerung, wie die Lippe'schen Ziegelarbeiter, im Frühjahr weg, und zwar nach den grossen

Städten zieht, um dort bei Bauten oder als Wegearbeiter Beschäftigung zu finden und von Frammersbach im Vorspessart mit seinen Heidelbeersucherinnen und wandernden Schreibmaterialienhändlern.

die

Der Benuë von Gande') bis Djen.

Von Ed. Robert Flegel.

Das vierte Heft dieser Mittheilungen brachte das durch
Henry Venn"- Expedition unter Leitung des Herrn

J. H. Ashkroft von der „,Church Missionary Society" in London zuerst bekannt gewordene neue Gebiet des Benuë von Djen bis Ribago nebst Karte. In Nachstehendem beabsichtige ich, das Neue über den durch Dr. Baikie, Lieutenant D. J. May, Dr. Hutchinson und Rev. (jetzigen Bischof) Sam. Crowther 1854 erforschten Theil dieses wichtigsten Zuflusses des Niger mitzutheilen. Doch bevor ich zu diesem Neuen selbst übergehe, möchte ich mir einige Worte über die Geschichte der Entdeckung und die Bedeutung dieser herrlichen Wasserstrasse, des einzigen leider seither so wenig beachteten Schlüssels zum Herzen Afrika's, erlauben.

Schiffbare Ströme, die natürlichen Lebensadern des Verkehrs eines Landes, fehlen Afrika, wie bekannt, fast ganz, und diesem Mangel ist es zuzuschreiben, dass der uns zunächst liegende Erdtheil so unbekannt geblieben ist und scheinbar so fern liegt. Vor 2000 und mehr Jahren, als die Fahrzeuge der Civilisation unseres Jahrhunderts, denen die Ströme Afrika's mit Ausnahme des Niger-Benuë fast alle unübersteigliche Schranken durch die Katarakten entgegensetzen, noch nicht die fernsten Völker mit einander in regelmässige häufige Berührung brachten, war der dunkle Erdtheil von hoher Bedeutung für den Weltverkehr. Er muss und wird es wieder werden, denn die meist jungfräuliche Erde des Sudan, der uns, wenn angebaut, beide Indien ersetzen kann, wird nicht mehr lange unbestellt daliegen. Der speculative Geist des modernen Culturmenschen fängt schon mit Versuchen an, ihn für die sich stetig steigernden Bedürfnisse der Menschheit nutzbar zu machen. Ich möchte auch in der Abgeschlossenheit, in welcher das überaus reiche und productionsfähige äquatoriale Afrika Jahrtausende hindurch verharrte, die weise Öconomie, welche durch den ganzen Haushalt der Natur geht, wiedererkennen, und bin der Überzeugung, dass, wenn erst das wirkliche Bedürfniss an die Menschheit herantritt, die jetzt brach liegenden Gefilde des Sudan auszunutzen, der NigerBenuë durch seine Bedeutung an sich wie durch die ausgedehnten Verbindungen mit zahlreichen Flüssen durch die Lagunen an der Küste vom Rio Volta bis zum Alt-Calabar

1) ausgedehntes Dorf an der Mündung des Flusses in den Niger, am linken südlichen Ufer gelegen. Zur Orientirung siehe Tafel 2 im Erg.-Heft 34 der Petermann'schen Mittheilungen.

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same Verknüpfung von unglücklichen Umständen und Zufällen diese einzige von der Natur selbst geebnete, bequeme Strasse in das Innere Afrika's, wenn auch nicht ganz der Vergessenheit anheimfiel, so doch lange nicht nach ihrer Bedeutung für die endliche Erschliessung des Continentes gewürdigt und zu diesem Zweck benutzt worden ist.

Der unglückliche Ausgang der grossartigen, mit so sehr sanguinischen Hoffnungen unternommenen Niger-Expedition von 1841 verkehrte den edelmüthigen Eifer und all' die hochfliegenden Beglückungspläne der,,Freunde Afrika's" in völlig thatenlose Resignation.,,Man gab sich dem Glauben hin, dass der Niger und seine Nebenflüsse beständig von Einflüssen heimgesucht seien, die für den Europäer tödtlich würden, und gab den Gedanken, diese Wasserstrasse als Zugang zum Herzen Afrika's zu benutzen, auf" '). Wie zur Zeit der Kreuzzüge das Wort „Gott will es!" zündend auf alle Gemüther wirkte, so drückte nach 1841 die Hoffnungen der Philanthropen auf Errettung der leidenden schwarzen Brüder in Afrika aus Sclaverei und Heidenthum der Gedanke nieder: „,,Gott will es nicht!"

