von Catull, XXIX angeführt und n. 5, v. 35 ist das cinaede Luci aus Catull. XXIX, 5 cinaede Romule entnommen. Da nun das vierte Stück mit dem dritten durch den gleichen Inhalt verbunden ist, so liegt die Vermuthung nahe, dass alle diese vier Gedichte von einem und demselben Verfasser herrühren. Nun kann aber n. 5 wegen der im Eingange erwähnten persönlichen Verhältnisse nicht von Vergilius geschrieben sein und auch die Parodie auf den Phaselus, deren Verfasser sich über Gallia cisalpina so lustig macht, wird man schwerlich dem poeta Mantuanus zuschreiben können; ich glaube daher sämmtliche vier Stücke unserem Dichter absprechen zu sollen. Auch über das zweite Gedicht wird man wol dasselbe Urtheil fällen müssen; das Zeugnis des Quintilianus ist nach dem oben Bemerkten von keinem entscheidenden Gewichte. Ob aber diese Gedichte etwa mit Rücksicht auf die Anklänge an Catullus dem Verfasser der Ciris, der den Catullus so häufig nachgeahmt hat, zuzuschreiben seien, will ich dahingestellt sein lassen. Das 13. und 14. Stück sind an einen gewissen Octavius Musa gerichtet, ohne Zweifel denselben, welcher im Eingange des Culex angeredet wird (vgl. Ribbeck praef. p. XIX). Wenn nun der Culex kein Erzeugnis des Vergilius ist, dann können natürlich auch diese beiden Epigramme nicht von ihm herrühren 5). Ueber die Nummern 1 und 12 lässt sich gar nichts sagen; das letztere Gedicht ist ein höchst unklares Machwerk, bei dem man bisher noch nicht im Stande war mit Sicherheit zu enträthseln, wer damit gemeint sein soll. Denn selbst auf Mithridates den Grofsen, auf welchen nach Ruhnken das Epigramm gedeutet werden soll, passt weder subito corruit noch pulsus in exilium. Dagegen sind nn. 6, 7, 9 und 10 unzweifelhaft echt (vgl. Ribbeck praef. XXXVI). Es entsteht nun die Frage, wie diese Vermischung echter Vergilischer Gedichte mit denen anderer Verfasser vor sich gehen konnte. Da weisen uns die Ciris und Cat. XI offenbar auf den Kreis des Messalla hin. Einige kleinere Gedichte, die Vergilius selbst nicht veröffentlicht hatte, waren aus seinem Nachlasse in die Hand eines Mannes gerathen, der wol selbst Schriftsteller 5) Dass der Musa, welcher 13, v. 6 und 8 angeredet wird, derselbe ist, wie der Octavius im 14. Stücke, und demnach Octavius Musa geheifsen hat, zeigt die Uebereinstimmung von Clio 13, 10 und historiam 14, 6. Ein Octavius Musa wird als Leiter der Aeckervertheilung in Cremona erwähnt (Servius ad Ecl. IX, 7, Schol. Bern. ad Ecl. VIII, 6). Ob es, wie Petrus Victorius (Var. Lect. IX, 7) meinte, derselbe Octavius war, den Hor. Sat. I, 10, 82 erwähnt, lässt sich nicht entscheiden. - Hier möge nur noch eines erwähnt werden. Haupt hat in dem Programme der Berliner Universität vom Wintersemester 1858/59 bemerkt, dass das 14. Stück der Catalecta eine Nachahmung des Epigrammes des Kallimachos in der Anth. Pal. VII, 725 ist. Eine andere Nachbildung einer Stelle des Kallimachos findet sich in der Cir. 352 verglichen mit Callim. fragm. 52, was schon Bentley angemerkt hat. sich in dem Kreise des Messalla bewegte. Dort entstand nun um dieselbe Zeit durch Vermengung dieser Gedichte mit den Erzeugnissen von anderen Dichtern eine Sammlung, die mit der aus demselben Kreise stammenden Ausgabe der Dichtungen des Tibullus eine grofse Aehnlichkeit hat. — Soviel nun über diese sehr schwierige Frage, deren eingehende und ausführliche Behandlung wir in der nächsten Zeit von Ribbeck zu erwarten haben. Ich habe mich hier, wie ich im Eingange bemerkt habe, mit einigen kurzen Andeutungen begnügt, und gehe jetzt zu meiner eigentlichen Aufgabe, der Kritik dieser Dichtungen über. Ich beginne mit dem Culex, für welches Gedicht uns ziemlich viele Handschriften erhalten sind. Dieselben zerfallen offenbar in zwei Familien; die erstere umfasst nämlich die Codices, die nicht durch Ueberarbeitung und Interpolation gelitten haben, den Colbertinus I und Thuaneus I, dann den neu aufgefundenen Vaticanus, über den Ladewig in der kurzen Vorrede zu seiner Ausgabe berichtet, endlich den schon etwas entstellten Colbertinus II. Zu der zweiten Familie, welche einen viel verderbteren Text bietet, hie und da aber die richtige Leseart erhalten hat "), gehören der Helmstadiensis, Colbertinus III und IV, Viechtianus, Koelerianus, Contianus, die minder genau bekannten Petavianus und Vossianus, endlich der von mir zuerst benützte Vindobonensis (Endl. CXXIX). Auch unter diesen Codices. lassen sich wieder gewisse Gruppen unterscheiden; so gehören Helmst., Colb. IV, Vind. zu einer Familie, da in diesen dreien v. 27 fehlt, und zu derselben Gruppe ist wol auch der Cont. zu rechnen; ebenso bilden Pet. und Voss. eine eigene Gruppe, welcher wieder der Koel. nahe zu stehen scheint. Was den Vind. anbetrifft, so bietet er einiges Interesse auch dadurch, dass aus einem ihm sehr ähnlichen Codex die editio princeps und daher die Vulgata geflossen ist 7). Noch sei hier bemerkt, dass Bembo 6) So bietet z. B. der Helmst. v. 221, der Voss. und Koel. v. 60, der Voss. allein v. 141, 147, 174, 332, 399 das Richtige; über den Vind. werden wir gleich im Folgenden sprechen. 