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Hingst (gleichviel wie er im Uebrigen sich die 4 Theile abtheilt) seine Ansicht, daß sowohl die Interdicta retinendae possessionis wie die bonorum possessio und das Interdictum quorum bonorum lediglich mit Nr. 1. und gar nicht mit Nr. 4. in Zusammenhang ständen. Um dies widerlegen und überhaupt die wich tige Frage von der Stellung der bonorum possessio zu diesen Stücken des dinglichen Processes erledigen zu können, ist nun aber ein genaueres Eingehen in das Wesen sowohl von Nr. 1. wie Nr. 4. nothwendig.

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Ju Betreff der Interdicta uti possidetis und utrubi wird das, was auch, Hingst hier annimmt, daß sie nämlich zur Feststellung der Parteirollen vor dem Eigenthumsproceß eingeführt worden sind, bekanntlich in den Quellen ausdrücklich bestätigt.

§. 4. I. de Int. 4. 15. sagt es ganz unzweideus tig: Retinendae possessionis causa comparata sunt interdicta uti possidetis et utrubi, quum ab utraque parte de proprietate alicuius rei controversia sit et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere et uter petere debeat.

Und in demselben, Siun (comparata = einge

beiden Parteien praedes sacramenti." So gewinnt es den Schein, als wenn das vindicias dicere und die Leistung der praedes lit. et vind. vor dem Petitorium und der Stellung der praedes sacramenti erfolgt wäre. - Auch bei Witte das Interd. uti poss. (1863) S. 32. rüfen die Worte: „der Scheinkampf, das conserere manus stattfand und durch die prätorische Regelung des Besitzes während der Dauer des Processes abgeschlossen wurde“ den Schein hervor, als wenn das vindicias dicere unmittelbar mit dem con>>serere manus verbunden gewesen wäre.

führt 22), nicht bloß: „bereit“ oder „dienlich“) hat auch gewiß Gaius die der Institutionenstelle zum Grunde liegenden Worte geschrieben (Witte a. a. D. S. 29): IV. 148: Retinendae possessionis causa solet interdictum reddi, quum ab utraque parte de proprietate alicuius rei controversia est, et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere et uter petere debeat, cuius rei gratia comparata sunt uti possidetis et utrubi.

Ueber die genaueren Vorausseßungen, unter denen das Interdict. uti possidetis stattfindet (von dem utrubi braucht im Folgenden nicht noch besonders die Rede zu sein), spricht sich Ulpianin fr. 1. §. 3. uti poss. (43. 17.) folgendermaßen aus:'

:

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Inter litigatores ergo quoties est proprietatis controversia, aut convenit inter litigatores uter possessor sit uter petitor, aut non convenit. Si convenit absolutum est: ille possessoris commodo, quem convenit possidere, ille petitoris onere fungetur. Sed si inter ipsos contendatur uter possideat, quia alteruter se magis possidere affirmat, tunc, si res soli sit, in (de) cuius possessione contenditur, ad hoc interdictum remittenturopa

Dieser Gegensag ist ein practisch so nothwendiger, daß man als sicher wird annehmen dürfen, die Römer werden demselben nicht bloß in den entwickelten Zeiten der formula petitoria, sondern auch schon in der Zeit des lege agere sacramento seine Bedeutung zuerkannt haben. Und es ist durchaus das Wahrscheinlichste, daß

22) Vgl. als Parallelstelle Gai. IV. 35: quae species ac- tionis appellatur Rutiliana, quia a praetore Publio Rutilio • comparata est.

sich gerade auf diesen Gegensaß in der Legisactionenzeit das Verfahren mit oder ohne deductio moribus be zieht 23).

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Vorher schon wurde bemerkt, daß die Worte: secundum suam causam sicut dixi nicht wohl bloß bei der Vindication eines homo, sondern überhaupt in Betreff aller Sachen gesprochen sein müssen. Naments lich in Betreff der Grundstücke war ja eine nothwendige Vorfrage, ob dieselben innerhalb der Grenzen lägen, in denen man überhaupt dominium ex iure Quiritium am Grund und Boden haben könne. Und eben diese objective causa des Grundstücks (also daß es z. B. in agro qui Sabinus vocatur liege), ferner seine ge-: nauere Beschaffenheit mit allen Zubehörungen (,,omnis causa“), so wie der Kläger sie in Anspruch nehme, mußte nothwendig Gegenstand von formlosen Vorbe: sprechungen sein, auf die dann der Kläger beim Beginn der Solennitätshandlung selbst, mit den Worten secundum suam causam sicut dixi zurückverwies 24).

