Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

fast nur noch historischen Werth besitzt. Seitdem die Südbahngesellschaft den Canal gepachtet hat (von 1858 ab auf 40 Jahre), ist der früher bereits ziemlich schwache Verkehr noch mehr zurückgegangen. Und wiewohl er häufig noch jetzt mit dem stolzen Namen ,Canal des Deux Mers" bezeichnet und irrthümlicherweise als wichtiges Verbindungsglied zwischen der Küste des Mittelländischen Meeres und Bordeaux angesehen wird, so ist doch keinenfalls zu erwarten, dass er jemals die vor dem Zeitalter der Eisenbahnen ihm zugefallene Rolle wiederum wird spielen kön nen, da Massengüter auf jener Linie nicht transportirt werden. Diese berühmteste Wasserstrasse der Welt hat ihren Zweck überlebt.

Der Canal zieht sich von Toulouse aus im Thale des Hers bis zur Wasserscheide, überschreitet dieselbe mit einer offenen Scheitelhaltung, und fällt hierauf in das Thal der Aude, dem er bis in das Flachland folgt. Dort zweigt ein Arm nach Narbonne und dessen Hafenort La Nouvelle ab, während der andere unfern der Meeresküste über Béziers und Agde nach dem Étang de Thau führt, an dessen Ausmündung in das Mittelländische Meer der Hafen Cette angelegt worden ist. Die Zahl der Schleusen beträgt 119, ihre Breite 6 m, ihre nutzbare Länge 31 m. Die Tiefe ist auf 2 m bemessen und wird durch ausgiebige Speisung der Scheitelhaltung aus den zwischen Villefranche und Castelnaudary gelegenen Reservoiren auch dauernd erhalten. Die ganze Länge des Canals beträgt 277 km.

VIII. Die Adour-Gruppe.

Südlich der Gironde-Mündung ist die sandige Küste auf 150 km Länge fast geradlinig abgeglichen bis zu jener Stelle, wo die Pyrenäenkette in das Meer hinabtaucht. Die weite Ebene, welche mit sanfter Neigung bis zu dem von Dünen besäumten Strande fällt, Landes de Gascogne genannt, ist ein Product der Alluvionen aus den Pyrenäen, deren Wildwässer seit der Tertiärperiode hier ihre Geschiebemassen ablagerten. Früher flossen Garonne und Adour in demselben Thalgrund. Im Beginne der Quaternärzeit fand die Trennung Statt; der Adour verbaute sich mehr und mehr seinen Lauf nach Norden zu und verschob seine Mündung immer weiter nach Süden, bis dieselbe an den Vorbergen der Pyrenäen angelangt war. Noch in der historischen Zeit hat eine derartige Wanderung Statt gefunden. Die am Ostufer des Golfs von Gascogne nach Süden gerichtete Küstenströmung unterstützte diesen Vorgang wesentlich. Auch die kleinen Küstenflüsse der Landes zeigen ähnliche Erscheinungen. Sie weichen so lange, parallel zum Meeresstrande, nach Süden aus, bis die durch Verminderung ihres Gefälles schwächer gewordene Spülkraft nicht mehr stark genug ist, die Mündung frei zu halten. Sie

bahnen sich alsdann entweder einen neuen Weg durch den selbstgeschütteten Uferwall, oder sie geben Veranlassung zur Bildung eines jener sumpfigen Seen, die in grosser Zahl den Westrand der Landes besäumen.

