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10.

Weber

die Domainen und Regalien. Ein Beytrag zur Reformation des allgemeinen Staats- Rechts.

Gleichwie jeder Mensch so ist auch der Fürst, als von niemanden abhängig *), noch in höherem Grad unbeschränks ter Herr über sein Vermögen, seine Einkünfte und seine Ausgaben, und aus diesem Grund flieffen alle seine Rechte über die sogenannten Staats- Finanzen, wels che im Grund nur seine Finanzen sind. In so fern er also nicht etwa von seinen Vorfahren durch Hausver tråge, Testamente u. s. w. beschrånkt ist : kann er sein Stamm-Vermögen, es bestehe in liegenden Gründen Gebäuden, baarem Geld, angelegten Capitalien, Mobilien u. s. w. nach Belieben vergrösseren oder vermindern und unter verschiedenen Bedingungen zum Theil oder auch ganz veräusseren, seine Einkünfte durch man cherley natürliche und rechtmäßige Wege vermehren,

*) S. die Rede über eine andere oberste Begründung des allg. Staatsrechts. S. 155 - 159.

seine Ausgaben erweiteren und beschränken, die Vers waltung und das Rechnungswesen nach Gutdünken anordnen, Schulden auf eigenen Namen contrahiren und hat über alles das seinen Unterthanen keine Rechenschaft zu geben, vielweniger das Geheimniß seiner Wirthschaft, das Verhältniß seines Vermögens zu feinen Schulden öder seiner Einkünfte zu seinen Ausga› ben fundbar werden zu lassen *) Diese freye Disposition über das sogenannte Staatsvermögen, welche zu jeder Zeit allen Fürsten ohne Widerred zukam, hätte aber niemalen entstehen können, wenn der Staat nach den Meynungen der neuern Philosophen eine Genossenschaft, eine Corporation von Bürgern und nicht blos das Verhältniß eines einzelnen Unabhängigen zu mehreren Dienstbaren wäre. Denn in jeder Gesellschaft oder Corporation, von der Dorfgemeinde, und der Handwer, kerzunft bis zu der Versammlung der Nordamerikanischen Freystaaten hinauf, ist es eines der ersten natürli

* Aus diesem Grund war auch der Compte rendu des französischen Finanzministers Necker und sein früheres Werk de l'Administration des finances de l'état ein wahrer Hochverrath, wodurch er seinen König und sein Land um allen Credit gebracht, die Nation in Schrecken gesetzt und in ihr die falsche Idee einer rechtmäßigen gewalt samen Einmischung aufgeregt hat. Daß man ein solches Werk mitten in Paris unter den Augen des Königs drucken Lassen konnte, beweiset wie sehr die falschen Staats-Systeme bereits herrschend geworden, ja sogar in das Ministerium eingedrungen waren und dadurch das Reich seit Lans gem zu einer philosophischen Umstürzung vorbereitet wurde.

chen Grundgeseze, daß die Vorsteher nicht nach unbe schränkter Wilführ über das Haab und Gut der Gesellschaft schalten und walten dürfen, sondern entweder der ganzen Genossenschaft oder wenigstens einem beträchtli» chen Ausschuß derselben Rechnung ablegen müssen. Die zerstreuten Hausvåter welche sich angeblich in einen Staat vereiniget, eine Staatsgenossenschaft gegründet haben sollen, wären wohl nicht so thōricht gewesen nebst der Aufopferung ihrer Freyheit, die schon sehr schwer zu erklären ist, noch dazu ihr eigenes oder zufammengeschossenes Vermögen auf ewige Zeiten der unbeschränkten Willkühr eines Einzigen und seiner Nachkommen zu überlassen; und niemand vermag den Zeitpunkt anzuzeigen, wo alle Fürsten ohne Ausnahme sich etwa von dieser Verpflichtung entlediget hätten. Geht man aber von jenem lächerlichen Hirngespinnste ab, und nimmt hingegen mit der Natur und Geschichte an, daß ein einziger unabhängiger Hausvater, der auf eigenem Grund und Boden wohnt, eo ipso Fürst ist und daß es dazu gar keiner weiteren Genossenschaft braucht, so ergiebt es sich von selbst, warum er über sein eigen Gut frey disponirt und darüber niemanden Rechnung zu geben schuldig ist.

