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Voruntersuchung, für welche Zwecke ihnen viatores beigegeben sind'); aber die Verhaftungen üben sie dann nicht in eigenem Namen, sondern im Hinblick auf das weitere über sie hinausgehende Verfahren; denn selbständige Strafgewalt über Bürger haben sie bei dem allem nicht, sondern nur vorbereitende Thätigkeit dafür. Durch ein papirisches Gesetz erhalten się auch den Auftrag, die Prozefsgelder, welche die unterliegenden Parteien zu zahlen hatten (sacramentum), einzuziehen (oben S. 585 A. 5). Ob sie sonst noch in der Civiljustiz eine Rolle spielten, ist eine speziell rechtsgeschichtliche Frage. Die polizeiliche Wichtigkeit dieses Amts brachte es mit sich, dafs es mit ihrer Verantwortung ziemlich streng genommen wurde, und aus den Fällen, die von der effektiven Geltendmachung derselben noch während ihrer Amtsführung berichtet werden), ist zu ersehen, dafs nicht blofs die ihnen vorgesetzten Magistrate, sondern auch Senat und Volkstribunen ein wachsames Auge über die Amtsführung dieser Funktionäre hatten, zugleich auch, dafs an ihnen der Begriff des minor magistratus in ganz besonderer Weise sich entwickelte.

3. b) Kriegswesen.

Dafs im J. 207 die Wahl der sämtlichen 24 Legionsführer tribuni mil. des ordentlichen Kontingents) der vier Legionen oder zwei konsularischen Heere dem Volke bewilligt war, ist schon mehrfach erwähnt worden (oben S. 832). Dies hatte zunächst nur die Bedeutung, dafs die Kriegsdienste Leistenden ihre Offiziere selbst wählen durften; an den Dienstobliegenheiten wurde dadurch nichts geändert, und mit der bürgerlichen Verwaltung hatten sie nach wie vor nichts zu thun.) Die Wahl findet statt nach der der Konsuln vor dem Beginn des neuen Amtsjahrs, so dafs, während die andern Tribunen erst nach dem Amtsantritt der Konsuln ernannt werden, diese schon mit diesem bereit

1) Wilmanns exempl. inscr. n. 1303: viat(ori) triumvir(um) et IIIIvir(um) (nämlich viar. cur.).

2) Liv. 25, 1, 10 incusati graviter ab senatu aediles triumvirique capitales. Val. Max. 8, 1 damn. §. 5 f. (zwei Beispiele); vgl. auch Ascon. p. 38.

3) 1. repetund. (oben S. 851 A. 3) Z. 2: tribunus mil(itum) legionibus) IIII primis. Der inschriftlich vorkommende Titel trib. mil. a populo scheint der republikanischen Zeit fremd zu sein. Bei Pseudoasc. p. 142 heifsen diese comitiati.

4) Deshalb werden sie auch in dem Gesetz der tab. Bant. nicht unter denen aufgeführt, die auf dieses beeidigt werden.

IIIviri monetales.

IIIIeiri viis purgandis.

stehen. Eine wesentliche Konsequenz ihrer magistratischen Stellung aber ist, dafs sie nun nicht mehr blofs ihren Vorgesetzten verantwortlich sind, sondern auch dem Volk, weshalb sie in Gesetzen, welche die allgemeine Verantwortlichkeit der Beamten regeln, wie im Repetundengesetz, mit aufgeführt werden (oben S. 851. A. 3). Dem wird wohl auch ein allgemeiner Amtseid entsprochen haben. Unter ihnen selbst ist nach Polybius1) ein Rangunterschied, beruhend auf dem als Wahlbedingung vorgeschriebenen Dienstalter von 10 oder 5 Jahren (oben S. 832 f.).

