sammengebracht. Der Häuptling der Madi, Tak Farre, welcher uns besuchte, hat gerade kein einnehmendes Äussere; seine Arme sind bedeckt mit stacheligen Spangen, welche als Schmuckgegenstand, zur Vertheidigung und auch zur Zügelung seiner Weiber dienen. Europäische Damen würden sich von ihren Gatten das Tragen solcher Zierrathen jedenfalls verbitten; manche von den Spitzen sind gerade und 3-4 Zoll lang, andere gebogen. An Stelle von Munza, welcher vor längerer Zeit getödtet wurde, ist jetzt Niyangari König der Monbuttu. Die Hütten in Madi sind aus Lehm erbaut und stehen auf einer ca 10 Fuss hohen Erhöhung, da die Regenzeit die ganze Umgegend in einen ungeheueren Sumpf verwandelt. Am 29. Sept. um 7 Uhr Morgens brachen wir von Madi auf und kamen schon nach 20 Minuten in den Hauptort des Häuptlings Tak Farre, Kenyi-maza, dessen Hütten aus Flechtwerk mit 4-5 Fuss hohen Wänden, glockenförmigem Dache und einer Thür von 21⁄2 Fuss Höhe bestanden. Die Männer gingen völlig nackt, nur trugen Viele Ketten von Menschen- und Schafzähnen um den Hals; die meisten Weiber hatten in der Oberlippe eine Holzscheibe, andere, wie auch manche Männer, einen Ring aus Eisendraht, an welchem sich einige Perlen befanden. Einige Weiber hatten sich Blätter vorgebunden, andere Fransen, die meisten aber trugen keine Bedeckung; sowohl Männer wie Weiber schmücken sich mit Ketten von Scheiben, die aus grossen Schneckenhäusern geschnitten werden. Schwere Ringe von Eisen und Kupfer um Beine und Arme sind hier auch stark in Mode; um übermässigen Druck auf den Fuss zu verhüten, werden Polster von Blättern untergelegt. Der Häuptling Tak Farre hat eine Bande von ungefähr 5000 Mann, die den verschiedensten Stämmen angehören, unter sich vereinigt, jeder Unzufriedene schliesst sich ihm an. Er brachte seine 5 Söhne, niedliche kleine Buben, um uns zu sehen, zum Besuch, aber die weissen Gesichter setzten sie arg in Schrecken, wahrscheinlich befürchteten sie, wir würden sie auffressen. Grosse weisse Hunde, welche einer edleren Race angehören, als sie in diesen Gegenden üblich ist, tummelten sich hier massenhaft umher. Eine zahme schwarz und weiss gezeichnete Viverre, welche mit einheimischem Namen Uluría heisst, wurde uns angeboten, doch mussten wir die Gabe ablehnen. Auch zeigte man uns einen abgerichteten Affen, der als Begrüssungsform die Füsse beleckte. Ein grosser Procentsatz der Männer litt an Hydrocele, theilweise von bedeutender Grösse. Bald nach 8 Uhr bekamen wir die letzten Berge zu sehen, und nach meiner Vermuthung wird G. Ain wohl der erste sein, zu dem wir kommen werden. Dann ging es bis 9 Uhr durch zahlreiche Dhurra- und Sesamfelder, in der That sah ich mit Ausnahme von Fatiko's Umgegend nirgends so starken Anbau. Zum Trockenen des Sesam hatte man senkrechte 15 Fuss hohe und 50-100 Yards lange Gestelle errichtet, welche ein Wunder für Afrika eine schnurgerade Linie einhielten; da eine so grosse Fläche den Winden sehr ausgesetzt ist, so hatte man die Gestelle noch durch Kreuzpfähle gestützt. Bis Nachmittags 2 Uhr 10 Min. setzten wir unseren Marsch fort, worauf wir 20 Yards vom Rodi, in der Nähe einer kleinen Stromschnelle, unser Lager aufschlugen. Der Fluss ist sehr breit, die Stärke des Gefälles konnte ich nicht constatiren; die Ufer sind dicht bewaldet. Im Ganzen hatten wir 10 Flussläufe gekreuzt, aber keiner hatte viel Wasser. Den Weg, welcher schon durch