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Hydrologie des Bering-Meeres und der benachbarten Gewässer.

Beobachtungsmaterial.

Von W. H. Dall').

(Mit Karte, s. Tafel 17.)

Seit dem Jahre 1871, in welchem ich zuerst bei den Aufnahmen in den Gewässern von Alaska thätig war, habe ich jede Gelegenheit benutzt, um über die Meeresströmungen in diesen und benachbarten Gewässern Gewissheit zu erhalten sowohl durch Beobachtungen, welche ich beständig von der unter meiner Leitung stehenden Abtheilung ausführen liess, als auch durch die Berichte über die Beobachtungen Anderer, welche ich theils den Logbüchern der diese Gegenden befahrenden Schiffe, theils anderen Quellen entnahm. Erst seit ganz kurzer Zeit hat sich das Material in genügender Weise angehäuft, um auf guter Grundlage eine Theorie der Strömungen zu bilden, welche auf Beachtung Anspruch erheben kann, und auch jetzt bleibt noch viel zu thun übrig; aber das mir zur Verfügung stehende Material schien genügend, um mit manchen Zweifeln aufzuräumen und mit einiger Wahrscheinlichkeit die hauptsächlichsten hydrologischen Merkmale dieses Gebietes festzustellen. Die Beobachtungen, welche wir 1880 ausführten, haben in Verbindung mit den Thatsachen, die Onatzewitsch über den westlichen Theil des Bering-Meeres bereits früher veröffentlichte, zum ersten Mal verschiedene Widersprüche zwischen der bisherigen allgemeinen Annahme über die Strömungen und den wirklichen beobachteten Thatsachen klar gelegt 2). Um alles nur erreichbare Material zu sichten, wurde die Literatur über diesen Gegenstand sorgfältig durchgegangen und die Resultate früherer Untersuchungen mit denen jüngeren Datums verglichen.

Bisher wurde allgemein angenommen, dass eine Abzweigung des Japanischen Stromes oder Kuro-Siwo zwischen dem Westende der Aleuten-Kette und der Küste von Kamtschatka hindurcbginge und nordostwärts durch die BeringStrasse in den Arktischen Ocean eintrete. Ferner nahm man an, dass eine kalte Strömung aus dem Arktischen Ocean eine südwestliche Richtung zwischen der erwähnten Abzweigung des Kuro-Siwo und der asiatischen Küste ein

1) Veröffentlicht mit Genehmigung des Superintendent of the U. S. Coast and Geodetic Survey.

2) Coast Pilot of Alaska, Appendix, I, p. 21, 1879. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1881, Heft X.

schlüge; endlich wurde angegeben, dass eine andere kalte Strömung von der Strasse nach S östlich von der St. Lorenz- und der St. Matthäus - Insel und dann südwestlich nach den Aleuten ginge. Letztere hiess die Bering-Strömung'), während die erstere Kamtschatka-Strömung 2) genannt wurde. Diess sind in grossen Zügen die Ansichten, welche in den meisten Schriften über die Schifffahrt im Stillen Ocean und im Bering-Meere Aufnahme gefunden hatten, z. B. Pilots, Segelanweisungen, wie auch in anspruchsvolleren Abhandlungen über Hydrologie im Allgemeinen.

Bevor wir uns auf eine Discussion der Beobachtungen einlassen, wird es sich empfehlen, die hauptsächlichsten Quellen anzugeben, welchen die Nachrichten entnommen wurden. Es sind folgende: Die Reisen von King und Clerke (Theilnehmer an Cook's Expedition) 1878-793), Kotzebue 1816-18 und 1824), Beechey mit dem ,,Blogsom" 1825-28 5), Lütke mit dem ,,Senjawin" 1828-29 ), Dupetit-Thouars mit der ,,Venus" 1837 "), Moore mit der

1) Labrosse scheint die Annahme dieser Strömung Becher entnommen zu haben, obwohl er keine Quelle angiebt; vergl. The navigation of the Pacific Ocean &c. translated from the French of F. Labrosse by Lieut. J. W. Miller, U. S. N., 8o, pp. XII + 360. Washington, U. S. Hydrogr. Office, 1875, p. 61; desgl. Becher: Navigation of the Pacific. 8°. London 1860, p. 75.

