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nimmt und dem Wadi-Sirhan zuführt, durchschneidet eine ausgedehnte Ebene, Harra genannt, welche, von dunkelen, vulcanischen Eruptivmassen zerrissen und unwegsam gemacht, nur enge, vielfach gewundene und daher für Thier und Menschen höchst beschwerliche Pfade bot. Die Harra erstreckt sich vom Hauran-Gebirge ungefähr 50 miles nach O, dort geht sie unvermittelt in die Hammada über, welche den ganzen nördlichen Theil der Halbinsel einnimmt; ihr harter Kiesboden gestattete ein schnelleres Vorwärtskommen, bis man in Kaf in's Wadi - Sirhan hinabstieg.

Von Itheri bis Djof existirt keine dauernde Ansiedelung, obwohl das Wadi reich an Brunnen mit beständigem Wasser ist, welches, nach Blunt's Ansicht, vom HauranGebirge und seiner Fortsetzung im S entstammt, nur im Sommer wird es von Scherarat-Beduinen besucht, welche die vorzüglichsten Dromedare züchten und sie hier weiden lassen. Selbst als Karawanenstrasse zwischen CentralArabien und Syrien wird es trotz der unverkennbaren Vorzüge, die sein Wasserreichthum und die, wenn auch nicht üppige, aus Tamarisken (ghada) bestehende Kameelweide bietet, nur wenig benutzt, weil das Thal häufig von räuberischen Beduinen aus der syrischen Wüste auf ihren Plünderungszügen heimgesucht wird. Das Wadi-Sirhan, welches das nördliche Arabien in einer dem Euphrat und der Westküste parallel verlaufenden Linie halbirt, verdankt seinen Ursprung aller Wahrscheinlichkeit nach eher einem alten ausgetrockneten See als einem Flusse; es scheint ein bedeutender Binnensee gewesen zu sein, wie nur wenig westlicher das Todte Meer. Das Wadi-er-Radjel vertritt hier die Stelle des Jordan. Bedeutende seitliche Wadis konnten die Reisenden nicht entdecken, doch ist Blunt der Ansicht, dass der See in alten Zeiten nicht allein von Norden her bewässert wurde, sondern dass er von allen Seiten, besonders auch von S her, vom Djebel Aja die Niederschläge aufnahm. Die Breite des Wadi, die nach Djof zu bedeutend zunimmt, beträgt bei Kaf ca 12 miles. Das Bett dieses alten Sees, welches mit weissem Flugsande bedeckt ist, liegt nach Blunt's barometrischen Höhenmessungen, den ersten, die im nördlichen und centralen Theil von Arabien überhaupt angestellt worden sind, um ca 400 -500 F. niedriger als das umliegende Sandsteinplateau der Hammada; jenes liegt in einer durchschnittlichen Höhe von 1850 F., während seine Klippen und steilen Seitenwände zu 2250 F., an manchen Stellen bis zu 2500 F. ansteigen. Die Oase Djof besteht aus drei blühenden Ortschaften: Djof mit 500-600, Meskakeh mit 600-700 und Kara mit höchstens 100 Häusern; andere Niederlassungen, welche in älteren Berichten erwähnt werden, hörte Blunt nicht namhaft machen. Die ganze Oase würde hiernach

eine Bevölkerung von nur 8000 Seelen haben, während Palgrave 40 000 für dieselbe annahm. Die Oase gehört seit dem Verfalle des Wahabiten-Reiches zu Djebel-Schammar, gegenwärtig dem mächtigsten Staatswesen in Arabien, und wird von einem Gouverneur verwaltet, der in Djof, obwohl diess der kleinere Ort ist, in einem unmittelbar vor der Stadt befindlichen, gegen Ende der 60er Jahre erbauten Castell residirt. Die Bewohner dieses Ortes haben einige Mal den Versuch gemacht, ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen, wurden aber bald wieder bezwungen; bei dem letzten Aufstande liess Metaab-Ibn-Raschid, der Bruder des Emirs von Schammar, eine grosse Zahl Dattelpalmen umhauen, weshalb der Ort jetzt von den ca 20 miles entfernten und durch eine gute Strasse verbundenen Meskakeh an Wohlstand bedeutend überflügelt wird, denn es besitzt die 3 bis 4fache Zahl von Palmen. In der Mitte des letzten Jahrzehntes hatte die türkische Regierung in Damascus, nachdem sie zuvor Kaf occupirt hatte, sich durch eine Truppenmacht in den Besitz der Oasen gesetzt, denselben aber wieder aufgegeben, als der Emir mit Gewaltmassregeln und Einstellung der Tributzahlungen an den Scherif von Medina drohte. Dieser Tribut wird nur zum Schutze der fernerliegenden Besitzungen gezahlt, im Übrigen ist der Emir von Schammar vollständig unabhängig. In der Oase wird nur an wenigen Stellen Gerste zwischen den Palmen angebaut, für ihren Bedarf an Weizen sind die Bewohner auf die Aussenwelt angewiesen. Ausser einigen Kameelen zum Heraufziehen des Wassers giebt es keine Zugthiere.