dornige Dschungeln unangenehm genug war, hatten Elephanten noch überdiess bös zugerichtet, indem sie überall Bäume und Äste umgebrochen hatten. Auch an diesem Tage wurde ziemlich viel Ilmenit beobachtet. Guineahühner, Tauben, schwarze und gelbe Finken kamen massenhaft vor, schwarz und gelb gezeichnete Fliegen machten sich durch ihren scharfen Stachel sehr bemerklich, die Schmetterlinge würden einen Entomologen entzückt haben. Die Hütten dieser Neger sind zuckerhutförmig und sehr solide, 10 Fuss hoch gebaut; sie sind aus besserem Material als weiter im Süden hergestellt, ihr Bau beansprucht dafür aber längere Zeit. Die Träger zeigten zum ersten Male ein Verständniss dafür, dass eine Kiste eine obere und eine Kehrseite hat; ob sie wohl schon die Bezeichnung ,,Oben, Vorsicht" kannten? Als ich am 30. Sept. um 4 Uhr Vormittags erwachte und der Mond leuchtend auf uns herabschien, machte ich den Versuch, die Leute zu einem frühzeitigen Aufbruch zu bewegen, aber umsonst, sie verspürten nicht die geringste Lust; erst um 6 Uhr war Alles zum Abmarsch bereit. Im Laufe der ersten 24 Stunden hatten wir unseren Weg durch Gras- und Dornendickicht zu erkämpfen, denn Elephanten hatten den schmalen Pfad fast unwegsam gemacht, dann kamen wir an einigen verlassenen Dörfern vorbei, in deren Umgebung ziemlich viel Baumwolle wuchs; auch Dhurrafelder wurden wiederholt passirt. Den Weg nach der ägyptischen Station Bufi liessen wir rechts liegen und kreuzten kurz vor 11 Uhr den Sumpf Niminekanie, auf dessen anderer Seite ich einen Baum entdeckte, in welchem ein grosses ,,O" eingeschnitten war. Der Rest des Weges bis zu unserem Quartier Takka, dessen Hütten aus Flechtwerk mit konischen Dächern erbaut sind, war weniger unangenehm, da das Gras nicht mehr so dicht stand. Unterwegs trat viel Eisenstein zu Tage. Der Häuptling des Dorfes hatte ein dünnes Eisen band um den Kopf, und von den übrigen Bewohnern trugen viele auf dem Kopfe kleine runde Eisenplättchen, welche dadurch festgehalten wurden, dass durch ein in der Mitte befindliches Loch ein Büschel Haare ge zogen war. Die meisten Männer hatten ein wenig Bartbildung auf Oberlippen und Kinn. Im Dorfe wurden wir reichlich mit prächtigen Honigscheiben versehen. Zum Schutze gegen Leoparden, welche hier massenhaft vorkommen sollen und vor welchen man grosse Furcht empfindet, hat man die Ortschaft mit einer hohen Einfriedigung umgeben. Während der ersten 1 Stunden des nächsten sehr wenig Abwechselung bietenden Marsches kamen wir durch ein Baumdickicht mit wenig Gras, hinter dem Dorfe Banyi waren Grasdschungeln vorherrschend, mit einziger Ausnahme eines 12 Stunde langen Waldes. Dass hier so wenig Bäume vorkommen, kann ich mir nicht anders erklären, als dass die Neger beim Abbrennen des Grases auch den Baumwuchs vernichten. Nur 2 kleine Bäche wurden passirt, später kamen wir bei einem 150-200 Fuss hohen Granitfelsen vorbei; Thiere kamen uns nicht zu Gesicht. Nachdem wir 20 miles zurückgelegt, lagerten wir bei Kerimu, wo eine kleine Art Bohnen in grossen Mengen wächst. Da wir hier keine Hütten hatten, schliefen wir unter einem Baume, wobei unsere Träger je 3 bei einem Feuer in einem grossen Kreise um uns herum lagerten, was bei dem prächtigen Vollmond einen höchst malerischen Eindruck machte, der noch verstärkt wurde durch Tausende von Feuerfliegen und Insecten, die beim Scheine der Feuer die Luft belebten. Unsere