4. c) Mit dem Finanzwesen

haben zu thun die IIIviri monetales), Beamte für Münzherstellung, auch IIIviri aere argento auro flando feriundo genannt. Da diese Magistratur in dem Repetundengesetz von 123 nicht vorkommt, auf dem sie stehen müfste, wenn sie damals schon bestanden hätte, so scheint es, dafs zu jener Zeit das betreffende Geschäft noch nicht durch Magistrate, sondern, wofern dafür nicht die Quästoren verfügbar waren, je nach Bedürfnis der Münzprägung durch aufserordentliche Kommissäre besorgt wurde.") Zu Ciceros Zeit sind sie Magistrate.) Ihr Geschäft ist nur durch den Titel, die allgemeine Angabe bei Cicero und die Produkte, die Münzen, bekannt.")

5. d) Der städtischen Bauverwaltung

gehören an die Beamten für Strafsenaufsicht, IIIIviri viis in urbe purgandis und IIviri viis extra urbem purgandis, bei welchen purgare in dem weiteren Sinne der Erhaltung und Freihaltung des Strafsenkörpers zu fassen ist.) Da die einzige zeitlich datier

1) Polyb. 6, 19, 1.

2) Pompon. in Dig. 1, 2, 2, 30; vgl. Cic. ad Att. 10, 11, 5. Der andre Titel ist für die republikanische Zeit nur bei Cicero bezeugt ad fam. 7, 13, 2 (an Trebatius, der in Gallien ist): Treviros (die Trevirer) vites censeo: audio capitales esse; mallem auro aere argento essent.

3) Mommsen, röm. Münzw. S. 365 ff., wo die Zeit der Einsetzung der IIIviri zwischen 104 und 80 bestimmt wird. Lange 1, 913 nimmt sie als regelmäfsiges Amt schon seit der Einführung der Silberprägung (268) und der Einrichtung der Münzstätte im Monetatempel an.

4) de leg. 3, 6: minores magistratus aes argentum aurumve publice signanto.

5) Vgl. darüber aufser Mommsen a. a. O. Cohen, descr. génér. des monnaies de la rép. romaine, introd. p. XIII-XVII und die Münztafeln dieses Werks.

6) 1. Jul. munic. im Corp. inscr. lat. 1 n. 206 Z. 50. 69.

bare und zugleich zuverlässige Stelle für das Vorkommen derselben das Munizipalgesetz vom J. 45 ist, so ist es fraglich, ob sie überhaupt der Republik zuzuzählen sind.') Dafs auch sie Viatoren hatten, ist inschriftlich bezeugt (oben S. 853 A. 1). Die Bestimmungen des genannten Gesetzes zeigen, dafs sie die nächste Beziehung zu den Ädilen hatten.

Aus dem Angegebenen erhellt, wie wenig der Begriff der niedern Magistratur nach positiven Merkmalen für sich stand. Bei den Xviri stlitibus iudicandis war er vermischt mit dem Begriff des iudex, bei den Militärtribunen mit der militärischen Unterordnung und ihren speziellen Vorschriften, bei den campanischen Präfekten mit lokalen Verhältnissen; nur die Beamten der städtischen Verwaltung, vor allem die IIIviri capitales waren geeignet ihn zu fixieren. Für sie kann auch allein die Vorschrift von Cicero gelten, dafs sie aufser ihrem speziellen Amtskreis überhaupt für Verwendung im öffentlichen Dienst dem Senat zur Verfügung stehen sollten.")

§. 53. Die Diener der Magistrate. 3)

1. Der Begriff des Dieners ist in den meisten Fällen dieser Abgrenzung, Kategorie ein unmittelbar einleuchtender, bei einer dagegen, den deutung dieser

1) Mommsen hält es im Zusammenhang mit seiner Ansicht von der Zusammenfassung der XXVIviri, unter denen sie bei Dio aufgezählt werden (oben S. 849 A. 1), für möglich, dafs sie erst von Cäsar stammen. Lange 1, 915 setzt nach der Angabe des Pomponius in Dig. 1, 2, 2, 29 f., die aber viel Unrichtiges enthält, die IIIIviri in den Anfang des 6. Jhs. d. St., die IIviri vermutungsweise an das Ende desselben.

