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Durchführung dieser Ansicht durch das gesammte Quellengebiet ist bisher nicht unternommen worden, daher wäre auch eine detaillirte Widerlegung schwerlich herstellbar. Die im Folgenden gegebene Darstellung wird mittelbar auch die Antwort darauf geben, wie man diese Auffassung zu beurtheilen habe.

2) Die Erklärung der bonorum possessio aus der Usucapion ist besonders von Huschke unternommen worden. Danach soll die bonorum possessio ursprünglich die vom Prätor aufgenommene und von eingerissenen Uebelständen gereinigte pro herede usucapio ge wesen sein, also eine mittelst des Int. quorum bonorum zu realisirende Besißverleihung der corpora hereditaria, aus der dann erst allmälig der Begriff einer prätorischen Universalsuccession herausgewachsen sei 26).

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durch er sich dem im Text oben betonten Hugo'schen Gedanken nähert) über den Grund der b. p.: „der dialektische Ausgangspunkt der B. P. ist der Gegensatz und das Ineinanderwirken des ius civile und ius gentium, und ihr Grund ist, wie der des Erbrechts überhaupt, der Familienbegriff, welcher sich eben nach ius civile und der römischen Auffassung des ius gentium verschieden wirksam gestaltet." Es mußte die Bedeutung der Familie nach ius gentium zur Geltung gelangen, sobald der römische Staat sich nach innen consolidierte und nach außen wuchs: um die starren Formen des ius civile seßt der Andrang das ius gentium, nicht ohne jene selbst zu ändern, neue Gestalt= ungen an, deren Bedeutsamkeit der stätigen Entwickelung des römischen Staats- und Rechtslebens entsprach." - S. darüber unten Ziffer 21.

26) In gewisser Weise ist auch wieder die Löhr'sche Ansicht hiemit verwandt, nach der die bonorum possessio eine mittelst Int. quor. bon. zu realisirende missio in possessionem des heres zur schleunigen Besißerlang

Diese Huschte'sche Auffassung betont einen jedenfalls für das Verständniß der bonorum possessio ganz unent behrlichen Punkt, und es wird demnach den Beziehungen der bonorum possessio zur pro herede usucapio eine eingehende Untersuchung zu widmen sein. (S. 1598. c.)

3) Die Erklärung der bonorum possessio aus dem Erbschaftsproceß. Als ältester Bestandtheil wird auch hierbei nur die Zutheilung der corpora hereditaria und die Verfolgbarkeit durch Int. quor. bonorum hingestellt. Im Uebrigen scheiden sich hier, nach der ersten in dieser Richtung gegebenen Anregung von Francke, noch wieder zwei Wege; der eine, welcher in der Regulirung der Vindicien (so Fabricius), der andere, welcher in der Feststellung der Parteirollen den Ursprung der bonorum possessio findet (so Hingst in seiner tüchtigen Gröninger Preisschrift 27).

Auch bei diesen Ansichten handelt es sich um eine Frage, deren Untersuchung für das Verständniß der bonorum possessio eine ganz unerläßliche ist. Es wird deßhalb die Stellung der bonorum possessio zu dem Erbproceß - Verfahren ebenfalls in einem eigenen S. (1598. b.) zu erörtern sein.

4) Die vierte Ansicht endlich, wonach die ursprüng

ung der corpora hereditaria im Gegensatz zu dem unbefugten pro herede Usucapienten war. Bei Savigny und Puchta tritt der vorige Gesichtspunkt unter Nr. 1. (Berufung der Cognaten) mit dem Momente Nr. 2. (Negulirung der pro herede usucapio) combinirt auf. Ebenso bei Köppen s. unten Ziffer 60. und 61.

27) Insbesondere über Ad. Schmidt s. unten Ziffer 37. lezte Anm.

liche bonorum possessio als eine magistratische Erbbesigregulirung für die civilrechtlichen Erbklassen aufge faßt wird 28), ist die von mir in meinem Werke über die bonorum possessio niedergelegte. Danach ist das Institut von Anfang an als eine iuris possessio und als Universalsuccession, nicht bloß als zutheilung der corpora hereditaria anzusehen. Diese meine Ansicht enthält zwei positive Punkte:

a. Die bonorum possessio ist zunächst eine vom prätorischen Imperium ausgegangene iuris possessio an die civilrechtlichen Erbklassen.

b. Diese iuris possessio ist, gleich von Anfang den civilrechtlichen Erbklassen mit ordinum successio gegeben worden (successorium edictum).

c. Negativ liegt dann darin zugleich, daß die anderen Erbklassen: unde cognati, vir et uxor u. s. w. erst weitere an jenen ursprünglichen Kern unter a und b angelehnte Bestandtheile des Instituts sind.