Durch Barth's Entdeckung des schiffbaren Benuë-Stromes (18. Juni 1851) ward diese Anschauung erschüttert und neue Hoffnung erweckt. Auf Anregung eines anderen deutschen Gelehrten, des Begründers dieser Mittheilungen, Dr. August Petermann, wurde wieder von Seiten Englands durch Aussendung der ,,Pleijade" ein neuer Versuch, dessen Resultate die weitgehendsten Erwartungen übertraf, gemacht, und wenige Jahre später gelang es dem unternehmenden, speciell für dieses Gebiet interessirten Rheder Laird, mit der englischen Regierung einen Contract abzuschliessen, demzufolge jährlich fünf Jahre nach einander ein Dampfer den Niger und Benuë hinauffahren sollte, behufs genauer kartographischer Aufnahme dieser Ströme, Anknüpfung von Handelsverbindungen und Errichtung von Mis

1) Petermann's Mittheilungen 1855, S. 219.

sionsstationen. Das Scheitern des Dampfers,,Dayspring", des ersten in Folge dieses Contractes abgesandten Schiffes bei Rabba, hatte leider zur Folge, dass dieser Contract nicht eingehalten wurde. Wenn im Jahre 1878 abermals ein Schiff, der ,,Henry Venn", ausgerüstet und mit der bedeutungsvollen Bestimmung, den Benue wieder alljährlich zu befahren, abgesandt wurde, so haben wir das dem klaren Blick für das practisch Nützliche des seit vielen Jahren mit regem Eifer für die Regeneration Afrika's thätigen Secretär der Church Missionary Society in London, Mr. Edw. Hutchinson, zu verdanken.

Wohl ist die Frage berechtigt, die Herr Dr. Behm, der Redacteur dieser Mittheilungen, in der Einleitung zu meinem Aufsatz im vierten Heft dieses Blattes stellt: Ob man wieder 25 Jahre unbenutzt verstreichen lassen wird, ob ein neuer, immerhin möglicher unglücklicher Zufall im Stande sein wird, vor weiteren Unternehmungen auf dieser von der Natur selbst uns vorgezeichneten Strasse in das Innere Afrika's abzuschrecken, obgleich zu demselben Zwecke keine Kosten und Anstrengungen gespart werden auf viel weniger Erfolg versprechenden Gebieten.

Auch eine andere Frage hat wohl hier ihre Berechtigung: Wird sich nicht auch einmal ein deutsches Schiff auf diesem Strom zeigen, um das Andenken des grossen deutschen Entdeckers zu ehren und wie England, das uns stets (trotz innerer Angelegenheiten und Kriege, wie zur Zeit der Aussendung der ,,Pleiad" &c.) mit so edlem, als practisch verständigem Beispiel in dieser Beziehung vorangegangen ist, zum Zwecke wissenschaftlicher Forschung, humaner civilisatorischer Bestrebungen sowohl als auch um unserer Industrie aufzuhelfen und vielleicht auch dem gegenwärtig wieder sehr grosse Ausdehnung annehmenden Strom der deutschen Auswanderung in ein gesundes fruchtbares Land, das unstreitig seine grosse Zukunft hat und alle Eigenschaften besitzt, mit der Zeit eine gedeihende Colonie abzugeben, zu lenken, das Capital (das die Auswanderer repräsentiren) und die frischen lebensfähigen Kräfte, die das Ausland uns alljährlich ohne jegliche Entschädigung entzieht, sich zu erhalten und zu gleicher Zeit hierdurch die wahrhaft civilisatorische Aufgabe zu erfüllen, den Neger zur Arbeit heranzuziehen und des Landes Productionskraft zu heben, wodurch allein ein gesunder Handelsverkehr von noch unberechenbarer Bedeutung und Ausdehnung mit Afrika zu ermöglichen ist. Die Erforschung des Stromgebietes des Niger hat die meisten Opfer gekostet, und ich glaube, dass die zahlreichen Namen der in diesem Streben als Märtyrer gefallenen Deutschen uns nicht nur eine Berechtigung, ja die Verpflichtung auferlegt, Theil zu nehmen an der rationellen Ausnutzung der Errungenschaften dieser opferwilligen Männer.