2) de leg. 3, 6: quodcunque senatus creverit, agunto.

3) Die Quellen für diese Seite des öffentlichen Dienstes bei den Römern sind neben gelegentlichen Notizen der Schriftsteller der erhaltene Teil der 1. Cornelia de XX quaestoribus, der gerade von den Dienern der Quästur handelt, das bei Frontin de aquaed. 100 mitgeteilte s. c. vom J. 11 v. Chr. über die Diener der curatores aquarum, ferner die zahlreichen Inschriften solcher Diener zumal aus der Stadt Rom; vgl. Orelli-Henzen Cap. XI. Ind. 118-122. Wilmanns, exempla inser. cap. VIII, Ind. 568-573, endlich das Gesetz der Kolonie Julia Genetiva (Urso) in Spanien, von welchem der über die municipalen Apparitoren handelnde Teil (eph. epigr. 2, 90. cap. 62 f.) erhalten ist, der auch für die römischen Apparitoren einige Aufklärung giebt; vgl. den Kommentar von Mommsen a. a. O. p. 107 f. Den ganzen Gegenstand hat im Detail behandelt Mommsen de apparitoribus magistratuum Romanorum in Rhein. Mus. 16, 1-57 und Staatsr. 1, 306-355; die Liktoren 357-376.

Inhalt und Be

Kategorie.

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scribae, nähert er sich in dienstlicher und sozialer Beziehung der
Magistratur, so dafs es nötig ist, ihn begrifflich genau fest-
zustellen. Die Merkmale sind der Mangel jeder Initiative, die
Besoldung oder der Lohn'), die Bestellung nicht durch das Volk,
sondern durch die Magistratur.) Im übrigen sind die Arten.
der Dienstleistung verschieden, und es herrscht dem entsprechend
ein Unterschied nicht blofs der Arbeit, sondern auch der Dignität
zwischen der mehr geistigen Beschäftigung der Schreiber und
der körperlichen der übrigen Diener, Liktoren, Accensi, Viatoren,
Präkonen und der noch niedrigeren. Was die soziale Stellung
betrifft, so erstreckt sich die höchste Dienststellung der Schreiber
in den Ritterstand hinein, wenn auch nur in die untern Schichten
desselben), die niederste bis zum Sklaven herab; für die meisten
Kategorieen aber ist es Gesetz, dafs sie aus römischen Bürgern,
Freigeborenen oder Freigelassenen, bestehen'), und diese sind es,
welche den Titel apparitores führen") gegenüber den servi publici,
auch publici allein.

Die Bedienung der Magistrate hat zum Teil neben dem Zweck der Dienstleistung den der Repräsentation, was insbesondere von den Liktoren gilt. Diese letztere Seite wird zum Ausdruck staatsrechtlicher Verhältnisse sowohl gegenüber dem Bürger als unter den Beamten selbst, und es ist dies zu allen Zeiten mit gleicher Genauigkeit und Strenge beobachtet worden, so dafs man wiederum von ihnen aus Schlüsse auf die Rechtsordnung Apparitoren in machen kann. Apparitoren finden sich nicht blofs in Rom, Provinzen. sondern auch in den Landstädten und Provinzen, in den ersteren den römischen nachgebildet, in den letzteren teils aus dem römi

Rom und den

1) merces; vgl. die 1. Corn. und das s. c. bei Frontin, sowie die Jahreslöhne in dem Gesetz von Urso c. 62.

2) Vgl. d. lex Corn. und dazu Mommsen in Corp. inscr. 1. 1 p. 109 f. 3) Dies gilt übrigens nur für die letzte Zeit der Republik, in welcher der Ritterstand sich so auszubilden anfing, wie er in der Kaiserzeit erscheint; aus letzterer vgl. den Perusinus eques Rom. quaestorius scriba und Wilmanns n. 1296 ff.