2) Vergl. China Sea Directory, p. 25 ff.; desgl. Labrosse (Originalausgabe), p. 65-68; North Pacific Pilot (W. Rosser, 1870), p. 85 -91, Onatzewitsch, Nabliudenia &c. (Resumé verschiedener Meinungen über den Gegenstand), p. 83-100; Becher, Navigation of the Pacific 1860, p. 73 ff. u. a.

3) James Cook und James King: A voyage to the Pacific Ocean &c. in the years 1776-80. 3 Vol. 4°. Mit Atlas in Folio. London, 1784 -85. Originalausgabe.

4) Otto v. Kotzebue: A voyage of discovery into the South Sea and Beering's Straits in 1815-18 &c. 3 Vol. 8°. London, Longmans, A new voyage round the world in the years 1823-26.

1821.

2 Vol. 120. London, 1830.

5) Capt. J. W. Beechey: Narrative of a voyage to the Pacific and Beering's Strait &c. 1825-28. 4°. London, 1831.

6) Capt. J. P. Lütke: Voyage autour du monde &c. Partie nautique, 4o. St Petersburg, 1836, sowie verschiedene Artikel in den Sapiski des Hydrographischen Amtes. 8°. St. Petersburg. 1842-52. 10 Bde. vergl. II, p. 353-76.

7) A. A. Dupetit-Thouars: Voyage autour du monde sur la frégate,,La Venus" pendant les années 1836-2 39. 10 Vol. 8°. Atlas, 4 Vol. Fol. Paris, Gide, 1840-55, s. VI, 1842, p. 230-280 und IX, 1844, p. 297-298. Das beste Werk unter den älteren Reisen.

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„Plover" 1849 '), Kellett (und Trollope) mit dem „Herald" 1850 2), Lieut. (jetzt Admiral) John Rodgers mit der,,Vincennes" 1855 3), Bullock mit der ,,Dove" 1861 +), Belknap mit der,,Tuscarora" 1873 5), Onatzewitsch mit der ,,Wostok" 1875 und der Wsadnik" 1876 6), Nares mit dem ,,Challenger" 1875), Bailey mit der ,,Rush" 1879 ) und Hooper mit dem „,Corwin" 18809). Diess sind alles publicirte Schriften, aber von unveröffentlichtem Material waren mir Logbücher zugänglich oder Abschriften von solchen mit Temperatur- und Strömungs-Beobachtungen, die unter meiner Leitung von Abtheilungen der U. S. Coast & Geodetic Survey 1871 und 1872 auf dem „Humboldt" 10) und 1873), 1874 und 1880 auf dem „,Yukon" ausgeführt worden sind, sowie die Notizbücher (,,Remark books") von Schiffen, die unter dem Befehl des Capt. L. C. Owen zum Walfischfang verwendet wurden, nämlich vom „Contest" 1871, Jireh Perry" 1872, 1873 und 1874, der Bark ,,Three Brothers" 1876 und 1877, der Bark,,Coral" 1878 und 1879, alle bezüglich auf Reisen von San Francisco oder den Sandwich-Inseln nach dem Arktischen Ocean und zurück während der Saison. Andere Logbücher, welche Material lieferten, sind die der China-Dampfer, die zwischen San Francisco, Yokohama und Hongkong fahren. Auszüge über 22 solcher Fahrten, auf denen die Meerestemperatur 6 bis 8 Mal täglich gemessen wurde, stellte Professor P. B. Antisell gütigst zu meiner Verfügung 12). Ausserdem mögen noch zahlreiche einzelne Beobachtungen erwähnt werden, die von verschiedenen Seefahrern stammen und in den Feldbüchern der in Alaska thätig gewesenen Abtheilungen

1) T. E. L. Moore: Proceedings of H. M. S.,,Plover". (Nautical Magazine, London 1850, p. 176-184.)

2) Com. H. Trollope in B. Seemann's Narrative of a voyage of H. M. S.,,Herald", 1845-51 &c. 2 Vol. 8°. London 1853. II, p. 290 ff. vergl. Nautical Magazine 1850.

3) Track chart published by the U. S. Hydrographic Office. Über die Expedition ist kein Bericht aus officiellen Quellen erschienen. 4) China Pilot (verschiedene Ausgaben). London, Hydrogr. Office, 1864, p. 449 ff.

