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Ursache vorhanden sey. Für eine solche ist aber nur dies jenige zu halten, welche die Veräusserung nothwendig macht. Um aber von dem Daseyn derselben versichert zu seyn, muß 2) die Obrigkeit eine förmliche Untersuchung darüber anstellen, welche zugleich sowohl auf die Beschaffenheit der zu veräussernden Sache, als auf die Art der Veräusserung selbst zu richten ist, wie §. 1385. lehren wird. Ist alles gehörig untersucht, so muß nun 3) noch ein ordentliches Veräusserungsdecret, und zwar von der competenten Ob rigkeit, ertheilt werden. Dieses allein ist also nicht hinreichend, denn ohne vorhergegangene Untersuchung würde das Decret nichtig, und für erschlichen zu halten seyn, wie aus folgendem Rescript der Kaiser Carus, Carinus, und Numerianus an den Caro erhellet.

L. 6. C. de praediis et aliis reb, minor. Minorum possessionis venditio, per procuratorem delato ad Praetorem vel Praesidem provinciae libello, fieri non potuit: cum ea res confici recte aliter non possit, nisi apud acta causis probatis, quae venditionis necessitatem inferant, decretum solemniter interponatur. S. Non. Maii, CARO et CARINO AA. CONSS. 283.

Auf diese Nothwendigkeit einer förmlichen Untersuchung, und nicht gerade auf die angegebene Veräusserungs- Ursache ist auch wohl, nach der richtigern Erklärung und Interpunction, die Constitution der Kaiser Diocletian und Marimian zu beschränken, welche in der L.12. C. eodem an den Leontius folgendermassen rescribiren:

Ob aes alienum, tantum causa cognita praesidali decreto praedium rusticum minoris provinciale distrahi permittitur. Dat. 11. Kalend. Maii Heraoliae, CC. Conss.

Nach dieser Interpunction ist also das tantum nicht auf die vorhergehenden, sondern nachfolgenden Worte zu beziehen, wie Andr. Alciatus4), Franz Duarenus*), Elb. Leoni nus 46), Ludw. Ruffardus*7), und auch Joh. Voet48) dieses Rescript verstanden haben. Diese Erklärung wird auch durch die Griechen unterstüßt. Denn in den Basiliken 49) heißt es: Διὰ χρέος ἐπικείμενον, δυνάται πιπράσκε σθαι ὀρφανικὸν πρᾶγμα, μετὰ ἀποφάσεως δηλονότι. i. e. Ob urgens aes alienum, vendi res pupillaris omnino potest cum decreto. Und dieses erklärt der griechische Scholiast 5°) folgendermassen: Mì εiлns dià χρέος μόνον καὶ γὰρ κἂν μὴ διὰ χρέος, ἀλλὰ

τυχὸν ὅτι οὐκ εἶχεν ἀλλαχόθεν ἀποτραφῆναι, nahãs лρáσis réveτal. i. e. Ne dixeris, ob aes καλῶς ἡ πράσις alienum tantum: nam et si non ob aes alienum, sed forte ob victus rationem, qui aliunde parari non possit, recte fit venditio.

S. 1384.

Rechtmäßige Ursachen der Veräusserung.

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Es muß also 1) eine rechtmäßige Veräusserungs1 Ursache vorhanden seyn, das heißt eine solche, welche eine Nothwendigkeit der Veräusserung herbenführt. Für eine solche erkennen die Geseße vorzüglich dringende nicht 45) Dispunction. Lib. IV. Cap. 5.

*) Comm. in Tit. 34. Lib. II. Cod. Si adv. dotem. (Opp. pag. 103.)

46) Emendation. Lib. III. Cap. 3. nr. 6. et 7.

47) In edit. sua Cod. ad h. L. not. h.

48) Commentar. ad Pand. h, t. §. 6. et 8.

49) Lib. XXXVIII. Tit. g. Const. 55. Tom. V. FABROTI

pag. 141.

50) Loc. cit. Schol. s. pag. 160.

unbedeutende Schulden. Schon in der Oration des Kaisers, Severus") heißt es: Quodsi forte aes alienum tantum erit, ut ex rebus ceteris non possit exsolvi etc., und zwar wird hier die Schuldenlast nur allein als eine rechtmäßige Veräusserungsursache ges nannt. Es wird aber dabey vorausgeseßt, 1) daß die Gläubiger auf die Bezahlung dringen 2), 2) daß die Schuld aus andern Mitteln, nämlich aus der vorhandenen Baars schaft, oder aus dem Vorrath von Früchten, und sonstigen Einkünften, oder ausstehenden leicht zu erhebenden Schulds forderungen, nicht getilgt, noch die Gläubiger zur Geduld bewogen werden können, welches alles die Obrigkeit vor Ertheilung des Decrets gewissenhaft zu untersuchen hat. Ulpian sagt libro XXXV. ad Edictum $3):

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Non passim tutoribus sub obtentu aeris alieni permitti debuit venditio: neque enim est eis via distractionis tributa, et ideo Praetori arbitrium huius rei Senatus dedit, cuius officio in primis hoc convenit excutere an aliunde possit pecunia ad extenuandum aes alienum expediri. Quaerere ergo debet, an pecuniam pupillus habeat, vel in numerato, vel in nominibus, quae conveniri possunt, vel in fructibus conditis, vel etiam in redituum spe atque obventionum. Si igitur deprehenderit, non posse aliunde exsolvi, quam ex praediorum distractione, tunc permittet distrahi, si modo urgeat creditor,

51) L. 1. §. 2. D. h. t.