Träger können nicht begreifen, was ich thue, wenn ich schreibe, so dass einer von ihnen während der Nacht sich nach dem Zwecke erkundigte; wie mein kleiner Diener, welcher ihre Sprache versteht, versichert, meint man, es sei in unserem Kopf nicht ganz richtig. Der hier gesprochene Dialekt ist gerade nicht sehr einnehmend, da er Schnalzlaute hat; merkwürdigerweise giebt es zwischen hier und Süd-Afrika einige Stämme, welche die Schnalzlaute nicht kennen. Durch dornige Dschungeln mit lichteren Grasstellen, auf denen höhere Bäume als in den Tagen zuvor wuchsen, führte der nächste 23 miles lange Marsch, in dessen Verlaufe wir weder Ortschaften noch Culturen zu sehen bekamen. Einige Male traten grosse Porphyrmassen zu Tage, weit mehr aber Eisenstein, wie denn überhaupt das ganze Gebiet aus eisenhaltigen Gesteinen und Sand zu bestehen schien, auch Ilmenit wurde in der letzten Stunde wieder gefunden. Elephantenspuren gab es reichlich. Um 21 Uhr erreichten wir eine Stelle, WO eine grosse Elfenbein-Station existirte. Alles Elfenbein wurde hier gesammelt und die Karawanen nach Chartum gebildet. Ich weiss nicht, wer die Eselssattel des Sudan erfunden hat, jedenfalls schuf er kein Meisterstück, er ist der unbequemste Sitz, der nur existiren kann, denn um nur einigermaassen festzusitzen, muss man die Beine vorne auf dem Rücken des Thieres übereinanderschlagen. Der nächste Tag brachte uns einen angenehmeren Weg, der fast überall aus Eisenstein bestand, durch Unterholz, in welchem das Gras weniger hoch und auch nicht so dicht war. Unterwegs kam uns eine grosse Heerde Affen, die ich für Schimpansen hielt, zu Gesicht, doch konnte ich trotz eifriger Verfolgung keinen zum Schuss bekommen. Nach 5stündigem Marsche erreichten wir eine andere grosse, von ca 1500 Seelen bewohnte Station Jyack (Agar), bei welcher der Fluss Ferial oder Welli vorbeifliesst; die Schnelligkeit seiner Strömung betrug 1 Knoten per Stunde, seine Tiefe 12 F., der Wasserspiegel war ca 40 Yards breit, aber die Ufer waren nicht zu unterscheiden, da der Fluss übergetreten war. Er soll im Gebiete der Niam-Niam entspringen, und nachdem er 3 Stunden weiter stromabwärts einen grossen Sumpf durchflossen hat, unterhalb Gabe Schambeh in den Nil sich ergiessen. Wie mir hier erzählt wurde, soll der Rodi bei Bufi den Namen Lau führen. Nach weiteren 2 Tagemärschen hielten wir unseren Einzug in Rohl oder Rumbehk. Nachdem wir den Fluss Ferial passirt hatten, mussten wir eine Stunde lang in bis 5 Fuss tiefem Wasser waten; den Lauf eines kleinen Baches, der durch diesen Sumpf fliesst, konnte ich nicht ermitteln, ich erfuhr nur soviel, dass er unterhalb Jyack sich in den Ferial ergiesst. Nun folgten 3 Stunden lang Dschungeln und dann ging es während des Restes der beiden Tagereisen durch bebautes Land, welches nur an wenigen Stellen noch Dschungeln aufzuweisen hatte. Tabak, Dhurra, Sesam und Bohnen wurden besonders viel gebaut. Mitten in den Feldern hatte man überall einzelne hohe Bäume stehen lassen, wodurch die Landschaft einen angenehmen Eindruck machte. Zu beiden Seiten unserer Route wurden Dörfer sichtbar, deren Hütten auf kleinen, bis zu 10 Fuss hohen Werften erbaut waren. Rohl, der Hauptort der Provinz, ist stark bevölkert, es ist von 3000 Seelen bewohnt, während die Umgebung deren 30 000 zählen soll; die Strassen sind unregelmässig und häufig so eng, dass 2 Leute kaum beieinander