Der Norden des betrachteten Gebiets beginnt erst seit wenigen Jahren einen, übrigens in enge Grenzen gebannten Aufschwung zu nehmen. Durch rationelle Entwässerungsanlagen und Einführung der Kieferncultur sind weite Landstriche, die früher vollständig werthlos waren, nutzbar gemacht worden zur Gewinnung von Bauholz, Theer und Terpentin. Das nach den Pyrenäen zu ansteigende Hügelland, Béarn und Navarra, ist dagegen reich an landwirthschaftlichen Producten aller Art und trefflich angebaut.

aus

Der Adour wird, ebenso wie seine Nebenflüsse, dem Hochgebirge nachhaltig gespeist und ist besser als die meisten Ströme Frankreichs zur Schiffbarmachung geeignet. Ohne dass grosse Mittel aufgewandt wären, ist es auch gelungen, ihn sowohl, als einige seiner Nebenflüsse, besonders Midouze, Gave, Bidouze und Nive, für kleine Fahrzeuge durch Bau von Einschränkungswerken schiffbar zu machen. Das Land selbst liefert jedoch zu wenige für Wassertransport geeignete Producte, als dass die Aufwendung grösserer Mittel sich lohnen könnte. Dagegen würde voraussichtlich ein Schifffahrtsweg, der die einstweilen nur mit Rudimenten von Wasserstrassen versehenen Wälder der Landes de Gascogne einerseits mit Bayonne, andererseits mit Bordeaux verbände, lebhaft frequentirt werden und die Umwandlung der früheren Einöde in eine wohlhabende Landschaft wesentlich befördern helfen.

IX. Das Rhône-Becken.

Der Südosten Frankreichs wird von dem Gebiete der aus dem Genfer See in westsüdwestlicher Richtung ausströmenden und bei Lyon nach Süden abschwenkenden Rhône eingenommen. In dem unteren Laufe wenden sich ihr viele, theilweise sehr wasserreiche Flüsse aus den Jurabergen und den südlichen Alpen von links her zu. Die Zuflüsse auf dem rechten Ufer sind weniger zahlreich, kürzer und unbedeutender, da die Cevennen, sowie ihre Fortsetzung nach Norden, der Thalsohle sehr nahe liegen und solch' nachhaltige Speisung nicht ermöglichen, wie sie den aus den Gletschern des Hochgebirges entstammenden Gewässern zu Theil wird. Auch diese letzteren haben relativ kurze Längenentwickelung bei sehr grossen Höhendifferenzen zwischen Quelle und Mündung, also äusserst starke mittlere Gefälle. Da ausserdem die Quellgebiete fast aller Nebenflüsse der Rhône undurchlässigen Boden besitzen und mangelhaft bewaldet sind, so gelangen die Niederschläge ungemein rasch zur Abführung, und fast sämmtliche Wasserläufe, welche der unteren Rhône zuströmen, haben einen wild

bachartigen Charakter, der sich naturgemäss auch auf den Hauptstrom überträgt.

Die Geschiebe, welche ihm bei den Hochwässern seiner Nebenflüsse zugeführt werden, sind von oft sehr beträchtlicher Grösse. Trifft eine derartige Hochfluth zusammen mit niedrigem Wasserstande der Rhône selbst, so gelingt es der alsdann geringen Strömungskraft nicht, die im Bette des Hauptstroms sich ablagernden Geschiebe thalabwärts zu führen. Die so entstehenden stauwerkartigen Bänke concentriren das Gefälle an der Stelle ihrer Bildung, während sie unterhalb Auskolkungen und oberhalb Geschwindigkeitsverluste hervorrufen. Der untere Lauf der Rhône zwischen Lyon und Avignon besteht daher aus einer stetigen Aufeinanderfolge von seichten Stromschnellen und tiefen Woogstrecken. Die Sohle des Flusses ist nahezu treppenartig gestaltet.

Etwas sanfteren Charakter besitzt die bei Lyon einmündende, gleichfalls von Norden nach Süden gerichtete Saône, da sie auf niedrigeren Höhenzügen entspringt und ein weites Flachland mit schwachem Gefälle in sandigem Bett durchfliesst. Ihre Quellen sind von denen der Maas und Mosel nur wenige Meilen entfernt. Der flache Bergstock, welcher sie voneinander trennt, ist niemals eine Völkerscheide gewesen. Von den Zeiten der Völkerwanderung bis zur Reformation bildeten die burgundischen Lande nördlich und südlich jenes Quellgebietes ein selbständiges Grenzland zwischen Deutschland und Frankreich. Durch Saône- und Maas-Thal zog sich die Handelsstrasse, welche die gewerbfleissigen Niederlande mit Marseille und dem. Mittelmeere verband.