Der Aufenthalt in der Oase währte 7 Tage. Nachdem zwischen Mohammed und einer seiner Verwandten durch Vermittelung der Lady Blunt ein Verlöbniss zu Stande gebracht war und der Gouverneur, ein alberner Neger, die Erlaubniss zur Reise nach Schammar gegeben hatte, wurde der Marsch durch die grosse Sandwüste Nefud am 12. Januar angetreten. Da durch ein schweres Gewitter der lose Sand sich vollgesogen hatte und fest geworden war, so wurde den Reisenden der Marsch wesentlich erleichtert; ohne Unfall, ohne ein Kameel zu verlieren, wurde am 19. Januar der erste Brunnen bei Djobbeh erreicht und am 24. zog die Karawane in Haïl, dem Hauptorte von Schammar, ein, welches nach Blunt's Itineraraufnahme um fast 1° südlicher liegt als bisher angenommen wurde.

Unmittelbar hinter Djof führte der Weg zunächst über hohe Sanddünen, welche die beiden Hauptorte von dem kleinen Dorfe Kara trennen, dann folgte eine Strecke Hammada, und an diese schliesst sich in schroffem Übergange die Nefud, die berüchtigte rothe Sandwüste Arabiens. Während dieselbe von Palgrave, welcher allerdings während der Hitze des Sommers und deshalb meistens in der Nacht

reiste, als ein Ort voll Schrecken geschildert wird, machte sie auf das Blunt'sche Ehepaar einen wesentlich günstigeren Eindruck. Vor Allem erregte schon die eigenthümliche, aus weiter Entfernung auffallende Färbung ihr höch stes Interesse; es ist wirkliches glänzendes Roth, das sich im Morgenthau zum Carmoisin steigert. Die einzelnen Sandkörner sind viel gröber als diejenigen, welche an anderen Stellen die Oberfläche der Wüste bedecken, und es bedarf daher einer viel grösseren Gewalt, um eine Änderung in der Formation der Oberfläche hervorzubringen, so dass Sandstürme in der Nefud überhaupt nicht vorkommen sollen. Bis zu den Sandsteinfelsen Aalem, welche aus dem Sande hoch hervorragen, steigt die Wüste beständig an, von hier aus fällt sie allmählich nach Haïl ab. Die Sanddünen verlaufen sämmtlich in ostwestlicher Richtung, jedenfalls eine Folge der fast beständig hier herrschenden Ostwinde; es gewinnt sogar den Anschein, als ob die ganze Nefud in westlicher Richtung vorrücke.

Wider Erwarten fanden die Reisenden die Wüste durchaus nicht vegetationslos, sondern im Gegentheil üppiger bewachsen als irgend eine Strecke im nördlichen Arabien, besser als die Harra, Hammada und die Wadis. In der nördlichen Hälfte finden sich überall Ghada-Büsche, eine Art Tamariske, welche nur zur Feuerung verwendet wird; südlich von den Aalem - Klippen wird dieser Busch seltener, dagegen ist die Wüste hier mit dem im nördlichen Theile seltenen Yerta-Busche bedeckt 1). Ausserdem gedeihen verschiedene Arten Viehfutter und Gräser, welche zum Theil nach den Frühjahrsregen so saftig sind, dass Kameele und Schafe, die zur Weide hierher geschickt werden, längere Zeit nicht getränkt zu werden brauchen. Nicht eine trostlose Einöde bildet die Nefud, sondern sie bietet sogar einen grossen Theil des Jahres, so lange die Kameele genügend Milch haben, den Beduinen eine Heimath. Ihr einziger Mangel liegt in der Seltenheit des Wassers; auf dem Wege zwischen Djof und Haïl sind die einzigen Brunnen bei Schagik und Djobbeh, andere existiren nur noch in den östlichen und westlichen Endpunkten, und hier findet sich während des ganzen Jahres eine ziemlich dichte Bevölkerung. Blunt erklärt sich nur durch die Vegetation der Nefud die Möglichkeit, dass in Arabien eine ausgebreitete Pferdezucht betrieben werden kann.