Am 8. Juli 1879 11h p. m., demselben Datum, an welchem vor genau 25 Jahren die,,Pleiad" ihre BenuëExpedition von Clarence-Bay (Fernando Po) antrat, verliess der,,Henry Venn" mit gleichem Vorhaben und von gleichem Glück begünstigt Lokodja.

Die Landschaft an der Mündung des Benue ist eine fruchtbare und ausgedehnte Alluvialebene, im Norden von den Queen Adelaide-Bergen, im Süden von den King William-Bergen begrenzt, und bildet zur Regenzeit, von zahlreichen Wasserläufen durchzogen, mit ihren vielen Inseln Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1880, Heft VI.

ein Binnenlandsdelta. Im Westen begrenzen den Horizont die Tafelberge von Lokodja, hinter denen die Kegel der Berge Outram und Deacon bei der Weiterfahrt immer mächtiger sich erheben.

Man passirt zunächst das am linken südlichen Ufer belegene Igbiradorf Gande, sodann am rechten Ufer die aus dem schattigen Waldesgrün hervorguckenden wenigen Hütten von Atipo. Der Pilot '), der uns bis Jimaha oder Romascha 2) durch die zahlreichen Untiefen hindurch führen sollte, die alljährlich nach dem Hochwasser ihren Ort verändern, machte nach allen Seiten hin den am Ufer stehenden Leuten artige Verbeugungen, und zwar, wie er uns anvertraute, aus Politik, um etwaigen Palavern bei seiner Rückkehr, die er allein in Canoe zu bewerkstelligen hatte, vorzubeugen. Wir passirten ferner an diesem ersten Tage der Expedition die Ortschaften Mōsu, Ougadjg und Ohimokodji, alle am linken Ufer gelegen, und ankerten während der Nacht in der Nähe von Allens Frenchwood, in Sicht des Berges Vidal, an dessen Fusse Adjibena, eine grössere Stadt und bedeutender, von allen Stämmen der Umgegend (auch Jimaha) besuchter Marktort liegt. Diese Stadt allein soll durch den Respect vor ihrer Macht und Grösse von den Angriffen der Fuldes verschont geblieben sein, während die übrige Bevölkerung dieses Gebietes durch die vor und 40 Jahren namentlich häufigen, aber auch bis in die neueste Zeit nicht ganz nachgelassenen Sclavenjagden dieser Räuberhorden fast ganz aufgerieben wurde.

ca 30

Am folgenden Tage kamen wir an dem am linken Ufer belegenen Ort Bófu vorbei und erreichten Jimaha um 10b a. m. Vom Flusse aus ist der Ort vor der üppigen Vegetation nicht zu sehen, ein kleiner Creek führt in Nordostrichtung nach demselben. Etwas oberhalb des Ortes mündet der Fluss Okwa, an welchem Panda, der Hauptort der Igbiras, liegt, von Norden her in den Benuë. Im Jahre 1878, als der „,Henry Venn" zum ersten Mal bis Amaran den Benuë hinauffuhr, lag gerade vor dieser Stadt der König von Jimaha, Panákie, gegen den von Amaran (den Bruder seines Vaters Pakutako), dessen Name Malafia ist, zu Felde, und es gelang ersterem, seinen Oheim zu besiegen und Amaran zu zerstören; gegenwärtig war auch keine Spur mehr von dem Orte zu entdecken.

