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hominis aliud 34) in re vetere edictum novum, et simul, dum est unde ius civile discatur, adolescentes in disciplinam ei tradite. Mirum est hominis ingenium, mira prudentia.

Cicero bezeugt hier (und nachher wiederholt er es noch mehrmals), was genau festzuhalten ist, daß es sich bei diesem Edict über die bonorum possessio um eine alte Sache handelt, daß das Edict darüber ein altherkömmliches war, daß seitdem überhaupt die Prätoren über diese Angelegenheit (so ist doch wohl zu suppliren; während den Worten nach es auch so vers standen werden könnte: überhaupt seit dem Anbeginn der prätorischen Edictalthätigkeit] Rechtsbestimmungen getroffen haben, diese stets des angegebenen Inhalts

waren.

Minucius quidam mortuus est ante istum praetorem. Eius testamentum erat nullum. Lege hereditas ad gentem Minuciam veniebat. Si habuisset iste edictum, quod ante istum et postea omnes habuerunt, possessio Minuciae genti esset data.

Der Gedankengang ist offenbar: weil die gens Minucia nach Civilrecht die Erbin war, so mußte, da kein Testament existirte oder wenigstens nicht zu Tage kam, ihr auch die possessio gegeben werden.

Si quis testamento se heredem esse arbitraretur, quod tum non extaret, lege ageret in heredita

34) Dies aliud hat offenbar den falschen Capitelanfang veranlaßt, als wenn hier eine neue Erzählung begönne. Der Sinn ist aber: bisher war das Angegebene das translaticium edictum, und nun lernt das ganz andere Edict dieses Menschen, ein neues in einer alten Sache, kennen."

tem 35): aut pro praede litis vindiciarum cum satis accepisset, sponsionem faceret: ita de hereditate certaret. Hoc, opinor, iure et maiores nostri et nos semper usi sumus.

Cicero erwähnt hier die Frage vom Erbschaftsstreit. Aber es ist gleich von vorn herein zu constatiren, daß er nicht sagt: es war ein Erbschaftsstreit in Aussicht, und um diesen zu reguliren, mußte hier nach den herkömmlichen Grundsägen des Edicts der gens Minucia die possessio gegeben, und dem ver: meintlichen Testamentserben die Klägerrolle zugewiesen werden; sondern vielmehr: der Erblasser hat kein oder kein gültiges Testament hinterlassen, und Niemand tritt überhaupt mit Berufung auf ein Testament auf, so daß ein Erbschaftsproceß zunächst gar nicht in Aussicht steht; die bonorum possessio fommt der gens Minucia auf Grund ihres Civilintestaterbrechts zu; sollte nun aber doch noch Jemand auf ein bis jeßt nicht zu Tage getretenes Testament sich stügen, so muß er ge gen den bonorum possessor flagend auftreten. Also: die Ertheilung der bonorum possessio ist nicht Stück der Proceßregulirung, sondern sie geht dem etwa möglichen Erbschaftsproceß ganz unabhängig voraus.

13. Videte ut hoc iste correxerit. 116. Componit edictum iis verbis, ut quivis intelligere possit, unius hominis causa conscriptum esse; tantum quod hominem non nominat. Causam quidem totam perscribit, ius, consuetudinem, aequitatem, edicta omnium negligit. EX EDICTO URBANO,

35) Vgl. Cic. de orat. I. §. 175: egissetque lege in hereditatem paternam.

SI DE HEREDITATE AMBIGITUR, SI POSSESSOR SPONSIONEM

NON FACIET.

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Jam quid id ad praetorem uter possessor sit? nonne id quaeri oportet, utrum possessorem esse oporteat? Ergo quia possessor est, non moves possessione; si possessor non esset, non dares. Nusquam enim scribis, neque tu aliud quidquam edicto amplecteris, nisi eam causam pro qua pecuniam acceperas. 117. Jam hoc ridiculum est.

Der Sinn dieser Worte ist wohl folgender: Die Worte iam hoc ridiculum est gehören zum Vorhergehenden. Nach richtiger dem Sinn entsprechender Paragraphen Eintheilung müßte §. 117. hinter ihnen stehen 36), ebenso wie §. 116. vor Videte ut. Die Ueberschrift über das „,edictum de hereditate" be stand aus ihren Anfangsworten, so wie sie nachher folgen: si de hered. ambigitur et tabulae testamenti etc. 37). Cicero hebt nun als einen einleitenden Punkt hervor 38), daß Verres schon gleich die tralaticische Ueberschrift verändert habe, in einer Weise, daß man von vorn herein seine räuberische Absicht erkenne, aber in so grober Art, daß die Sache einfach lächerlich sei. „Schon dies ist lächerlich." Gewiß aber wird man nicht annehmen dürfen, daß Verres die Worte: si possessor sponsionem non faciet neu erfunden habe, sonst würde Cicero gewiß mehr Wesens davon gemacht haben. Man wird also sagen müssen, daß die Worte: si possessor sponsionem non faciet die Ueberschrift des auf das „edictum de hereditate" tralaticisch folgenden Abschnitts waren; [es wird unten Ziff. 28. noch weiter

36) Meine Bon. Poss. I. S. 129. A. 10.