Die politischen Umgestaltungen haben den Hauptstrom des von jenem Stapelplatze nordwärts gerichteten Verkehres nach Paris abgelenkt. Die patriotischen Träume, welche den Marne-Saône-Canal als Zwischenglied einer Transitstrasse Dünkirchen-Marseille, den Canal de l'Est als Zwischenglied eines interoceanischen Schifffahrtsweges von Marseille nach Antwerpen betrachten, werden daher keinenfalls in Erfüllung gehen. Dass aber der zur Zeit noch schwache Verkehr auf den Wasserstrassen des Rhône-Beckens eine bedeutende Steigerung erfahren muss, sobald die Rhône selbst in höherem Grade schiffbar gemacht wird, als sie es zur Zeit ist, darf man nicht bezweifeln. Ihr unterer Lauf und seine natürliche Fortsetzung, die Saône, bilden alsdann den mächtigen Stamm eines Wasserstrassensystems, das seine Äste nach allen benachbarten Flussgebieten hinüberstreckt und die günstigsten Aussichten auf Prosperität besitzt, da es reiche Industriebezirke mit den Sitzen der Rohproduction und mit mercantilen Centren verbindet.

Diese Anschlüsse zweigen grösstentheils von der Saône ab. Der Canal du Centre, bei Châlon ausmündend,

bewirkt eine Verbindung mit dem Loire-Thal; der bei St-Jean-de-Losne ausmündende Canal de Bourgogne leitet in das Seine-Becken, der ihm gegenüber abzweigende Canal du Rhône au Rhin leitet in das Rhein-Thal über. Zwei weitere Verbindungslinien sind bereits im Bau, nämlich der Canal de la Marne à la Saône, welcher von Pontailler aus in das Marne-Thal führt, und der von Port-sur-Saône in das Mosel-Thal sich wendende Canal de l'Est. Ein Anschluss des Rhône-Beckens an das Garonnegebiet wird durch die längs dem Meeressaume sich hinziehenden Canäle de Beaucaire und des Étangs gebildet, welche bei Cette an den Canal du Midi anschliessen. Ausserdem finden sich im Rhône-Becken noch 3 Stichcanäle: der Canal d'Arles à Bouc im Mündungsgebiet, der Canal de Givors unweit von Lyon, und die canalisirte Seille, welche zwischen Macon und Châlon in die Saône mündet.

[ocr errors]

1. Die Rhône. Auf ihrer oberen Strecke, von Le Parc bis Lyon (159 km) findet nur ein sehr geringer Verkehr, fast ausschliesslich Thaltransport von Baumaterialien, Statt. Dasselbe gilt von dem nominell schiffbaren Ain. Nach Aufnahme der Saône zeigt der Strom etwas günstigere Schifffahrtsverhältnisse. Doch erschwert die grosse Zahl von Stromschnellen, in denen sich bei niedrigen Wasserständen oft kaum 0,8 m Tiefe findet, den Schiffsverkehr derart, dass er die Concurrenz mit der Eisenbahn nicht zu bestehen vermag und nur in verkümmertem Zustande weiter lebt. Seit 1860 hat man versucht, durch Bau von Einschränkungswerken das Flussbett zu reguliren. Es lag in der Absicht, bei den kleinsten Wasserständen die geringsten Wassertiefen zwischen Lyon und Arles (281 km) auf 1,6 m zu bringen. Der Erfolg hat den gehegten Voraussetzungen nicht entsprochen, da man bei dem Ausbau verhängnissvolle Fehler beging. Ein neues Project, mit dessen Ausführung 1879 begonnen wurde, scheint dieselben in glücklicher Weise zu vermeiden und wird voraussichtlich die Erreichung der programmmässigen Minimaltiefe möglich machen. Auf der Isère findet bei günstigen Wasserständen ein sehr geringer Schiffsverkehr, auf der Durance, der Drôme und der Ardêche Flossverkehr in beschränktem Maasse Statt. Weit wichtiger ist die Ausnutzung dieser Flüsse zur Speisung von Bewässerungsanlagen. Auf der unterhalb Arles liegenden Mündungsstrecke macht sich der Rückstau des Meeres fühlbar. Bis nach La-Tour-Saint-Louis (43 km) sind die Fahrtiefen fast überall auf 3 bis 4 m gebracht worden. Es liegt in der Absicht, die Minimaltiefe bis auf 4 m zu vermehren, um kleinere Seeschiffe bis nach Arles gelangen lassen zu können, was bis jetzt nur in beschränktem Maasse geschieht. Die äusserst flache und gefährliche Mündungsbarre wird durch den kleinen, in den

