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Von Sa-yang in Yünnan nach Bamo in Birma.

Von Oberlieut. G. Kreitner,

Mitglied der Expedition des Grafen Béla Szechenyi.
(Mit Karte, s. Tafel 12.)

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Die zwischen beide Orte entfallende Aufnahme der Route und der oro- und hydrographischen Verhältnisse bewirkte ich durch Compasspeilungen. Die Höhenbestimmungen erfolgten theils durch die respectiven Barometerstände, theils durch Winkelmessungen 1).

Sa-yang und der Lant-san-kiang. Sa-yang liegt in einem Thalkessel, umrahmt von steilen, kahlen Bergen, vier Tagereisen südwestlich von Tali-fu auf einer 1533 m hohen, 10 km langen und 3 km breiten Thalebene, deren flache Beschaffenheit inmitten der vorherrschend schluchtenartigen Thäler auf ein ehemaliges Seebecken hinweist. Sa-yang ist

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ein Marktflecken mit einem Civil-Magistrate und zählt ca 5000 chinesischer Einwohner. Die Häuser sind aus Ziegel und Holz erbaut.

Der Reisende nach Birma hat mit dem Aufbruche von Sa-yang noch einen 2485 m hohen, in Rückenform auslaufenden Gebirgsast zu überschreiten, bevor er auf einem steilen, selbst für die Saumthiere beschwerlichen Abstieg zu dem Lant-san-kiang gelangt, dort, wo er ihn am wenigsten vermuthet; 10 km im Süden von Sa-yang überschreitet er den Strom. Das Wasser kommt von Norden und bricht sich an der 1165 m hohen Übersetzungsstelle durch ein imposantes Felsthor, welches seine Breite auf 100 Schritt einengt.

Die steil abfallende Thalbegleitung ist baumlos und nur mit Hutweide oder Cactusgesträuchen bewachsen. Der Strom hat an dieser Stelle einen trägen Lauf. Trotzdem verkehren keinerlei Fahrzeuge, weil in Folge des starken Gefälles weiter im Süden und der vielen Felsenriffe die Schifffahrt unmöglich wird. Bei Hochwasser ist das gesammte, im Durchschnitte 120 Schritt breite Thal vom Wasser überfluthet; zur Zeit unserer Anwesenheit (24. Januar 1880) waren einzelne freie Inseln bemerkbar, die mit feinem Sande bedeckt waren. Steingerölle sah ich sehr wenig.

Am südlichen Ausgange der Felsschlucht, deren Wände mit eingemeisselten Inschriften überfüllt sind, befindet sich die schönste Kettenbrücke, welche ich in China passirte. An jedem Kopfe schliesst sich ein kleines Dorf mit niedlichen Tempelbauten an.

Die Brückendecke ruht auf 12 starken Ketten (ähnlich den europäischen Ankerketten). Sie ist 70 Schritt lang und 3 m breit. Zwei weitere Ketten, mit den unteren durch Eisenstangen und ein Holzgitterwerk verbunden, fungiren als Geländer. Die Brücke erhebt sich 12 m über den Wasserspiegel. An ihren beiden Enden greifen die massiven, aus Bruchsteinen erbauten Verankerungsmole auf je 15 Schritt in die Strombreite.

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Der Name des Flusses lautet auf Chinesisch: Lant-sankiang, auf Tibetanisch: Da-kio, auf Siamesisch: Mekong, auf Annamitisch: Son-kong.

Der verdienstvolle Missionar Abbé Desgodins sah den mächtigen Fluss bei Tschamtu und sagt, er sei hier so bedeutend, dass seine Quellen mindestens noch 300 km weiter nördlich liegen müssen. Aller Wahrscheinlichkeit nach, und zwar den eingeholten Erkundigungen entsprechend, entspringt der Fluss im tibetanischen Hochlande in 92° Ŏ. L. und 34° N. Br., durchschneidet sodann die Handelsstrasse von Ta-tsienlu nach Lassa, fliesst durch das tibetanische Fürstenthum Tschraja, passirt in der Nähe der chinesischen Grenze die Salinen von Yarkalo, durchfurcht den zergliederten Westen der Provinz Yünnan, gelangt in das Reich der Annamiten, bewässert Kambodscha und mündet bei Saigon in drei Armen.