Durch diese unvermuthete Üppigkeit der Wüstenvegetation erklärt sich auch die Thatsache, dass die Fauna ziemlich zahlreich ist. In der Wüste kommen Strausse, Wölfe, Füchse, Hyänen, Hasen, Springmäuse, Antilopen (Oryx beatrix) und Gazellen vor, letztere namentlich an

1) Die botanische Sammlung war leider so sehr beschädigt, dass nach der Rückkehr der Reisenden die einzelnen Exemplare nicht mehr bestimmt werden konnten.

den Grenzen der Wüsten; die Raubthiere werden häufiger, je mehr man sich dem Djebel Aja, welcher die Wüste im S begrenzt und in seinen häufigen Quellen und natürlichen Reservoirs eine ausreichende Tränke liefert, nähert. In diesem Gebirge existiren auch Steinböcke und eine Berggazelle, ferner sollen Leoparden vorkommen, sowie ein dem Hasen ähnliches Thier, welches die Palmen erklettert und sich von Datteln nährt, vermuthlich Lophiomys Imhausii. Die Vogelwelt ist ausser durch den ziemlich seltenen Strauss durch Trappen, einigen Falkenarten, Bussarde und die gewöhnlichen Wüstenvögel, wie Wüstenlerchen, Bachstelzen und Zeisige vertreten. Die Falken werden von den Arabern zur Jagd auf Hasen und Trappen abgerichtet. Von Reptilien wurden die gehörnte Viper, die Cobra, sowie die unschädliche graue Schlange, Suliman genannt, endlich unzählige Eidechsen beobachtet. An Insecten gab es verschiedene Fliegen, Käfer und Ameisen, welche unter Büschen mit irgend einer Klebsubstanz ihre Nester aus Sand aufbauen. Massenhaft kommen Heuschrecken vor, welche für viele Vierfüssler und Vögel, aber auch für die Bevölkerung von Djof und Schammar eine sehr wohlschmeckende Nahrung bildet; in Zeiten der Dürre bilden sie das hauptsäch lichste Futter für Pferde, Kameele, Schafe &c.

Die eigenthümlichste Erscheinung in der Nefud waren unzählige Löcher in verschiedener Tiefe und Grösse, von den Arabern Fuldjes genannt, welche scheinbar in einem nicht zu entziffernden Chaos über die Wüste vertheilt sind. Diese Fuldsches haben die Form eines Pferdehufes, und zwar fallen die Seitenwände sehr steil ab; die Zehe ist stets nach W gerichtet, und hier befindet sich die tiefste Stelle der merkwürdig gestalteten Löcher, während nach der Hacke zu die Tiefe allmählich abnimmt und schliesslich der Boden der Oberfläche der Wüste gleich kommt. Am Boden sind schmale Wasserrinnen erkennbar, welche wie die Hornstrablen am Pferdehufe sich in die Tiefe der Zehe ergiessen. Nur dort, wo der Sand eine Mächtigkeit von mindestens 80 F. erreicht, kommen Fuldsches vor; die kleineren haben nur eine Tiefe von 20 und eine Länge von 150 F.; die grössten, welche von den Reisenden gemessen wurden, waren in der Zehe 280 F. tief und hatten eine Länge von mehr als 1/4 mile. Der Boden besteht bei den tiefsten Stellen gewöhnlich aus festem Gestein. Besonders eigenthümlich ist bei dieser Erscheinung, dass, wie der Führer, der die Nefud seit mehr als 40 Jahren bereiste, behauptete, der Sand nie eine Änderung hervor bringen soll; in der Tiefe wachsen häufig Ghada-Büsche, welche vom Sande nicht verschüttet werden, ja selbst die Gebeine von Thieren und Menschen, die vor Jahren hier verdursteten, der Dung von Kameelen und Schafen, die hier weideten, sind vom Sande nicht bedeckt. Welche

