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setzer und Erhalter derselben. Mit der göttlichen Urheberschaft der Weltschöpfung ist nun aber die forschende Menschheit noch immer nicht ins Reine gekommen. Es kann mir nicht in den Sinn kommen, auf die Prüfung der in dieser Hinsicht sich erhebenden Fragen einzugehen. Ich habe lediglich hier zusammenzustellen, welche, sei es sichere, sei es mögliche,,Anfänge" (Principien) wir von diesen ersten Ordnungselementen in dem Aufbau des arischen und insbesondere des römischen Rechts auch später noch fortgetragen sehen. Der Begriff Natur, „,Physis" 1), ist erst allmälig von der Menschheit und insbesondere bei den Ariern geläutert worden. In dieser Läuterung stehen wir noch immer mitten inne. Wir werden darunter zu fassen haben: Alles, was als Stoff oder Materie nach gewissen Gesetzen bewegt wird. Alles der Natur Angehörige wird bewegt. Diese Bewegung als Resultat einer wirksamen Kraft bildet einen ungeheuren Complex von in Raum und Zeit zur Erscheinung kommenden Thatsachen. Jede einzelne Thatsache ist im Entstehen wie Aufhören endlich. Die gesammte Natur bietet ein fortwährendes Werden und Vergehen dar. Es geht nichts verloren, aber jedes Einzelne hat nur einen relativen Bestand, als ein Vorübergehendes, aus dem sich wiederum ein Anderes entwickelt. Das Begreifen

1) G. Curtius, Griech. Etym. No. 128: Skt. jan, janāmi jajanmi zeuge, jaye nascor, janas Wesen, janus Geschlecht, janita genitor, janitrī genitrix, jātis Geburt Stamm, ved. gnā, später janī Weib. Zd. zan erzeugen, ghena Weib. ἐγενόμην, γίγνομαι werde, γείνομαι werde geboren, γένος Geschlecht, γενετήρ Erzeuger, fem. γενέτειρα, γένεσις Ursprung, γυνή Frau, γνήσιος echt. Lat. gigno genui, genus, genitor, genitrix, gen(t)s, grascor, gener, genius, natura. Goth. keinan keimen, kuni Geschlecht, quinō quēns Sǹjaus, ahd. Altpr. ganna, ksl. zena Frau; lit. gentis Altir. rogenair natus est, gein GeNo. 417: Skt. bhū werden, sein, Zustand, bhūtis Dasein, Wohl

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chind proles, chnuat natura. Verwandter, gente Mannes Bruders Frau, burt, ingen Tochter; cymr. geni nasci. gedeihen, bhavas Entstehung, bhāvas Werden, sein, bhumis Erde; Zend bu sein, werden. φύω zeuge, φύομαι wachse, werde, φυή Wachs, φύσις Natur, φῶμα Gewächs, φυτός gewachsen, φυτεύω pfanze, zeuge, φύλου, φυλή Geschlecht, Stamm, φίτυμα Sprössling, φιτύω zeuge. fuam fui, futurus, fore, futuo; fetus, fecundus, fenus, fenum; osk. fufans erant. Alts, bium, ags. beom; ahd. bim bin; goth. bauan wohnen, bauains Wohnung. Ksl. byti, lit. buti sein; butas Haus, Hausflur. Altir, bin fio, sum, bói fuit, Inf. buith esse,

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dieser gesammten Thatsachen-Entwickelung ist die Aufgabe, von der sich die Menschheit, so lange sie bestehen wird, wenigstens Einiges zu sicherem Verständniss zu bringen hoffen darf. Selbständig in die Erörterung dieser Aufgabe einzugehen, liegt ausserhalb der Grenzen des in diesem juristischen Werk zu Besprechenden. Ich meinerseits habe hier bloß zusammenzufügen, was wir im Schoosse einiger arischer Hauptvölker schon als älteste ,,Principien" der als Natur oder als Gegensatz zur Natur aufgefassten ,,Ordnung" nachzuweisen im Stande sind, und was hiervon auch in der späteren Entwicklung der arischen Völker noch immer als alte Grundlage der ,,Rechtsordnung" erkennbar ist. Ich fasse es in vier, freilich alle in Betracht kommenden Fragen nur eben andeutende, Punkte.