vorbei kommen, die Hütten sind solide und auf Pfählen gebaut. Unter den Einwohnern bemerkte ich einige Monbuttu-Neger, welche, wie man mir sagte, alle Circumcision üben, was sie nicht von den Arabern gelernt haben; sie pflegen sich auch ein grosses Stück vom Ohre wegzuschneiden, doch so, dass der Aussenrand unverletzt bleibt. Auch ein Vertreter der sogenannten Zwergrace fiel mir auf, ein Mann von ca 30 Jahren, bei dem ich so glücklich war, einige Messungen vornehmen zu können. Er hatte gekräuseltes, glänzend schwarzes, kurzes Haar, braune Augen, dünne Lippen; seine Höhe betrug 1,364 m, der Umfang des Kopfes über den Ohren 549 mm, die Kopfhöhe von Ohr zu Ohr 278 mm, die Linie von der Glabella bis zur Protuberanz des Hinterhauptbeins 324 mm, die Länge der Hand 155 mm, des Fusses 204 mm, des Beines 683 mm, des Oberarmes 324 mm, des Unterarmes 382 mm, Brustumfang 768 mm. Seine Muskeln waren gut entwickelt, wie auch der ganze Körper gut gebaut ist; die Hautfarbe ist chocoladenbraun, Hände und Füsse sind eine Schattirung heller. Was seine intellectuellen Fähigkeiten anbetrifft, so halte ich ihn für einen durchaus nicht beschränkten Menschen. Eine 3tägige Ruhepause konnten wir uns in Rohl gönnen, welches, wie wir bei der Abreise bemerkten, früher stark befestigt gewesen sein muss; jetzt aber sind die Erdwerke verfallen; Orangen, wenn auch gerade keine sehr gute Sorte, und Dattelpalmen wachsen wild auf ihnen. Eine Stunde, nachdem wir Rohl am 9. October verlassen hatten, hörten die Culturen auf und wir betraten jetzt prächtige parkartige Gefilde mit schönen hohen Bäumen ohne Unterholz. Wir passirten zwei Sümpfe, von denen sich der grössere mit 3 F. tiefem Wasser 3 Stunden von Rohl, der andere kleinere mit nur 1-2 F. tiefem Wasser 1/2 Stunde von unserem Nachtlager Djur befand, einem Complex von Dörfern, welche wir nach 41stündigem Marsche erreichten; das Dorf, in welchem wir campirten, war von seinen Bewohnern verlassen. Der folgende Tag, an welchem wir bis zur ägyptischen Station Muchta gelangten, führte uns während der ersten 12 Stunden durch Parkland, dann, nachdem wir einen, wie ich deutlich bemerkte, nach O strömenden Bach, der nach den Aussagen unserer Träger aber nur ein Sumpf sein soll, überschritten hatten, ging es 1 Stunde durch Culturen, zwischen denen sich kleine Dörfer befanden und wo Anbau von Erdnüssen und Kürbissen getrieben wurde, und für die letzten 4 Stunden durch hohes Gras, Bambus und Unterholz, in welchem nur wenig hohe Bäume sichtbar waren. In der Umgebung von Muchta gedeihen Palmen. Die nächste ägyptische Station liegt wieder 62 Stunden entfernt, von welchen wir 4 Stunden durch hohes Gras und Buschwerk zu reisen hatten, hauptsächlich über Alluvialboden, nur 1 mile kamen wir über Eisenstein. Dann betraten wir eine offenbar häufig weithin überfluthete Ebene, durch welche der Ruha hindurchfliesst; er ist 40 Yards breit, 15-16 F. tief, hat eine Strömungsgeschwindigkeit von 1 Knoten per Stunde und soll sich direct in den Nil ergiessen. Um den Fluss passiren zu können, wurde erst ein dreieckiges Floss aus Ambatsch-Holz verfertigt, vorn und hinten wurde ein Seil befestigt und so war bald eine Fähre hergestellt, auf welcher Menschen und Gepäck bequem übersetzen konnten. Erst 10 Minuten vor der Station Gok, oder wie die hier wohnenden Bongo-Neger sie bezeichnen, Abreal, kamen wir in Culturland; in der Nähe der Station