Kraft diese Uniformität in Gestalt und Richtung solcher physikalischen Erscheinungen hervorbrachte, ob Wind oder Wasser, darüber konnte der Reisende keine Gewissheit erhalten, doch neigt er sich der Ansicht zu, dass in prähistorischen Zeiten Wasser die ausübende Kraft gewesen sei. Eine eigenthümliche Erscheinung bieten auch die Oasen Jobbeh, Igneh u. a., welche in Vertiefungen der Nefud gelegen sind. Auf allen Seiten sind sie von 400-500 F. hohen Sandmassen umgeben und doch nicht der Gefahr ausgesetzt, von denselben einmal verschüttet zu werden; unbeweglich verharren die Sandmassen auf ihrem Platze, ohne von Stürmen in die Tiefe getragen zu werden, der Boden der Oasen ist kahl wie eine Dreschtenne. Augenscheinlich war die Vertiefung von Jobbeh, welche jedoch in keiner Weise mit den Fuldjes übereinstimmt, in früheren Zeiten ein Binnensee, denn an den ca 800 F. hohen Sandsteinfelsen, die sich in unmittelbarer Nähe des Ortes aufthürmen, sind noch deutlich Wassermarken erkenntlich. Wie an den Felsen von Aalem und auch später auf den Granitmassen des Djebel Aja wurden hier Spuren alter Inschriften entdeckt, vermuthlich phönicische oder altarabische Wortzeichen, die durchaus nicht an römische oder altchristliche Thätigkeit erinnerten. In Jobbeh befand sich nur ein kleiner Palmenhain, der aus den 75 F. tiefen Brunnen künstlich bewässert wurde; in Igneh fanden die Reisenden auch etwas Cultur von Gerste.

Wie die Nefud ohne jeglichen Übergang in der Hammada begann, so erreichte sie, ungefähr 5 miles vom Djebel Aja entfernt, ebenso plötzlich ihr Ende, um wieder der Hammada Platz zu machen. Aus ihrer Sandsteinfläche erhebt sich dann ca 1500 F. hoch in wilden phantastischen Formen der Djebel Aja, er machte den Eindruck, als ob ein Granitcoloss auf den anderen aufgethürmt worden sei. In einer Ausdehnung von ca 100 miles zieht sich das Gebirge von WSW nach ONO und bricht kurz vor Hail plötzlich ab. Diese Stadt liegt nicht an den Südabhängen der Kette, sondern östlich von derselben, hart unter ihrem schroffen Abfall; eine östliche Fortsetzung derselben, wie bisher auf den Karten dargestellt wurde, existirt nicht. Die Südgrenze der Oase Djebel Schammar bildet der Djebel Selman, welcher der Aja-Kette parallel läuft, aber erst östlich von dem Längengrade Haïls seine rothen Granitmassen aufthürmt. In der Oase selbst erheben sich einzelne isolirte Hügel, welche in keiner geologischen Beziehung zu den beiden Gebirgsketten stehen, denn sie bestehen wie die Hammada ausschliesslich Sandstein.

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Während man bisher ziemlich allgemein nach Palgrave annahm, dass Nedjd der eigentliche Name des WahabitenReiches sei, klärt uns Blunt darüber auf, dass diess mit Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1881, Heft VI.

Unrecht der Fall war. Nedjd = Hochland war von Alters her nur eine physikalisch-geographische Bezeichnung für den centralen Hochgebirgstheil von Arabien, welche dessen höchste Erhebung Djebel Schammar nothwendig einbegriff; erst als das Wahabiten-Reich sich gegen Ende des vorigen Jahrhunderts über Central-Arabien ausbreitete, wurde der Name Nedjd auch eine politische Bezeichnung, welche trotz des schon eingetretenen Verfalles dieser Herrschaft bei Palgrave's Besuch, als auch Schammar sich schon losgerissen hatte, noch in Anwendung war. Seitdem hat aber eine weitere Zersetzung des Staates Statt gefunden; Hasa und Katif am Persischen Meerbusen sind unter die Botmässigkeit der Türkei gerathen, Kasim ist unabhängig geworden, und so sind die Wahabiten wie vor der Gründung ihres grossen Reiches wiederum allein auf die Landschaft El-Arid beschränkt. Der Name Nedjd hat aufgehört, ein politisches Staatswesen zu benennen, er ist wie früher eine physikalisch-geographische Bezeichnung, welche ganz besonders für den höchsten Theil von Arabien, Djebel Schammar mit seinen beiden Gebirgszügen, passt und angewendet wird, zumal dieses Reich gegenwärtig das mächtigste und einflussreichste in Arabien ist.

