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MEINEN FREUNDEN

RUDOLPH SKRZECZKA

UND

C. F. WILHELM MÜLLER

ZUGEEIGNET.

VORREDE.

Und ist es endlich dir gelungen,
Und bist du vom Gefühl durchdrungen,
Was fruchtbar ist allein ist wahr:
Du prüfst das allgemeine Walten:
Es wird nach seiner Weise schalten:
Geselle dich der kleinsten Schaar.

Dass der gesunde Menschenverstand sich zu richten habe nach der Ueberlieferung, nicht die Ueberlieferung ihr Urtheil zu erwarten habe aus dem gesunden Menschenverstande, nach dieser Norm ist zwar von jeher in der Kritik in ziemlicher Breite gehandelt worden, und breiter wol nirgend, aus alter lieber Gewohnheit und pädagogischer Herzensangst, als im Horaz. Dass aber solche menschliche Schwachheit formulirt wird als die rechte Weisheit, das geschah wol erst in neuerer Zeit. Die Erscheinungen, welche daraus hervorgingen, konnten nicht anders sich gestalten als erheiternd. Und so sind sie denn auch, jene Kleinbürger der Ueberlieferung, wenn sie ihre trockene Ueberlieferung mit der vornehm gemachten Etikette 'Methode' (denn Schematismus ist es ja oder Schablone) unter grossem Wichtigthun, auch wol, wenn's trifft, unter charlatanischem Ausruf als Universalmittel von Hand zu Hand vertreiben. Und in der

Gebrauchsanweisung liest man unterstrichen 'objective Kritik'. Die es nicht giebt. Jede Kritik, sobald sie über das Handwerk hinausgeht, sobald sie ihren rechtmässigen Ehrennamen des Urtheilens verdient, ist natürlich subjectiv. Ein gescheites Subject macht gescheite Kritik was nicht dasselbe ist mit irrthumsloser —, und umgekehrt. Und ein jedes Problem verlangt seine eigene Lösung: für jeden einzelnen Fall ist der Weg zu finden, zu ahnen, der zum Ziele führt, die Richtung, in der er liegen möchte, die Mittel, welche durch Berg und Wald die ihn verdecken hindurchführen. Sich fort und fort innerhalb der Berge nach rechts und links herumdrehen, als gäbe es da hinten nichts weiter, während das Ziel und die Aussicht draussen liegt, wie fruchtbar und unterhaltend das ist, kann man in den Horazausgaben lernen. Unangenehm ist es freilich, dass man zu dem würdigen Pergamen das Beste erst selbst mitbringen soll: aber es ist nicht anders: sogar den Geschmack. Auf den sie unter dem Namen der ästhetischen Gründe nun es muss ausgedrückt werden wie es sich giebt eine ganz besondere Pique haben. Das wäre! Ein jeder Kunstkenner und Kunstkritiker thut's: der Gemäldebeurtheiler, der Archäolog: und wir, denen die edle Aufgabe geworden, die Kunstwerke des menschlichen Worts zu deuten und einzureihen, wir sollten mit dem Armuthszeugniss vor ein Publicum treten, das Schiller und Goethe hinter sich hat, und uns bei Kunstwerken das Kriterium des Geschmacks versagen!

Die bisher geschilderte Erscheinung, welche augenblicklich nicht unberührt bleiben konnte, wird in dieser Art, als grundsätzliche, sich bald verziehen. Sie ist ein künstliches Product. Demohngeachtet wird das Widerstreben aus den bekannten natürlichen Neigungen und Abneigungen der Men

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