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ist, ein Fall, der sich von dem bei a) angeführten wesentlich dadurch unterscheidet, daß dort gerade nur das versprochene Quantum das wahre Objekt der Obligation ist, während hier die Sache selbst Gegenstand des Vertrags ist, und die Angabe der Größe nur eine Garantie für den Promissar begründet. Hat nun in solchem Falle der Promittent weniger gegeben, als er zugesichert, so kann der Promissar bei einseitigen Verträgen das Interesse, bei zweiseitigen eine verhältnißmäßige Minderung der Gegenleistung fordern, 1. 69. §. 6. de evict. (21, 2), und dies findet selbst dann Statt, wenn durch Zufall, z. B. durch Accession, die über: gebene Sache die zugesicherte Größe wirklich erlangt hat, es müßte denn der Promittent durchaus in bona fide gewesen sein, 1. 13. §. 14. de act. emt. vend. (19, 1). Hätte der Promittent irrthümlich mehr gegeben, so findet eine Rückforderung so wenig Statt, daß z. B. der Verkäufer sogar für Eviktion einstehen muß, wenn ein Theil der verkauften Sache evinzirt wäre, und das dem Käufer Bleibende noch vollständig die zugesicherte Größe hätte, 1. 45. de evict. (21, 2). Wäre ein und derselbe Vertrag über mehrere Sachen abgeschlossen, von denen die eine größer, die andre kleiner als die Zusage ist, so tritt Kompensation ein, 1. 42. de act. emt. vend. (19, 1), vgl. überhaupt Hoffmann S. 102 fgg., Richelmann S. 141 fgg.

4) Wenn der Jrrihum das Rechtsverhältniß der Partheien zum Objekt betrifft (f. g. error in dominio), so hat der Irrthum als solcher auf den Vertrag schlechthin keinen Einfluß, sondern derselbe ist stets als ein außerwesentlicher anzusehen. Es sind hier insbesondere folgende Fälle zu unterscheiden:

a) Der Promittent glaubt über eine eigne Sache zu pazisziren, während er in der That nicht Eigenthümer derselben ist. Sofern nur der Vertrag so beschaffen ist, daß er auch in Betreff einer res aliena Statt finden kann, sofern also nicht ein Dare im strengen Sinn d. W. zu seinem Wesen gehört, bleibt derselbe ungeachtet des Irrthums in voller Nechtsgiltigkeit, vgl. z. B. l. 28, 1. 34. §. 3. de contr. emt.

b) Der Promittent glaubt einen Vertrag über eine fremde Sache abzuschließen, während es wirklich seine eigne ist, z. B. ich verkaufe eine Sache, die in meinem Eigenthum ist, während ich glaube, daß sie dem X. gehöre. Einen Fall dieser Art entscheidet die vielbesprochene 1. 49. mandati (17, 1):

Marcell. Servum Titii emi ab alio bona fide, et possideo: mandatu meo eum Titius vendidit, quum ignoraret suum esse; vel contra ego vendidi illius mandatu, quum forte is, cui heres extiterit, eum emisset: de jure evictionis et de mandato quaesitum est. Et puto, Titium, quamvis quasi procurator vendidisset, obstrictum emtori, neque, si rem tradidisset, vindicationem ei concedendam, et idcirco mandati agere posse, si quid ejus interfuisset, quia forte venditurus non fuerit. Contra mandator, si rem ab eo vindicare velit, exceptione doli summovetur, et adversus venditorem testatoris sui habet ex emto jure hereditario actionem". Also: ich besize in gutem Glauben einen Sklaven des Titius, und gebe dem Eigenthümer, der aber von seinem Eigenthume nichts weiß, den Auftrag, denselben zu verkaufen, und dieser verkauft ihn auch wirklich; wenn er nachher das

wahre Sachverhältniß erfährt, so bleibt er troß seines Irrthums an den Verkauf gebunden (obstrictum emtori"), und fann auch nicht mit Wirksamkeit vindiziren, sondern nur wegen seines Interesses die Mandatsklage gegen mich anstellen. Neber die bestrittene Frage, ob in einem solchen Halle auch eine giltige Eigenthums- Uebertragung Statt finde s. die Erörterungen in Bd. I. §. 311. Anm. 3. S. 570 fgg., wo auch eine eingehende Auslegung der . 49. cit. gegeben ist.

c) Der Promissar glaubt, eine Sache des Promittenten zu empfangen, während er über seine eigne Sache paziszirt. Hier versteht sich von selbst, daß der Vertrag nichtig ist, aber nicht wegen des Irrthums, sondern weil ein Essentiale des Vertrags fehlt, denn,neque pignus, neque depositum, neque precarium, neque emtio, neque locatio rei suae consistere potest, 1. 45. pr. de R. J., vgl. l. 15. depos. (16, 3), l. 16. pr. de contr. emt. (18, 1), I. 9. §. 6. locati (19, 2), l. 21, 1. 33 §. 5. de usuc. (41, 3).