hatte also eine Transportmenge von 178 Mill. KilometerTonnen aufzuweisen.

Die in der früheren Darstellung speciell aufgeführten Wasserstrassen des nordöstlichen Frankreichs sind fast sammt und sonders als Hauptlinien classificirt worden. Nur die kleinen Canaux de Hazebrouck, der C. du Nivernais, der C. de l'Ourcq, die Seine oberhalb Montereau und ihr Seitencanal, die Eure und die obere Yonne werden als untergeordnete Schifffahrtswege angesehen. Das bestehende Netz soll aber nicht allein durch Umbau der Schleusen mit zu geringen Dimensionen und durch Vermehrung der Minimaltiefen auf 2 m verbessert, sondern auch durch Neuanlage mehrerer Canaìlinien erweitert werden. Die beiden bereits im Bau befindlichen Canäle de l'Oise à l'Aisne und de la Marne à la Saône wurden bereits früher erwähnt, ebenso der C. du Havre à Tancarville. Um das Kohlenbecken von Valenciennes einerseits mit Paris, andererseits mit dem Canal de l'Est in directe Verbindung zu bringen, beabsichtigt man einen Canal quer durch die Picardie, einen anderen zwischen der unteren Maas und der Schelde anzulegen.

Im Loire-Becken sind nur die Canäle du Berry, du Centre und der Loire-Seiten canal als Hauptlinien bezeichnet. Letzterer soll sowohl stromaufwärts bis in's Kohlenrevier von St-Étienne, als auch stromabwärts bis Nantes verlängert werden. Das Project dieser Canalverbindung des Mündungsgebietes mit Orléans schwebt jedoch ebenso in blauer Ferne wie das Project eines Canals von Orléans nach Bordeaux. Im Becken der Garonne ist nur dieser Fluss selbst, sein Seiten canal und der Canal du Midi, ferner sind die untere Charente, die Sèvre Niortaise und der C. de Marans à La Rochelle unter die Zahl der Hauptilnien gereiht worden.

Im Rhône-Becken werden die Vertiefungsarbeiten an der Rhône und die Umbauten der Saône-Canalisirung bereits mit Energie gefördert. Ausserdem will man den Rhône-Rhein-Canal auf einheitliche Dimensionen mit dem Hauptnetze bringen und eine unweit von Port-sur-Saône aus dem Saône-Thal abzweigende Linie, welche bei Montbéliard in den Doubs mündet, den C. du Doubs à la Saône, anlegen. Die Canäle de Beaucaire und des Étangs sind gleichfalls als Schifffahrtswege 1. Ordnung erklärt worden, und man beabsichtigt, durch Anlage eines Seitencanals längs dem Étang de Thau den Übergangsverkehr nach dem C. du Midi zu erleichtern.

