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Fünfecks zusammenstossen, entsprechen entweder dem tuber parietale oder liegen über ihm. Rücken sie nahe an die Pfeilnaht hinauf, so werden die seitlichen Ränder des Fünfecks selbst nach oben konvergent, wodurch der Kontur der Hirnschale fast die. Form eines Spitzbogens annimmt, wie bei den skaphokephali.

Herodot (484-425 v. Chr.) berichtet in seinen iorogiai, dass nach der Schlacht bei Platää (Hochsommer 479), nachdem die Toten ringsherum von Fleisch entblösst (τῶν νεκρῶν περιψιλωJevtov Tàs σágzas) und die Knochen an einen Platz zusammengetragen waren, ein Schädel gefunden wurde, der keine Naht hatte, sondern aus einem Knochen bestand (ευρέθη κεφαλὴ οὐκ ἔχουσα ῥαφὴν οὐδεμίαν, ἀλλ ̓ ἐξ ἑνὸς ἐοῦσα ὀστέου). Bei Homer (9. Jahrhundert v. Chr.) finden wir eine Schilderung des Thersites, der neben andern Schönheitsfehlern mit einem kahlen Spitzkopf (fliehende Stirn und ausgezognes Hinterhaupt Zuckerhutkopf) ausgestattet war: φοξὸς ἔην κεφαλήν, ψεδνὴ δ ̓ ἐπενήνοθε λάχνη.

Die dicht auf dem Knorpel entstehenden und ihn belegenden Deck- oder Belegknochen des ursprünglich häutigen, dann knorpligen Schädels, hier speziell des Schädeldachs wachsen gleichmässig strahlenförmig von den Verknöcherungspunkten aus nach allen Seiten gegen die Peripherie und entstehen auf diese Weise die Ecken der Schädelknochen als das Letztgebildete. Da nun die Schädelknochen anfangs eine rundliche Kontur (Aussenlinie) haben, so wird, wenn mehrere solche Knochenscheiben zusammenstossen, zwischen diesen ein Raum übrig bleiben müssen, der so viele Ränder hat als Knochenteile ihn begrenzen. Dieser nur durch häutige Bedeckung (Mesoderm) verschlossne Raum heisst Fontanelle fonticulus, wegen der Formähnlichkeit altdeutsch von den Hebammen jetzt noch Blättlein genannt. Der Ausdruck Fontanelle stammt nach Hyrtl daher, dass man vorzeiten bei gewissen Gehirnkrankheiten das Glüheisen an jener Stelle der Hirnschale an wandte, wo im Kind sich die Stirnfontanelle befand und die Brandwunde längre Zeit offen und fliessend erhielt, um die humores peccantes des Gehirns herauszulassen. In diesem Sinn, als eine eiternde, künstlich erzeugte und durch die Anwesenheit fremder Körper unterhaltne Kontinuitätstrennung wird der Name Fontanelle auch in der heutigen Chirurgie gebraucht. Weil nun das Scheitelbein im entwickelten Zustand vier Winkel hat, so wird an jedem derselben im fetalen Zustand eine Fontanelle vorkommen müssen,