Die Domainen ( Hausbesißungen), ein Wort das in der französischen Sprache sogar für Privatgüter üblich ist, sind also die eigenthümlichen Güter des Fürsten, sie sind das Fundament, worauf seine Unabhängigkeit, mithin sein Fürstenthum beruht. Wenn daher auch schon die meisten Staatslehrer das Gegens theil behaupten und die fürstlichen Domainen zu Na

tionalgütern, d. h. zum Eigenthum der Unterge= benen machen wollen: *) so ist diese Behauptung durchaus historisch falsch, wird auch gewöhnlich von keinem mit dem geringsten Beweise unterstüßt, und fließt nur aus der verkehrten Idee von dem Wesen eines Staats, nach welchem man alle Gewalt, mithin auch das Vermögen der Fürsten von den Untergebenen her, kommen lassen will. Der Patrimonial - Fürst, der begüterte unabhängige Grundherr, hat nicht deswegen Domainen, weil er Fürst oder Regent ist, sondern er ist Fürst und Regent gerade weil er dergleichen Domainen oder unabhängige Güter hat. Er kann diefelben nach Gutfinden benußen, verschönern, ihren Abtrag vermeh, ren, sie nach Belieben verwalten lassen, verpachten,

*) Montesquieu, um den Fürsten noch gar die Domainen abzusprechen, erfindet die bequeme Sentenz: Qu'il ne falloit point décider par les règles du droit civil, quand il s'agit de décider par celles du droit poli tique. Nicht zu gedenken, daß er hier unter droit politique sein metaphysisches Staats-System versteht, so wird doch die Frage: ob irgend jemand ein Eigenthum gehöre oder nicht, aus der Geschichte oder aus Erwer bungs-Titeln und nicht aus willkührlichen Sprüchen zu entscheiden seyn. Das lektere ist absurde et ridicule, nicht aber das erstere, wie Montesquieu es zu nennen beliebt. S. Esprit des Loix 1. XXVI, ch. 16. Son nenfels dann will gar, daß die Domainen bey Gründung des Staats von den zerstreuten Hausvätern zusam mengesteuert worden seyen, indem ein jeder ein Stück von seinem Boden hergegeben habe!!

zu Lchen geben, an Besoldungsstatt abtreten und wieder zurückfodern, wenn der Vertrag erlöscht oder verlegt wird. Eben so ist er auch befugt, diese Domainen gleich wie jedes andere Eigenthum zu veräussern, in so fern ihm nicht Testamente oder Verträge im Wege stehen, d. h. in so fern er sie nicht unter andern Bedingungen ererbet oder erworben hat. Es ist zwar in verschiedenen Staaten festgescht, daß die Kron-Domainen nicht veräussert werden dürfen, aber dieses Gesez ward nicht von dem Volk gegeben, gleich als ob fie fein Eigenthum wåren, sondern es beruht auf dem Willen eines frühern Befihers oder auf Verträgen unter den Gliedern des fürstlichen Hauses selbst, damit nicht ein einzelner Verschwender seinen Kindern oder Agnaten die Anwartschaft entziehen und das ganze Haus um sein Ansehen und seine Unabhängigkeit bringen könne. *)

*) Die Geschichte aller in fürstlichen Häusern eingeführten Successions-Ordnungen beweiset dieses deutlich. Man muß sich daher wirklich verwundern, daß in dem neuen preußischen Gesehbuch die Domainen immer nur Staatsgüter genennt werden, welche dem Oberhaupt des Staats zur ewigen Benußung anvertraut worden seyen, und das her dem König die Veräusserung derselben verboten wird. Durch die Unvorsichtigkeit, einen solchen Vorschlag zu sanc tioniren, hat sich das königliche Haus felbft alles Eigenthums entfeßt. Wäre diese Inalienabilität in cinem Hausgefeß vorgeschrieben und dadurch von dem lehten Besizer alle königlichen Domainen als Fidei-Commisse erklärt worden: so würde dagegen gar nichts éinzuwenden gewesen seyn. Daß fie aber in einem Civilgeseh

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