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2. Als Rat des Königs, consilium regium, hatte der Senat eine weniger fest bestimmte Stellung. Wenn auch wie wir oben annahmen, in der Grundverfassung gewährleistet war, dafs ein solcher Rat beständig vorhanden sein müsse und der König ihn in allen wichtigen Entscheidungen fragen solle, und wenn auch bei einzelnen Dingen, wie der Kriegserklärung, die Formeln darauf gerichtet waren'), so war doch weder genau bestimmt, für welche Fragen der Rat unentbehrlich sei, noch war der König an die ihm auf Befragen erteilte Antwort gebunden. Die beste Bürgschaft war in dieser Beziehung das Herkommen, das seine Grundlage schon in dem Verwandtenrat in den Familienverhältnissen hatte. So lange Könige da waren, deren Gesichtskreis nicht über die überkommenen religiösen und rechtlichen Verhältnisse hinausging, war die Bedeutung des Rats ungefährdet. Nachdem aber Männer zum Königtum gelangt, welche über den Kreis der herkömmlichen Bedürfnisse und Bestrebungen hinausgingen, ergab sich ein Konflikt und fühlten die Herrscher wie das Interregnum und die Auktorität der Patres so auch die Befragung des Rats als lästige Schranke. Diese Seite der Thätigkeit des Senats war wohl im Ausdruck nicht streng geschieden von der Genehmigung der Wahlen; denn noch in späterer Zeit wird der Ausdruck auctoritas für beides gebraucht 2) und konnte so gebraucht werden, weil in beiden Fällen auf eine ergangene Frage eine gewichtvolle Antwort erfolgte; nur war der Anlass für die Antwort und das in ihr liegende Gewicht in beiden Fällen verschieden. Eine wesentliche Förderung der Bedeutung des Rats lag aber darin, dafs die geistlichen und weltlichen Gehilfen des Königs ohne Zweifel aus ihm genommen wurden, dafs jedenfalls der Beirat, dessen sich der König als Richter bediente und

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deos deorumque curam, quibus nefas est; non leges auspicato ferantur, non magistratus creentur (wegen des mangelnden Interregnum) nec centuriatis nec curiatis comitiis patres auctores fiant. vgl. Mommsen, r. Forsch. 1, 241.

1) Liv. 1, 49, 7: traditum a maioribus morem de omnibus senatum consulendi solvit. c. 36, 10: de istis rebus in patria maiores natu consulemus. 13: quod senatus populi Rom. Quiritium censuit consensit conscivit, ut bellum cum Priscis Latinis fieret, Formeln die freilich der Republik entnommen sind, aber ihrem Wesen nach in die Königszeit übertragen werden können.

2) Vgl. über die Ausdrücke auctoribus patribus und auctoritas senatus beim republikanischen Senat.

die Richter, die er einzelne Fälle neben sich entscheiden liefs,

senatorisch waren (s. o. S. 71f.).

der Beratung.

3. Ob die Befragung des Senats in bestimmten Formen sich Äufserlichkeiten bewegte, darüber konnten die Späteren nichts wissen und die besseren Quellen enthalten sich auch, den Hergang bei Beratungen zu schildern.1) Dafs aber eine feierliche Form und eine durch Ehrenrechte bestimmte Reihenfolge der Befragung bestand, ist primitiven Verhältnissen ebenso angemessen als der späteren Zeit und wird durch den Unterschied, der in dieser Beziehung zwischen den patres maiorum und minorum gentium galt, bestätigt.

Ein besonderes Senatsgebäude soll schon in der ersten Periode der Königszeit erstellt worden sein; denn die curia Hostilia, das Rathaus der republikanischen Zeit am Comitium, wird auf den dritten König zurückgeführt.2) Daneben wird berichtet, dafs sich in ältester Zeit der Rat auf einem freien Platz am Abhang der Burg gegen das Forum, der area Vulcani, versammelt habe.3) Unerläfsliche Bedingung für den Versammlungsort war, dafs er ein templum sei, d. h. nicht notwendig ein Gotteshaus, wohl aber ein nach den Regeln der Auguraldisziplin abgegrenzter und durch die Anwendung dieser Regeln geweihter Raum.4)

§ 10. Das Volk.