7) Ich gebe hier die Varianten des Vind. nach einer für mich besorgten Vergleichung mit Rücksicht auf den Text der Ladewig'schen Ausgabe: Fol. 221 Sequitur virgilius de culice. 1 modulante gracili camena. 2 oisum. 5 notitiaeque ducum. 7 feretur. 9 securos tibi. 10 dignato spolientur. 11 decus fouis. 14 Alma. 15 decus astrigeri seu quo pernasie. 17 dabitur. 18 sopores. 19 Naiades ludente. 21 tenentis. 23 astra. 26 nanque canit non pagina bellum. 27 fehlt. 28 Flagra. 29 laphytas compellit. 30 aures. 31 Non. 32 Leta mea... uolumina. 33 pulsator. 35 Mollia sed tenui pede currere carmina uersu. 37 Hoc tibi... memorabilis... certet. 40 memoretur. 42 ethereas. 43 et aurato. 44 fugabat. 45 Protulit. 46 summa iuga. 47 Lurida qui... lumina coles. 48 iam collibus. 49 ex. 50, 51-51, 50. 50 desertas haerebant... rupes. 51 tondebant. 54 mortu. 55 Hec salicis. 57 in riui praestantis imaginis undam. 58 Cum bona. 60 Omnia 1. preciis. bei seiner Textesrecension sicherlich nicht seinem angeblichen 62 Sic... tota. 64 domos. 66 manet... gratum. 67 referent boeti- 150 Et quanquam. 151 Hac querulae referant. 155 Excelsisque Lesearten nur als Conjecturen zu betrachten sind, welche die Kritiker bisweilen mit Unrecht gegen die Ueberlieferung bevorzugt haben. So ist z. B. v. 50 nicht mit Bembo Scrupea desertae perrepunt (Ribbeck surrepunt) ad caua rupis zu schreiben, sondern, da die Handschriften desertas oder desertis haerebant bieten, so wird wol desertae mox haerent gelesen werden müssen. Nachdem mox ausgefallen war, wurde haerent in haerebant und = 330 Pamoicon asiamque horret atrox lestrigione. 331 om. rapax. zugleich desertae in desertas oder desertis geändert. Man beachte auch, dass sich in dem folgenden Verse, der aber in allen Codices voransteht, der Fehler tondebant findet, den Bembo richtig in tondentur verbessert hat. Nach diesen einleitenden Worten wollen wir eine Reihe von Stellen des Culex in aller Kürze besprechen und etwas zur Herstellung derselben beizutragen versuchen. V. 20 und 21 sind in den besten Handschriften also überliefert: Et tu sancta Pales ad quam uentura recurrit Hier hat Heinsius richtig erkannt, dass aus uentura: bona turba gemacht werden muss und bona im folgenden Verse nur eine Correctur der verderbten Leseart ist, welche am Rande beigeschrieben irrthümlich in diese Zeile gerieth. Unter Annahme dieser glänzenden Emendation hat Ribbeck im v. 21 agrestum secura sibi sua rura tenentes geschrieben. Doch dem Sinne nach viel entsprechender und zugleich palæographisch leichter ist wol die Conjectur agrestum secura sui te rura tenente. So schliefst sich te cultrice (v. 23) trefflich an jenes te rura tenente an und dann ist auch der Misklang, der durch den Reim tenentes und uirentes (v. 22) entsteht, beseitigt. V. 57 lautet in allen Codices: inminet in riui praestantis imaginis undam. - Diese Worte sind, wie schon Scaliger bemerkt hat, rein sinnlos, weshalb auch alle Versuche sie zu erklären erfolglos bleiben mussten. Auch hat schon Scaliger durch seine Conjectur inminet inrigui praestanti marginis undae einen bedeutsamen Schritt zu ihrer Heilung gemacht, den dann Haupt durch die treffliche Emendation uluae statt undae vervollständigte. Nur bleibt mir noch zweifelhaft, ob es nothwendig ist das überlieferte in riui in inrigui umzuändern; die Verbindung zweier Genetive, wo der eine von dem anderen abhängt, hat doch nichts auffallendes. Daher möchte ich lieber inminet in riui praestantem marginis uluam schreiben, was auch sonst den Zeichen der Ueberlieferung näher liegt. Die Verse 98-103 hat Ribbeck in seiner Ausgabe nach v. 57 gesetzt; ohne dass jedoch die Gründe, welche er für diese Umstellung vorbringt, zu überzeugen vermöchten. Die Worte Talibus in studiis (v. 98) beziehen sich doch wol auf das Geschäft, das Hirten überhaupt zu besorgen haben, dass sie nämlich der Herde nachgehen und sie überwachen. Damit ist das folgende apricas agit curas u. s. w. nicht tautologisch, sondern deutet an, dass der Hirt dabei auf seinen Stock gelehnt sich ruhig sonnt oder seine Schalmei versucht. Ebenso wenig kann ich in der folgenden Schilderung einen schroffen Uebergang vom Morgen zum Mittag finden. Während der Hirt seine Herde den gewohnten Weg treibt, steigt die Sonne allmälich empor und, als sie im Mittag steht, hat er bereits das kühle Thal erreicht. Auch würden diese Verse |