Der Aufenthalt in Hail währte 8 Tage und genossen die Reisenden von dem Emir wie auch von der Bevölkerung einen wohlwollenden Empfang und ausgedehnteste Gastfreundschaft; die fanatischen Lehren der Wahabiten haben ihren Einfluss hier bereits vollständig verloren, nur das äussere Ceremoniel wird noch beobachtet. Obwohl Mohammed-Ibn-Raschid durch Meuchelmord seines Vorgängers und Neffen, sowie von dessen Verwandten sich den Weg zur Herrschaft gebahnt hatte, ist seine Regierung eine milde und gerechte gewesen, und erfreut er sich der allgemeinen Liebe seiner Unterthanen. Im ganzen Reiche herrscht die unbedingteste Sicherheit, denn Strassenraub wird durch Todesstrafe geahndet, alltäglich sitzt der Emir in dem Hofe seines Palastes selbst zu Gericht. Auch nach Aussen hin hat er seine Macht bedeutend erweitert und durch rasches, aber kluges und politisches Verfahren, wobei er dem Grundsatze huldigt, dem Feinde goldene Brücken zu bauen, seinen Einfluss in ganz Arabien zur Geltung gebracht, so dass sein Reich jetzt die Stelle der Wahabiten-Herrschaft einnimmt. Um aber für alle Fälle und namentlich gegen die treulose Politik der Türkei gesichert zu sein, hat er eine feste Stellung im Aja-Gebirge, welche bereits von seinem Oheime Obeyd erbaut worden war, bedeutend erweitert und stärker befestigt.

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nopol verschafften und selbst Krieg und Tücke nicht verschmähten, um einem Beduinenstamme ein berühmtes Ross zu entreissen, sucht sich Mohammed auf gütlichem Wege durch Handelsverbindungen und Kauf in den Besitz trefflicher Zuchtthiere zu setzen. In Haïl selbst besitzt er in verschiedenen Ställen 8 Hengste, 80 Mutterstuten und gegen 50 Füllen, ausserdem befinden sich noch mehrere Hundert mit seinem Stamme in der Nefud auf der Weide. Blunt hält jedoch den hohen Ruf der arabischen Pferdezucht für übertrieben; die Pferde erreichen nicht die Grösse der in Mesopotamien von den nördlichen Beduinenstämmen gezüchteten, auch ist die Zucht nicht so ausgedehnt, wie man annimmt, denn der Emir selbst kann alljährlich nur 80-100 Stück über Bagdad ausführen. Im Allgemeinen sind die Araber auf Dromedare angewiesen, während die Bewohner von Städten stets zu Fusse gehen.

Ausser Datteln bringt Schammar, welches aus den drei Hauptorten Haïl, Kefar und Taïbet-ism, sowie einigen kleineren Dörfern besteht, nur wenig Gerste hervor, so dass die Bewohner für ihren Bedarf an Weizen auf das Ausland, und zwar besonders auf das Euphrat-Thal angewiesen sind, mit welchem auch ein reger Verkehr Statt findet. Über Haïl führt nämlich die grosse Pilgerstrasse aus Persien und Turan nach Mekka, welche alljährlich von vielen Tausenden Muhammedanern benutzt wird. Von diesen bezieht der Emir seine hauptsächlichsten Einkünfte, indem er gegen Zahlung einer nicht bedeutenden Steuer das Geleite der Pilger vom Euphrat bis nach Mekka und zurück übernimmt und für Schutz und Sicherheit Sorge trägt. Der Emir erzielt hieraus nach niedrigster Schätzung eine alljährliche Einnahme von mindestens 20000 E, ganz abgesehen von dem Vortheil, den die Bewohner von Haïl aus diesem regen Verkehre ziehen. Trotz seiner unbegrenzten Freigebigkeit und Gastfreundschaft verfügt der Emir daher über bedeutende Reichthümer; er selbst besitzt ein grosses Arsenal kostbarer Waffen, Prunkkleidungen, seine Frauen sind mit Goldschmuck und Juwelen überhäuft, überhaupt zeigte sich an seinem Hofe eine Pracht, welche von den Reisenden nicht vermuthet worden war, so dass ihre Geschenke fast dürftig ausfielen, ohne dass dadurch dem beiderseitigen guten Verhältniss Abbruch geschehen wäre. Der Emir befand sich sogar schon im Besitze eines Telephons, trotzdem es erst vor kaum Jahresfrist erfunden worden war. In seinen Gärten besass er einen kleinen Thierpark von Gazellen, Steinböcken und Antilopen.