Von

Nach Passirung der Brücke beginnt alsbald der Aufstieg. Der elend gepflasterte Weg überwindet in abenteuerlichen Windungen eine düstere Felsschlucht und erreicht nach 1 mühevollen Stunden den sanft ansteigenden Ursprung des Flüsschens, dessen Wasser in mehreren Fällen über die Felswände dem Lant-san-kiang zustürzt. den gewonnenen, nur spärlich bewaldeten Höhen genossen wir die herrlichste Übersicht der Gegend bis auf 150 km Entfernung. Im Norden erhob sich die Wasserscheide zwischen dem Lu-kiang und dem Lant-san-kiang zu imposant über die tief eingeschnittenen Sättel emporsteigenden Felskuppen. Besonders war es die rechtseitige Thalbegleitung des letzten Flusses, welche durch den mächtigen Aufbau in die Augen sprang.

So weit das Auge in dieser Richtung den Horizont erfassen kann, überall begegnet es den zerzackten Contouren emporstrebender Spitzen, deren dunkelgraue Felsmassen jedoch schneefrei sind. Die im Allgemeinen baumlosen Hänge des Gebirges enden nach einer kurzen Steile gewöhnlich in Nasenform und fallen schroff zu den Tiefenlinien hinab. Die ganze Umgebung ist nur auf den wenigen bestehenden Communicationen gangbar.

Die Ebene von Young-tschang-fu. Hat man einmal den reizend gelegenen Ort Tali-schau (2365 m) erreicht, so gewinnt man die Passhöhe Wu-fu-tschang oder Fünf-TigerBerg (2485 m) mit leichter Mühe. Vom Sattel aus erblickt man bereits die Stadt Young-tschang-fu.

Ein im Beginne sehr steiler, beschwerlicher Abstieg führt in gerader Richtung zu der Ebene der Stadt, die in einer Breite von 10 km und einer Länge von 35 km reichlich mit Reis, Mohn und Tabak bebaut ist. Durch sie schlängelt sich der Tungho, ein wasserreiches Flüsschen, das ungefähr 60 km nördlich der Stadt entspringt, die Ebene in zahlreichen Canälen bewässert und sich unweit

von Long-ling in den Lu-kiang ergiesst. Die Beschaffenheit der Ebene deutet ebenfalls auf ein ehemaliges Seebecken hin.

Young-tschang-fu selbst liegt am Westrande in der Längenmitte der Ebene, die rechteckige Umfassungsmauer erstreckt sich bis in die angrenzende Thalschlucht. Die Stadtthore sind durch die Ablagerung des Alluvialbodens bis zur Hälfte verschüttet. Die Stadt entspricht weder in ihren Häusern, noch in ihren Verkaufsgewölben den an sie gestellten Erwartungen, trotzdem sie eine Haupthandelsstation zwischen Birma und Yünnan vorstellt. Sie ist nur in der Westhälfte bewohnt. Die Einwohner beschäftigen sich mit der Teppicherzeugung und Steinschleiferei. An europäischen Waaren bemerkte ich nur Spiegel und Wachs

und Zündhölzchen.

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Der Tung-san-Pass und Pupjao. Der Weg läuft in einer Länge von 7 km südlich von Young - tschang - fu durch die Ebene, wendet sich dann bei einer grossen Tropfsteinhöhle nach SW in das Gebirge und führt nach einer kurzen Steile auf den sanft ansteigenden kahlen Ausläufern des Tung-san dem 2225 m hohen Passe zu. Die trügerisch mit hohem Grase bewachsenen Thäler sind wasserlos und können in Folge ihrer karstartigen Sauglöcher nur mit grosser Vorsicht begangen werden. Von dem Sattel aus sieht man bereits die dominirende rechtseitige Thalbegleitung des Lu-kiang steil zum Strome abfallen, sowie dessen schluchtenartig tief eingeschnittenes Thal.