5) Deep Sea soundings in the North Pacific Ocean &c. U. S. Hydrogr. Off., No. 54. 8o, 52 pp. Mit Illustrationen. Washington, 1874.

6) Sobranie Nabliudenii &c. 1874-77. 4o, 112 pp. Mit Illustrationen und Karten. St. Petersburg, Admiralität, 1878.

7) John James Wild: Thalassa, an essay on the depth, temperature and currents of the Ocean &c. 8°, 140 pp. Mit Tafeln und Karten. London, Marcus Ward & Co, 1877.

8) Capt. Geo. W. Bailey, U. S. R. M.: Report upon Alaska &c. 80, 52 pp. Mit Illustrationen und Karten. Washington, Governm. Print. Off., 1880.

9) Capt. C. L. Hooper. U. S. R. M.: Report of the cruise of the U. S. Revenue-Steamer ,,Corwin" in the Arctic Ocean. 8°, 72 pp., mit Karte und Tafeln. Washington, 1881.

10) Vergl. Report U. S. Coast Survey 1872. Appendix No. 10, by W. H. Dall. 36 pp. mit Skizze [1875].

11) Vergl. Report U. S. Coast Survey 1873. Appendix No. 11, by W. H. Dall. 12 pp. mit Karte [1875].

12) Diese Auszüge bildeten die Grundlage zu seiner werthvollen Abhandlung „On the temperatures of the Pacific Ocean", die am 13. April 1878 in der Philosophical Society zu Washington verlesen wurde und deren vollständige Veröffentlichung wir noch erhoffen dürfen.

der U. S. Coast Survey aufgezeichnet sind; ebenso die Aufzeichnungen über Strömungen durch die Seeleute der Russisch-Amerikanischen Compagnie, die von Tebenkoff in seinem Atlas von Alaska eingetragen wurden.

Die Angaben, welche wir aus diesen verschiedenen Quellen entnehmen, erstrecken sich sowohl auf Strömungen als auch auf Meerestemperaturen und können in vielen Fällen. natürlich nur auf annähernde Genauigkeit Anspruch erheben. Wenn man dieses Material benutzen will, so muss man daran denken, dass bei den Temperaturen die Ungenauigkeit häufig wohl mehrere Grade F. betragen mag, und dass besonders die Berechnung der Strömung, wie in der Natur der Sache liegt, noch grösseren Irrthümern unterliegt, wenn die Beobachtungen nicht von einem festen Punkte, z. B. von einem verankerten Schiffe oder einem gestrandeten Eisberge aus, angestellt werden. Einige Temperaturmessungen wurden im Coast Pilot of Alaska, Appendix 1), veröffentlicht.

Die Temperatur der Meeresoberfläche.

Da die Bewegung des Meerwassers theilweise durch seine Temperatur bestimmt wird, so kann man ihren Verlauf häufig durch Isothermencurven der Meeresfläche ermitteln. Ja sogar, da sich die Bewegung, wenn sie normal verläuft, meist weniger leicht mit Genauigkeit bestimmen lässt als die Temperatur und viel schneller sich verliert, so tritt häufig der Fall ein, dass die Vertheilung des strömenden Wassers durch das Studium seiner Temperatur viel genauer festgestellt werden kann, als auf irgend einem anderen Wege und dass auf diese Weise die Wirkung einer bestimmten Strömung sich mit Sicherheit auf einer Fläche nachweisen lässt, welche viel grösser ist als diejenige, auf welcher eine beständige Bewegung nach irgend einer Richtung hin bemerkbar ist.

Umgekehrt verhält es sich ähnlich; erweist es sich, dass eine grosse Wassermasse eine fast gleichmässige Sommertemperatur besitzt, welche im Allgemeinen dem durch Breite und locale Verhältnisse der betreffenden Theile bedingten Grade entspricht, so kann keine grosse Wassermasse aus einem Meerestheile mit einer anderen Normaltemperatur hierher sich ergiessen, d. b. mit anderen Worten: Bei der allgemeinen oceanischen Circulation kann eine Strömung von Wasser, dessen Temperatur der bestimmten Breite entspricht, nicht in eine andere Region, deren Normaltemperatur eine andere ist, Statt finden, ohne seine Gegenwart durch Verschiebung der Isothermen kund zu geben.