52) S. VOET Comm. h. t. §.7. und Jo. a SANDE de prohibita rerum alienat. P.I. Cap.I. §. 4. nr.56-59.

53) L.5. §. 9. D. h. t.

aut usurarum modus parendum aeri alieno 54) suadeat.

Die letztern Worte lehren, daß wenn auch die Gläu» biger nicht gerade auf die Bezahlung dringen, dennoch fchon die drückende Zinsenlast die Bezahlung einer Schuld kann dringend, und also eine Veräusserung nothwendig machen. Daß aber auch die Schuldenlast nicht unbedeutend seyn dürfe, sagt Ulpian in der angeführten Stelle aus drücklich, wenn er §. 10. die Obrigkeit anweißt, bey Er theilung des Decrets darauf zu sehen: ne propter modi cum aes alienum magna possessio distrahatur.

Sollten denn aber wirklich nur dringende Schul 54) Haloander, und der ihm fast überall folgende Lud. Mr. RABUS lesen carendum aere alieno. Allein der große Litterator Guil. Ott. REITZ in Annotation. Sporad. in fin. (in PÜTTMANNI Opusc. iurid. ex Observation. Miscellan. Batav. in un. volum. collectis. (Halae 1782. 8. pag. 158.) hält nichts für so gewiß, als das parcendum gelesen werden müsse. Der Sinn soll freylich wohl seyn, aut graves usurae aes alienum dissolvere iubeant. In den BASILICIS c. 1. Tom. V. pag. 126. Const. 5. §. 5. wird auch wirklich der Ausdruck gebraucht, rangoσai d Xpéos, welches so viel heißt, als dissolvere aes alienum, und nun werden die beyden Ursachen angeführt, welche die Tilgung der Schuld nothwendig machen, 1) wenn der Gläus biger auf bie Bejablung bringt ; καὶ ἐπικεῖται ὁ δανει orks, und 2) wenn die Zinsen zu drückend sind: â oi ró201 Baρovσiv. Die meisten Rechtsgelehrten bleiben jedoch bey der gemeinen Lesart parendum, und Adr. TURNEBUS Adversarior. Lib. XXXIII. Cap. 35. erklärt nach dieser Lesart das parere aeri alieno so: Is parere dicitur aeri alieno, fagt er, qui se ei imparem sentit et fatetur, nec diutius eius usuris gravari vult, sed mavult sol

vere.

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den allein die Obrigkeit berechtigen können eine Veräusserung zu erlauben? Ulpian ") sagt es freylich wieder, holend, non passim distrahi iubere Praetori tributum est, sed ITA DEMUM, si urgeat aes alienum; und fügt die drohende Folge hinzu: Proinde et si permiserit, aere alieno non allegato, consequenter dicemus, nullam esse venditionem, nullumque decretum. Eben so sprechen die Kaiser Diocletian und Maximian in der schon oben vorgekommenen L. 12. C. de praediis et aliis reb. minor. so wie die Kaiser Constantinus A. und Constantinus C. in der L. ult. C. eod. von dieser Veräusserungs: Ursache auf eine Art, als ob es die einzige rechtmäßige Ursache sey. In jener Constitution hieß es: Ob aes alienum TANTUM causa cognita etc. und die lettere lautet so:

Si minores, vel ex patris nomine, vel ex suo, debitis DUNTAXAT fiscalibus urgentibus, vel ex privatis contractibus reperiantur obnoxii: decreti interpositio a Constantiniano Praetore celebranda est, probatis examinatisque causis, ut patefacta rerum fide, firma venditio perseveret. Dat. XII. Kalend. Januar. PROBIANO et JULIANO CONSS. 322. 56).

55) L. 5. S. 14. D. h. t.

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56) Diese Constitution, welche in den bisherigen Ausgaben des Theodosianischen Coder fehlte, ist nun aus einer Turiner rescribirten Handschrift: von Peyron wieder restituirt wors den, nur Schade, daß die Inscription und Subscription verloren gegangen ist. Die restituirte Constitution selbst befindet sich in WENCK Cod. Theod. libr. V. prior. Lib. III. Tit. 21. de praediis minorum sine decreto non alienandis. Const. 2. pag. 197 -200. mit vielen gelehrs ten Anmerkungen desselben.

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