Page images
PDF
EPUB

'Vertraue doch dein schwaches Segel
Nicht der tyrrhenischen Flut!' O Cäsar,
O deine Zeit gab wieder der Heimatflur
Der Früchte Pracht, die römischen Adler riss
Sie von des Parthers stolzen Wänden,

Schenkte sie unserem Gotte wieder, Schloss Janus' Haus vom Kriege befreit und warf Der Lust der zuchtlos schweifenden Zügel um, Sie tilgte Roma's Schuld und weckte

Wieder die Tugend der alten Zeiten,

Durch welche Latiums Namen, Italia's Macht
Sich kühn erhob, der Ruhm und der Glanz des Reichs
Sich dehnte fern vom Sonnenaufgang

Bis zum hesperischen Abendlager.

Solange Cäsar Hüter der Welt ist, stört
Kein Bürgerwahnsinn, keine Gewalt die Ruh,
Kein grimmer Zorn, der Schwerter schmiedend
Städte verfeindet und Weh auf Weh häuft.
Nicht wer da trinkt vom tiefen Danuvius
Wird Cäsars Machtspruch brechen, der Gete nicht,
Kein Serer und kein falscher Perser,
Nicht der am Tanaisstrom Geborne.

Und wir am Werktag oder an heilgem Fest,
Wir wollen, Bacchus' heiterer Gabe froh,
Wenn wir vereint mit Fraun und Kindern

Fromm zu den Himmlischen erst gebetet,
Ein festlich Lied zu lydischem Flötenschall
Nach Väterbrauch von unserer Helden Ruhm,
Von Troja und Anchises singen

Und dem Geschlechte der holden Venus

5

10

15

20

25

30

5

10

15

20

25

CARMEN SAECULARE.

Phoebe silvarumque potens Diana,
Lucidum caeli decus, o colendi
Semper et culti, date quae precamur
Tempore sacro,

Quo Sibyllini monuere versus
Virgines lectas puerosque castos
Dis, quibus septem placuere colles,
Dicere carmen.

Alme Sol, curru nitido diem qui
Promis et celas aliusque et idem
Nasceris, possis nihil urbe Roma
Visere maius.

Rite maturos aperire partus
Lenis, Ilithyia, tuere matres,
Sive tu Lucina probas vocari
Seu Genitalis.

Diva, producas subolem patrumque
Prosperes decreta super iugandis
Feminis prolisque novae feraci
Lege marita,

Certus undenos decies per annos
Orbis ut cantus referatque ludos
Ter die claro totiensque grata

Nocte frequentes.

Vosque, veraces cecinisse Parcae,
Quod semel dictum est stabilisque rerum

5 quod.

SAECULAR GESANG.

Phöbus und du Göttin des Walds, Diana,
Ihr des Himmels leuchtende Zier, verehrt wie jezt so
Ewig, gebt o gebt was wir flehn in dieser
Heiligen Stunde,

Da, Sibylla's Spruche getreu, erkorne
Mädchen und unschuldige Knaben allen
Göttern, die da schirmen die sieben Hügel
Singen ein Loblied.

5

Hehrer Sol, du, der mit dem Strahlenwagen
Bringt den Tag und nimmt, in dem ewgen Wechsel 10
Ewig eins, o mögest du Grössres niemals

Schauen als Roma!

Die du sanft zum Lichte die reife Frucht führst,

Ilithyia oder Lucina oder

Wenn du also willst Genitalis komm und

Schirme die Mütter!

Göttin, lass uns Kinder erblühn und gib der
Väter Ausspruch über den Bund des Weibes
Froh Gedeihn und über die hoffnungsreichen

Ehegeseze,

Dass nach elf Jahrzehenden, wenn der Kreis der
Zeit erfüllt, dir sicher Gesang und Spiele
Sich erneun, drei festliche Tage, gleichviel

Liebliche Nächte.

Und ihr, wahrheitkündende Parcen, knüpfet,
Wie ihr einmal spracht und der Dinge Ausgang

15

20

25

[blocks in formation]

Terminus servet, bona iam peractis
Iungite fata:

Fertilis frugum pecorisque Tellus
Spicea donet Cererem corona;
Nutriant fetus et aquae salubres
Et Iovis aurae.

Condito mitis placidusque telo
Supplices audi pueros, Apollo;
Siderum regina bicornis, audi,
Luna, puellas.

Roma si vestrum est opus Iliaeque
Litus Etruscum tenuere turmae,
Iussa pars mutare Lares et urbem
Sospite cursu,

Cui per ardentem sine fraude Troiam.
Castus Aeneas patriae superstes
Liberum munivit iter daturus
Plura relictis:

Di, probos mores docili iuventae,
Di, senectuti placidae quietem,
Romulae genti date remque prolemque
Et decus omne.

Quaeque vos bobus veneratur albis
Clarus Anchisae Venerisque sanguis,
Impetret bellante prior, iacentem
Lenis in hostem :

Iam mari terraque manus potentes
Medus Albanasque timet secures,
Iam Scythae responsa petunt superbi
Nuper et Indi;

Iam Fides et Pax et Honor Pudorque
Priscus et neglecta redire Virtus
Audet apparetque beata pleno

27 servat. 49 quique. 51 imperet. 53 (manum potentem).

Unverrückt einst zeige, das Glück der Zukunft
Knüpft an das alte :

Reich an Vieh und Früchten umwinde Tellus
Mit dem Kranz von Aehren der Ceres Stirne;
Jovis Luft und heilsames Nass erquicke

Unsere Saaten!

Mild und huldvoll lege den Bogen nieder,
Gott Apoll, und höre das Flehn der Knaben!
Luna, du, zweihörnige Sternenfürstin,

Höre die Mädchen!

Seid ihr Roma's Gründer und war es Troja's
Kriegerschar, die eurem Geheiss gehorsam

Haus und Herd einst liess und zum Tuskerstrand fuhr
Sicheren Laufes;

Der, gefahrlos Ilios' Fall entrückt, einst

Freien Weg Aeneas gebahnt der fromme

Durch der Heimat Brand, um ihr mehr zu geben
Als sie zurückliess:

O so gebt, ihr Götter, der willgen Jugend
Reinen Sinn und Ruhe dem stillen Alter,
'Gebt Gedeihn und Kinder und alles Schöne
Romulus' Volke!

Und wofür euch opfert die weissen Stiere
Venus' und Anchises' erlauchter Sprössling,
Das erlang er, Sieger im Kampfe, schonend
Gegen Besiegte:

Seinem Arm, allmächtig zu Land und Meer, und
Alba's Beil, schon beugt sich ihm scheu der Meder,
Scythen jüngst noch trozig und Inder holen

Seine Bescheide;

Und schon wagt auch Frieden und Treu und Ehre Und der Vorzeit Zucht und vergessne Tugend Sich zurück; glückspendend erscheint mit vollem

30

35

40

45

50

55

« PreviousContinue »