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brauchte ja nur etwas Geld aufzuwenden? Aber man wird durch Lotterie so selten reich, daß Tausende schon arm geworden. Die Lotterien sind schon so eingerichtet, daß man allzeit wenig dabei gewinnen kann. Und Sie wagen nicht wenig, wenn Sie in die hiesige sehen. Der erste Einsatz ist zwar nur gering, aber man muß fortfahren und dann steigt es sehr hoch. Ueberdies ist jezt die Zeit nicht, wo Sie gut einsegen können; Sie müßten wenigstens noch etwas warten. Dazu ist ja in Baireuth auch eine Lotterie; warum wollen Sie lieber in die hiesige einsegen? Glauben Sie in dieser etwan viel zu gewinnen? Aber das können Sie ja auch in der Baireuther, wenn Sie nur viel einsegen wollen."

XXIII. Rückkehr nach Hof. Aufenthalt daselbst. Zunehmendes Misgeschick.

Ueberdies

schrieb er aus Leipzig am 21. Juni

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1784 -bin ich jest in verdrießlichen Umständen, denn ich habe kein Geld; doch habe ich dafür nicht

wenige Schulden und gebe mir täglich Mühe, die als ten mit neuen zu vermehren. Doch hoff' ich bald Geld zu bekommen *); und ich kann darauf um desto eher rechnen, weil es mir neulich wirklich geträumt hat, daß ich in kurzem der reichste Mensch auf Gottes Erdboden werden solle."

Nun bereitete er die Mutter auf seine Flucht aus Leipzig vor, ungeachtet er noch einige Hoffnung hegte, sie abwenden zu können.

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Wenn ich nun einmal, sagte er, wieder, wie gewöhnlich gefahren kåme, wo sollte ich doch in dem Hause, wo Sie jest (nach Verkauf des eigenen) wohnen, Plag nehmen? Benachrichtigen Sie mich also, ob ich mir versprechen dürfe, ein bequemes Loch zu finden, in das ich bei meiner Ankunft kriechen könnte." Mein Buch in H** ist nur ein abgeschriebenes aus andern Büchern**) und ich frage also wenig dar=

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*) Durch den Verkauf des Manuscripts vom zweiten satyrischen Werk.

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**) Schon im Dezember 1783 hatte er der Mutter ge=. fchrieben:,,In H** liegt ein blau eingebundenes Schreibbuch von mir mit dem Titel: Verschiedenes aus den neuesten Schriften. Zwölfter Band." Ich gab es Sophien zu lesen; fordern Sie es zurück; vergessen Sie es ja nicht." Die Mutter konnte es aber nicht zurück erhalten.

nach. Ich schenke es also der Mademoiselle von Herzen gerne und muß es wol, da ich mich (Sie werden in Hof unfehlbar schon davon gehört haben) entschlof= sen habe, dieselbe nächstens zu ehelichen. Den Hochzeittag werd' ich Ihnen gewiß im nächsten Briefe melden. Sie geht hier ganz im Stillen vor sich und meine Braut wird wol den 11. Julius schon vom Hause abreisen.

Sie sehen, ungeachtet es mir toll ge= het, bin ich doch lustig und fahre wohl da= bei. Sie sollten es auch sein."

„Ich habe zu diesem Brief nur einen elenden Wisch genommen, wie Sie sehen; und ich ersuche Sie, mir das abzugewöhnen. Meines Erachtens sollte ein jun ger Mensch, wie ich bin, sich ordentlicher halten. Wegen der Lotterie schreib' ich Ihnen, wenn Sie mir geantwortet haben; vielleicht antworten Sie mir darum desto eher. In der Hoffnung, daß Sie mir wenigstens in einem Vierteljahre wieder schreiben, verharre ich Ihr gehorsamer Sohn."

Pauls Aufenthalt in Leipzig dauerte, nachdem er diesen scherzhaften, oder bittersüßen Brief geschrieben hatte, nicht viel långer als noch ein Vierteljahr.

Schon am 16. November befand er sich in Hof und schrieb an Derthel: Ich schicke Dir hier Deinen Mantel und blos die kalten Winde, von de= nen ich mir keine Vorstellung in Leipzig gemacht hatte, sind schuld, daß ich Dir für ihn, so wie für die Ueberziehhosen weit mehr danken muß als ich anfangs ndthig zu haben glaubte; öhne beide wåre ich — um ohne Hyperbel zu reden — sicher ganz hart gefroren bei den Meinigen angekommen, statt daß ich jest nur blos die rechte Hand erfroren habe. Ich kann kaum mit ihr mehr schreiben, wie Du leicht sehen wirst. Kehret diese unbeweglichkeit derselben, wie es bei allen erfrornen Gliedern gewöhnlich ist, jeden Winter zu= rück: so bin ich gezwungen, nur im Sommer Satyren zu machen und dem bekannten Stachelschweinmenschen in London zu gleichen, der seine Stacheln allzeit im Winter abwarf und die Umarmung seiner Frau auf seine Mauserzeit verschob."

„Der Zwickauer Postmeister hielt mich wegen meiner Haare für einen Griechen und fragte, ob ich des Handels wegen nach Plauen ginge."

„Ich reisete unter Hermanns Namen hieher und erst unter dem hiesigen Thore gab ich meinen an.“

,,Ich hörte unterwegs einen Bauern zu einem an

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dern, der unter der Oberherrschaft seines Weibes stand, sagen: „Du hast an ihr deinen Mann gefunden.“ Ich halte das beinahe für ein Bonmot. Nichts kann wol mehr ein schönes Gesicht verschönern als eine schmale Binde, die eine Verlegung anzeigt, quer über die Stirn gebunden; ich sah dies an einem schdnen Mädchen unterwegs. Man sollte sich dadurch fast versuchen lassen, seiner Frau von Zeit zu Zeit geschickt einige Stirnwunden beizubringen, um sie in die Nothwendigkeit zu sehen, sich mit dieser Bandage zu zieren.“

„Ich werde Dir bald mein Manuskript zuschicken, damit Du es an Reich übergibst. Meine Hand, die sich immer mehr verschlimmert, und die Post, die abgehen will, verbieten mir, dieses Papier aus einem bloßen Frachtzettel in einen Brief zu verwandeln; Du hast also noch nichts zu beantworten, bis ich Dir wie der geschrieben habe.“

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N. S. Ich habe meinen Brief nach der Regel Swifts geschrieben: wenn man an einen Freund schreibt: so muß man sich nie dazu auf den Urm stügen als höchstens bis der Brief fertig ist."

Un demselben Tag, am 16. Nov. knüpfte er wieder an oder sezte vielmehr fort die alte Ver

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