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oder Theologie beruht ja doch nur auf wenigen einfas chen Wahrheiten, die man in ein paar Minuten lernen kann, oder für welche das blosse Gefühl hinreichend ist. Von der Medizin weiß Hr. E. haarscharf anzugeben, wie sie beschaffen seyn fölle, nemlich ganz vortrefflich, ,, aus durchdringendem Geist und praktischem Schnell blick zusammengeseßt (S. 36.).” Von der Staatswissenschaft hat er sublime Kenntnisse. Sie beruhet auf Vers nunft und Humanität und soll das Individuum zur Gattung ausdehnen helfen. In der Rechtsgelehrsamkeit ist er ebenfalls sehr gründlich erfahren. Er lehrt und 3. B., daß die Testamente der Urquell aller Prozesse feyen (S. 35.) und jene will er daher nicht nach dem Weg Rechtens abfassen lassen, alldieweil man sonst geglaubt hatte, es solle ein jeder sein Haus bestellen, gerade um Streitigkeiten über seinen Nachlaß zu vermeiden und der Erfahrung gemäß gar viel mehr Prozesse über die Abintestat - Erbfolge, als über die testamentliche entstehen. Endlich ergießt er auch seinen Tadel gegen die obersten Schülbehörden, die Lehr- Methoden und Schulplåne, welche er als Beförderungs-Mittel der bestialischen Schulbildung ansieht, vermuthlich weil er jene Behörde allein vorstellen, oder diese Methoden und Plåne, deren doch immer vorhanden seyn müssen, allein vorschreiben möchte. Zulegt wird das Ganze mit jämmerlichen Klagen über die geringe Besoldung der Schullehrer ge front, als die mit Hunger und Kummer ringend nicht im Stande seven, zur Humanität emporzustreben und Engel in Menschengestalt zu bilden. Ey! mein humaner Hr. E., wie konnten Sie doch diese Klagen mit Ihren, in dieser

nemlichen Schrift gepriesenen Grundsäßen vereinigen? Ist ja doch die Wissenschaft das einzige Gut und Unwissenheit das einzige Uebel (S. 28.). Es ziemt fich ja für liberale Gemüther nicht überall nach dem Nußen zu fragen (ibid.), der Mensch soll durch Freys heit und durch freye Künste fren werden von aller thie rischen Beschränkung, von allen Hindernissen der Zeit, des Orts und der Umstände (S. 2.). Der Staat ist ja auch nicht da, um Brod zu schaffen, d. h. der Bestias lität zu dienen, sondern nur ein Mittel, um das Individuum zur Gattung auszudehnen (S. 7.). Bringet also Euern Schullehrern nur die Kunst bey, nicht nach dem Nußen zu fragen, frey zu seyn von aller thierischen Beschränkung, folglich auch von Hunger und Kummer und sich und ihre Schüler zur Gattung auszudehnen, niemand wird sie daran hindern; leuchtet uns vor mit dem Beyspiel dieser Humanitåt, wenn es Euch dann gelingt, so wollen wir ihm nachfolgen. Inzwischen zweifeln wir sehr, daß die Aargauische Kantons - Regierung geneigt seyn dürfte, groffe Pensionen für solche Pådagogen anzuweisen, die nach Grundsäßen nichts nüßliches lehren, und nur Menschen bilden wollen, die weder ihrem Vaterland noch ihrem Stand und Beruf, sondern bloß der sogenannten Menschheit angehören.