In meinem früheren Werke habe ich von den bei: den positiven Punkten den unter b angegebenen vorz angestellt, als eine Vermuthung, auf die ich die Bez weisführung besonders zuspißte, indem, wenn sie bewiesen wurde, der Beweis des Punktes a implicite schon mitgegeben war. Damit habe ich vielleicht dem Anerfanntwerden meiner Ansicht bei Manchen Eintrag ge= than; und jedenfalls werde ich nun den Punkt a 29),

28) Nach Schirmer Erbrecht S. 93. freilich erscheint

meine Ansicht bloß als eine consequente Ausbildung der [oben kurz verworfenen] Hugo'schen.“ 29) Vgl. hierüber folgende Stellen meiner Bon. Poss. I. S. 121. Es muß zuerst dargethan werden, daß das successorium edictum an und für sich Nichts als eine Aufeinanderfolge der civilrechtlichen Klassen gewe=

auf dem mir das Schwergewicht liegt, vorausstellen, neben dem ich den Punkt b noch immer in gewissen engeren Gränzen für sicher nachweisbar halte.

sen sei." S. 136. „Es scheint mir unverkennbar daraus hervorzugchen, daß das ganze Wesen der b. p. genau mit den civilrechtlichen ordines zusammenhängt, und Cicero sagt es ja außerdem noch ausdrücklich, daß aus dem Civilrecht der gens Minucia auch ihr Anspruch auf die b. p. folge. So, sagt er, sei es von Anfang an, so lange eine b. p. bestanden habe, ge= wesen. Und darin liegt denn auch der Beweis, daß neue prätorische Erbklassen erst späteren Ursprungs sein können. Denn für sie bestand doch immer noch ein anderer Veranlassungsgrund, als der, welcher die successio unter den civilrechtlichen ordines hervorrief. Eine gleichzeitige Einführung dieser lekteren und jener neuen ordines zu vermuthen, dazu bietet uns die lang= same und allmälige römische Rechtsentwickelung nicht die geringsten Anhaltspunkte, und so bleibt nichts Anderes übrig, als das Eine, was nach Cicero's Zeugniß von Anfang an bestanden hat, als das ursprünglich Einzige anzunehmen, zu dem dann das Andere erst nach und nach hinzukam." S. 139: „eine Beziehung auf neue prätorische ordines gänzlich ausgeschlossen, dagegen sind die civilrechtlichen Klassen alle darin enthalten." S. 156: „Daß die sec. tab. b. p. keine von der civilrechtlichen testamentarischen Succession unabhängige Klasse gebildet habe." S. 170: „Das Grundprincip, daß der Prätor in der b. p. sec. tab. eine nicht dem Civilrecht entgegenstrebende, sondern rein auf die civilrechtlichen Grundsäße über Gültigkeit der Testamente gebaute testamentarische Suc= cession aufgestellt habe." S. 188:,,in diesem ersten Buche.. nur die civilrechtlichen ordines, als ursprünglich allein im Begriff der b. p. lie gend" zusammenstellen." Vgl. S. 200. S. 201:

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10. Bei der folgenden Darstellung muß stets der leitende Gesichtspunkt der sein, daß es sich darum handelt, den Inhalt der Digesten in dieser und anderen damit zusammenhängenden Lehren in möglichst volles Licht zu stellen. In diesem Bande wird dasjenige (sehr umfängliche) Digestenmaterial zusammengeordnet werden, welches schon aus der ursprünglichen Gestalt der bonorum possessio seine Erklärung empfängt. Die Dar stellung dieser ursprünglichen Gestalt aber muß sich na

„Es bleibt also nur die b. p. unde legitimi als Theil der ursprünglichen b. p. übrig, und schon in dem Worte legitimi liegt es, daß lediglich die civilrechtlichen ordines darunter begriffen sind.“ S.324: ,,Denn ebensogut wie wir uns ohne fictitiae actiones keine b. p. denken können, so muß auch daneben noch das Interdict vorhanden gewesen sein, wenn der fictus heres alle aus dem Erbrecht fließenden Befugnisse sollte geltend machen können." S. 396:,,der eigent= liche Kern des Ganzen die Fiction des Erbeseins ist." S. 397: „Das wahre Wesen ist eine Universalsuccession, die factische Ausübung (possessio) des ius heredis (hereditatis oder bonorum)". . . Daraus erklären sich die . . fictitiae actiones und das Interdictum quorum bonorum." S. 398:,,Man sieht offenbar, daß Ulpian im §. 2. ganz dasselbe, nur in strenger Definitionsform, sagen will, was er im §. 1. aus Labeo referirt. Also der eigentliche Begriff ist die iuris possessio." . . . Es ist wohl zu bemerken, daß Ulpian die Definition der b. p. unverändert aus Labeo entlehnt und daß Cicero, der wenig früher als Labeo lebte, ausdrücklich bezeugt, das ius praetorium habe seit seiner Entstehung sein Wesen nicht verändert. Wir haben also keinen Grund, anzunehmen, daß der b. p. je ein anderer Begriff untergelegen habe, als wie er uns aus Ulpian's Worten hervorleuchtet."

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