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Allein andrerseits vermittelt dieses Geschäft doch nicht lediglich eine donatio omnium bonorum, als vielmehr eine Universalsuccession, so daher die Veräusserung des Vermögens in seiner Totalität: in allen seinen Hauptund Nebenbestandtheilen, wie solche von Alters her der Universalsuccession auf den Todesfall überwiesen sind, und so insbesondere auch von nomen, wie aes alienum hereditarium sammt sacra familiaria. 13 Und indem an solchem Objekte von Alters her die Mancipation schlechthin ausgeschlossen war, 14 so beruhte denn nun in der Anerkennung ihrer Rechtsbeständigkeit das Wesen jener Neuerung, die in dem testamentum per aes et libram belegen war.

Solche Neuerung selbst aber ward einestheils von den Paciscenten selbst vermittelt und begründet durch die beiden Clauseln ,,testamenti causa" und „secundum legem publicam", wodurch solcher Mancipation die Funktion als Testament solenn beigelegt ward, und anderntheils wieder zur Geltung erhoben von der Interpretatio, welche, jenen beiden Clauseln Rechtswirksamkeit beimessend, in jener Mancipation ein wahres Testament anerkannte und so, deren Wortlaute entsprechend, dem Zwölftafelgesetze IV, 1: Uti legassit suae rei, ita ius esto subsumirte. Und damit gewinnt denn nun jene Clausel „familiam testamenti causa ex iure Quir. tuam esse" den Werth einer Erbeinsetzung, wie eine

13 Voigt a. O. § 105. Indem beim testam. per aes et libram die beim testam. calatis comitiis conditum platzgreifende Cognition der pontifices (Voigt a. O. § 23) in Betreff der sacra familiaria entfiel, so griffen nunmehr die letzteren ein mit Aufstellung eines Systemes über die Succession in solche beim Todesfalle. Das älteste, nach Cic. de Leg. II, 21, 52 vom pont. max. Ti. Coruncanius aufgestellte System überliefert jener 1. c. 20, 49: illi sc. antiqui his verbis docebant: tribus modis sacris adstringitur hereditate etc., wo hereditas die familia mancipata mit inbegreift. Wegen Coruncanius, cos. 474 vgl. § 5, 8.

14 Voigt a. O. § 35. 84, 5. 101.

Synomynität mit der Institutionsformel heres esto", die Mancipation im Ganzen aber die Funktion des Testaments, so daher auf den familiae emptor eine Universalsuccession: die hereditas übertragend und dementsprechend ihm an Stelle der rei eine hereditatis vindicatio gewährend. Dahingegen waren durch die Struktur der Mancipation an sich ausgeschlossen die sonstigen in den älteren. Testamenten möglichen Dispositionen und insbesondere die tutoris datio, die manumissio, das legatum, 15 wie sonstige autoritative Verfügungen. Allein während für solchen Ausfall der tutoris datio einen Ersatz zu schaffen jeder Ausweg abgeschnitten war, so ward für die letzteren drei Verfügungen ein Surrogat geschaffen und zwar

B. in dem commendatum (Beil. V), das, einen unwesentlichen und accidentiellen Bestandtheil des geschäftlichen Vorganges ergebend, nach Vollzug jener Mancipation als unsolenne Willenserklärung von dem mancipio dans dem familiae emptor ertheilt wurde und durch welches jener die weiteren nach seinem Tode zu vollziehenden Anordnungen in Betreff seiner Verlassenschaft traf, 16 so eine Theilung der Verlassenschaft mit Anderen als Quasi-Legataren17

15 Die Struktur dieses Testamentes schliesst von der Mancipation nicht bloss das legatum per vindicationem, sondern auch sinendi modo und per damnationem in ihrer Conception auf damnas

esto aus.

16 Gai. II, 102: amico familiam suam mancipio dabat eumque rogabat, quid cuique post mortem suam dari vellet; 103 olim familiae emptor heredis locum optinebat et ob id ei mandabat testator, quid cuique post mortem suam dari vellet; Theoph. Par. ΙΙ, 10, 1: λοπὸν ὁ μέλλων τελευτᾶν διετύπου τί ὀφείλει δοθῆναι μετὰ τὴν αὐτοῦ τελευτὴν· ἔλεγε γὰρ τῷ familiémptori, ὅτι βούλομαί σε τῷδε δοῦναι ἀγρὸν, τῷδε οἰκίαν, τῷδε έκατον νομίσματα.

17 Insoweit bei solchen Verfügungen der familiae emptor handelndes Subjekt war, musste derselbe grammatisch als zweite, nicht wie beim Mancipationstestamente jüngerer Figur (§ 45) als dritte Person bezeichnet sein. Daher gehört diesem Testamente an die Formel des legatum sinendi modo bei Prob. Einsiedl. in Gramm. lat. IV, 276 no. 40. 328 no. 32: sine [C. Seium saltum Claudianum]

oder Quasi-Miterben 's verordnend oder auch sonstige Aufträge ertheilend, wie etwa zur manumissio vindicta, zur Errichtung eines Grabmonumentes u. dergl. Und dieser Bestandtheil des Geschäftes, welcher einen der mortis causa donatio beigefügten Modus ergiebt, wie zum mandatum post mortem sich gestaltet, war als unsolenne Verlautbarung einer der Mancipation angefügten geschäftlichen Disposition juristisch unverbindlich und sonach kein Rechtsgeschäft, als vielmehr ein einfaches Lebensgeschäft, allein auf die fides des familiae emtor gestellt: 19 ein fideicommissum ältesten Vorkommnisses, 20 aus dem insbesondere auch dem honorirten Dritten keine Klage auf Erfüllung wider den familiae emtor zusteht. Und zwar unterfiel diese Stellung, welche so durch das commendatum für den familiae emtor begründet ward, in ihrer Beziehung zu der Verlassenschaft dem Begriffe der mandatela: auftragsgemässes Gebahren, wie custodia: Obhut (§ 45, 10. 11), während wiederum die Auszahlung der demselben auferlegten Prästation an den honorirten Dritten für den letzteren einen eigenartigen Erwerbgrund ergab, technisch unter mortis causa capio mit inbegriffen (§ 45, 49).

