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reise stromaufwärts zur Regenzeit Krokodile und Nilpferde beherbergen; auch der Schimpanse kommt an seinen Ufern vor. Zum Schutz gegen die Leoparden, die hier den Menschen gefährlicher sind als den Heerden, liess ich den Raum um die Hütten mit einem Pallisadenzaune umfriedigen, der aussen bis hoch hinauf mit Dornenbüschen beworfen ist, und im Innern wurde noch eine besondere Einfriedigung aus grobem Flechtwerk und Dornen hergestellt, um die Hühner und Ziegen &c. abzuhalten. Diess ist mein Garten, der, nach europäischem Muster mit erhabenen Beeten angelegt, am 15. Juni die ersten Samen von Teosinte luxurians, Salat, Liebesäpfeln, Gurken, Zwiebeln &c. aufnahm 1). Jeder Gartentheil enthält gegen 30 Felder, und so habe ich in dem freudearmen Lande der Kannibalen grosses Wohlgefallen an dem Aufkeimen und Wachsen meiner Pfleglinge.

Etwa tausend Schritt südlich von meiner Seriba liegen die Hütten Ndóruma's im Walde zerstreut. Sie machen einen kläglicheren Eindruck als die Behausungen gewöhnlicher Neger im nördlicheren Gebiete. Obwohl die unzähligen Häuptlinge zugeben, dass sie jährlich jeder Einzelne gewiss gegen zwanzig ihrer Unterthanen durch Raub des Leoparden einbüssen, so denkt doch Niemand daran, einen Schutz durch Dornenhecken oder dergleichen herzustellen. Während meines Aufenthaltes bei Kómmunda wurden an 3 Tagen in nächster Nähe Neger von Leoparden weggeschleppt, und zu wiederholten Malen hörte ich auch hier das Klagegeheul der Weiber. Letzthin erhielt ich ein sehr schönes Fell eines Leoparden, der in einer Baumfalle, mit dem Arm eines am Abend vorher verspeisten Negers als Lockspeise, gefangen worden war. Hunderte verlieren zweifellos durch die Leoparden ihr Leben, aber die Gleichgültigkeit gegen das hereinbrechende Geschick ist unglaublich.

Ndóruma giebt mir von dem Wenigen, was er hat, reichlich. An Mais leiden wir keinen Mangel. In welcher Quantität zu besonderen Jahreszeiten Ameisen consumirt werden und wir leben jetzt hier in der Ameisen-Saison mögen Sie daraus entnehmen, dass mir Ndóruma bereits über 20 grosse Körbe (Traglasten) Ameisen geschickt hat, aus denen wir theilweise Öl gepresst haben. Die zerriebenen Ameisen erinnern im Geschmack an Leberwurst, wir essen einen Tag um den anderen ein solches Ameisengericht mit Maisbrod. Ein vor wenigen Tagen mit Ameisenöl präparirtes Huhn glaubte ich unstreitig mit Butter zubereitet. Auf Mais und Ameisen beschränken sich aber die Liebesgaben Ndóruma's. Fleisch ist hier um diese Zeit eine Seltenheit, und da der häuslichen Arbeiten wegen in den letzten vier Wochen keine Jagd unternommen werden konnte, so weiss ich eigentlich noch nicht, wie es mit derselben in der Umgegend steht. Hühner scheinen selten zu sein, nur drei Stück habe ich hier erhalten, doch ist noch eine Anzahl aus Dem Bekir vorhanden, auch habe ich bereits Hennen auf Eiern sitzen. Von den mir gütigst mitgegebenen Ziegen sind noch fünf Stück am Leben. Wenn ich Ihnen von wohlschmeckenden Ameisengerichten erzähle, so

1) Ende Juli standen die jungen Pflanzen hoch aus der Erde; die regelmässigen Reihen der Erbsen und Bohnen erinnerten an die Heimath, die Radieschen reiften bereits, nur Kohl, Salat, Teosinte und einige Zwiebelsorten waren theilweise ausgeblieben. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1881, Heft IV.

geschieht es nur, um über hiesige Verhältnisse zu berichten. Nicht aus Mangel oder Noth nehmen wir in der Nahrung unsere Zuflucht zu den Ameisen, meine Kisten und Kasten sind noch gefüllt, ein guter Hausvater lernt aber in Central-Afrika sparsam zu sein, und es können schlechtere Zeiten kommen.