In Folge dieses Krieges und der hier fast zur Tagesordnung gehörenden Gebietsstreitigkeiten geht die männliche Bevölkerung stets bewaffnet mit Handeisen, Speer und Bogen und Pfeilen. Die aus Amaran vertriebenen Bewohner trafen wir weiter oberhalb am rechten Ufer in einem

1) Es ist jedenfalls von allgemeinem Interesse, wenn ich hier bemerke, dass unter den Leuten, die sich Herrn Ashkroft als Dolmetscher, Piloten, Diener &c. zur Begleitung der Expedition anboten, auch Abbega, der einstige Begleiter Barth's, sich befand; derselbe ist jetzt Sportsman, wie es scheint, da er gern von seinen Jagdabenteuern erzählt. Wovon er lebt? Gott weiss es. Jedenfalls den Lilien auf dem Felde ähnlich: ohne zu säen, ohne zu ernten. Dyrregu, der andere der beiden Knaben, die Barth nach Europa brachte, und denen wir neben Herrn J. Friedrich Schön das vorzügliche Haussa-Vokabular verdanken, lebt gleichfalls noch, und zwar als reisender Händler weit im Innern unter guten Umständen, wie man sagt. Er führt den Namen Dánda ūro anasára, so viel wie,,der die Städte der Christen gesehen hat"!

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2) In diesem Orte hatten die Engländer Handelsfactoreien angelegt, die aber im Juni 1879 wieder aufgehoben wurden wegen der Unsicherheit von Gut und Leben des Kaufmanns.

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Orte, den sie Abatscho nannten, an. Ob das von Baikie erwähnte Abatscho noch existirt oder mit diesem identisch ist, habe ich nicht erkunden können. Die Leute waren eben so überrascht als erfreut durch unser Kommen, und der Chief erfüllte bereitwillig das Gesuch, uns einen Piloten bis nach Loko mitzugeben. Derselbe kannte den Fluss und das anliegende Land bis an die Grenze Korórofa's hin recht genau, doch hielt es schwer, von ihm Mittheilungen über das Land zu erhalten. Seine Angaben über die von Abatscho am Benue aufwärts gelegenen grösseren Ortschaften und deren Bewohner stimmen mit den auf unserer Reise gewonnenen Erfahrungen; es sind folgende:

1. Dagbo oder auch Dako gesprochen, am linken Ufer gelegen und von Agatus (einem Stamme der Domas) und Ekpes oder Bassa, auch Afo-Neger genannt, gemeinschaftlich bewohnt').

2. Ogpéa, grosser Ort.

3. Adóna, grosser Ort, von Akpotos bewohnt.

4. Abugbe, nicht so bedeutend, von Agatus bewohnt.

5. Akpoto, grosser Ort, von Igbiras und Agatus gemeinschaftlich bewohnt.

6. Tia, grosser Ort, von Agatus bewohnt.

7. Odjogo, grosser Ort, von Agatus bewohnt.

8. Adjinbira, grosser Ort, von Igbiras bewohnt.

9. Aripa, nicht sehr bedeutend, von Igbiras, Agatus und Djukus bewohnt.

10. Abusi, grosser Ort, von Aripas oder Djukus bewohnt.

Aus Vorstehendem erhellt schon zur Genüge, wie noch mehr aus Nachstehendem, dass sich über Grenzverhältnisse am Benuë nichts Bestimmtes sagen lässt, vielmehr wohnen hier die verschiedensten Völker im bunten Gemisch durcheinander, und es sind die Grenzen, wie sie unsere Karten über diese Gebiete zeigen, gegenwärtig wenigstens nicht mehr haltbar, wenn sie es überhaupt je gewesen sind.

Ausser den vom Piloten von Abatscho angegebenen Orten, die wir auch mit Ausnahme von Abugbe und Tia, welche weiter vom Flusse entfernt liegen sollen, alle und in der angegebenen Reihenfolge passirten, trafen wir noch folgende Ortschaften auf dieser Strecke an:

Igodje, Bassa-Ort am rechten Ufer, Illa, daselbst, wahrscheinlich von Igbiras bewohnt, ferner Rafídju und Agima am linken Ufer und Ekudji an der Mündung eines Creeks (Ireda) an demselben Ufer belegen und von Igbiras bewohnt. Hier färben noch zuweilen die Frauen ihren Körper roth, was an vielen Orten am Niger vom Mündungsdelta bis Eggan Sitte ist, auch deuten viele andere kleine Eigenthümlichkeiten, so namentlich der Schmuck, auf eine Zusammengehörigkeit oder doch auf Verkehr mit jenen Völkern hin, die weiter ostwärts verschwinden.