Ob das Bestreben, die Wassertransporte den durchgehenden Linien der Binnenschifffahrt zuzuwenden, welche in Zukunft von Meer zu Meer ohne Umladung betrieben werden kann, so erfolgreich sein wird, dass die für den Ausbau des einheitlichen Netzes zu bringenden Opfer, nahezu

[ocr errors]

1 Milliarde fr., sich lohnen, ist wenig wahrscheinlich. Darauf, dass der Verkehr zwischen den Bezirken der Rohproduction und den Industriegebieten, bez. Seehäfen von den auszuführenden Verbesserungen erheblichen Vortheil ziehen kann, dürfte sich der Nutzen der grossen Bauanlagen beschränken. Als Concurrenz gegen die im Privatbesitz befindlichen Eisenbahnen hat der Staat in den Wasserstrassen eine wirksame Waffe, wenn er sie auch theuer erkaufen muss.

Die Kostspieligkeit des Umbaues der Schifffahrtswege erklärt sich durch die grosse Verschiedenheit ihrer Tiefenund Schleusendimensionen. Dieselben wurden stets dem nach Ort und Zeit schwankenden Bedürfnisse angepasst, ohne Rücksicht auf die erst neuerdings durch die Rückwirkung des Eisenbahnwesens für erforderlich gehaltenen Anschlüsse an benachbarte Linien. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts, besonders begünstigt durch Colbert, wurden zahlreiche Wasserstrassen angelegt, gänzlich unabhängig voneinander, meist von Privatunternehmern. Den Erbauern übertrug die Regierung das Recht der Zollerhebung (péage) nach bestimmten Tarifen. Napoleon I. nahm die durch die Revolution unterbrochene Bauthätigkeit nur in beschränktem Maasse wieder auf, da die unausgesetzten Feldzüge den Staatsschatz zu sehr beanspruchten. Unter der Restauration und unter Louis-Philippe entstanden die meisten der jetzt vorhandenen Canäle, grösstentheils durch Actiengesellschaften mit Beihülfe der Regierung erbaut. Fortwährende Streitigkeiten und Hemmungen des Betriebs führten dazu, dass nach dem Staatsstreiche Napoleon's III. die Concessionen zurückgekauft, und dass im vorigen Jahre die Zollgebühren, deren Erhebungskosten sich unverhältnissmässig hoch beliefen, abgeschafft wurden. Der Ertrag für die Staatscasse belief sich 1878 auf wenig mehr als 4 Mill. fr. In demselben Jahre flossen ihr dagegen aus der directen und indirecten Besteuerung der Eisenbahnen 236 Mill. fr. zu, während die Verzinsung der vom Staate gewährten Subventionen nur 75 Mill. francs erforderte.

Die Aufhebung der Canalzölle, die Erleichterung des Durchgangsverkehrs, die Anlage neuer Verbindungen, endlich die Einführung rationeller Betriebsarten: alle diese Begünstigungen werden die französische Binnenschifffahrt in denjenigen Landestheilen, in welchen sich die Grundbedingungen ihrer Blüthe finden, zweifelsohne fördern und heben; und es wird dort der belebende Einfluss, welchen sie auf die Hebung der Industrie und Rohproduction auszuüben vermögen, die bedeutenden Opfer theilweise ausgleichen, die der Staat für ihren Bau und ihre Unterhaltung bringt. Wo jedoch jene Grundbedingungen fehlen, im Westen und Süden, werden die Wasserstrassen stets öde und nutzlos bleiben, wie sie es jetzt sind.

Der geographische Congress in Venedig, 15. bis 22. September 1881. (Schluss ").)