bemerkten wir vielfach Löwenspuren. Das Was ser war in den beiden Tagen fast nicht zu trinken, es schmeckte stark nach schwefelsaurer Magnesia. Eine Stunde nach unserem Aufbruche von Abreal hatten wir einen 2-5 F. tiefen, fischreichen Sumpf, der eine schwache Strömung nach O zeigte, zu durchwaten, was 2 Stunden in Anspruch nahm; ihn durchfliesst in seiner ganzen Ausdehnung Chor Makok mit einer Tiefe von 5 F. und einer Strömung von 1⁄2 Knoten. Auf gutem Wege kamen wir nach 4stündigem Marsche nach dem Dorfe Schevele, mit einheimischem Namen Boit, und befanden uns nun mitten im Bongo - Lande mit seinen feisten Frauen. Die Hütten haben konische Dächer und sind sehr niedrig. Löwen giebt es in Menge, während der Nacht führten sie gemeinschaftlich mit unseren Trägern ein förmliches Concert auf. Wie diese, nachdem sie den ganzen Tag ihre schweren Lasten geschleppt haben, noch die halbe Nacht hindurch singen und tanzen können, ist mir unbegreiflich, sie müssen eiserne Naturen haben. Am 13. October marschirten wir nur 2 Stunden bis zur kleinen Station Tang (Tondj) auf ebenso beschaffenem Wege wie bisher; unterwegs sahen wir wilde Enten. Ein weiterer Marsch nach unserem vorläufigen Endziel, Djur Ghattas, der eigentlich nur 6 Stunden währen soll, dauerte 13 Stunden, da die Passage des weit über seine Ufer getretenen Flusses, welcher sich 12 Stunden von Tondj entfernt befindet, uns 7 Stunden aufhielt, denn nur ein kleines Canoe diente als Fähre. Mit Ausnahme zweier Sümpfe war der Weg vom Flusse bis zur Station sehr gut, obwohl er durch Dschungeln und Gras hindurchführt, der Boden ist sandig, erst in der Nähe der Station wurde Eisenstein bemerkt. Unterwegs zeigten sich Antilopen. Die Neger geriethen während des Marsches in einen heftigen Wortwechsel, als eine kleine Schlange über den Weg kroch, die einen wollten sie tödten, während die anderen sie verehrten. Das Ende vom Liede war, dass die Schlange während des Zankes ihren Tod fand. Wir waren in der Absicht nach Djur Ghattas gekommen, von der Meschra-er-Req per Dampfer nach Chartum zu fahren; aber nach einmonatlichem Aufenthalt entschlossen wir uns, den Weg über Darfor zu nehmen, weil schon seit zwei Monaten kein Dampfer in der Meschra eingetroffen war, und man befürchtete, auch der Bahr-el-Ghazal sei wieder durch Pflanzenbarren versperrt. Die Sonne ging gerade unter und färbte die Landschaft mit rosigem Schimmer, als wir am 15. November auf Eseln reitend die Station verliessen. Ringsum war das Gras abgebrannt worden, die Feuer hatten nur verdorrte Blätter auf dem Boden hinterlassen und die laublosen Bäume machten einen ganz herbstlichen Eindruck. Der Weg war sehr gut, und mit Leichtigkeit hätte man auf demselben im Wagen fahren können; ja man brauchte nicht grosse Ver besserungen vorzunehmen, um alle Wege in dieser Gegend fahrbar zu machen. Nach 2stündigem Ritte erreichten wir den Fluss, welcher früher die Grenze zwischen den Djur und Bongo bildete; aber die Sclavenhändler haben so grosse Umwälzungen hervorgebracht, dass jetzt von einer wirklichen Grenze in diesen Landschaften nicht mehr die Rede sein kann. Glänzender Mondschein und Grasbrände hier und dort vereinigten sich mit der kühlen Abendluft, um den Ritt für uns angenehm zu machen. Nach 3 Stunden erreichten wir D'rarr, die nächste Station, von wo wir am folgenden Tage nach 7stündigem Marsche an den Fluss Djur gelangten. Das