Verhältniss zu den Niamniam, Charakter derselben 1). Mein tägliches Gespräch mit den Leuten dreht sich um Eintracht und Frieden, den sie unter einander halten sollen. Ich werde nachträglich der Regierung eine Rechnung für verbrauchtes Sprachtalent ausstellen. So ganz leicht und rasch gelangen diese kleinen Fürstenseelen, die sich stets unter einander ausgeplündert haben, nicht zu besserer Einsicht, doch wird es mit der Zeit kommen. Nur Mbio bleibt hartnäckig, gewiss nur aus alberner Furcht. Er weiss nicht, dass die Regierung ein anderes Institut ist als die früheren vagabundirenden Expeditionen. Er soll mit allen seinen Leuten sein Gebiet vor Kurzem verlassen und sich an den Fluss Jubbo begeben haben, aus Furcht, dass wir ihn überfallen. Könnte er doch meine Heeresmacht von sechs albernen Jungen und drei Weibern sehen!

Welche Auftritte ich gehabt, welche Auseinandersetzungen ich häufig im versammelten Häuptlingskreise und vor Hunderten von Leuten stets im Sinne von Recht und Unrecht und zu Gunsten der Regierung gehalten habe, kann ich hier nicht ausführlich erzählen. Der Einfluss, den wir Europäer auf diese Negermassen auszuüben im Stande sind, nachdem sie uns einmal kennen gelernt, ist unglaublich. Ich hatte bald meine Leute erkannt und wusste, was ich ihnen bieten konnte und musste, um meine eigenen Angelegenheiten zu fördern und zugleich zum Wohle der Neger mitzuwirken. So hielt ich letzthin, über ihre Lässigkeit erzürnt, in grosser Versammlung eine Standrede, die Eindruck zu machen schien und nach welcher, wie es üblich, alle grossen Häuptlinge eine Antwort erfolgen liessen: ,,Meine Worte seien gut, sie hätten Derartiges niemals gehört, Niemand habe jemals so zu ihnen gesprochen, sie würden folgsam sein, kennten das aber nicht so" &c.

Lüge, Versprechungen, ohne Wort zu halten, sind bei den Niamniam an der Tagesordnung. Wie alle Neger, so ist auch der Sandeh nicht empfindlich und nachtragend, weil ihnen der Begriff des Ehrgeizes vollständig abgeht. So stehe ich trotz meines scharfen Verfahrens auf dem besten Fusse mit den Leuten, ebenso mit Ndóruma, dem ich Abends oft unumwunden Wahrheiten aufdecke und den Kopf nicht wenig warm mache. Vieles muss dem armen Neger zu Gute gehalten werden. Nicht aus Vorbedacht und Überlegung begeht er ein Unrecht und erkennt es nachträglich als solches, wenn man ihm die Sache richtig vorstellt. Eine Lüge eines Europäers ist strafbarer als tausend Lügen des Sandeh. Ersterer lügt mit Absicht und Vorbedacht, der Neger in den meisten Fällen gedankenlos, aus Gewohnheit. Aber selbst der gefürchtete Ndóruma sollte nicht mit Glacéhandschuhen angefasst werden, er und seine Leute müssen, um brauchbare Subjecte für die Regierung zu werden, in dem Furchtgefühl erhalten werden, in welchem sie sich in vollem Maasse befinden. Ich bin überzeugt, dass Ndóruma seinerseits die besten Ab

1) Aus Briefen an Gessi-Pascha vom 11. Juni, 4. und 13. Juli 1880.