Gleichzeitig mit den Reisenden war die persische Pilgerkarawane, welche in Hail einen kurzen Halt macht, auf ihrer Rückkehr von Mekka angekommen; als sie am 1. Februar wieder aufbrach, benutzte das Blunt'sche Ehepaar mit Genehmigung des Emir die Gelegenheit, um die Rück

reise zum Euphrat anzutreten, wo die Pilger, nachdem sie in Mesched Ali den Begräbnissstätten von Ali und Hussein ihre Verehrung gezollt, auseinandergehen. Auch diese Route war bisher von Europäern nicht begangen, denn Wallin, welcher 1848 von Haïl ebenfalls nach Mesched Ali reiste, hatte sich mehr nordwestlich in directer Richtung gehalten. Anfänglich war keine richtige Strasse sichtbar, die Karawane war aber nicht zu verfehlen, da sie wie eine lange Reihe Ameisen in der klaren Atmosphäre fern am Horizonte hinzog. An den Brunnen von Schaibeh wurde die alte Pilgerstrasse, welche früher Haïl im W liegen liess und über Bereyda führte, erreicht, und jetzt ging es nach NO weiter. Der letzte beständig bewohnte Ort von Schammar war die grosse Oase Bekaa, jetzt Taïbet-ism genannt; nördlich hiervon liegt mitten in der Nefud ein von Truppen des Emir besetztes Castell, Kasr Torba. Hierhin machten die Reisenden, da die Pilger sehr langsam vorwärts kamen, einen Jagdausflug, sahen sich aber wegen Wassermangels bald gezwungen, zur Pilgerstrasse zurückzukehren, in die sie in der Nähe der grossen Reservoirs von Zobeydeh wieder einlenkten. Diese Brunnen wurden Ende des 7. Jahrhunderts von Zobeydeh, der Gemahlin Harunal-Raschid's aus festem Gestein erbaut; sie sind sehr tief mit sehr weiten Öffnungen und befinden sich noch gegenwärtig in gutem Zustande, während die Karawansareien in Trümmern liegen.

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In der Nähe dieser Brunnen trafen die Reisenden mit Abgesandten vom Stamme der Ketterin - Beduinen zusamwelche auf dem Wege nach Haïl waren, in der Absicht, Mohammed-Ibn-Aruk, von dessen Anwesenheit sich bereits die Kunde verbreitet hatte, zu ihrem Scheich, seinem Verwandten, einzuladen; so waren auch die letzten Anverwandten der Familie Aruk gefunden. Der Aufent halt bei diesem Stamme, der wegen des Ausbleibens der Herbstregen sich in grosser Noth befand und schon längere Zeit nur von Heuschrecken lebte, konnte nur von kurzer Dauer sein; in Begleitung des Scheichs selbst, welcher nach Mesched Ali reiste, um wegen einer Wanderung seines Stammes nach N Verhandlungen mit den nördlichen Beduinen anzuknüpfen, schloss man sich bald der Pilgerkarawane wieder an. Ununterbrochen führte der Weg über die trostlose Hammada, in welcher einzelne Wadis überschritten werden mussten. Nach Überwindung grosser Strapazen, welche durch forcirte Märsche verursacht waren, erreichte die Karawane am 1. März Mesched Ali mit einem Verluste von mindestens 500 Kameelen. Nach kurzer Erholungspause setzten die Reisenden ihre Expedition über Bussora nach Buschir fort.

Die günstigen Erfahrungen, welche die Familie Blunt in Haïl gemacht hatte, lassen die Hoffnung laut werden,

dass der Emir, welcher sich von dem Einflusse der Wahabiten so vollständig emancipirt hat, auch fernerhin in seiner Toleranz verharren und Europäern eine eben solch' freundliche Aufnahme zu Theil werden lassen möge. Dann wird es sich auch wohl ermöglichen lassen, von Haïl aus wissenschaftliche Forschungen weiter in's Innere von Arabien zu tragen und den Umfang der terra incognita immer mehr zu beschränken.