Es würde zu weit führen, die Gegenstände auch nur andeuten zu wollen, die von zahlreichen französischen Verlagsbuchhandlungen ausgestellt waren; die grösseren geogr. Firmen schienen ziemlich vollständig vertreten, zu unserer Verwunderung hatte aber Erhard im Vergleich zu Paris wenig ausgestellt, besonders war er mit seinen malerischen Wandkarten, welche im Pavillon de Flore die Wände der Treppenaufgänge wie die der inneren Räume bedeckten, diess Mal sehr zurückhaltend. Unbegreiflich roh lithographirte Globen, wie man dergleichen am wenigsten von Frankreich erwarten sollte, trugen seinen Namen. Franz Schrader's schöne Aufnahmen in den spanischen Pyrenäen, photographisch reducirt auf 1:100 000, verdienen lobende Erwähnung. In der grossen und brillant ausgestellten Sammlung von Büchern und Karten des Hauses Hachette zogen die meiste Aufmerksamkeit auf sich der jetzige Stand des Atlas universel, die Proben aus dem „,Tour du Monde", Prudent's sauber und klar ausgeführte hypsometrische Karte von Frankreich in 1:1250 000 und Levasseur's recht interessante, bunte Wandkarten von Europa, Frankreich, der Erde, der französischen Colonien, darunter eine reliefartig wirkende Wandkarte von Frankreich. Die wirklichen Reliefkarten von Levasseur und Mlle Kleinhans, Europa und Frankreich sowohl mit physikalischem als mit geologischem Colorit, waren ebenfalls zur Stelle.

Die französische Abtheilung verlassend, kommen wir nach einem Blick in das kleine Gemach, wo Chile ausser den Arbeiten von Pissis fast nur die sehr geschätzten, auch in dieser Zeitschrift öfters gerühmten Publicationen des Hydrographischen Amtes zu Santiago ausgestellt hatte, in die Räume für Österreich. Durch die lebhafte Betheiligung der grossen geographischen Verlagshandlungen von Artaria, Hartleben, Hölder, Hölzel, Tempsky, einiger Ministerien, des Militär-geographischen Instituts, der Geologischen Reichsanstalt, des Deutsch - Österreichischen Alpenvereins, des Österreichischen Touristenclubs u. A., Dank auch dem hingebenden Eifer des Commissärs Ritters v. Le Monnier, zeichnete sich diese Abtheilung sowohl bezüglich ihrer Reichhaltigkeit, als auch, was die gefällige Anordnung und angenehme Abwechselung betrifft, vortheilhaft aus. Die Alpenvereine haben mit ihren hübschen Specialkarten und reizenden Panoramen und Bildern stets einen augenfälligen Erfolg auf den Ausstellungen, aber auch die wissenschaftliche Alpenkunde verdankt ihnen ausserordentlich viel, und in den langen Reihen von Jahrbüchern und Mittheilungen, die hier neben den Karten ausgelegt waren,

1) Den Anfang siehe Heft XI, S. 427.

459

findet man unschätzbare Specialuntersuchungen, wie ja auch von uns häufig hervorgehoben worden ist. Hölzel's reiche Collection, mit den hübschen geographischen Charakterbildern" geschmückt, bot als interessanteste Neuigkeit eine Wandkarte der Alpen in 1:600 000 von V. v. Haardt, deren Terrainzeichnung von vortrefflicher Wirkung ist. Die Gegenüberstellung von zwei Exemplaren, einem ohne und einem mit Schrift, gab einen neuen Beweis, wie schwierig die Herstellung eines ausdrucksvollen Gebirgsbildes in Verbindung mit einer Fülle von Namen ist. Daneben die Chavanne'schen Arbeiten in grosser Zahl, und unter vielem Anderen die ersten Blätter eines im Entstehen begriffenen physikalisch statistischen Atlas der österreichischungarischen Monarchie, der ebenfalls unter Chavanne's Leitung von verschiedenen Fachmännern, wie A. Kerner, C. v. Sonklar, Fr. Toula, v. Haardt, ausgearbeitet wird. Fr. v. Le Monnier liefert dazu eine Unterrichtskarte, eine Karte der Vertheilung der Ortsgemeinden mit über 2000 Einwohnern und eine graphische Darstellung der Reichstagswahlen.