A) Die Kategorieen der Bevölkerung.

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der vorservi

I. In der vorservianischen Zeit bestand die Bevölkerung des Die Kategoricen römischen Staats aus Vollbürgern, Klienten, Unterworfenen, anischen Zeit. Sklaven. Von diesen durch die persönliche Rechtsstellung gebildeten Klassen ist die letzte, kriegsgefangene oder erkaufte Sklaven, zwar für den Staat keineswegs gleichgültig, aber sie

1) Dionys. allerdings hat 3, 26. 4, 30 ff. solche gegeben.

2) Liv. 1, 30, 2: templumque ordini ab se aucto curiam fecit (Tullus Hostilius), quae Hostilia usque ad patrum nostrorum aetatem appellata est, wobei templum in Sinn von inauguriertem Ort. Cic. de rep. 2, 31. Jordan, Topogr. 1, 158 A. 10 (vgl. Hermes 8 p. 218) leitet den Namen von dem Neuban eines Hostiliers her.

3) Dionys. 2, 50: τὰς συνόδους ἐνταῦθα ἐποιοῦντο ἐν Ηφαίστου χρη ματίζοντες ἱερῷ μικρὸν ὑπερανεστηκότι τῆς ἀγορᾶς. Gemeint ist ein dem Vulkan geweihter freier Raum, das spätere senaculum, s. b. republ. Senat.

4) Gell. 14, 7, 7: (Varro) docuit confirmavitque nisi in loco per augurem constituto, quod templum appellaretur, senatus consultum factum esset, iustum id non fuisse.

Die Vollbürger.

zählt politisch nicht, da die Sklaven nur Eigentumsstück sind und als solches dem Privatrecht zugehören. Die Unterworfenen gehören in diesem Stadium nicht zur Gemeinde, sondern stehen neben ihr; diese besteht vielmehr nur aus Vollbürgern und Klienten1), beide mit ihrer bürgerlichen Stellung in dem Geschlechtszusammenhang wurzelnd, in diesem aber wie im Staat verschiedene Stufen bildend.

1. Die Vollbürger (patricii) sind die legitimen Söhne aus den zu einem in den Staat aufgenommenen Geschlecht gehörigen. Familien; sie erkennen in der Verwandtschaft mit den patres, d. h. den im Senat vereinigten Geschlechtsvertretern, die Quelle ihres Rechts.2) Jeder volljährige Patricier, Hausvater wie Haus

1) Dies liegt auch in Cic. de rep. 2, 16: (Romulus) habuit plebem in clientelas principum descriptam.