Etwa 3 km oberhalb des letztgenannten Ortes liegt auf einer Insel von schönen Ölpalmgruppen umstanden Loko, das auf den wenigsten Karten zu finden ist, obwohl schon Gerhard Rohlfs auf die Bedeutung dieses Ortes für den Binnenhandel als Übergangspunkt über den Benuë hinge

1) Dagbo, der fernste Punkt, welcher von Allen und Oldfield im Jahre 1833 erreicht und ebenfalls von Baikie besucht wurde, der den Ort als ersten des Doma-Gebietes (Narrative of an exploring voyage, Chapter V, p. 94) anführt, und dessen Existenz von Gerhard Rohlfs im 34. Ergänzungsheft dieser Mittheilungen, Kap. 14, Seite 77, sehr entschieden verneint wird, existirt, liegt aber gegenwärtig und schon seit langer Zeit weiter oberhalb am linken Ufer des Flusses und scheint zur Zeit von keiner Bedeutung. Diese Ortsveränderung macht Rohlfs' Anschauung erklärlich.

wiesen hat. Der Chief von Loko, Sigbadja, empfing mich sehr freundlich und drückte zu wiederholten Malen lebhaft seine Freude über unser Kommen aus. Er erwiderte die kleinen ihm gemachten Geschenke durch einen kleinen Elfenbeinzahn, ein Paar Hühner und einige Körbe jungen. Welschkorns. Die Männer trugen hier wie in der Umgegend statt der Waffen meist eine langstielige Pfeife mit grossem mit zwei Füssen versehenen Messingkopf, aus der den ganzen Tag über fleissig geraucht wird, was wohl auf geordnetere Verhältnisse schliessen lässt. Ihre Bekleidung bestand meist nur in einer in Form eines Schurzfelles umgebundenen Thierhaut. Im Verhältniss reich gekleidete muhamedanische Händler aus Keffi, Keana, Anasarawa und anderen Orten, die sich hier erlauben dürfen, die übermüthigen Herren des Landes zu spielen, waren zur Zeit zahlreich anwesend. Letztgenannter Ort scheint neueren Ursprungs, soll aber von Bedeutung sein; er ist von Loko aus in einer Tagereise in nördlicher Richtung über Ita zu erreichen. Mit Ausnahme von etwas Mais und Tabak in der Nähe des Ortes sah ich hier wenig angebautes Land. Die Leute bestreiten wohl ihre Bedürfnisse durch den Verdienst mit der Fähre und als Träger im Dienste der fremden Händler.

Am 14. liefen wir Dagbo vorbei und hielten bei Ogpéa, welche beide am linken Ufer des Flusses liegen; für letzteren und die Umgebung soll der am rechten Ufer belegene Ort Odógę Markt sein, der regelmässig wöchentlich abgehalten wird und von Ogpéa-Leuten jedenfalls stark besucht war. Der Fluss ist hier sehr reich an Inseln und Untiefen und die Bewegung des Schiffes meist eine Zickzacklinie zwischen beiden Ufern; die Tiefe des Wassers wechselt häufig zwischen 5 Faden und eben so viel Fuss. Am rechten Ufer werden die theils tafelförmigen niedrigen Domahügel sichtbar, das linke Ufer ist Ebene, die oberhalb Ogpéa stark zurücktritt und eine weite Bucht bildet, in welcher wahrscheinlich ein südlicher Zufluss zu verzeichnen sein wird. Wir passirten hier ferner die Ortschaften Oloba, Adóna und Abugbe und erreichten gegen Abend Akpoto, das wie viele andere auch seit Baikie's Besuch seine Lage (nach Aussage der Eingeborenen vor 9 Jahren) geändert hat und nicht mehr am Fusse der Domahügel am rechten Ufer, sondern weiter östlich nahe dem linken Ufer auf einer Insel liegt.

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Der Chief des Ortes, in gelb und roth, gleich der spanischen Flagge gestreiftem ziemlich defecten Seidenüberwurf gehüllt, empfing mich vor der Thür seines Hauses, auf einem geglätteten Holzstück sitzend. Bei Überreichung der Geschenke neigten seine Unterthanen alle das Haupt zur Erde, bewarfen es mit Staub und riefen: Ketta, Ketta! das so viel wie: grosser Herr, erhabener Gebieter! bedeuten soll. Er würdigte die Gegenstände in Gegenwart des Volkes keines Blickes, sondern nickte nur von Zeit zu Zeit zu den sehr schnell gewechselten kurzen Fragen und Antworten der Dolmetscher über das ,,Woher und Wohin", unser Begehren &c. und hob dann die Audienz auf.