Die Station Pupjao (1439 m) erscheint von der Höhe wie ein Wespennest, das mit einem Sprunge zu erreichen wäre, so steil windet sich der Weg hinab zu dem Kessel, dessen Sohle über und über mit Reis und Opium bebaut ist. Der kleine Ort gewinnt durch die üppigen Bambusgesträuche an Romantik. In der allgemeinen Symmetrie der Natur scheint das Flüsschen, welches die kleine Thalebene bewässert, eine Ausnahme zu machen, denn es fliesst anstatt von Nord nach Süd in entgegengesetzter Richtung. Vor der Mündung staut sich das Wasser in einem Kessel, bildet einen kleinen Gebirgssee und fliesst sodann in mehreren grossartigen Wasserfällen in den Lu-kiang. Die zwischen Pupjao und dem Lu-kiang liegenden Höhen sind wunderbarerweise noch bewaldet.

Ein relativ niederer Sattel (1515 m) trennt uns noch von dem Lu-kiang. Von der Höhe geht es 15 km auf dem gepflasterten und mit Steinstufen versehenen Wege steil zum Thale hinab.

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bei der Stadt Menkong am linken und Tschamotong am rechten Ufer vorbei. Beide Orte waren ehemals französische Missionsstationen. Er durchströmt theilweise das Land, der angeblich wilden Laotze und Lyssu, durchschneidet die chinesische Provinz Yünnan, trennt endlich Birma von Siam und ergiesst sich unter dem Namen Salwen in den Golf von Martaban. Die Tibetaner nennen den Strom Ngen-kio.

Der bedeutendste Nebenfluss Ouj-kio wurde von Abbé Desgodins von seinem Oberlaufe bei Ponda bis zu der Mündung bei Menkong bereist. Ich lernte Pater Desgodins in Batang persönlich kennen und erhielt von ihm, so weit seine eigenen Erfahrungen reichten, einige beachtenswerthe Aufschlüsse über den Charakter des tibetanischen Hochlandes zwischen dem Lant-san-kiang und dem Lu-kiang. Während sich im Osten von Tschamtu ein flaches HutweidenHochplateau mit relativ niederen Erhebungen vom 30. Breitengrad bis zur Länge des Ya-long-kiang (Nebenfluss des Kintscha-Kiang) ausbreitet und nach Norden an Dimension gewinnt, büsst der Plateau-Charakter im Westen und Süden der erwähnten Stadt in Folge der auf kurze gegenseitige Entfernung parallel laufenden und tief eingeschnittenen Flüsse und Ströme seinen Charakter ein. Scharf ausgesprochene Rücken mit unzugänglichen, steilen, bewaldeten Kuppen und nur in Ausnahmsfällen passirbaren, schluchtenartigen Sätteln trennen hier mit ihren bewaldeten Füssen das Flussgebiet des Mekong und Salwen. Während der Felsrücken im Allgemeinen keinen ewigen Schnee aufweist, erhebt sich die linksseitige Thalbegleitung des Lu-kiang zu einem majestätischen Schneerücken von bedeutender Höhe. Mächtige Gletscher füllen die Mulden der Einfaltungen aus und erstrecken sich in glitzernder Fülle weit nach Süden.

Wie ich nun aus eigener Anschauung wahrnahm, enden diese Schneeberge erst mit dem 26. Breitengrade in der absoluten Höhe von nahezu 6000 m unter dem Namen Tscha-san und bilden, indem ihre Region unter einem rechten Winkel nach Westen gegen den Irawadi zu abbiegt, hier die zweifelhafte Grenze des chinesischen Reiches.

Der Lu-kiang tritt an der Stelle, wo wir ihn überschritten, aus seinem eingeengten Thale in einen langgestreckten, flachen Kessel, an dessen Ostseite er seinen ferneren Lauf fortsetzt; 22 km südlich verengt sich das Thal wieder zur Schlucht. Die Thalsohle ist merkwürdigerweise fast gar nicht bebaut und bewohnt, da unter den Chinesen die Ansicht herrscht, dass die bösen Ausdünstungen des mit hohem Grase bedeckten Bodens besonders während der Nacht die Feldfrüchte vergiften und gefahrdrohend auf die Gesundheit der Menschen wirken. Die Krankheit, welche in solchen Fällen die ganze Umgebung mit Schrecken erfüllt, äussert sich in kleinen dunkelrothen Beulen auf beliebigen