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weil aber die obren Winkel beider Scheitelbeine aneinander stossen, somit ihre Fontanellen zusammenfliessen, so können nur sechs Fontanellen vorkommen, von denen die vordre grosse oder Stirnund die hintre kleine oder Hinterhauptfontanelle unpaarig, die vordre und hintre Seitenfontanelle (Keilbein- und Warzenfontanelle) paarig angebracht ist. Wo in der Schläfengrube Stirnbein, Scheitelbein, grosser Flügel des Keilbeins und Rand der Schläfenschuppe sich nachbarlich begegnen, da liegt vor der vollkommnen Verknöcherung die Schläfenfontanelle; zwischen der hintren untern Ecke des Scheitelbeins und dem Warzenteil des Schläfebeins liegt die Warzenfontanelle. Am ausgetragnen Kind existiert nur mehr die grosse viereckige Stirnfontanelle, deren Viereck einen Rombus mit einwärts gebognen ungleich langen Rändern bildet, ähnlich den Papierdrachen der Kinder. Sie entsteht durch Zusammenstoss der beiden Stirn- und Scheitelbeine; der (vordre) Winkel, unter welchem die Stirnbeine zusammenstossen, ist spitz, der (hintre) der zusammenstossenden Scheitelbeine stumpf. Bei Fetusen aus dem 5. Monat reicht der vordre Winkel noch bis zur Nasenwurzel hinab. Die Hinterhauptfontanelle ist um die Zeit der Geburt schon durch die Spitze der Hinterhauptschuppe fast vollständig ausgefüllt. Beim Fetus ist sie dreieckig und viel kleiner als die Stirnfontanelle; die Seitenfontanellen sind ebenfalls regelmässig schon im Fetalleben verstrichen, ausnahmsweise noch als Spuren beim Neugebornen vorhanden. Merkwürdig ist die Vergrösserung der Stirnfontanelle bis nach zurückgelegtem 9. Lebensmonat, eine Erscheinung, auf die Elsässer (Der weiche Hinterkopf, 1843) zuerst aufmerksam gemacht hat und welche durch das Schädelwachstum bedingt ist. Die Stirnfontanelle ist nämlich während des ersten Lebensjahres am kleinsten beim Neugebornen und im Verlauf der ersten drei Monate, dann vergrössert sie sich bis zum Ende des 9. Monats, und erst vom 10. Monat an wird sie wieder kleiner. Elsässer (1808-1874) hat hiefür folgende Erklärung gegeben. Die Stirnfontanelle bildet ein Viereck, dessen Spitzen nach vorn und hinten, rechts und links gestellt sind. Durch die Ecken laufen zwei Knochenspalten des Schädels, eine Querspalte (Kranznaht) und eine Längenspalte (Stirn- und Pfeilnaht). Stellen wir uns nun vor, das Flächenwachstum der Schädelknochen geschehe so, dass sich an ihren Rändern immer neue Streifen ansetzen, so werden durch die an den zwei Rändern jeder Spalte neu ent

standnen Ansätze die betreffenden Knochen auseinander getrieben und wird dadurch der Kopfumfang vergrössert. Betrifft es die in die Fontanelle einmündenden Spalten, so muss dieselbe, wenn ihre Ränder nicht gleichzeitig auch wachsen, nach allen Seiten grösser werden. Die Fontanellenränder wachsen nun allerdings, allein sie wachsen nur in demselben Verhältnis wie die Spaltränder, und dies genügt schon, die mechanische Vergrösserung der Fontanelle zu erklären. Diese Vergrösserung der Fontanelle dauert also so lang fort als die Ränder der Spalten in demselben raschen Verhältnis wie die der Fontanelle selbst fortwachsen. Es tritt aber ein Zeitpunkt ein, wo jene im Wachsen allmählich nachlassen und gleichzeitig der Gesamtkopf in einem langsamern Verhältnis sich ausdehnt. Es ist dies der Zeitpunkt, wo die Ränder der Spalten zu verknöchern beginnen, indem sie mit den festen Knochenzacken ineinander greifen und Nähte im engern Sinn bilden. Die Folge hievon ist, dass diese Knochenränder sich nicht mehr auseinanderschieben können und dass das unveränderte Fortwachsen der noch freien Fontanellenränder nun die allmähliche Verkleinerung der Fontanelle zum Resultat hat. Dieser Zeitpunkt der gleichzeitigen Nahtbildung und beginnenden Verkleinerung der Stirnfontanelle tritt bei gesunden Kindern um den 9. Monat oder am Ende des Säuglingsalters ein. Die Fontanelle erreicht aber ihre vollkommne Schliessung nicht leicht vor dem 15. Lebensmonat, in der Regel erst gegen Ende des 2. Lebensjahres. Die durch die Fontanelle begünstigte Verschiebbarkeit der von ihr ausgehenden Knochenspalten-wenn an der Stelle der Fontanelle Ecken zusammenstössen, würde der Raumn, in welchem diese auswachsen könnten, viel enger sein bleibt nur bis in die Mitte des 2. Lebensmonats; von da an erscheint der häutige Verschluss der Fontanelle in einem unnachgiebigen Rahmen ausgespannt. Die Grössenverhältnisse der Stirnfontanelle nach dem Alter finden wir bei Elsässer angegeben. Das Wachstum der Schädelknochen in die Breite geschieht vorzugsweise von den Rändern aus, während die Zunahme in die Dicke durch Ansatz neuer Knochenmasse an die Flächen der bereits fertigen Knochen erfolgt. Elsässer hat, obwohl seine Beobachtungen richtig, die Erklärung zu einseitig fast nur in einem selbständigen Wachstum der Schädelkapsel gesucht. Es hängt das rasche Schädelwachstum und die Ausdehnung der Stirnfontanelle zusammen mit dem raschen starken Wachstum des Gehirns, denn Hirn und Schädel wachsen Daffner, Das Wachstum des Menschen. 2. Aufl.