Terrain war das gewöhnliche, überall trat Eisenstein zu Tage. Kautschukbäume und der Lulu oder Butterbaum kamen massenhaft vor. Der Djur ist ca 200 Yards breit und von beträchtlicher Tiefe, obwohl bei unserer Anwesenheit das rechte Ufer noch 80 F., das linke ca 15 F. über der Wasserfläche emporragte und das letztere in der Regenzeit auf eine Entfernung von 2 miles unter Wasser gesetzt wird. Eine geschickt angelegte Schanze erinnert an den letzten Krieg, den der rebellische Sclavenhändler Suleiman gegen die ägyptischen Truppen führte, von hier aus setzte Gessi mit Raketen die befestigte Ortschaft Kurschuk Ali in Brand und jagte die Rebellen dadurch so in Schrecken, dass sie sich in wilder Flucht davon machten. Das ganze Gebiet von D'raar bis Dem Suleiman wurde in diesem Kriege verwüstet. Eine weitere Stunde brachte uns nach Kurschuk Ali, einst von grossen Gärten und Bananenanpflanzungen umgeben, jetzt zum Schatten herabgesunken, aber immer noch eine wichtige Station. Am nächsten Nachmittage ging es von hier wieder weiter, und nach 2stündigem Marsche, welcher uns über ein Plateau von 150-200 F. Höhe führte, wurde der Fluss Wau erreicht, der bei 80 Yards Breite mit einer Geschwindigkeit von 2 Knoten per Stunde dahin strömt und voll von Krokodilen ist. Seine 20 Fuss hohen Ufer überschwemmt der Fluss in der Gegend unseres Überganges nicht, doch füllt er bei hohem Wasserstande das ganze Bett aus. Ungefähr 30 miles stromabwärts vereinigt er sich mit dem Djur und mündet dann oberhalb der Meschraer-Req in den Bahr-el-Ghazal. Er ist schiffbar und wird wahrscheinlich eine werthvolle Wasserstrasse abgeben, um mit kleinen Dampfschiffen weit in's Innere vordringen zu können. Seine Ufer sind dicht bewaldet mit grossen Bäumen, welche sehr gutes Holz zum Bau von Booten liefern würden, und Reissblei kommt massenhaft in seinem Bett vor. Die Station Wau liegt jetzt hart am linken Ufer, aber zählt nur noch wenige Hütten, denn während des Krieges wurde sie von Grund aus zerstört. Die frühere Station Wau erreichten wir erst nach weiterem einstündigem Marsche, und nach ferneren 3 Stunden rasteten wir in dem Dorfe Majok, dessen Häuptling, ein Neger mit ganz „,amerikanischem" Gesichtsausdrucke, uns äusserst freundlich empfing; 3 Stunden von dort kamen wir nach Biselli, einer hübsch gelegenen Station in einem Kessel zwischen niedrigen Hügeln. Der Fluss kam uns hier nicht zu Gesicht. Die ganze Strecke zwischen Wau und Biselli bietet nichts Bemerkenswerthes als zwei in NS-Richtung verlaufende 150 F. hohe Plateaux. An einer Stelle wuchs Bambus, sonst führte der Weg durch Dschungeln, in welchen hier und da hohe Bäume zerstreut standen. Von Biselli führen zwei Wege nach Dem Idris, einer via Dembo, der andere direct durch einen grossen Wald; der letztere ist während der Regenzeit gefürchtet, weil er dann sehr viel wilde Thiere beherbergen soll. Da wir aber eine grosse Reisegesellschaft bildeten, so gaben wir doch diesem Wege den Vorzug, und wenn auch einmal viele Löwen sich um unser Nachtlager umhertrieben, SO sahen wir doch auf dem ganzen Marsche Nichts von ihnen. Die Route durch diesen prächtigen Wald bis Dem Idris nimmt 3 Tagemärsche oder 28 Reisestunden in Anspruch, in deren Verlaufe wir 13 kleinere Wasserläufe und zwei grössere Flüsse, Ghitti und Dji, überschreiten mussten. Der letztere gehört zu den schönsten Flüssen, die ich je gesehen; voller Felsen