1) Pacific Coast Pilot. Coasts and islands of Alaska. 2te Serie. 4o, 376 pp. Mit Karten und Illustrationen. Washington, Governm. Print. Office, 1879. Bearbeitet von W. H. Dall und Marcus Baker.

Das Studium der Meerestemperaturen in dem Becken des Ochotskischen und des Bering-Meeres fördert nun folgende Thatsachen zu Tage. In seichten Theilen, d. h. bei Tiefen von 10 Faden und weniger, entwickelt sich unter dem Einflusse der langen Tage und der heissen Sonne des arktischen Sommers eine höhere Temperatur als in den benachbarten grösseren Tiefen; in Folge dessen finden wir in den Sunden, Buchten und Golfen, namentlich an der östlichen flacheren Seite des Bering-Meeres, eine Sommertemperatur, welche in bedeutend südlicheren Breiten als normal zu bezeichnen wäre. Auch im Polarmeere zeigt sich dieselbe Erscheinung. Wird nun dieses warme Wasser durch den Wind, Gezeiten oder andere Kräfte (wie z. B. in der Nähe der Bering-Strasse) mitten in Wassermassen mit geringerer Temperatur versetzt, so übt es hier für die Zeit und Fläche, in welcher dieser Wechsel erfolgt, einen ebenso grossen und ebenso gearteten Einfluss aus als eine ähnliche Wassermasse, welche durch die oceanische Circulation von China oder Japan her in ebendenselben Meerestheil versetzt worden wäre.

Diese Massen erwärmten Wassers sind natürlich nur klein und, da sie sich nur an der Oberfläche befinden, dem Wechsel der Jahreszeit und des Wetters viel schneller unterworfen, als das beständig ergänzte Volumen einer grossen oceanischen Strömung. In Folge dessen stimmt die Zeit ihrer Maximaltemperatur immer mit der der höchsten Lufttemperatur der localen Gegend überein, während das Wasser einer Strömung (in kalten Gegenden) häufig den höchsten Wärmegrad erreicht, wenn das in der betreffenden Gegend vorkommende Maximum schon vorbei ist.

Die Gegenwart von Eis hat nach Eintritt der warmen Jahreszeit in den erwähnten Meerestheilen einen geringeren Einfluss auf Erniedrigung der Oberflächentemperatur als man annehmen möchte. In höchst überraschender Weise kann man häufig die Beobachtung machen, dass das Wasser bis in sehr geringe Entfernung von einem grossen Eisfelde beinahe seine normale Temperatur behält. Will man jedoch durch Meerestemperaturen Strömungen nachweisen, so muss, und ganz besonders in den arktischen Regionen, wo Eis in grossen Massen vorhanden ist, die Nähe des Eises in Betracht gezogen werden, wenn die Schlussfolgerungen nicht unzuverlässig werden sollen. Aus denselben Gründen bieten Beobachtungen, welche im Bering-Meere nach dem völligen Verschwinden des Eises angestellt wurden, eine bessere Grundlage zur Discussion, und es sind deshalb in dieser Abhandlung nur solche benutzt worden, wenn nicht das Gegentheil besonders bemerkt worden ist.

Noch ein anderer Factor trägt zu der Beschaffenheit der seichten Meerestheile bei. Wenn die grossen, in's Bering-Meer und den Arktischen Ocean mündenden Flüsse im

Frühjahr aufbrechen, führen sie grosse Massen Süsswassereis mit sich und sind deshalb einige Tage nicht viel wärmer als das Meer, in welches sie sich ergiessen. Ihre Temperatur nimmt aber rasch zu, und da ihre Gewässer andauernd den Strahlen der heissen arktischen Sonne exponirt sind, so werden sie viel mehr erhitzt als das benachbarte Meer, welches in den meisten Fällen noch kaum seine Eisfesseln gesprengt hat. Die gewaltige Wirkung, welche grosse Flüsse auf die Öffnung von Canälen zwischen Eis und Küste ausüben, ist von Allen anerkannt worden, welche sich mit arktischer Geographie beschäftigen; ebenso ist es bekannt, dass grosse Flüsse, welche weit südlich von ihrer Mündung entspringen, z. B. Lena, Mackenzie, Yukon, Amur, während des Sommers, so lange keine Gegenwirkung Statt findet, in dem angrenzenden Meere unbestreitbare, wenn auch nur locale Strömungen hervorrufen, und diese weisen gewöhnlich eine höhere Temperatur auf als die Normaltemperatur ihrer Umgebung.