2. R. F. Burton's Erforschung des MidianiterLandes, 1877 und 1878').

Wie in der Epoche der Entdeckungsreisen des Mittelalters, so verdankt auch in der neuesten Zeit die geogra phische Forschung nicht zum geringsten Theile ihre bedeutenden Fortschritte der Sucht der Menschen und Staaten nach Schätzen und Reichthümern. Diese menschliche Schwäche war auch der Beweggrund zur Erforschung des nordwestlichen Theiles von Arabien, welcher, wenn auch nicht völlig unbekannt, da er bereits von Rüppell, Wellsted und endlich auch von Wallin flüchtig durchwandert war, doch trotz seiner Lage an einem viel befahrenen Meeresarme und der Nähe des Suez - Canals uns in vielen Beziehungen terra incognita geblieben war. Die beständige Finanznoth Ägyptens, die fortwährend leeren Taschen des seitdem entthronten Khedive Ismail liessen seine Rathgeber jede irgendwo sich eröffnende Aussicht, neue Einnahmequellen zu erschliessen, mit beiden Händen ergreifen und wurden so mittelbare Veranlassung zur Eroberung Darfors, zur Rohlfs'schen Expedition in die Libysche Wüste, wie auch zur Durchforschung des alten Midians durch Rich. F. Burton, den berühmten englischen Forscher und Entdecker des Tanganjika.

Der Hauptzweck seiner wiederholten Mission, der ersten Recognoscirung 1877 und seiner ausgedehnten Forschungen 1877-78, war die Wiederauffindung alter Minendistricte,

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bracht. Wenn nun auch die Expedition hauptsächlich eine mineralogische Untersuchung des Gebietes im Auge haben. sollte, so wurden doch die übrigen Disciplinen nicht ausser Acht gelassen, vielmehr wurden, namentlich bei der zweiten Reise, in freigebigster Weise Mittel und Mannschaften zur Verfügung gestellt, um topographische Aufnahmen, astronomische Bestimmungen, meteorologische Beobachtungen vornehmen, zoologische und botanische, besonders aber mineralogische Sammlungen anlegen zu können.

Capt. Burton's erste Expedition war nur von kurzer Dauer, da ihre Aufgabe darin bestand, die Existenz alter Minen und Fundgruben nachzuweisen, sowie Gesteinsproben aus denselben zu sammeln, welche vielleicht eine eingehende Erforschung des Küstenstriches erwünscht erscheinen lassen konnten. Am 2. April 1877 landete Burton in Moilah (ElMuwailah) und konnte schon am folgenden Tage mit 10 Soldaten und 50 Kameelen nach N zum Wadi Aynuneh aufbrechen; die flüchtige Untersuchung seiner Umgebung wurde bis zum 13. April vollendet. Der Versuch, die Türkisengruben in der Gegend von Ziba in Augenschein zu nehmen, missglückte an dem Widerstande der feindseligen Maaseh - Beduinen. Endlich wurden noch einige Tage auf die Untersuchung der zahlreichen Spuren bergmännischer Thätigkeit verwendet, welche in der Umgebung von Makna, einstmaligem Hafenorte des Midianiter-Landes am Golfe von Akaba, vorhanden waren; schon am 21. April befanden sich die Forscher wieder in Suez. Trotz der kaum 3wöchentlichen Dauer der Excursion waren an sechs verschiedenen Punkten alte, bergmännisch betriebene Minen aufgefunden worden, in denen man einst Gold, Silber, Bleiglanz, Zink, Antimon und Schwefel zu Tage gefördert hatte und welche sich als noch abbaufähig erwiesen. Burton geausserdem die Überzeugung, dass die erzreichen Schichten sich nach N bis Akaba, wahrscheinlich aber auch noch weit nach Syrien hinein, nach S bis zum Djebel Hassani und nach O über das ganze Hochplateau, die sogenannte Hisma, ausdehnen würden.

wann

Die durch diese flüchtige Recognoscirung erweckte Aussicht, dass eine Wiederaufnahme des Betriebes in diesem alten Minendistricte günstige Resultate liefern würde, veranlasste den Khedive Ismaïl, eine in grossartigem Maassstabe organisirte Expedition unter Führung des bewährten Capt. Burton auszusenden, die eine sorgfältigere Durchforschung des von Ägypten beanspruchten Gebietes vornehmen sollte. Der äussere Verlauf derselben ist in dieser Zeitschrift 1878, S. 274, bereits geschildert worden, und es mag daher hier genügen, auf die hauptsächlichsten Resultate in geographischer Beziehung hinzuweisen. Trotzdem das Personal an Officieren, Ingenieuren und Mannschaften ein sehr zahlreiches war, hatte man es versäumt, einen

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