Theilen des Körpers. Binnen 24 Stunden ist jeder Erkrankte rettungslos verloren. Während das rechte Ufer in flacher Böschung zum Fluss abfällt, ist das linke durch 50 m hohe Felswände scharf markirt. Der Fluss übertrifft in seiner Wassermenge den Lant-san-kiang. Südlich der Übergangsstelle staut sich das Wasser und braust sodann über einen mächtigen Katarakt. Die Flussbreite betrug am 27. Januar 1880 nur 80 Schritt, doch deutet schon die Bauart der grossen Kettenbrücke auf die Fülle des Wassers zur Regenzeit in den Sommermonaten.

Die Brücke besteht aus zwei Theilen. In der Mitte des Flussbettes erhebt sich nämlich ein hoher, aus Granit erbauter Steinthurm von 30 Schritt Durchmesser. Die Kettenbrücke, welche vom östlichen Ufer hierher führt, ist 100 Schritt, die des westlichen 70 Schritt lang. Demnach beträgt die Gesammtlänge der 4 m breiten Brücke 200 Schritt. Die Construction ist dieselbe wie am Lant-san-kiang. Auf dem Mittelpfeiler befindet sich ein chinesisches Mauthaus. Die Brücke wurde nach dem Ende der mohammedanischen Rebellion in den angethanen Schäden reparirt.

Der auf der Brückendecke abgelesene Barometerstand ergiebt eine absolute Höhe von 726 m für den Strom. Sein Bett liegt demnach um 439 m tiefer als der Lant-sankiang.

Übergang über den Siang-san. Nach der Passirung der Brücke steigt das Terrain sanft, aber beständig gegen Westen an. Neben dem Wege bemerkte ich einzelne elende Rohrhütten, welche bereits von Pa-yü-Stämmen bewohnt wurden. 5 km vom Flusse beginnt dann eine westliche Steigung. Der Weg schlängelt sich in kühnen Serpentinen um die kantigen, dicht mit Laubhölzern bewachsenen Bergnasen und trichterförmigen Mulden, überwindet in 15— 20grädiger Ansteigung eine Höhe nach der anderen und bringt den ermüdeten Reisenden endlich zu dem neben einer flachen Rückfallkuppe situirten Dorfe Homoschu (1668 m). Von hier brauchten wir noch gute 2 Stunden mühsamen Emporklimmens bis zu dem Passe von Siang-san (2563 m hoch).

In Folge der Beschwerlichkeit, welche mit der Bergersteigung verbunden ist, gilt dieser Pass bei allen Chinesen als der höchste in der ganzen Provinz Yünnan. In Wirklichkeit ist es nur die relative Höhe über dem Lukiang, die 1837 m ausmacht, welche den Pass von den bequemen Chinesen so ungerecht verleumden lässt. Von dem gewonnenen Sattel an erstreckt sich der Siang-san als ein nahezu in gerader Richtung laufender Rücken nach Norden und verbindet sich in der Entfernung eines Breitengrades, indem er schwungvoll nach NW abbiegt, mit dem Tscha-san. Die südliche Verlängerung des Rückens im Bereiche des Horizontes zeigt dieselbe Nord-Süd - Formation.

In der Nähe des Passes erheben sich die Kuppen nur wenige hundert Fuss über die Einsattelungen, weiter im Norden aber erreichen die zackigen Felskuppen eine relative Höhe von mehr als 600-700 m. Wo nicht der nackte Fels zu Tage tritt, ist das ganze Gebirge dicht bewaldet (Bambus, Laubholz, Schlinggewächse).

Weiter gegen Süd und Südost aber haben die dort hausenden Chinesen schon ganz bedeutende Theile des Gebirges entwaldet. Der laubenartig von den Baumkronen überwölbte Weg vom Siang-san-Passe zum Long-kiang hinab ist in dem ersten Theile sehr steil und schlecht. Mit dem Dorfe Talischu erreichten wir den Waldrand. Die Lage des Ortes ist reizend und gestattet eine ausgiebige Fernsicht über das zu den Füssen sich breit öffnende Thal des Long-kiang. Die flachen Ausläufer der Thalbegleitung sind nur wenig bebaut und mit hohem Gras bewachsen. Ich bemerkte am jenseitigen Rücken nur wenige vereinzelte Bäume.