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sichten hat, aber in vielen Stücken ist er machtlos. Ich sage ihm häufig: „,énti miskín", Du Ärmster, Du bist nur ein Popanz auf deinem Throne und deine Unterthanen gehorchen Dir nicht. Trotz der vielen Unterthanen Ndóruma's machen Land und Leute den ärmlichsten Eindruck, obgleich sie alle gut genährt sind.

Es

So lässig sich die Leute bei meinen kleinen Bedürfnissen zeigen und gezeigt haben, ebenso lässig werden sie zweifelsohne auch in der Folge sein, wenn es sich um irgend welche Frohndienste für die Regierung handelt, sei es beim Einsammeln von Kautschuk oder beim Transport des Elfenbeins &c. In dieser Hinsicht bemerke ich, dass ich daran zweifele, jemals von Ndóruma Proben von gummiartigen Ausschwitzungen der verschiedenen Bäume oder andere gewünschte Gegenstände, nach denen Sie gefragt haben oder die ich für mich sammeln möchte, zu erhalten. bleibt hier zu Lande eben stets beim Versprechen. Aus diesen Gründen möchte ich schon jetzt, widersprechend meiner früheren, von Dem Bekir aus mitgetheilten Ansicht, den Schluss ziehen, dass es für Regierungszwecke jedenfalls von grossem Vortheil wäre, hier im Niamniam-Lande wenigstens Eine feste Seriba zu gründen, die als Basis für die Zufuhr von Elfenbein dienen würde und von welcher aus eine nothwendige Pression auf die verschiedenen Niamniam - Häuptlinge ausgeübt werden könnte. Diese Seriba würde auch als Stützpunkt für den Weg vom Bahr-el-Ghasal durch das Niamniam-Land nach Monbuttu dienen, der jetzt schon frei und offen und sehr viel kürzer ist als der über Djur Ghattas, Rumbehk und Makaraka. Die Niamniam-Häuptlinge längs dieses Weges, Jíssa, Ndóruma, Bínsa, Gérria, Málingde &c. sind alle freundlich gesinnt, und nur unter ihnen selbst kommen hin und wieder wegen einer weggelaufenen Sclavin oder aus sonstigen nichtigen Ursachen Reibereien vor. Der Einzige ist Mbio, der wie mit einer chinesischen Mauer umgeben, alle Fremden fern hält und gegen die Regierung sowohl wie gegen seine Nachbarn eine feindliche Haltung bewahrt. Um Ruhe und Frieden im Niamniam-Lande herzustellen, müsste er gründlich niedergeworfen werden. Sobald nach der Regenzeit das Gras abgebrannt werden kann, sollte von Seite der Regierung eine Expedition gegen ihn ausrücken; 500 Ge

wehre sind genügend, denn Ndóruma wird sich mit seinen Leuten den Truppen anschliessen. Während in Makaraka einige hundert Mann aufgestellt würden, um sein Ausweichen nach Ost und Südost zu verhindern, müsste der andere Theil vom Bahr-el-Ghasal über Bellanda und Ngettua, unterstützt von Ndóruma, in Mbio's Gebiet einrücken. Er und sein Sohn müssten womöglich gefangen genommen werden.

Rundreise durch die südlichen Niamniam - Länder 1). Schon in seinem Schreiben vom 13. Juli erwähnte Dr. Jun. ker seinen Plan, vor der Fortsetzung seiner Reise nach Süden über den Uëlle hinaus die Häuptlinge Bínsa, Gérria, Málingde, sowie die A-Madi zu besuchen, um mit ihnen über die später nöthig werdenden Träger zu unterhandeln. Am 26. Juli kündigte er diese Rundreise als nahe bevorstehend an und fügte hinzu, er wolle nach der Rückkehr zu Ndóruma, falls es seine Gesundheit erlaube, während der schweren Regenzeit unterwegs zu bleiben, etwa im October gegen WNW den Mbómu überschreiten und zum Niamniam-Fürst Ssásse gehen, von welchem aus er, nach eingezogenen Erkundigungen, schadlos weitere westliche Gebiete betreten könnte. Bestimmter meldete er am 29. Juli, er werde in 3 bis 4 Tagen abreisen.