Aufmerksame Leser der vorliegenden Schrift mögen es beurtheilen, ob wir nicht ihren wesentlichen Geist und Inhalt treu und richtig aufgefaßt haben. Wir sind zwar weit entfernt, derselben in jeder Rücksicht allen Werth abzusprechen. Die fliessende lebhafte Sprache,

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manche schöne Kenntniß von frühern Studien herrührend, verrathen einen Geist, den die Natur ursprungs lich zu etwas besserem geschaffen hatte; auch enthält fie mitunter manches Gute und Wahre, was freylich. schon längst bekannt ist. Allein alles wird von den Disteln und Dornen einer lächerlich stolzen Metaphysik ertödet, oder mußte doch derselben dienstbar werden; und es ist um desto schändlicher, Talente, die der menschlichen Gesellschaft gewidmet seyn sollen, zu ihrem Verderben zu mißbrauchen. Der Titel, der Inhalt und die ganze Tendenz der Schrift ist eine öffentliche Bes schimpfung der Schweiz, in welcher und für welche fie geschrieben worden, daher sie auch keine Schonung verdient. Die Ehre der Wissenschaften, deren sich sonst bald jeder Rechtschaffene schåmen müßte, und die Pficht gegen das Publikum, welches man irrezuleiten sucht, erfordern es, dergleichen Schriftsteller zu entlarven, die ihre Sophistik mit beleidigender Arroganz vortragen, durch das Gewand der Fronie fich gar noch eine Art von Ueberlegenheit anmassen wollen und statt von ernst, haften Dingen mit Ernst und Bescheidenheit zu svrechen, noch des Landes spotten, das ihrer nicht bedarf und in welchem sie doch Schuß und Lebens-Unterhalt gefunden haben.

22.

Schweizersche gelehrte Zeitung.

Fortgang der Erziehungs- und Unterrichts - Anstalten in der Schweiz.

Seitdem die Freundin der Wissenschaften, die öffentliche Ruhe, in der Schweiz zurückgekehret und jedem Kanton seine Selbstständigkeit wieder gegeben worden ist, seits dem man nicht mehr die Aufklärung beståndig im Munde führt, oder mit lächerlicher Anmassung der Vorwelt allen Verstand abspricht: seitdem wird ohne Geräusch in allen Kantonen des Guten und Nüßlichen für Wissen. schaften und gründlichen Unterricht viel gethan. Es ist für uns eine erfreuliche Arbeit, beym Schluffe dieses ersten Bandes des litterarischen Archivs in gedrängter Kürze zusammen zu stellen, was nur seit einem Jahr für Erziehungs-Anstalten aller Art in der Schweiz geschehen ist und wie zweckmäßig beynahe jeder Kanton für seine unmittelbaren Bedürfnisse sorgt. Alles beweist

einen Zustand der Convalescenz und der gute Geist, von unfern Båtern ererbt, stellt nach und nach alles wieder her, was der Geist der Zeit zu Grunde gerichtet hatte. Mischt sich auch hie und da noch einiges Unkraut ein, so wird es bald den besseren Pflanzen weichen müssen.

Das von der Regierung des Kantons Zürich geneh migte Institut für die Ausbildung der wirklichen Prim ar oder Land Schullehrer hat einen unerwartet günstigen Erfolg gehabt. 30 Schullehrer hatten sich freywillig eingefunden und in dem vollendeten Lehr- Curfus neue Fähigkeit und neuen Eifer für ihr Lehramt erworben. Das richtig und gut Lesen, etwas von der Sprachlehre, Rechtschreibung und Schönschreibung, Kopfrechnen und Anweisung für die Schuldisziplin waren die Hauptgegenstände dieses Unterrichts, der zwar in einigen Gemeinden Hindernisse gefunden hat, in vielen andern aber bereits mit Nugen eingeführt worden ist.

Dem unsterblichen Salomon Geßner ist die Ehre wie, derfahren, daß seine idyllischen Landschaften zu Dessau, nach den Original - Gemälden in Kupfer gestochen wer den. Es sollen in allem 6 Hefte, jedes von 4 radirten Blättern erscheinen.

In der Stadt Zürich ist im Februar das neu errich tete politische Lehr- Institut eröffnet worden. Herr Rathsherr Meyer von Knonau trågt bás Staats, Recht, Herr Joh. Conrad Escher die Polizey, Came ral-Wissenschaft und Statistik und Herr Prof. Escher

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