Die tägliche Schwankung der Oberflächentemperatur steigt im Extrem bis zu 6 oder 8° F., beträgt aber gewöhnlich 3-4° und unter einförmigen Verhältnissen, z. B. bei ruhigem, stark wolkigem Wetter, mag der Unterschied zwischen Maximum und Minimum sogar weniger als 1° betragen. Das Maximum tritt gewöhnlich zwischen 2h und 6 p. m., das Minimum zwischen 2h und 4h a. m. ein. Die folgende Tabelle zeigt die Temperaturschwankungen der Oberfläche in Celsius - Graden für jede 2 Stunden des Tages an; das Schiff lag vor Anker oder ungefähr in derselben Position.

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1. 7. Juli 1880 2. 9.

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3. 16.

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2h 4h 6h 8h 2h 4" 10h 12h Gh 8b 10h 12h a. m a. m. a. m. a. m. a. m. m. p.m. p.m. p. m. p m. p.m. a. m.

6,7 6,7 7,2 8,9 9,4 10,0 10,6 11,7 12,2 12,2 11,1 11,1 11,1 11,1 11,1 13,9 13,9 13,9 13,9 14,4 14,4 12,8 12,8 12,2 6,7 6,7 6,7 6,7 7,2 7,2 7,2 7,2 8,9 7,8 7,8 7,8 1,1 1,1 2,2 1,1 0,0 0,6 3,3 3,9 3,8 3,3 2,2 1,1 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 0,6 0,0 0,0 0,0 1,1 1,1 3,3 2,2 2,2 1,7 1,1 1,1 6,1 6,1 6,7 6,7 7,1 7,1 7,2 6,9 6,1

4. 26. 5. 1. Aug. ", 6. 10. Juni 7. 10. Sept.,, Die Serien Nr. 1 und 2 sind dem Logbuche des ,,Corwin" entnommen und wurden im Norton-Sunde, während das Schiff vor Anker lag, bei halbklarem Wetter und leichten Luftströmungen gemessen; Nr. 3 entstammt derselben Quelle, die Temperaturen sind gemessen im Kotzebue-Sunde bei halbklarem Wetter und leichtem Winde, mit Ausnahme von 2h bis 8b a. m., wo eine frische Brise aus SO wehte; desgleichen Nr. 4, in der Nähe des Packeises unweit der Herald-Insel, bei mässigem Winde und völlig bewölktem Himmel. Einige Unregelmässigkeiten während des Vormittags sind dem Einflusse von Eisschollen zuzuschreiben; ebenso Nr. 5, während das Schiff bei Cap Sabine in heftigem Sturm und bei völlig bewölktem Himmel ankerte, endlich auch Nr. 6, gemessen nördlich von der St. Paul-Insel bei völlig bewölktem Himmel und ruhigem Wetter. Serie Nr. 7 wurde auf dem U. S. S. ,,Yukon", bei der Diomed-Insel verankert, gemessen bei frischer Brise und wolkigem Himmel, welcher nur wenige Sonnenstrahlen durchliess.

Die Tabelle beweist auch den Temperaturunterschied zwischen den seichten Gewässern des Norton- und Kotzebue-Sundes und der Bering-Stasse und denen der offenen See, sowie die Wirkung, welche das Fehlen der Sonnen

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15. Juli 3,3 3,8 6,7 5,6 5,6 5,66,1 7,8 7,8 7,2 7,8 7,8 Kotzebue-Sund Der Curs vom 17. September wurde in der Richtung von SW, die übrigen von NW zurückgelegt. Die Temperatur schwankte im NortonSunde in den Tagen vom 7. zum 10. Juli zwischen 11,1° und 14,4°, später vom 14. zum 17. September war sie fast gleichmässig 6,7° C. Bei der Chamisso-Insel im Kotzebue-Sunde schwankte die Temperatur am 16. und 17. Juli zwischen 6,7 und 8,9° C.