Unser Pilot aus Abatscho verliess uns hier, um nach seiner Ortschaft zurückzukehren, und wir bekamen hier einen anderen Mann an Bord, Namens Ada, welcher aus Panda gebürtig war und durch seine genaue Kenntniss des Fahrwassers bis zur Grenze Korórofa's, seine gesunde Ur

theilskraft in vieler Hinsicht, wie durch manche andere gute Eigenschaft der Expedition wesentliche Dienste geleistet hat. Er machte die ganze Reise mit und wurde bei der Rückkehr verdienter Maassen reich belohnt, in seinem Orte wieder an Land gesetzt. Akpoto ist von Akpotos und Bassa-Negern bewohnt; weiter oberhalb passirten wir die Agatu-Ortschaft Agima am linken Ufer und ankerten, um Holz zu fällen, bei dem ebenfalls von Agatus bewohnten Farmorte Obesimáku. Die Leute bauen in diesen Gegenden Mais, Guineakorn, Beniseed, Colocasia esculenta, Erdmandeln und verschiedene Cucurbitaceen. Guineahühner, Turtel- und Lachtauben sind sehr häufig in der Nähe der Felder. Die Landschaft behält ihren Charakter fast unverändert bei; die Vegetation ist reicher an Laubbäumen verschiedenster Art als an Palmen, die hier bald, wie auch die Banane und der Pisang, ganz verschwinden, dagegen sieht man die Kigelia und den Butterbaum häufig. An animalischem Leben bemerkte ich mit Ausnahme zahlreicher Alligatoren und Flusspferde seither auffallend wenig. Der Fluss behält seine stattliche Breite bei, so dass man durch die Wassermenge versucht wird, es in Frage zu ziehen, ob der Niger auch der Hauptstrom ist; sein Wasser führt viele organische Stoffe mit sich und verdient durch die ihm eigene trübe Färbung den Beinamen Baki-n-rúa, d. h. Schwarzwasser, den ihm die Haussa gegeben haben.

Am 15. ankerten wir bei Siwo, wohl identisch mit Zuwo der May'schen Karte. Der alte Chief des Ortes, Imoga mit Namen, kam am folgenden Morgen an Bord, und die Hälfte seiner Unterthanen mit Geflügel, Schafen, Ziegen und vegetabilischen Producten wogte während der Morgenstunden auf und ab auf dem „Henry Venn", um diese auszutauschen gegen Zeug, Spiegel, Perlen u. dgl. mehr. Namentlich begehrt waren leere Flaschen und die Blechdosen von Präserven. Auf der Weiterfahrt passirten wir am rechten Ufer die Ortschaft Apoto, ferner ausser mehreren Farmdörfern kurz vor dem Island Crane die Ortschaft Adjewápoto, von Akpotos bewohnt, dann Akpama am linken Ufer, gegenüber dieser Insel. Der Ort Odjogo, der zur Zeit der Expedition Baikie's auf der östlichsten Spitze dieser Insel lag, ist weiter nach Osten an das linke Ufer verlegt worden, und trafen wir hier den Chief und dessen Schwester Onusę, von denen uns Crowther und Baikie erzählen, noch lebend in Odjogo an. Die beiden Alten zeigten eine kindische Freude bei unserer Ankunft, sie erinnerten sich der ersten Expedition lebhaft, was mit Ausnahme von Muri in keinem anderen Orte der Fall war.

Gleich oberhalb der Crane- (Kranich-) Insel wird das Bett des Flusses felsig, auch tritt an beiden Ufern schwarzes Gestein zu Tage; am rechten führt ein schmaler Creek, der Okóriko genannt wird, weit in's Innere des Landes hinein. In der Nähe der Einfahrt in denselben ragte im Flussbett das dunkle Haupt eines mächtigen Felsens empor, welcher nach Aussage der Eingeborenen in der trockenen Jahreszeit höher als ein Haus über das Wasser des Flusses sich erhebt und ahírika genannt wird.