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Jedenfalls ging nun auch bei Grundstücken dem Verfahren der späteren Legisactionen-Zeit noch eine Vorverhandlung voraus, die wieder eine ganz genau formulirte Gestalt angenommen hatte, also selbst wieder Stück der Solennität geworden war. Früher verfügte sich der Prätor mit den Parteien zum Grundstück, wo dann die Solennität vorgenommen wurde. Mit der Vergrößerung des römischen Staatsgebiets erschien dies

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23) Vgl. Rudorff N.G. II. S. 128. A. 2. Auf die vielfach abweichenden Ansichten über die deductio moribus gehe ich hier nicht ein.

24) Wenn man mit Huschke die Worte sicut dixi` zum Folgenden zieht, so fällt diese Annahme einer Zurückverweisung auf die Vorverhandlungen allerdings weg.

allmälig nicht mehr durchführbar, und so wie man sich auch bei schwer transportablen Sachen damit begnügte, nur ein Stück davon in's ius zu bringen und daran die Vindication vorzunehinen 25), so ließ man auch vom Grundstück oder auch von der Erbschaft sich an einem geholten Stück genügen 26). Rücksichtlich des Holens der Scholle vom Grundstück entwickelte sich nun jenes eingängliche Stück der Solennität, das ex iure manum consertum vocare.

Kläger sprach: fundum, qui est in agro qui Sabinus vocatur, ego ex iure quiritium meum esse aio, inde ibi ego te ex iure manum consertum voco.

Beklagter antwortete: unde tu me ex iure manum consertum vocasti, inde ibi ego te revoco.

Der Prätor verfügte: suis utrisque superstitibus praesentibus vindicias sumite, inite viam. Die Parteien machen sich nun auf den Weg. In der späteren Zeit ist auch dies noch abgekürzt, die Scholle ist schon vorher geholt und in der Nähe niedergelegt. Die Parteien fehren dann also auf den Ruf des Prätors:

redite viam

mit der ergriffenen Scholle zurück, und es erfolgen die manus consertae.

Jedenfalls aber muß man, auch abgesehen von dieser zur Solennität gewordenen Vorverhandlung, an: nehmen, daß überhaupt, vor der Vornahme der legis actio selbst, erst noch formlose Vorverhandlungen der Parteien liegen. Sehr richtig sagt Witte (S. 47.): „Wenn zwischen zwei Parteien ein Streit ausbrach, und sie sich zum Beginn eines Processes vor dem Prätor einfanden, so wurden nicht ohne weiteres die feier: 25) Gai. IV. 17. si qua res talis . . . defringebatur. 26) Gai. IV. 17. similiter si de fundo etc.

lichen Worte der legis actio ausgesprochen. Es be zeichnete ohne Zweifel der Kläger zunächst in formloser Weise die Natur seines Anspruches. Der Verklagte fonnte dann ganz oder zum Theil das Klagrecht anerkennen, es fonnte von der einen oder anderen Seite die Zuschiebung eines Eides erfolgen, auch waren anderweite formlose Verhandlungen sicher nicht ausge schlossen."

Der Gegenstand aber, der für den dinglichen Proceß von entscheidender Wichtigkeit ist, und über den unter den Parteien zunächst erst formlose Verhandlungen nöthig sind, wie sie sich zu demselben stellen wollen, ist vorzugsweise die Besißfrage in der doppelten (oben) von Ulpian erörterten Eventualität:

1) si convenit, so ist das Resultat einfach das, daß damit die Beklagten und Klägerrolle festgestellt ist: absolutum est: ille possessoris commodo quem convenit possidere, ille (quem convenit non possidere) petitoris onere fungetur. Von der deductio quae moribus fit wissen wir nun nicht viel, jedenfalls aber ist gerade dieser unser Punkt sicher, daß sie nämlich das Resultat hatte, daß der deducens dem Gegner vadimonium promittirte, daß also dadurch die Be flagtenrolle festgestellt wurde. Cic. pro Tull. 20: dicit deducturum se Tullius, vadimonium Fabio Romam promissurum. Auch das muß aus dieser Ciceronischen Stelle noch hervorgehoben werden, daß die deductio moribus die Möglichkeit eines gegenseitigen Verhandelns über diese Beklagtenrolle in sich faßt, indem Einer dem Anderen es zur Wahl stellt, ob er der deductus oder deducens fein soll, so daß eben nun durch Nachgeben des Einen und Anerkennung des Wunsches des Anderen also durch Vereinbarung die Beklag

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