Unter den Handzeichnungen von Entdeckungsreisenden stach Oberlieut. Kreitner's Routenkarte durch die chinesisch-tibetanischen Grenzgebiete überaus günstig hervor, sie ist mit seltenem Geschick und Verständniss skizzirt, während die in ihrer Nähe angebrachten Originalkarten Holub's einen dürftigen und dilettantenhaften Eindruck machen. Wie man hört, wird Dr. Holub für seine bevorstehende neue südafrikanische Reise in Positionsbestimmungen und Routenaufnahmen eingeübt, und da ihn das Militär-geographische Institut mit einer vollständigen Serie von Instrumenten ausrüstet, die als Musterausrüstung von dem Institut ausgestellt waren, so darf man von seiner künftigen Reise bessere topographische Resultate erwarten. Seine Aquarellbilder und sonstigen Zeichnungen, sowie seine Tagebücher und die verschiedenen Ausgaben seines Werkes erweckten die gebührende Aufmerksamkeit. Landschaftsbilder und ethnographische Gegenstände hatte ferner Dr. C. Dölter, Professor der Geologie in Graz, ausgestellt, nachdem er erst vor Kurzem aus West-Afrika, wo er auf den Capverdischen Inseln und am Rio Grande geogr. und geologischen Untersuchungen nachging, zurückgekehrt war. Auch von Klutschak, dem Begleiter Schwatka's auf der Reise von der Hudson-Bai nach King William-Land, waren Originalzeichnungen, Karten und Tagebuch zur Stelle.

Von Druckwerken, die uns hier zum ersten Mal zu Gesicht kamen, nennen wir ein neues, wiederum mit Federzeichnungen geschmücktes Buch des Erzherzogs Ludwig Salvator über „Bizerta und seine Zukunft" (Prag, 1881),

und,,Physikalische Untersuchungen des Adriatischen Meeres" von Luksch und Wolf, die Ergebnisse der 1880 auf der Yacht,,Hertha" vorgenommenen Untersuchungen enthaltend, und eine Fortsetzung der Arbeiten der Adria-Commission, mit sehr interessanten Tiefen-, Temperatur- und Salzgehalt-Karten und Profilen.

Die Geologische Reichsanstalt hatte als Frucht der österreichischen Besetzung von Bosnien und Herzegowina die geologische Karte dieser Länder in 1:300 000 und Prof. Fr. Toula eine geologische Übersichtskarte des westlichen Balkan in demselben Maassstab ausgestellt. Letztere ist das Ergebniss wiederholter Reisen in den Jahren 1875 bis 1880 und mit Text, Profilen und paläontologischen Tafeln in den Denkschriften der Kais. Akademie der Wissenschaften veröffentlicht.

Lebhaft und anschaulich wie ein Naturgemälde nahm sich das im Militärgeo-graphischen Institut in Farbensteindruck ausgeführte Tableau des Umgebungsplanes von Wien aus, bestehend aus 48 Blättern in 1:12 500. Sehr lehrreich, besonders für die Technik der Kartographie, waren die Proben, die das Militär-geographische Institut von seinen so verschiedenartig hergestellten und vervielfältigten und so mannigfaltigen Zwecken dienenden Karten zusammengestellt hatte. Gleichsam den Schlüssel dazu gewährt die von Major Volkmer ausgearbeitete, nicht im Buchhandel befindliche Schrift,,Die Technik der Reproduction von Militärkarten und Plänen des k. k. Militär-geographischen Instituts zu Wien", der ein Atlas von 55 Blättern beigegeben war. Als Probe des Steindrucks in Eckstein'scher Manier enthielt die Collection des Militär-geographischen Instituts eine schöne hypsometrische Karte des Centralstockes der Hohen Tatra in 1:100 000, wo die Terrainabstufung durch einen geätzten ,,Raster" in so vollendeter Ausführung und so glücklicher Wahl der Schattirung hergestellt war, dass man ein treffliches Relief zu sehen vermeinte.