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2) Etymologisch gefafst, als Söhne der Patres. Cic. de rep. 2, 23: optimates, quibus ipse rex tantum tribuisset, ut eos patres vellet nominare patriciosque eorum liberos. Liv. 1, 8, 7 (s. o. S. 83. A. 2.). Das Moment der legitimen Abstammung von Freien ist auch ausgesprochen Fest. p. 241: patricios Cincius ait in libro de comitiis eos appellari solitos, qui nunc ingenui vocentur. Ob die Bezeichnung patres auch für die Patricier überhaupt vorkomme, ob sie bejahenden Falls zuerst den ganzen Stand bezeichnet habe oder zuerst den Senat, ist kontrovers und gelegentlich der patrum auctoritas viel erörtert. Niebuhr 1, 364 f.: „patres von der Väterlichkeit, die den geringen Leuten Ackerteile wie eigenen Kindern zuwies könnte nur die einfachste Ehrenanrede an die Altbürger sei es im Senat, sei es im Koncilium der Kurien gewesen sein; im jüngeren Sprachgebrauch gilt das Wort allerdings mehr nur von den Senatoren", ähnlich Becker 2, 1, 316 und Schwegler 1, 634 f. Lange 1, 222 unterscheidet zwei Entwicklungsstufen des Begriffs, zuerst seien es die patres familias gentium patriciarum gewesen, im jüngeren Sprachgebrauch der patricisch-pleb. Senat und die Gesamtheit der Optimaten. Gegenüber dieser Seite hat Rubino p. 144 ff., besonders 183 ff. von den alten Zeugnissen aus die Priorität für die Bedeutung Senatoren in Anspruch genommen, davon Patricier abgeleitet und diese definiert als einen Adel, der bestand aus den Nachkommen der Senatoren des Romulus, und Mommsen r. Forsch. 1, 227 f. stimmt ihm im allgemeinen bei. Ich glaube ebenfalls, dafs innerhalb des Staats technisch der Ausdruck patres zuerst allein den Senat bedeutete, aber ich verbinde dies mit dem patriarchalischen Verhältnissen so, dafs dieser Ausdruck eben gewählt wurde, weil die Senatoren die Ältesten, gleichsam die Väter ihres Geschlechtes waren. Patricii ferner ist ebenfalls ein politischer Begriff, bezeichnet aber nicht, wie Rubino will, die Nachkommen der Senatoren des Romulus als einen Adel innerhalb des Volks der Kurien, sondern er bezeichnet alle vollberechtigten Geschlechtsangehörigen als solche, die mit einem aus den Patres verwandt waren, entweder gegenüber den Klienten oder erst gegenüber der Plebs. Später wird dann patres, weil die senatorischen Vertreter für den

sohn, ist persönlich vollfrei, fähig eine echte Ehe zu schliefsen, berechtigt, die Wohlthat des staatlichen Rechtsschutzes selbständig in Anspruch zu nehmen, aktives Mitglied der Bürgergemeinde, als solches pflichtig zum Kriegsdienst, stimmberechtigt in allen Dingen, in welchen überhaupt die Volksgemeinde eine Stimme hat, aktiv teilnehmend an den Ceremonien des Staatsgottesdienstes, fähig zu Ehrenämtern, nach aufsen berechtigt, die in den internationalen Verträgen für die Bürger der vertragschliefsenden Staaten festgesetzten Vorteile in Anspruch zu nehmen. Unter sich waren alle Bürger gleich; die Unterschiede zwischen den älteren und jüngeren Geschlechtern übten auf das Bürgerrecht keinen Einfluss aus.') Aufser durch Abstammung von einem schon dem Staate angehörigen Geschlecht konnten auch Fremde durch Aufnahme in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen das Bürgerrecht erlangen.")

2. Die Klienten oder Hörigen3) sind in ihrer Rechtsstellung Die Klienten. durchaus abhängig vom Anschlufs an ein Geschlecht, oder nachdem die einzelnen Familien innerhalb der Geschlechter gröfsere Selbständigkeit gewonnen, an eine Familie. Das Haupt der patricischen Familie, an welche sich der Klient angeschlossen, steht über ihm mit einer der hausväterlichen ähnlichen Gewalt, ist sein patronus.) Das Verhältnis ist ein Treuverhältnis. 5) Klientel ganzen Stand eintreten, für diesen gebraucht; andrerseits wird auch von dem ursprünglichen Senat die Bezeichnung auf den patricisch-plebejischen übergetragen. Beide Bezeichnungen, patres und patricii gehen davon aus, dafs jedes Geschlecht einen Vertreter im Senat hatte; als dann die Zahl der Geschlechter und der Senatoren sich nicht mehr deckte, waren Patricier solche, aus deren Geschlecht einmal ein Vertreter im Senat gewesen war und wieder einer gewählt werden konnte, also,,die senatsfähigen“.

1) Alle diese Ansprüche werden noch in der Republik in dem Ständekampf von den patricischen und plebejischen Rednern diskutiert; vgl. insbesondere die Verhandlungen über das canulejische Gesetz über das conubium und die sextisch-licinischen Gesetze Liv. 4, 3 ff. 6, 40 ff.

2) S. unten bei den Kuriatkomitien.