Gebirgspanorama. Bevor wir zur Thalsohle hinabsteigen, will ich das Panorama beschreiben, wie es sich von einer dem Dorfe nahe liegenden Rückfallkuppe dem Beobachter entrollt. Weit im Norden erblickt man die blendenden Eisfelder des Tscha-san, auf eine Entfernung von 120 km den Horizont begrenzend, über die grauen Felskuppen des Siang-san-Rückens hervorschimmern. Die sehr dunkle Farbe der vorliegenden Hänge deutet auf üppige Urwälder. Etwas weiter gegen Westen scheint die Schneeregion unterbrochen zu sein, um sich dann wieder in westlicher Richtung gegen den Irawadi auszudehnen. Aller Wahrscheinlichkeit nach markirt jene Lücke das Thal des Long-kiang, dessen düstere Schlucht hier in das chinesische Gebiet einmündet. Ein scharfer Felsrücken, in seiner massiven Structur dem Siang-san gleich, begleitet das linksseitige Ufer des Stromes und fällt auf 35-40 km Entfernung vor uns schroff nach Süden als der nördliche Rand eines geräumigen Thalkessels ab, in welchem sich nach der Aussage der Chinesen ein grösserer See ausbreitet. Der Long-kiang nimmt durch denselben, indem er einen aus dem Tscha-san kommenden Nebenfluss aufnimmt, seinen Lauf. Im Süden des Sees soll sich eine Brücke befinden. Die rechtsseitige Thalbegleitung verflacht sich bis zur Breite des Sees in ihrer relativen Überhöhung zusehends. Mit der Abnahme der Höhen verschwindet auch der Wald; die Terrainformen werden gegen Süden immer breiter und runder, die Kuppen flacher und niedriger, die Thäler muldengleicher, kurz der Gegensatz zwischen dem monotonen Jenseits und dem wirr zerklüfteten, mit bizarren Abwechselungen der Terrain formen so reich ausgestatteten Diesseits wird zur höchsten Stufe erhoben. Im Süden der nach Westen führenden Hauptstrasse aber ändert sich das Bild.

Wir erblicken da einige steil anstrebende Kuppen, die eigentlich in die wellenförmige Landschaft nicht recht hineinpassen. Auch in der Richtung von Teng-yueh überragen einige ähnliche Höhen den vorliegenden Rücken. Wir erblicken in diesen runden Kuppen ausgebrannte Vulcane, und zwar zählte ich 7 kegelförmige Krater im Norden von Teng-yueh und 4 im Westen der Stadt Longin-shien (am rechten Ufer des Long-kiang).

Der Long-kiang. An der 1390 m hohen Übergangsstelle ist der Long-kiang ein mächtiger Fluss von 70 Schritt Breite und mindestens 2 m Tiefe. Die Wassermenge und das nach beiden Seiten hin nur ein geringes Areal umfassende Zuflussgebiet, sowie die eingezogenen Erkundigungen bestimmen mich, die Quellen des Long-kiang zum mindesten in den 29. Breitengrad zu verlegen. Die Kettenbrücke, auf welcher wir über den Fluss setzten, bestand aus zehn Tragketten und zwei Geländerketten, war 70 Schritt lang, 3 m breit und schwebte in der Höhe von 10 m über dem Wasser. Alle Kettenbrücken gerathen bei einer ungleichmässigen Belastung sehr leicht in Schwankung. Es kommt daher manchmal vor, dass alle Leute, welche sich in solchen Augenblicken auf der Brücke bewegen, auf die Brückendecke sich niederwerfen und in liegender Position abwarten, bis das Schaukeln nachgelassen hat.

Der Weg gewinnt zuerst in halsbrecherischer Weise den 30 m hohen rechtsseitigen eingerissenen Uferrand und bringt uns sodann eine Stunde lang sanft ansteigend zu dem nächsten Orte Kan-lang-tschaj (1571 m hoch).