1) Die Natur umfasst sowohl die anorganische wie die organische Materie. In Beziehung auf erstere befinden wir uns auf der Erde in einem ungünstigen Beobachtungspunkte. Kaum das ganze Sonnensystem, zu dem wir gehören, vermögen wir zu überblicken. Und gar das unendliche Meer der Sternensysteme! Doch aber sehen wir wenigstens das, dass eine sie alle durchziehende gleichartige Materie von den Gesetzen der Schwere regiert wird. Das ahnen auch schon die Altarier. Sie staunen das rita, die ratio, den xóoμos an, dass die Sonne, der Mond, die Sterne nicht vom Himmel fallen; dass in festem, unabänderlichem Wechsel der Nacht die Morgenröthe folgt; dass dann die Sonne ihre aller Orten lebenspendende Macht entfaltet; dass in den Jahreszeiten ein sicherer Kreislauf der emporblühenden ausreifenden Gaben der Mutter Erde gegeben ist; dass von allem Segen der Erde unter dem Schutze der Açvin (Dioskuren) sich ein Theil auf dem Heerde jedes Hauses sammelt. An die Elemente der das ganze Weltall durchziehenden anorganischen Natur schließt sich auf der Erde die organische. Ob eine solche auch auf den übrigen Gestirnen bestehe, können wir nur vermuthen. Die irdische organische Ordnung beruht auf der, die Pflanzen-, Thier- und Menschenwelt beherrschenden, Spaltung des männlichen und weiblichen Geschlechts. Es ist das „ewig Männliche" vom ,,ewig Weiblichen" geschieden, um aus der Paarung

Beider den Bestand und die immer weitere Ausbreitung der organischen Wesen auf der Erde herzustellen.

2) Die gesammte anorganische wie organische Welt beruht auf dem Gesetz der geschichtlichen Entwicklung. Alles ist, das können wir deutlich erkennen, aus kleinen Anfängen hervorgegangen. Die großen Weltkörper sind offenbar aus wenigen primitiven Elementen herausgewachsen. Alles ist in Bewegung, durch die Bewegung sind die Körper des Himmels zusammengeballt, die Bewegung hält das Ganze in fester Ordnung. Die Himmelskörper sind insgesammt einem geschichtlichen Werden unterworfen, wonach sie sich zu ungeheuren Wärmebällen zusammenschliessen, um später sich zu erhärten und zu erkalten. Wie viele Billionen Jahre der ganze Entwicklungsprocess dauern mag, ist begrifflich gleichgültig. Er ist in seiner Gesammtheit, wie jede einzelne darin liegende Thatsache, ein im Beginn wie im Ausgange Endliches. Die ganze Weltentwicklung ist nicht die Einzelthatsache der Schöpfung, der dann der Ruhebestand des Geschaffenseins folgte, sondern sie ist unablässiges Entstehen und Vergehen.

3) In der geschichtlichen Entfaltung des Weltalls zeigt sich nach allen Seiten hin der Gegensatz von Materie und Geist (vous). Und zwar beherrscht der Geist die Materie. Vorzugsweise in den organischen Wesen der Erde tritt dies zu Tage. Die sämmtlichen Wesen stehen in einer Stufenfolge da. Ueber den anorganischen Dingen, die selbst wieder in einer geschichtlichen Reihenfolge erscheinen, erheben sich die organischen als die höheren. Und wieder die organischen Wesen bilden eine unendliche Reihe von Stufen, die vom Niederen zum Höheren aufsteigen. In dem Begriff des Niedrigen und Hohen liegt, dass sie alle nach einem geistigen Maasse gemessen werden. Durch die gesammte Pflanzen- und Thierwelt hinauf bis zum Menschen, als dem obersten, d. h. am vollkommensten organisirten, irdischen Wesen, geht die Stufenfolge. Es kann hier abgesehen werden von der Frage, ob immer das Höhere aus dem Nächstniedrigen nach dem Paarungsgesetze emporgewachsen sei. Jedenfalls ist im grossen Ganzen das Niedrigere das historisch Frühere. Die Menschheit also, als die höchstentfaltete Organisation, ist das letzte

Glied der ganzen Entwicklung, die (wie man zu sagen pflegt) „Krone der Schöpfung". Aber diese Oberststellung der Menschheit auf der Erde ist nicht von vornherein eine entfaltete. Sie ist zu Anfang nur erst in der Anlage vorhanden. Die Anlage aber bedarf einer langen Erprobung und Entwicklung, um zu manifestiren, zu was sie sich überhaupt ausgestalten könne. Auch sie steht unter dem geschichtlichen Entwicklungsgesetz. Darin liegt mit Nothwendigkeit ein Doppeltes. Es besteht für die Menschheit ein Ziel, wohin sie, falls sie die ihr gewordenen Kräfte richtig verwendet, gelangen kann. Und andererseits : es besteht ein prädestinirter Plan, demzufolge die Organisation des Menschenthums von vorn herein sich so gestaltet hat, dass sie im Stande ist, ihr Ziel zu erreichen. Man kann also nicht in der Weltentwicklung ein Product des blinden Ungefährs oder des todten unabänderlichen Fatums erblicken, sondern muss das System der Welt als Werk einer höheren Intelligenz auffassen. Und wenn das, so kann man diese Intelligenz sich nicht bloss als im Anfange der Schöpfung oder in den wichtigsten Thatsachen wirksam denken. Man hat sie vielmehr als immerfort bis ins Kleinste hinein das Ganze leitend aufzufassen. Denn die Weltentwicklung zeigt aller Orten, dass gerade die wichtigsten Thatsachen aus den anfänglich unscheinbarsten Ursachen hervorgehen. Also, wenn man überhaupt eine prädestinirte Entwicklung annimmt, muss die Leitung schon im Kleinen begonnen haben. Alles mithin im Weltentwicklungsprocess ist bis ins geringste Detail hinein in Anlage und Ziel ein einziges geistiges Ganzes, ein All-Durchgöttlichtes (лav Jɛós).