praesumere sibique habeto, ein Legat, welches für die staatsrechtliche possessio als Surrogat des versagenden legatum per vindicationem geschaffen worden ist: § 47, 5. Andrerseits das letztere mit seinem C. Seio hominem Stichum do, lego entbehrte des juristischen Effects wegen Wegfall der Solennität.

18 Hierher gehört nach Massgabe von A. 17 die Formel: Rem praecipito, sumito sibique habeto: Prob. Einsiedl. cit. 276 no. 41. 42. 326 no. 47. 329 no. 27. Not. Magnon. 298, 15. Scaev. 3 Resp. (D. XXXIII, 8, 26) vgl. § 47, 11. 12. 37, sowie Voigt, XII Taf. § 23, 32.

19 Voigt, Ius nat. III, 211 ff. Die Klaglosigkeit resultirt daraus, dass das commendatum weder lex mancipii oder fiduciae, noch zum Consensualcontrakt construirt war, wie überdem mandatum post mortem, als auch ein zu Gunsten des Dritten vereinbarter Vertrag war..

20 Ferrini, Legati e fedecomm. 33 f. Voigt, Rechtsgeschichte. I.

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Alles dies charakterisirt aber solches testamentum per aes et libram als ein gekünsteltes Geschäft, als ein Gebild, das nicht als freie Gestaltung des Lebensverkehres entwickelt, sondern als dürftiger Nothbehelf ausgeklügelt worden ist, in das Dasein gerufen durch ein dringendes, von der ältesten Rechtsordnung nicht befriedigtes Bedürfniss des Lebens und andrerseits wiederum sanktionirt durch den Machtspruch einer zu dominirender Autorität gelangten Interpretatio, deren Eingreifen hervorgerufen ward durch die Schwerfälligkeit und neuerungsfeindliche Stabilität der älteren Gesetzgebung, so durch kein zweites historisches Vorkommniss in gleicher Schärfe und Klarheit veranschaulicht.

Dabei hatte diese Einführung solchen Testamentes zugleich zur Folge, dass damit gewisse Personen, denen die Fähigkeit für die beiden älteren Testamente mangelte, eine Testirfähigkeit erlangten: ebenso der Jüngling vor erreichter iuventas, somit vor vollendetem 17. Lebensjahre, als auch die Weiber im Allgemeinen. Und dem gegenüber ward denn nun von der Interpretatio die Rechtsordnung aufgestellt, dass in Betreff der impuberes die Testirfähigkeit der gleichen Beschränkung unterliege, wie die Testabilität und die Fähigkeit zur Erwerbung der Tutel: 21 es ward dem impubes die Fähigkeit zur mancipatio testamenti causa singulärer Weise schlechthin negirt und selbst nicht einmal unter tutoris auctoritas freigegeben, 22 wogegen dem mündigen Weibe, abgesehen von der Vestalin, solche mancipatio unter tutoris auctoritas bis in die folgende Periode hinein (§ 46, 15) unbeschränkt belassen wurde. 23

21 Voigt, XII Taf. § 32.

22 Gai. I, 40. II, 113. Ulp. XX, 12. 15. 6 ad Sab. (D. XXVIII, 1, 5); Paul. sent. rec. III, 4a, 1. Diod. in C. Just. VI, 22, 4 pr. I. Just. II, 12, 1.

23 Liv. XXXIX, 9, 7 v. 568; Gai. I, 192. II, 112. 113. 118. 122. III, 43. Ulp. XX, 15.

Im Uebrigen ergab der Umstand, dass dem familiae. emtor das Vermögen des Testator zu eigen übertragen wurde, solche Stellung aber mit einem längeren Fortleben des letzteren geradezu unvereinbar war, die Nothwendigkeit, bei Genesung desselben, insofern nicht durch eine lex fiduciae die Restitution des Vermögens vorgesehen war (A. 11), das Testament durch Errichtung eines anderslautenden testamentum comitiis conditum 24 und somit durch anderweite heredis institutio 25 zu annulliren, da für einen einfachen Widerruf der familiae mancipatio die solenne Rechtsform fehlte. 26

Zweite Periode.

Von der lex Aebutia (513-517) bis zu Ausgang der Republik (725).

Erstes Kapitel.

Soziale Zustände und allgemeine
theoretische Verhältnisse.

§ 10.

Die bürgerliche Gesellschaft. Volkswirthschaftliche Verhältnisse.

Das röm. Staatsgebiet, geographisch in zwei Bestandtheile zerfallend: die apenninische Halbinsel und die

24 Voigt, XII Taf. § 107, 14. I. Just. II, 17, 7, wobei indess Rechtsbeständigkeit des jüngeren Testaments erfordert wird: Pomp. 3 ad Sab. (D. XXVIII, 6, 16 § 1); Ulp. 2 ad Sab. (D. XXVIII, 3, 2); Paul. 1 ad Sab. (D. XXVIII, 2, 7) vgl. Quintil. Decl. 308, sowie § 45, 37. 25 Gai. III, 144. 151.

6 Voigt a. O. § 107, 13.

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