4) 1. Corn. Z. 6 und sonst: consules de eis, quei cives Romanei sunt, viatorem unum legunto, quei in ea decuria viator appareat.

5) Im s. c. bei Frontin c. 100 werden aufgezählt lictores, servi publici, architecti, scribae librarii, accensi praeconesque, und Frontin unterscheidet dabei c. 101 apparitores et ministeria; unter den letztern sind bei dieser Unterscheidung jedenfalls in erster Linie die servi publici begriffen, sonst wird die Bezeichnung ministerium auch allgemeiner gebraucht, für die scribae Liv. 4, 8, 4 und selbst für magistratische Stellung oben S. 588 A. 1.

schen Dienst mitgenommen, teils dem speziellen Provinzialdienst angehörig1), wobei in republikanischer Zeit die von Rom mitgenommenen im Anschlufs au die römischen bleiben. Die römischen Apparitoren zusammen bilden nämlich ein Ganzes, einen Stand2), der als Anhang an die Magistratur nicht ohne Bedeutung ist.

Gliederung.

2. Die Apparitoren jeder Magistratur treten mit Ausnahme Korporative der Accensi und der Techniker nicht einzeln, sondern in Mehrheit auf und bedürfen deshalb einer Gliederung. Diese haben sie nach den Beschäftigungen (scribae, lictores u. s. w.) und den Magistraten, zu denen sie gehören (scribae quaestorii, aedilicii), und die dadurch sich ergebenden Gruppen werden wieder in Dekurien eingeteilt, ursprünglich nach der Zehnzahl, weiterhin aber, ohne an diese gebunden zu sein.) Wo die zu einer Magistratur gehörige Beschäftigungsklasse mehrere Dekurien hat, sind es deren drei, es kommen aber auch einzelne Dekurien vor. Die Klassen sind organisiert als Korporationen oder Kollegien, und zwar wird, wo eine Klasse mehrere Dekurien zählt, die ganze Klasse das corpus gebildet haben.) Wie jede Korporation hatten auch diese ihre Vorstände und sonstigen Chargen) und waren ausgestattet mit allen Rechten, die einem Kollegium zukommen®),

1) Mit Liktoren zieht der Statthalter schon aus; speziell provinzial sind die Bruttiani Gell. 10, 3, 19: Die zu Hannibal abgefallenen Bruttier ignominiae causa non milites scribebant (Romani) nec pro sociis habebant, sed magistratibus in provincias euntibus parere et praeministrare servorum vicem iusserunt.

2) 1. Corn. Z. 33: eosque viatores eosque praecones omneis, quos eo ordine dignos arbitrabuntur, legunto.

3) Orelli-Henzen 6555 Wilmanns 1321: praeco ex tribus decuriis, qui co(n)s(ulibus), cens(oribus), praetoribus) apparere solent.

4) Wo von dem korporativen Zusammenhang die Rede ist, werden Dekurien genannt, und decuria ist bei Schriftstellern (Suet Aug. 57. Tac. Ann. 13, 27) und in den Rechtsquellen (Digest. 29, 2, 25, 1: servus municipum vel collegii vel decuriae heres institutus est) den collegia tenuiorum und den Tribus der plebs urbana gleichgestellt; aber wenn eine Klasse in mehrere Dekurien zerfällt, so gelten die Vorstände für die ganze Klasse (s. folg. A.).

=

5) decem primi bei den Liktoren, Präkonen (Or. 3216 Wilm. 1309), sex primi bei den scribae quaestorii (Cic. de nat. deor. 3, 74); letztere Stelle zeigt, dafs solche Organisation, die sonst nur aus den Inschriften der Kaiserzeit zu belegen ist, schon der Republik angehört; curatores in der Inschrift der schola Xantha Or. 2502.

6) über das Eigentumsrecht vgl. die Digestenstelle oben A. 4.

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