d) Der Promissar empfängt wirklich eine Sache des Promittenten, während er glaubte, sie gehöre einem Dritten. Auch dieser Jrrthum ist unwesentlich, und der Vertrag ist vollkommen rechtsgiltig, denn, wie es hier heißt, plus in re est, quam in existimatione mentis, et ideo, tametsi existimat, se non a domino emere, tamen si a domino ei tradatur, dominus efficitur, l. 9. §. 4. de jur. et facti ignor. (22, 6), l. 4. §. 1. de manum. vind. (40, 2).

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III. Betrifft der Irrthum die Person des andern Paziszenten, so kann dies entweder ein Irrthum über die Identität, oder nur ein Frrthum über die Eigenschaften derselben sein. Im erstren Falle muß der Regel nach Nichtigkeit des Vertrags angenommen werden, 1. 32. de R. C. (12, 1) [„nullum negotium mecum contraxisti hoc enim nisi inter consentientes fieri non potest"], 1. 52. §. 21, 1. 66. §. 4. de furt. (47, 2), was nur die sich von selbst verstehende Ausnahme leidet, wenn in einem konkreten Falle der Konsens durch einen solchen Irrthum gar nicht gehindert erscheint, vgl. Richelmann S. 23 fgg. (wo auch die verschiedenen Ansichten zusammengestellt sind), vgl. Savigny S. 269 fgg. Irrthum über die Eigenschaften des andren Kontrahenteu kann dagegen begreiflich nur insofern in Betracht kommen, als die putative Qualität auf die vertragsmäßige Leistung selbst einen Einfluß äußert, was namentlich bei obligationes in faciendo leicht der Fall sein kann; und darnach müssen denn bei der Frage, ob ein solcher Irrthum wesentlich sei oder nicht, ganz die Grundsäße entscheiden, welche oben für den Irrthum in Betreff der Eigenschaften des Objekts aufgestellt worden sind. Würde nämlich die vertragsmäßige Leistung wegen Mangels der irrig angenommenen Qualität eine wesentlich andre, so muß der Irrthum als ein wesentlicher angesehen werden; würde aber die Leistung nur weniger gut, so muß dem Irrthum als solchem alle Wirksamkeit abgesprochen werden, obwohl begreiflich aus andren konkurrirenden Gründen (besondercs Versprechen, Dolus u. dgl.) für den Jrrenden eine Rechtshilfe möglich werden kann. Etwas abweichend ist Wächter S. 747. Not. 11; s. auch noch Windscheid, Lehrb. §. 76. Not. 6. und dazu Erner, Rechtserwerb durch Tradition E. 279 fg. Not. 88.

IV. Wenden wir uns schließlich noch zu dem Falle, wenn ein Irrthum in den Beweggründen vorkommt, so leuchtet von selbst ein, daß in allen bisher aufgestellten Fällen des Irrthums zugleich ein irriger Beweggrund vorhanden ist, und wir haben also hier nur den Fall noch besonders in's Auge zu fassen, wo gerade nur in den Beweggründen geirrt wird, d. h. wo der Irrthum schlechthin nicht den Inhalt der Willenserklärung, sondern nur solche Umstände betrifft, die blos auf die Entstehung des Willens von Einfluß sind. Wir haben also an Fälle zu denken, in denen sich Jemand durch einen irrig angenommenen Umstand zu einer Willenserklärung bestimmen läßt, deren Juhalt er sich vollkommen richtig vorgestellt hat; vgl. auch Christiansen a. a. D. S. 53 fgg. Hat nun schon die ganze obige Darstellung den Beweis geliefert, daß das römische Recht in nicht wenigen Fällen selbst dann den Jrrthum für unwesentlich und einflußlos erklärt, wenn derselbe nicht blos als Motiv der Willenserklärung erscheint, sondern selbst den Inhalt derselben betrifft, so wird schon dies die Ueberzeugung begründen müssen, daß ein Irrthum, welcher nur in Betreff der Beweggründe vorkommt, jedenfalls unberücksichtigt bleiben muß, und dazu kommt noch, daß eine Gesetzgebung, welche von andren Prinzipien ausgehen wollte, alle Sicherheit und Festigkeit des Vertrags-Verkehrs geradezu vernichten würde. Wirklich ist denn auch im römischen Rechte mehrfach bestimmt ausgesprochen, daß der Irrthum in den Motiven nicht zu beachten sei, vgl. z. B. 3. §. 7. de cond. causa data (12, 4):