Nachdem wir gesehen haben, dass die tägliche Schwankung an demselben Orte bis zu 4° C. und darüber betragen kann, mag die Jahresvariation in Betracht gezogen werden. Zwei verschiedene Ursachen oder beide gemeinsam können sie veranlassen, erstlich der normale Wechsel der Jahreszeiten, zweitens der Zufluss einer Strömung mit einer Temperatur, welche für das Seebecken, in das sie sich ergiesst, anormal ist und welche Schwankungen unterliegt, die durch irgend welche an ihrem Entstehungsorte wirksame, nicht aber in den Mündungsbecken bestehende Ursachen hervorgerufen werden.. Das Verzeichniss von Seetemperaturen irgend einer Örtlichkeit, welche durch Strömungen nicht beeinflusst wird, müsste, was Amplitude und Zeit der Maxima und Minima anbetrifft, mit den Wärmeverhältnissen des benachbarten Festlandsklima übereinstimmen, die Unterschiede sollten hauptsächlich in Verzögerung und einer beschränkteren Amplitude bestehen, als Folge der unverkennbaren Thatsache, dass das Seewasser die Wärme langsamer aufnimmt und abgiebt als die Luft und selten in derselben Ausdehnung.

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und

Die folgende Tabelle zeigt die jährliche Amplitude der Seetemperaturen für einige Örtlichkeiten in der Gegend des Bering Meeres und weist im Allgemeinen die Schwankungen und Zeiten von Maximal- nnd Minimaltemperatur in ° C. nach.

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1) Die Mittheilungen über die Reise des ,,Corwin" sind dem Original - Logbuch entnommen, welches viel reichhaltiger ist als der veröffentlichte Bericht.

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St. Paul-Insel. 2,7 3,2 1,2 0,9 1,9 4,4
St. Michael
Unalaschka.
Aleuten.

*

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0,0* 0,0* 0,0* 0,0* 0,5* 1,9* 13,8 13,4 9,8 1,7* 0,6* 0,0* 1,8 1,8 1,4 3,3* 4,9 5,6 10,8* 11,1* 9,1 6,2 1,3 1,2 1,9 1,8 1,4 3,1 5,9 7,1 7,7 10,2 9,2 7,2 1,3 1,1 Die mit bezeichneten Mittelwerthe sind nur annähernde, werden sich aber vermuthlich von dem wahren Werthe nicht weit entfernen, die übrigen entstammen fortgesetzten täglichen Beobachtungen mit Normalinstrumenten. In manchen Jahren muss St. Paul-Insel eine bedeutend höhere Temperatur aufweisen, weil einer der oben mit in Betracht gezogenen Winter unverhältnissmässig kalt war, und Eismassen bis spät in den Mai hinein die Insel umlagerten, was sonst kaum vorgekommen war. Die Werthe für Unalaschka sind in Theilen verschiedener Jahre ermittelt worden, auf St. Paul-Insel wurde 1 Jahr und 11 Monate beobachtet, auf der Alëuten-Kette in mehreren Jahren zu verschiedenen Zeiten, zu St. Michael im Norton-Sunde nur theilweise in zwei Sommern (darunter eine ununterbrochene Serie vom Juli, August und September).

Auf den Aleuten wurden eine Zeit lang gleichzeitige Beobachtungen in einer Tiefe von 5 Faden unter der Oberfläche angestellt. Die Temperatur war hier 3-4° F. höher mit Ausnahme von sehr kalten Tagen, und es währte 2448 Stunden, bis der Temperaturwechsel bis in jene Tiefe hinabdrang. Diese Beobachtungen wurden überall in sehr gut geschützten Häfen vorgenommen, und die Serie wurde nothwendigerweise häufig unterbrochen. Beachtung verdient der Umstand, dass in Meerestheilen mit durchweg ziemlich gleichmässiger Temperatur lange Temperaturlinien, welche von einem Dampfschiffe aus gemessen werden können, den Vorzug einer grösseren Anzahl fast gleichzeitiger Beobach tungen haben; aber in Meerestheilen, in welchen die Wärme ungleichmässig vertheilt ist, sind kürzere Linien zweckmässiger, da bei ihnen leichter ist, die tägliche Variation zu eliminiren.

Bei Bearbeitung der Temperaturen im Bering - Meere wurden die verschiedenen Beobachtungen auf dem ihnen zukommenden Platze auf einer Karte eingetragen und der Versuch gemacht, der durchschnittlichen normalen Sommertemperatur nahe zu kommen, indem die Correctionen der folgenden Tabelle bei den einzelnen Beobachtungen in Anrechnung gebracht wurden, diese dadurch auf ein gemeinsames Vergleichsmaass reducirt und eine Basis für Isothermen erzielt wurden.