und daher nicht schiffbar, ergiesst er sich in den Bahr-el-Arab. Das Terrain ist überall gewelltes Hügelland und steigt nach und nach höher an. Kurz vor Dem Idris liegt inmitten eines Bananenhaines ein sehr hübsches Dorf, Kaza. Dem Idris, welches früher ein stark befestigter Ort war, ist jetzt eigentlich nur noch ein Trümmerhaufen, denn um den Besitz dieses Platzes entspann sich in Gessi's letztem Feldzuge einer der erbittertsten Kämpfe, wovon die noch haufenweise umherliegenden menschlichen Gebeine und die Spuren von Kugeln, welche fast jeder Baum aufzuweisen hat, Zeugniss ablegen. Der Rebellenchef Suleiman veranstaltete hier Schlächtereien der scheusslichsten Art, gegen deren Schilderung die Feder sich sträubt. In der Nähe lebt der „,Sultan" Kayonga, einer der einsichtsvollsten Häuptlinge, die ich in diesen Gegenden kennen gelernt habe, der arme Kerl hatte in den letzten Zeiten die grössten Scheusslichkeiten von den Arabern zu erdulden gehabt. Hoffentlich hat die Errichtung einer guten und gerechten Verwaltung diesen Missständen für immer ein Ende gemacht; Europa kann im Interesse der Humanität nur wünschen, dass diese fruchtbaren Gegenden dem legitimen Handel erschlossen werden. Der Sclavenhandel ist glücklich vorbei, und es liegt jetzt nur an der Regierung, dass er nicht wieder auflebt. Das Land ist jetzt vollständig beruhigt und die Neger erkennen allmählich die Wohlthaten, die der letzte Krieg ihnen dadurch geschafft hat, dass er sie von den Sclavenhändlern befreite und den Scheusslichkeiten, welche in den letzten 20 Jahren an der Tagesordnung waren, ein Ende machte. Der von Dem Idris nach Dem Suleiman führende Weg, auf welchem 16 Flussläufe zu passiren sind, ist im Allgemeinen gut; im Chor Rannam (Schweinfurth's Ganna) fand ich so schönes Wasser, wie ich bisher nirgends in Afrika gekostet hatte, mit vielleicht einziger Ausnahme von dem, welches aus einer 3 Stunden von Rubaga entfernten Quelle stammt. Dem Suleiman, die jetzige Hauptstadt dieser Provinz, besitzt gegenwärtig nur noch ein Zehntel von seiner früheren Grösse, es ist gut befestigt, mit vier Kanonen und zwei Raketenbatterien armirt; die Wohnung des Generalgouverneurs und das Magazin sind aus Ziegelsteinen erbaut. In Gärten gedeihen Zwiebeln, Karotten, grüne Erbsen, süsse Kartoffeln, Bananen, Kürbisse, Salat, Blumenkohl, Rettiche, Reis, sowie die gewöhnlichen arabischen Gemüse; an den Ufern der Bäche wächst eine wilde Sorte Reis mit sehr grossen Körnern. Bei einer guten Hammelkeule und einem Gericht grüner Erbsen merkt man eigentlich nicht, dass man so weit von Europa entfernt ist. Das Gebiet zwischen Dem Suleiman und Foroga ist fast überall mit lichten Waldungen oder Dschungeln bedeckt. Unter den grösseren Flüssen, welche wir kreuzten, war der erste der Bíri, ungefähr 1 Stunde von Dem Suleiman entfernt, welcher einen sehr gewundenen Lauf hat und dessen Bett durch Felsen häufig versperrt wird. An dem Punkte, wo wir übersetzten, war er ca 50 m breit, ein grosses Boot dient hier als Fähre. Unser erstes Lager war Doleb, welches diesen Namen nach den vielen Doleb-Palmen (Borassus) führt, die hier wachsen; es ist nur ein kleines Dorf von wenigen zerstreuten Hütten. Nach Doleb kamen wir erst durch viele kleine Dörfer inmitten von Dhurra-Feldern, dann folgten Dschungeln, endlich gegen Ende des Tages gelangten wir an den ca 100 m breiten und 4 F. tiefen Suba-Fluss, den