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Ulp.
qui dedit ea spe, quod se ab eo, qui acceperit,
remunerari existimaret, vel amiciorem sibi esse eum futurum,
repetere non posse opinione falsa deceptum",

1. 65. §. 2. de cond. indeb. (12, 6):

Paul. Id quoque, quod ob causam datur, puta, quod negotia mea adjuta ab eo putavi, licet non sit factum, quia donare volui, quamvis falso mihi persuaserim, repeti non posse“,

1. 52. eod., 1. 18. §. 3, 1. 38. de dolo (4, 3), 1. 49. mandati (17, 1), 1. 34. pr. de contr. emt. (18, 1). Nur, wenn Jemand in der Meinung einer rechtlichen Verbindlichkeit ein Versprechen ablegt, kann er nicht nur die condictio indebiti auf Liberirung austellen, sondern auch sich einer exceptio bedienen, 1. 5. §. 1. de act. emt. vend. (19, 1), eine Ausnahme, die sich daraus erklärt, daß hier doch die causa in einem juristischen Zusammenhang mit der Willenserklärung steht, vgl. auch Christiansen a. a. D. S. 61 fag., Sintenis II. S. 300 fgg. Anm. 37, Errleben, cond. indeb. S. 38 fgg. Daß übrigens dann, wenn durch den Dolus des Andren irrige Beweggründe erzeugt oder doch benußt werden, Rechtsmittel ex capite doli eintreten, ist nicht allein nicht im Widerspruch mit unsrem Grundsaß, sondern dient wesentlich dazu, ihn zu bestätigen. Diese richtige Ansicht ist denn auch h. z. T. fast allge= mein angenommen, und unter den neueren Juristen hat insbesondre nur Valett die entgegengesette Meinung in Schuß genommen, aber aus sehr schwachen Gründen. Er beruft sich nämlich theils auf die Analogie der Grundsäße über den Irrthum bei Testamenten, was augenscheinlich unpassend ist, da bei Testamenten der Natur der Sache nach ganz andre Grundsäße gelten müssen,

als bei Verträgen, theils auf einige nichts beweisende Stellen, wie namentlich auf 1. 9. pr. und 1. 58. de contr. emt. (18, 1). In der ersten Stelle ist nur gesagt, was auch Niemand bezweifelt, daß nicht blos Jrrthum über das Geschäft und über das Pretium, sondern auch noch anderweiter Irrthum wesentlich sei wo dann Valett ganz willkührlich den Irrthum über Beweggründe fubintelligirt —, und in der zweiten Stelle ist von einem Irrthum über die Eristenz der Sache die Rede (s. eben II. 1. S. 262). Vgl. auch Thibaut a. a. D. S. 114 fgg., Richelmann S. 36 fgg., Frit S. 296 fgg., Sa vigny S. 112 fgg. S. 354 fgg., Arndts §. 237 geg. E., Wächter S. 754 fag., Unger S. 81, Windscheid I. §. 78.

bb) Des Betrugs und Zwangs.

IS. 605.

Die Quellen s. oben bei 82. 84 und §. 185. - Noodt, de forma emendandi doli mali, in opp. I. p. 350 sqq., Nettelbladt, de doli incidentis et causam dantis in contractibus effectu. Hal. 1744. (auch in Ejusd. Exerc. acad. Nr. 3.), Braun, vom Betrug in Verträgen, in den Erlang. gel. Anz. Jahrg. 1752. Nr. V., Gmelin, von den Folgen des Betrugs bei Verträgen, in den gemeinnüßigen jur. Beobacht. und Rechtsfällen. Bd. II. Nr. 13, Glück IV. S. 108 fgg., Neustetel, bonae fidei negotia dolo inita non esse nulla. Heidelb. 1818, Valett, theor. prakt. Abh. Nr. 2, Burchardi, Wiedereins. in den vorigen Stand S. 323 fgg., Koch II. S. 102 fgg., Unterholzner I. S. 79 fgg., Roßhirt in seiner Zeitschrift V. S. 205 fgg., Molitor I. p. 149 sqq., Wächter, Würt. Privatr. II. S. 755 fgg., Unger, östreich. Privatr. I. §. 81. - Gundling, de efficientia metus tum in promissionib. liberar. gentium, tum etiam hominum privatorum. Hal. 1711.(auch in Exerc. acad. tom. II. nr. 2.), Rudolph, de effectu metus in pactis et contractibus. Erl. 1760, Breuning in Siebenkees jurist. Mag. II. 7, Glück IV. S. 167 fgg., V. S. 468 fgg., Werner, die Rechtslehre von der Verbindlichkeit des erzwungenen Willens. Frankfurt 1817, Burchardi a. a. D. S. 351 fgg., Koch II. S. 87 fgg., Unterholzner a. a. D., Roßhirt a. a. D., Kriz Rechtsf. V. 1, Molitor 1. p. 158 sqq., Wächter S. 761 fgg., Unger §. 80, Schliemann, die Lehre vom Zwange. Nost. 1861.