Correctionstabelle, um Meerestemperaturen auf eine mittlere Sommertemperatur zu reduciren (° C).

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10.

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16.

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25.

4. Mai

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Datum. Correct. Datum. Correct. Datum. Correct. Datum. Correct. 15. Jan. + 5,0 9. Mai + 3,8 4. Juli -1,7 2. Oct. 0 11. Febr. +5,6 14. +2,8 12. -2,2 7. 25. +6,1 20. +2,2 21. -2,8 11. 1. März +6,2 27. +1,7 1. August -3,3 16. +6,1 2. Juni +1,1 16. -2,8 22. 6. April +5,6 8. +0,6 1. Sept. 2,2 26. +5,0 14. 0 10. +4,4 20. -0,6 19. +3,9 28. -1,1 25.

+0,6

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Diese Tabelle wurde aus den eben angeführten jährlichen Mitteln und Theilen anderer unterbrochener Serien ermittelt und hat demgemäss nur annähernden Werth. Die Correctionen erwiesen sich als sehr nützlich, es stellte sich jedoch deutlich heraus, dass sie die Unterschiede, welche für seichtere und tiefere Meerestheile eine andere Sommertemperatur ergeben, nicht genügend in Betracht ziehen und dass eine einzige Tabelle auf eine von 45° N bis 65° N sich erstreckende Zone sich nicht anwenden liess, ohne für die höchsten und niedersten Breiten in Extreme zu fallen, welche mit den factischen Verhältnissen nicht übereinstimmen. Einige allgemeine Gesichtspunkte wurden jedoch durch den Versuch gewonnen und die Widersprüche zwischen verschiedenen Jahren, welche sich früher herausgestellt hatten, richtiger erkannt. Aus den folgenden Beispielen erhellt, dass verschiedene Jahre in ihren Wasser-, wie auch Lufttemperaturen, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, weit auseinandergehen. Als wir am 21. und 22. Juli 1874 die Strecke von Unalaschka bis St. Paul-Insel zurücklegten, variirte die Temperatur von 8,9° bis 12,2°, am 3.-5. August 1880 auf derselben Strecke von 6,7° bis 8,9° C, während es der Theorie nach hätte wärmer sein müssen als das erste Mal; aber das Jahr 1880 war kalt und trübe und überall um einen Monat zurück, während 1874 warm und sonnig war.

Als Capt. Belknap im Juli 1873 von der Küste von Kamtschatka bis zum westlichen Theile der Aleuten fuhr, beobachtete er Temperaturen zwischen 5,9° und 8,4° C., welche mit den von Onatzewitsch ein oder zwei Jahre später gefundenen übereinstimmen. Auf der anderen Seite schwankten die Beobachtungen von Dupetit-Thouars auf der ,,Venus" im September 1837, allerdings ein wenig südlicher, aber doch im Allgemeinen in derselben Region, zwischen 10,6° und 11,7° C., und diese stimmen wiederum mit Beechey's älteren Messungen überein. Die genannten Beobachter arbeiteten Alle mit Normalinstrumenten, und die Unterschiede erklärten sich erst dann, als wir durch einen Einblick in ihr Journal fanden, dass die,,Venus" und „,Blossom" von schönem sonnigen Wetter begünstigt waren, während Belknap und Onatzewitsch meistens trübem oder nebeligem Wetter begegneten. Augenscheinlich kann daher nur ein System, welches auf einer viel grösseren Reihe von localen und anderen Beobachtungen beruht, die Sommertemperatur dieser Gegend innerhalb der Grenze von einigen Graden F. darstellen. Trotzdem ist die Menge von Beobachtungen, die sich bisher angehäuft hat, genügend, um uns wenigstens eine allgemeine Vorstellung von den Temperaturen zu verschaffen, wenn sie auch der erwähnten Unsicherheit unterworfen sind.