37) Und wie auch nachher das Sicilische Edict sie enthält. 38) Vgl. meine Bon. Poss. I. S. 132–134. 232. 233.

zu erwähnen sein, daß das Edict über die bonorum possessio zusammen stand mit den vom bonorum possessor zu leistenden Sponfionen]. Befanden sich die Worte: si possessor sp. n. f. hinter dem edictum de hereditate, so war der Sinn nicht zweifelhaft, daß unter possessor hier auch derjenige mitbegriffen fei, der nach den Bestimmungen des vorhergehenden Abschnitts ein Recht auf die bonorum possessio habe. Indem nun Verres beide Abschnitte combinirte und unter die vereinigte Ueberschrift brachte, so legt Cicero (gleichviel ob Verres diese Absicht wirklich gehabt hat, oder ob Cicero hier nur die Sache in's Lächerliche ziehen will) diesem Verfahren folgenden Sinn unter: Possessor ist auch rücksichtlich der Ertheilung der bonorum possessio bei Verres nicht derjenige, welcher nach den feststehenden Regeln possessorem esse oportet, sondern einfach der factische Besizer, d. h. der mit Verres verbündete in Folge des Besiges sichere und zahlungsfähige Gauner 39). Nach dem tralaticischen Edict mußte Verres solchen eigenmächtigen Besißergreifer der Erbschaft (den improbe pro herede Usucapirenden 4o) aus dem Besit treiben, d. h. gegen ihn demjenigen, quem possessorem esse oportet, die bonorum possessio geben, der dann durch das Interdictum quorum bonorum den pro herede Usucapienten vertreiben würde

39) Mit dieser Ciceronischen Gegeneinanderstellung des einfachen possessor und dessen der possessor sein müßte, paßt nicht wohl zusammen die Erklärung von Hingst p. 54., welcher in der Richtung eine Zweideutigkeit supponirt, daß dem creditlosen Freunde des Verres eine Sponsion erspart und die Gefahr der Translation des Besizes abgenommen werden sollte.

40) Meine Bon. Poss. I. S. 124. A. 1. S. 125. A. 4.

(quia possessor est non moves possessione). Statt deffen zeigt schon die Ueberschrift, daß Verres es in seiz nem Edict so einrichten wollte, daß er nicht dem auf die bonorum possessio Berechtigten, sondern dem unberechtigten eigenmächtigen Besißergreifer die Sanction der prätorischen Besitzutheilung geben werde (quid id ad praetorem uter possessor sit). Natürlich würde Verres diesem niemals die bonorum possessio geben, wenn er nicht schon eigenmächtiger Besißergreifer der Erbschaft wäre; denn ohne das, nimmt Cicero an, werde derselbe nicht in der Lage gewesen sein, dem Verres sei nen Beuteantheil, auf den es diesem doch lediglich ankommt, zu zahlen (si possessor non esset, non dares. Nusquam enim scribis neque tu aliud quidquam edicto complecteris, nisi eam causam pro qua pecuniam acceperas).

14. SI DE HEREDITATE AMBIGITUR 41) ET TABULAE TESTAMENTI OBSIGNATAE NON MINUS MULTIS SIGNIS, QUAM E LEGE OPORTET, AD ME PROFERENTUR, SECUNDUM TABULAS TESTAMENTI POTISSIMUM POSSESSIONEM DABO.

Hoc translaticium est: sequi illud oportet: SI TABU

LAE TESTAMENTI NON PROFERENTUR.

Cicero bezieht sich auf das im Anfange als altes und translaticisches Recht Mitgetheilte, wonach also das herkömmliche Edict so fortgefahren hat:

41) Ueber die Bedeutung des Wortes ambigitur vgl. Cic. de Orat. II. §. 104. ,,quae sit causa ambigendi" ,,quod inter homines ambigatur ex controversis ut hereditatis." §. 110. 111. 137. III. §. 111. Top. §. 38. de Invent. II. 122. ambigunt agnati cum eo qui est heres. Meine Bon. Poss. I. S. 126.

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