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miteinander. Dafür liefert auch einen Beweis der Horizontalumfang des Kopfes, von welchem wir auf den Inhalt, die Hirnmasse schliessen können. Ganz ausserordentlich ist nämlich dieses Wachstum des Kopfumfangs im ersten Lebensjahr und hängt dies offenbar ausser mit dem raschen Körperwachstum auch mit der Fülle der neuen Eindrücke durch die Aussenwelt und der geistigen Aufnahme zusammen. Beim Neugebornen beträgt nach meinen Messungen der durchschnittliche Kopfumfang 34,5 und am Ende des ersten Lebensjahres 46,7 cm, und zwar nimmt der Umfang in unverhältnismässig rascher Weise im ersten Halbjahr zu, indem er am Schluss des 6. Lebensmonats 42,8 cm beträgt, also mehr als das Doppelte wie im zweiten Halbjahr; entsprechend verhält sich das Körperwachstum, das bei einer Länge des Neugebornen von 52 cm am Ende des 1. Lebensjahrs auf 77 cm ansteigt und am Schluss des 6. Lebensmonats schon 69 cm beträgt. Mit dem Beginn des zweiten Halbjahres tritt nun ein neuer physiologischer Wachstumsvorgang hinzu und ist anzunehmen, dass er als Ankündiger einer neuen Ernährungsweise mit dem nunmehr langsamer fortschreitenden allgemeinen Wachstumsprozess in Zusammenhang steht, der Zahndurchbruch. Im ersten Lebensjahr ist die harte Hirnhaut regelmässig, im zweiten noch häufig mit dem Schädeldach fest verwachsen, so dass bei Eröffnung der Schädelhöhle die harte Hirnhaut und das Schädeldach zugleich abgenommen werden

müssen.

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Eine geringe Breite des Gaumens, von den Stockzähnen der einen Seite zu denen der andren gemessen Spannweite der Zahnreihen bildet, wie Brücke angibt, ein wesentliches Moment für die Schönheit eines Kopfes. Sie bedingt und ist natürlich bedingt durch einen nicht zu breiten Unterkiefer, bei dem es möglich wird, dass er sich vom Hals nicht durch eine Terrasse absetzt, sondern dass auch ohne sehr reichliches Fettpolster des letztern die Wangenfläche zwischen Ohr und Mundwinkel kontinuierlich in den seitlichen Teil der Oberfläche des Halses übergeht. Ich fand folgende Maasse an einem normalen Mannesschädel (Skelett): Gaumenlänge, von der Basis der spina des harten Gaumens, spina nasalis posterior, bis zur innern Lamelle des Alveolarrands zwischen den mittlern Schneidezähnen 53 mm; Gaumenmittelbreite, zwischen den innern Alveolenwänden an den zwei Stockzähnen 40 mm, und Gaumenendbreite an den

beiden hintern Endpunkten des Gaumens bezw. der innern Alveo-
larränder 38 mm (Horizontalumfang des Schädels 50,9 cm); an
einem normalen Weibesschädel (Horizontalumfang 49,2 cm) fand
ich: Gaumenlänge 47 mm, Gaumenmittelbreite 41 und Gaumenend-
breite ebenfalls 41 mm. Der bereits angeführte Mannesschädel (Hori-
zontalumfang 51,9 cm) ergab Gaumenlänge 50 mm, Gaumenmittel-
breite 40 und Gaumenendbreite ebenfalls 40 mm. Bei dem erwähnten
rachitischen Schädel erhielt ich: Gaumenlänge 51 mm, Gaumen-
mittelbreite 43 mm und Gaumenendbreite 40 mm; bei dem Neger-
schädel: Gaumenlänge 68 mm, Gaumenmittelbreite 42 mm und
Gaumenendbreite 42,5 mm. Ich bemerke, dass ich als Gaumenmittel-
breite stets den Abstand an den bezüglichen innern Alveolarrän-
dern messe, nicht, weil weniger fest wegen der verschiednen
Wölbung bestimmbar, am Gaumenboden.

Nunmehr gehen wir über zur Betrachtung der
Entwicklung der Körpergrösse und des Kopf-
umfangs

vom Neugebornen bis zum 11. Lebensjahr.

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