Hier etwa ist die westliche Grenze des Mitschi-Gebietes, welches sich am Südufer bis an das Reich Korórofa erstreckt und am Nordufer des Benue noch weiter nach Osten hin fortsetzt, zu ziehen. Die Mitschis gehen wiederum, wie die Männer am unteren Benuë, alle in Waffen, flechten

ihr Haar in seltsame Formen, bemalen Arme, Brust, Gesicht und den zuweilen ganz, meist theilweis rasirten Kopf mit allerlei Zeichen, um Furcht einzuflössen. Unter den Mitschis sah ich Leute von den verschiedensten Hautfarben, alle Schattirungen vom dunkelsten Schwarz bis zum Hellroth kamen vor.

Oberhalb Odjogo passirten wir einen kleinen von Süden her kommenden Zufluss, Okemę genannt, bald darauf die an demselben Ufer mitten in schönem hochstämmigen Laubwald gelegene Agatu-Ortschaft Omowo, dann einen kleinen Mitschi-Ort am rechten Ufer auf niederem Hügel gelegen, und ankerten weiter oberhalb für kurze Zeit bei Adjinbira (Igbira-Ansiedelung) und Angpa oder Akpa, beide am linken Ufer, ebenfalls zum Theil von Igbiras, aber mit Domas und Djukus untermischt, bewohnt. In der Nähe dieses Ortes ist die Westgrenze für das Reich Korórofa zu ziehen. Abends erreichten wir die ebenfalls am linken Ufer belegene grosse Ortschaft (ca 15-1800 Einwohner) Abusi, deren erster Chief Alsoga, deren zweiter Ahumomo hiess; in der Nähe liegt ein kleiner Mitschi Ort von ca 100 Hütten. Auch hier tauschten wir reichlich Schafe, Ziegen, Geflügel, Korn und Früchte gegen leere Flaschen, Blechdosen und etwas Zeug ein. Der Fluss behält seine stattliche Breite; die Landschaft wird offener, parkartig. Im Osten und Nordosten tauchten die Berge Beecroft und Ethiope auf.

Am folgenden Tage, den 18. Juli, passirten wir bei Otamudu die Sprachgrenze der Djukus, weiter oberhalb in der Nähe des tafelförmig abgeplatteten Kegels Bucroft die Ortschaften Nufa am linken und Asaku am rechten Ufer, erstere war von einer Lehmumwallung umgeben. Einzelne der Haussasprache Kundige giebt es hier fast in jedem Orte und das Wort barka (danke) ist allgemein bekannt und wird meist als Begrüssung gebraucht. Weiter oberhalb liegen ausser vielen Mitschi-Ortschaften (meist am rechten nördlichen Ufer), deren Name nicht zu erfragen war, noch am linken Ufer die Djuku - Ortschaften Oténję, Ozúpa, Anyischi und Anufo, letztere beide nahe bei dem Berge Iquä, dem Mt. Herbert Baikie's, der nicht über 80 m Höhe hat; ersteres unterhalb derselben, letzteres oberhalb auf einer Insel gelegen. Der Weg von hier nach Wukari, der vielbesprochenen Hauptstadt des Landes Korórofa, führt nach Angabe der Eingeborenen über den Mao-o-Kari (?), Anzufa oder Dánzufa, dem Hafen für die Antimongruben von Arúfu und Jebo in ca 3 Tagereisen.

Auf der Rückreise ankerten wir mehrere Tage bei Dánzufa und tauschten einige Tons Antimonerz ein. Herr Ashkroft besuchte Arúfu, wo das Erz gegraben wird, doch war wegen des Hochwassers nicht viel zu sehen, da alle Gruben voll Wasser standen. Es sollen ziemlich dicht Ortschaften in jener Gegend bei einander liegen und viel Reis gebaut werden. Wie die Eingeborenen erzählen, ist ein Schacht ca 80 m tief, da nach ihrer Aussage 50 Mann auf Leitern übereinanderstehend die Erde aus den Stollen, wo das Erz gegraben wird, in Kübeln an die Oberfläche schaffen. In den zugehörigen Stollen sollen 25 Mann bequem arbeiten können. Ausser Antimonerz findet sich daselbst auch Kupferkies, von dem schon einmal eine Probe in Europa untersucht worden und der goldhaltig befunden ist, violetter Flussspath, gemeiner Quarz und Quarzkrystalle in Dru

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