Unter den plastischen Arbeiten verdient Inkemeyer's grosses Relief der Ötzthaler und Stubayer Alpen, auf Grundlage der vom Alpenverein herausgegebenen Karte in 1:50 000, bei ihrer fleissigen sauberen Ausführung und naturentsprechenden Färbung rühmliche Hervorhebung.

Die bis jetzt besuchten Räume, die schönsten und grössten der Ausstellung, sind dem Markus-Platz zugewendet; wir müssen nun zum Eingang zurückkehren, um den Flügel längs der Piazzetta zu durchwandern. Es waren hier in ziemlich kleinen Zimmern die Producte von sieben Ländern untergebracht.

Zunächst betrat man einen langen, schmalen Raum mit fünf grossen Glasschränken, in welchen Ägypten eine prachtvolle Sammlung von Producten und ethnographischen Gegenständen aus seinen weiten Gebieten im Sudan und

den angrenzenden Landschaften der Niam-Niam und Monbuttu, aus Uganda, Unyoro und dem Somali-Lande vorführte. Ein Theil dieser Gegenstände war von dem verstorbenen Gessi-Pascha, dem Besieger der Sclavenjäger am Bahr-el-Ghasal, gesammelt, und mit Recht hatte man seine lebensgrosse Photographie über dem betreffenden Schranke angebracht. Gerade für Venedig musste es von nicht geringem Interesse sein, zu sehen, wie die daselbst gefertigten Glasperlen von den Eingeborenen der oberen Nilländer höchst kunstvoll zu Körbchen, Tellern und allerlei Schmuckwerk verarbeitet werden. Von Karten fand man in der ägyptischen Abtheilung ausser den Originalzeichnungen der Gordon'schen, Prout'schen, Purdy'schen, Mitchell'schen Reiserouten eine Karte des ägyptischen Telegraphennetzes von 1881 und Katasterkarten der Besitzungen des Khedive in Unter-Ägypten in grosser Zahl.

Durch ein kleines, für Japan benutztes Zimmer, über dessen Inhalt Herr Hassenstein in einem besonderen Aufsatz zu referiren beabsichtigt, gelangte man rechts zu der Abtheilung Belgien, wo die Karten des Institut cartographique militaire, darunter provinzweise zu grossen Tableaux zusammengefügte Sectionen der topographischen Karten, Proben der verschiedenen Vervielfältigungsarten &c. bei Weitem die Hauptsache ausmachten und daneben eigentlich nur die vom Unterrichtsministerium, der Firma Manceaux in Mons und einigen Privaten ausgestellten Unterrichtsmittel in Betracht kamen. Links dagegen reihte sich an Ägypten Brasilien, dessen Kriegs- und Marine-Ministerium als einzige Aussteller eine Anzahl meist älterer Karten, Pläne und Atlanten geschickt hatten, die eine genaue Einsicht und Vergleichung mit bekannterem Material, wie sie dort unmöglich war, wohl belohnt haben dürften, und ferner Griechenland, das eine ziemlich reichhaltige, geographisch-statistische Literatur fast ausschliesslich über das eigene Land beigebracht hatte, und zwar mit wenig Ausnahmen nur aus den letzten Jahren. Epirus und Thessalien, die neu erworbenen Provinzen, waren dabei stark vertreten, u. A. durch eine Karte von M. T. Krisocoo in 1:1200 000 (Athen, 1881) und eine solche von Oberst Kochidis in 1:300 000 (Wien, 1881); auch historische Schriften und Karten fehlten nicht, und in nicht geringem Maasse zogen die Pläne und Profile über das Türr'sche Project der Durchstechung des Isthmus von Korinth die Aufmerksamkeit auf sich.

In die beiden letzten Zimmer dieses Flügels theilten sich zwei weit auseinander gelegene Länder Amerika's, Argentinien und Canada. Wenn Ersteres einzelne Reiben von Gegenständen ausgestellt hatte, die ohne Schaden hätten wegbleiben können, wie die ganze Serie der englischen Küstenkarten von Argentinien und Patagonien,

« PreviousContinue »