4. (Die Naturordnung. Fortsetzung.) - 4) Haben wir die gesammte Welt als einen geschichtlichen Entwicklungsprocess, oder als einen ungeheueren Complex von endlichen, als Ursache und Wirkung mit einander verbundenen, Thatsachen aufzufassen, so erhebt sich nothwendig die Frage nach dem ausser und vor der Welt Liegenden, nicht durch eine endliche Thatsache Hervorgerufenen. Wir Menschen können diese Frage nach dem Transscendenten wohl aufwerfen und umschreiben, aber nicht beantworten. Das menschliche Denken

ist so sehr in Raum und Zeit und den thatsächlichen Entwicklungsgang der Welt gebannt, dass wir uns ein reines, ohne gewordene Materie bestehendes Sein gar nicht vorstellen können. Und doch werden wir zur Annahme desselben gedrängt, auch wenn wir es nicht direct zu beweisen vermögen. Dies Gedrängt werden liegt darin, dass wir ohne diese Annahme zu noch viel unbegreiflicheren Voraussetzungen gelangen müssten. Wir müssten sagen, dass die durch feste Gesetze des vous beherrschte Weltmaterie ohne vous entstanden wäre. Wir müssten also das, was gerade die Hauptsache ist, völlig unerklärt lassen. Ist jene erstere Annahme eines obersten transscendentalen Seins etwas Unbewiesenes, so wäre die zweite Annahme der voùs-losen Entstehung einer vous-vollen Materie etwas Sinnloses. Gehen wir aber von der freilich unbewiesenen, auf Glauben gestützten, Voraussetzung der im Anfang wie im Fortbestande vous - vollen Weltentwicklung aus 1), so haben wir mit Nothwendigkeit in demjenigen Theile der irdischen Welt, in welchem die vous - volle Anlage am klarsten in die Erscheinung tritt: in dem Bestande der

1) Die christliche Lehre nennt den die ganze Weltentwicklung durchziehenden Gott: den Sohn. Dieser, der vor Abraham war (Ev. Joh. 8, 58), ist nach ihr Fleisch geworden, um die der Erlösung durch sich selbst nicht fähige Menschheit vor Gott durch den Glauben zu rechtfertigen und sie durch den heiligen Geist zu leiten. Da die gesammte Welt der geschichtlichen Entwicklung unterliegt, also endlich ist, so muss auch der Sohn schliesslich aufhören, und das Ende aller Dinge muss das völlige Aufgehen im Gott Vater, oder das allgemeine Geschichtloswerden des reinen absoluten Guten werden; Ev. Joh. 1, 1: Das Wort war bei Gott. 9: es war in der Welt und die Welt ist durch dasselbige gemacht; Tit. 1, 2: Gott vor den Zeiten der Welt; Coloss. 1, 2: danksaget dem Vater . . welcher uns versetzet hat in das Reich seines lieben Sohnes . . welcher ist ein Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erst. geborene unter allen Creaturen, denn durch ihn ist Alles geschaffen, das im Himmel und auf Erden ist; 1. Cor. 15, 24: das Ende, wenn er das Reich Gott und dem Vater überantworten wird; 28: wenn aber Alles ihm unterthan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst unterthan sein dem, der ihm Alles übergeben hat, auf dass Gott sei Alles in Allem. Vgl. auch Goethe (Wilh. Meist. Ausg. in 40 Bd. XIX 337): „Wenn wir uns als möglich denken können, dass der Schöpfer der Welt selbst die Gestalt seiner Creatur angenommen und auf ihre Art und Weise sich eine Zeit lang auf der Erde befunden habe, so muss uns dieses Geschöpf schon unendlich vollkommen erscheinen, weil sich der Schöpfer so innig damit verbinden konnte. Es muss also in dem Begriff des Menschen kein Widerspruch mit dem Begriff der Gottheit liegen."

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