wir auf Baumstämmen kreuzten, die dicht bewaldeten Ufer waren hoch über dem Wasserspiegel. Nach 21stündigem Marsche kamen wir am dritten Tage wieder in bebaute Gegenden, in welchen hier und da Dörfer lagen, dann wechselten wieder Dschungeln mit Culturen ab, bis wir bei dem Häuptling Ngaru unser Nachtquartier aufschlugen. Der Marsch nach Liffi, einem grossen Dorf mit einigen guten Hütten, brachte uns erst in einen Wald, welcher sehr gute Ausbeute an Bauholz verspricht, dann kreuzten wir einen kleinen, sehr romantischen Fluss Lugu und kamen schliesslich durch steile Felspartien. Liffi, am Flusse Raja, ist eine Militärstation mit 25 Mann regulären Militärs besetzt, dazu wird aber noch aus dem umliegenden dicht bevölkerten Districte ein grosser Haufe Irregulärer ausgehoben. Am 11. December ging es von Liffi weiter den ganzen Tag durch niedrigen Wald. Nach 3stündigem Marsche mussten wir den ca 80 Yards breiten Fluss Boru passiren, der auf sandigem Bette dahinfliesst, bald darauf wurde zur Linken unserer Route eine lange Bergkette in einer Entfernung von ca 14 miles sichtbar, und schliesslich machten wir am Fusse des 300 F. hohen Gebel Gondu, auf dessen Spitze ein Dorf erbaut ist, Halt. Die dasselbe bewohnenden Neger, welche dem Schir - Stamme angehören, flechten ihr langes Haar in Streifen und salben es mit Oker und Öl ein. Sie haben offene gefällige Gesichter und sind, wie alle Neger dieser Gegenden, äusserst freundlich und gastfrei; in jedem Dorfe standen Hütten für uns bereit, wie auch Nahrungsmittel für alle unsere Leute. Häufig gab es Antilopenfleisch; Lugma, eine Art dicken Breies von Dhurramehl, Merissa (einheimisches Bier) und Honig standen uns immer in beliebigen Mengen zur Verfügung. Von Palmblättern werden hier sehr hübsche Körbe geflochten, die Thonwaaren zeichnen sich sowohl in Form als auch in der Anfertigung vor den früher von uns getroffenen aus; die Krüge haben Hälse in sehr gefälligen Formen. Von unserem Lager konnten wir in ca 12 miles Entfernung in direct nordöstlicher Richtung den Gebel Delgauna erkennen, welcher nach Aussage der Neger 1 Tagemarsch entfernt sein soll. Bis zum G. Saffer, in dessen Nähe wir am 12. Decbr. unser Lager aufschlugen, hatten wir einen anhaltenden Marsch von 8 Stunden zurückzulegen, nur einmal machten wir unterwegs am Flusse Gama Halt, um unser Mittagsmahl zu verzehren. In weiteren 7 Stunden gelangten wir dann zur kleinen ägyptischen Station Foroga. Den ganzen Tag über marschirten wir durch Wald, der aber nur einzelne zerstreute hohe Bäume aufzuweisen hatte, den G. Timbali liessen wir in Sehweite zur Rechten liegen. Der Bahr Safila war der einzige Flusslauf, den wir zu kreuzen hatten; er war vollständig trocken, so dass wir in seinem sandigen Bette rasten konnten; durch Nachgraben erhielten wir viel gutes Wasser. In dieser Gegend fanden wir auch die echte Tsetse-Fliege (Glossina morsitans), wodurch das Fehlen von Rindvieh seine Erklärung findet. Nachdem wir am 14. December in Foroga ausgeruht hatten, brachen wir am folgenden Morgen mit einer frischen Schaar Träger auf, die zum ersten Mal sämmtlich bekleidet waren; sie verstanden es nicht, die Lasten auf den Köpfen zu tragen, wie es sonst in Afrika üblich ist, sondern befestigen meistens zwei Lasten an einen Stock, welchen zwei Leute zwischen sich tragen, während andere Körbe &c. an einen Bambusstab über die Schulter hängen. |