Anm. 1. Was zunächst den Einfluß des Betrugs anf Verträge anbelangt, so versteht es sich ganz von selbst, daß, wenn der Jrrthum, welcher durch den Betrüger hervorgerufen oder benußt worden ist, nach den im vorigen Sen Vangerow, Pandekten. III. 7. Auflage.

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dargestellten Grundsäßen über Jrrthum, als ein wesentlicher erscheint, der Vertrag stets nichtig ist, und die dagegen bisweilen erhobenen Einwendungen (vgl. z. B. Burchardi a. a. D. S. 338) müssen als völlig unerheblich angesehen werden, da ja im Falle eines wesentlichen Jrrthums entweder wirklich ein consensus gar nicht vorhanden ist, oder doch von den Gesezen als nicht vorhanden angenommen wird, und ohne consensus kein Vertrag bestehen kann; und von selbst geht daraus auch weiter hervor, daß in solchen Fällen ganz gleichgiltig sein muß, ob der Betrug von einem Kontrahenten selbst, oder von einem Dritten ausgegangen ist. Soll also von einem besondren Einflusse des Dolus gesprochen werden, so kann nur an solche Fälle gedacht werden, in welchen der Irrthum, den der Betrüger böslich erzeugt oder benußt hat, an und für sich nur als außerwesentlicher angesehen werden könnte, und hiervon allein wird also in dem Folgenden die Rede sein.

1. Wenn ein Betrug bei einem contractus stricti juris vorkommt, so ist es für diesen Fall ganz unzweifelhaft, daß weder der Vertrag nichtig ist, noch auch die Kontraktsklage deßhalb angestellt werden kann, sondern der Betrogene kann sich hier nur mittelst der actio oder exceptio doli helfen, s. auch oben Bd. I. §. 185. Anm. Nur, wenn dem Kontrakte die clausula doli zugefügt war, konnte natürlich die actio ex stipulatu gebraucht werden, 1. 7. §. 3. de dol. mal. (4, 3), 1. 31. de rec. arb. C. 4, 8), 1. 4. §. 16. de doli exc. (44, 4), 1. 19. rem ratam (46, 8), Kaemmerer, de clausula doli mali in contractibus. Heidelb. 1808. p. 88 sqq.

II. Macht sich dagegen ein Kontrahent bei Eingehung eines contractus bonae fidei eines Betrugs schuldig, so soll nach der früher herschenden Lehre zwischen einem dolus causam dans und einem dolus incidens unterschieden, und im erstren Falle Nichtigkeit des Vertrags, im andren aber Anspruch auf Entschädigung Statt finden, vgl. Glück IV. S. 113 fgg. und die dort zahlreich Angeff., Valett a. a. D., Thibaut, Syst. §. 452. u. A. m. Doch wurde auch häufig jener Unterschied verworfen, und allgemein Nichtigkeit des Vertrags angenommen, eine Meinung, die besonders von Noodt cit. vertheidigt, und dann von vielen Späteren adoptirt wurde, vgl. z. B. die bei Glück IV. S. 115. Not. 8. Zitirten. Gewiß mit Recht erklären sich aber die meisten Neueren, bez sonders nach dem Vorgange von Neustetel cit. gegen diese Ansichten, indem sie vielmehr von dem Grundsaße ausgehen, daß auch ein contractus bonae fidei durch einen dabei vorkommenden Dolus niemals vernichtet wird, sondern dem Betrogenen stets nur dem Betrüger gegenüber ein Anspruch auf Schadloshaltung zusteht, ein Anspruch, welcher durch die Kontraktsklage geltend gemacht wird, vgl. z. B. außer Neustetel cit. auch noch Burchardi a. a. D., Koch a. a. D., Wening, Lehrk. §. 228, Mühlenbruch, Lehrb. §. 337, Göschen, Vorles. §. 85, Puchta, Pand. §. 57, Sintenis I. S. 193 fg. II. S. 294 fg., Arndts, §. 237, Molitor I. p. 151. suiv., Wächter S. 756 fgg., Unger I. §. 81. Not. 10, Windscheid I. §. 78 u. A. m.. Was der Betrogene vermittelst dieser Klage erlange, muß natürlich nach Verschiedenheit der Fälle verschieden bestimmt werden; würde er ohne den Betrug das Geschäft gar nicht abgeschlossen haven ist dasselbe also nach dem wahren Sachverhalt gänzlich ohne Interesse für ihn,

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