Wintertemperaturen. Das jährliche Minimum der Meerestemperaturen scheint sich gegen Ende März einzustellen. Um diese Zeit erreicht das Eis seine grösste Ausdehnung und übt die grösste Wirkung auf die Temperatur des Meeres aus. Die allgemeine oceanische Circulation ist dann am geringsten. Das Ochotskische Meer scheint nach den besten Quellen, die uns zu Gebote stehen, gewöhnlich um diese Zeit überall durch Eis unzugänglich zu sein, welches theilweise grosse feste Felder bildet, theilweise in kleineren, mehr oder minder beweglichen Schollen vom Winde hin und hergetrieben wird. Bei meiner Erörterung dieses Gegenstandes im meteorologischen Appendix zum Coast Pilot of Alaska (p. 43-46) habe ich nachgewiesen, dass an der Nordküste die Schifffahrt ungefähr am 5. Juni geöffnet und ungefähr am 17. October geschlossen wird, so dass ungefähr 230 Tage das Meer nicht zu befahren ist. An der Süd- und Westküste beginnt die Schifffahrt ungefähr am 11. Juni und endigt ungefähr am 30. November, und für die Ostküste existiren keine Daten. Die Flüsse gehen gewöhnlich im Mai auf und frieren im November zu, so dass die Schifffahrtsperiode auf den Flüssen etwas länger dauert als auf See.

In den einzelnen Jahren hat das Eis im Bering-Meere

eine verschiedene Ausdehnung, was namentlich von der Richtung und Stärke der Winde und von der Temperatur des betreffenden Winters abhängt. Letztere ist aber wieder selbst grossentheils von den Winden abhängig, indem dieselbe bedeutend niedriger ist, wenn längere Zeit Nordwinde vorherrschen, denn diese treiben lose Schollen von Norden, welche, da in ihrem Rücken sich frisches Eis bildet, nicht mehr nach ihrem Entstehungsort zurücktreiben können, sobald der Wind nach S umspringt.

Bemerkenswerth ist übrigens, dass, wie ein Einblick in die Schiffsjournale verschiedener Waler erkennen lässt, das Eis viel schneller aufbricht und verschwindet, wenn Wind und Strömung von ihm herkommen, als wenn sie ihm entgegenstehen, unter der Bedingung, dass die Temperatur eine höhere ist als zur Bildung neuen Eises erforderlich ist. Da die Waler nach ihrem Eintreffen im Bering-Meere zuerst an der Eiskante hinzufahren pflegen, bis eine Öffnung ihnen das Vordringen nach N gestattet, so habe ich für 6 oder 7 Jahre von 1870 bis 1878 die ungefähren Südgrenzen des Packeises für die Monate April und Mai zwischen dem 169° und 190° W. L. v. Gr. bestimmen können. Für den übrigen Theil erhielt ich ziemlich gute Angaben aus den Aufzeichnungen von -Winterfahrten einiger Pelzhändler und aus Berichten über Beginn und Schluss der Schifffahrt in verschiedenen Häfen dieses Meeres.

Aus diesen Quellen erfahren wir, dass die Eiskante von einem Punkte auf der Alaska - Halbinsel in ungefähr 57° N. Br. ausläuft, in einem Bogen nach NW die Pribiloff-Inseln umgeht, welche gewöhnlich mindestens einen Grad südlich bleiben; von hier wendet sie sich wieder nach Süden und erstreckt sich in Gestalt einer breiten Zunge bis zu 174° W. L., wo sie häufig die Nähe des 56° N. Br. erreicht, dann geht sie in einer unregelmässigen Linie nach W gewöhnlich zwischen 56° und 58° N zur Küste von Kamtschatka; vor dieser bildet das Eis einen Gürtel von 15-30 miles Breite, welcher oft durch Westwinde auf kurze Zeiträume gänzlich zerstreut wird. Für den Sommer verschwindet dieses Eis gewöhnlich Mitte oder Ende Mai und bildet sich neu je nach der Witterung von Ende October bis Mitte December.

Die folgenden Auszüge aus Schiffsjournalen von Walern lassen erkennen, in welchem Grade das Eis schwindet und wie das Bering - Meer und -Strasse, sowie der Arktische Ocean sich der Schifffahrt allmählich wieder öffnet.

Bei dieser Gelegenheit darf ich nochmals auf den bereits anderswo von mir erörterten Umstand aufmerksam machen, dass das Meer zuerst westlich von der St. LorenzInsel aufgeht und hier und nördlich von der Insel nach dem Norton-Sunde hin häufig bereits befahrbar ist, wenn die Passage zwischen Nunivak- und St. Lorenz - Insel noch

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