Die weiter westwärts liegenden Anhöhen werden ebenfalls leicht gewonnen und bieten uns nach allen Seiten lohnende Überblicke. Trotz der relativ niederen Lage des Rückens (der Pass Tschin-tsaj-pu erreicht die Höhe von 2348 m) erblicken wir noch ein Mal, und zwar zum letzten Mal, die Schneefelder des Tscha-san.

Teng-yuch und das Tapeng-Thal. Ein ziemlich steiler, aber kurzer Abstieg bringt uns endlich in einen von steilen Anhöhen eingerahmten Thalkessel, dessen Ebene mit Reis bebaut ist. Im Norden des Kessels erblicken wir die grauen Umfassungsmauern einer bedeutenden Stadt. Es ist Teng-yueh, die letzte Magistratsstadt China's. Die aus Trachyt erbauten Stadtmauern weisen mit ihren vier Ecken nach den Himmelsgegenden und haben in jeder Quadratseite eine Länge von 2 km. Die Stadt ist trotz der mächtigen Mauern klein, die Häuser gruppiren sich nur im westlichen Theile zu einigen Gassen; der nördliche Theil enthält nur Ruinen, der übrige Raum ist theilweise Friedhof, theils Wüstenei. Zwei Amtsgebäude, in welchen der Civil-Gouver neur und der Militär-General residiren, sowie ein in Angriff genommener Tempelbau sind die einzigen erwähnungswerthen Gebäude. Die Bevölkerung ist vorwiegend chinesisch

und zählt höchstens 5000 Seelen. Die Mehrzahl befasst sich mit Ackerbau. Wir treffen jedoch auch bedeutende Steinschleifereien, in welchen der im nördlichen Birma gewonnene Nephrit zu verschiedenen Schmucksachen als Armbänder und Ohrgehänge verarbeitet wird.

Teng-yueh liegt in der noch bedeutenden Höhe von 1714 m im Süden des vulcanischen Gebirges Hoschuensan an dem östlichsten und ersten Nebenflusse des Irawadi, auf welchen der Reisende aus China nach Birma stösst. Es ist diess der Schintscha-ho, welcher ungefähr 2 Tagereisen im Norden Teng-yueh's entspringt, 12 km im Nordosten der Stadt zwei kleine Seen, und zwar den Tsing-chaj und Pej-chaj, bildet, dann die fruchtbare Thalebene in unzähligen Canälen bewässert, im Westen der Stadt über mehrere Wasserfälle stürzt, bei Siao-ho-ti sich mit dem Siao-ho vereinigt und nun bis Lantjen unter dem Namen Lantjen-ho in einem 3-4 km breiten Thale nach Süden fliesst. Bei Lantjen vereinigt sich das Thal zu einem Défilé. Vor Kangai öffnet es sich wieder zu ansehnlicher Breite und nimmt hier den aus Norden kommenden Tapeng-ho auf, welcher Name dem Fluss bis zu seiner Mündung bleibt. Nach Passirung mehrerer Katarakte im Westen von Mayün-ke, wo sich das Thal zur Schlucht verengt, tritt der Fluss bei Mamo in die Niederung und ergiesst sich schliesslich bei Bamo in den Irawadi.

Die Vegetation dieses zwischen Birma und China sich ausbreitenden Gürtels ist an die verschiedenen Höhen gebunden. Im Tapeng-Thale selbst und auf den zunächst liegenden Bergen begegnen uns schon tropische Pflanzen, als herrliche Ficusbäume, Bambus, Aloen, Cylinder-Cactusse, Palmen und wunderbar schöne Camelienwaldungen. Die Thalebene ist zumeist mit Reis bebaut, doch bemerkte ich auch Gerste, Erbsen, Kukuruz, Baumwolle, Tabak und Mohn. Anfangs Januar hatten die Mohnsprösslinge schon eine ansehnliche Höhe erreicht. Die Bauern verwenden eine grosse Sorgfalt auf den Ackerbau; den ganzen Tag über waren die Familien mit dem Ausjäten des Unkrautes und der Zertrümmerung der Erdschollen mittelst kleiner Holzhämmer beschäftigt.