3) Über den Ursprung der Klientel s. oben S. 12; über die Rechtsverhältnisse derselben Dionys. 2, 8-10. Gell. noct. att. 5, 13. Plut. Rom. 13, von neueren aufser den oben angeführten Voigt, Klientel und Libertinität in Ber. der sächs. Gesellsch, philol. histor. Kl. 1878 p. 147 ff.

4) Fest. p. 253: patr[onus a patre cur ab antiquis dictus] sit, manifestum : quia [ut liberi sic etiam clientes] numerari inter do [mesticos (so Mommsen) quodammodo possunt].

5) Gell. n. a. 5, 13, 2: secundum eos (pupillos) proximum locum parentes habere, qui sese ibidem in fidem patrociniumque dediderunt.

ging hervor aus der Applikation hilfsbedürftiger Fremden, aus der Zuteilung von Unterworfenen, solange es sich um wenige solche handelte, aus der Sklaverei durch Begabung des Knechts mit persönlicher Freiheit. In der Klientel stehen nicht nur einzelne, sondern, wenn der Klient eine Familie gegründet hat, auch diese, und das Verhältnis ist auf beiden Seiten erblich.') Die Klienten sind teils ansässig, teils nichtansässig; der ersteren Klasse waren vom Patronus Teile des Guts zur Bebauung überlassen gegen einen Teil des Ertrags, rechtlich auf Widerruf, thatsächlich, wo nicht besondre Gründe zur Entziehung vorlagen, erblich); die nichtansässigen waren Handarbeiter, welche ihre Geschicklichkeit ebenfalls teils zu eigenem Nutzen, teils für den Herrn verwerteten. Der Klient ist dem Herrn zum Gehorsam und zu Dienstleistungen verpflichtet, aber er ist dabei nicht Eigentum desselben; die Leistungen waren durch das Herkommen auf ein gewisses Mafs beschränkt und trugen zum Teil den Charakter des Pietätsdiensts und der Gegenseitigkeit; denn wie der Klient dem Patron, wenn dieser ins Unglück, Gefangenschaft oder Verurteilung geriet, beizuspringen hatte"), so hatte er in der Not einen Rückhalt an dem Herrn und findet bei diesem Rat für alle Lebensverhältnisse. Benachteiligung des Klienten durch den Patron gilt als ein Impietätsverbrechen1); wie weit andrerseits das Strafrecht des Patrons gegen den sich verfehlenden Klienten ging, ist nicht aus Beispielen von solchen zu ersehen, dafs aber ein solches vorhanden war, aus der Analogie der späteren Freigelassenen zu entnehmen. Im Staat war der Klient nicht durch sich selbst rechtsfähig, sondern nur durch Vermittlung des Patrons, der ihn vor Gericht vertritt. Dafs die Klienten mit ins Feld ziehen, wird berichtet; aber wie ihre Dienstpflicht sich an die Heeresordnung anlehnt, erhellt dabei nicht.5)

1) Dionys.: διέμειναν ἐν πολλαῖς γενεαῖς οὐδὲν διαφέρουσαι συγγενικών ἀναγκαιοτήτων αἱ τῶν πελατῶν τε καὶ προστατῶν συζυγίαι.

2) Fest. p. 246: [patres appellantur, ex quibus senatus [primum compositus; nam initio urbis] conditae Romulus [viros elegit praestantissimos], quorum consilio atque [prudentia resp. ad] ministraretur; atque [ii patres dicti sunt, quia] agrorum partes ad [tribuerant tenuioribus] perinde ac liberis.

3) Vgl. noch in der Republik die Fälle des Camillus und L. Scipio, Liv. 5, 32, 8. 38, 60, 9, wo die Klienten zu Geldstrafen, welchen der Patron verfällt, beitragen.

4) L. XII tab. bei Serv. ad Aen. 6, 609 (fraus innexa clienti): patronus si clienti fraudem fecerit, sacer esto.

5) Dionysius allein verwendet in den Erzählungen aus den ersten Jahrzehnten der Republik diesen Zug und zwar immer nur in aufserordentlichen

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