An Obstbäumen sind zu erwähnen: Granatäpfel, Pfirsiche, Bananen, Kirschen und Trauben. In den Hausgärten werden gelbe Rüben, Erdäpfel, Bohnen, Salat, Kohl und Zwiebeln gepflanzt.

Die Berge sind seit Teng-yueh wieder durchweg dicht bewaldet. Aus dem dichten, undurchdringlichen Bambusunterholze ragen die Stämme prächtiger Eichenbäume, Birken, Zimmtbäume, sowie hin und wieder verschiedene Nadelhölzer stolz zum Himmel empor. Ihre Äste sind ganz mit Schlinggewächsen bedeckt. Trotz dieser üppigen Vegetation ist das Thierleben sehr spärlich vertreten. Tiger, Leopar

den, wilde Elephanten &c. halten sich, sowie die Affen, nur in den Niederungen des Irawadi auf. Wir bemerkten selbst auf den sogenannten Katschin-Bergen nur wenige Raubund Singvögel. Im Tapeng-Thale sahen wir Kraniche, Wildenten (besonders Anas rutilla), Geier und kleine Fischraubvögel. Dafür finden wir bei den Bewohnern eine grosse Zahl von Hausthieren, und zwar prächtige, starke Büffel und gut gebautes Rindvieh ohne Höcker. Die Thiere werden nur zur Feldarbeit benutzt. Kleine Ponies und bessere Maulthiere, welche die Leute, da sie selbst dieselben nicht züchten, von den Chinesen kaufen. Ferner sah ich Schafe, Schweine, Hühner, Gänse, Enten in grosser Menge. Haushunde sind nicht so häufig wie in China, dafür aber grösser, stärker und schöner in Bau und Farbe. Katzen giebt es sehr viele.

Das Klima im Tapeng-Thale ist ein herrliches. Selbst im Hochsommer wird die Hitze nicht unerträglich, wie diess bereits am Irawadi der Fall ist. Die Wintertemperatur dagegen sinkt nie so tief, dass man zu dem Ofen flüchten müsste. Die Maximal-Temperatur im Monate Januar beträgt 18°, im Mai +30°, im Juli +33° C., die Minimal-Temperatur im Januar +13°, im Mai 18°, im Juli 24° C. Die Regenzeit fällt zwischen die Monate Mai und September. Zu Beginn dieser Saison wechseln Regentage oft mit klarem, heiteren Wetter ab. Im Sommer aber regnet es oft wochenlang unausgesetzt fort und die Berge sind bis zur halben Höhe in Wolken und Nebel gehüllt. Zu dieser Zeit stockt auch der Handel zwischen Birma und China, im Winter dagegen ist der Handelsverkehr gross.

Der Haupthandel nach China umfasst Baumwolle, Salz, Nephrit, Bernstein und Elfenbein. Die Chinesen dagegen bringen hauptsächlich Opium, welches die Bergbewohner sehr lieben, aus ihrem Lande. Die Baumwolle wird zu Schiff auf dem Irawadi bis Bamo gebracht und dort von chinesischen Händlern gekauft, welche die Ballen auf Tragthieren nach Yünnan befördern.

Entdeckung eines Plateau's im Norden des Tapeng. Der Tapeng-Fluss ist für die geographische Charakteristik der Gegend zwischen den Flüssen Long-kiang und Irawadi von grösster Wichtigkeit, denn er trennt zwei ganz verschiedene Bergsysteme. Im Süden ziehen parallel mit ihm die sogenannten birmanischen Katschin-Berge als langgestreckte scharf markirte Gebirgsrücken mit prominenten Kuppen und tief eingeschnittenen Sätteln, deren Fortsetzung nach Süden das zerrissene und detaillirte Bergland des Königreichs Birma bildet. Der Wanderer, welcher im TapengThale selbst reist, wird dem empfangenen Eindrucke nach den Bergen im Norden eine gleiche Formation zuschreiben. wie denen im Süden, denn auch hier fallen die Wasser

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