Am 1. Septbr. schrieb er ,,von der Grenze der Mangballe" an Bohndorf: Von Ndóruma kam ich in SW-Richtung zu Semio im Lande Palembata's, von wo aus wir sogleich nach SSO weiter gingen, um zu einigen MonbuttuHäuptlingen zu reisen. Wir sind hier 2 Tagereisen von Palembata entfernt, an der Grenze der Mangballe, bereits eines Monbuttu-Stammes. Seit 6 Tagen werden langwierige Unterhandlungen wegen Herausgabe von Elfenbein geführt. Der Uëlle soll 1 Tag südlich von hier fliessen und wir überschreiten ihn, um zu den Mambanga (gleichfalls Monbuttu) zu gehen. Von dort geht die Reise wahrscheinlich NW zu den A-Madi und wieder zu Palembata. Bleibe ich gesund, so gehe ich dann W zu Rafai und zu den Seriben Gnani-Bey's.

1) Aus Briefen an Gessi-Pascha vom 13. Juli, an Dr. Schweinfurth vom 26. Juli und an Bohndorf vom 1. Septbr. 1880.

Europa.

Geographischer Monatsbericht.

Eine Beschreibung der Riesenferner - Gruppe der Hohen Tauern von Dr. J. Daimer und Prof. R. Seyerlen mit vortrefflicher Specialkarte in 1:50 000 und mehreren Ansichten bildet den Hauptinhalt der ,,Zeitschrift des Deutschen und Österr. Alpenvereins", 1880, 3. In demselben Hefte findet man neuere Untersuchungen von C. Frhr. v. Czoernig über die Deutsche Sprachinsel Sauris in Friaul (s. die Abhandlungen von Dr. Mupperg und Chr. Schneller in Peterm. Mittheil. 1876, S. 352, und 1877, S. 365, mit Karte, Tafel 17). Seiner Überzeugung nach stammen die Bewohner, die sogenannten Zahrner, von dem einstigen fränkisch-baierischen Theil der Bevölkerung Venetiens ab

und bewahren dessen Sprache treu bis auf unsere Tage. Ihre sich ziemlich gleichbleibende Kopfzahl betrug im Juni 1880: 780.

Als am 10. Februar 1879 der Döllingerschacht des Kohlenbergwerkes bei Dux unter Wasser gesetzt wurde, und dadurch die Urquelle in Teplitz plötzlich versank, wurde der Chefgeolog der K. K. Geologischen Reichsanstalt in Wien, Heinr. Wolf, vom Staatsministerium an Ort und Stelle gesandt, um die Untersuchungen und Maassregeln zu leiten, welche zu einem Wiederauffinden der Quelle führen könnten, eine Aufgabe, welche der verdiente Bergrath bekanntlich erfolgreich löste. Als ein Resultat seiner dortigen Studien veröffentlicht er jetzt eine 16blätterige Geo

logische und Grubenrevier-Karte des Kohlenbeckens von Teplitz— Dux-Brüx (Wien, bei Alf. Hölder), welche man als eine Grundlage zu gesetzgeberischen Arbeiten zum Schutze der bedrängten Curorte gegen übermässige Ausdehnung des Bergbaues ansehen kann. In dem grossen Maassstabe von 1:10 000 gezeichnet bietet die Karte ein ungemein reiches, auf den neuesten Aufnahmen beruhendes topographisches Detail; Bäche, Flüsse und Teiche, Mineral- und Trinkwasserquellen, Wasserleitungen, Wege und Strassen, Eisenund Pferdebahnen sind durch leicht erkenntliche Signaturen unterschieden, desgleichen die bergbaulichen Verhältnisse, wie Schutzrayons, verschiedene Arten des Betriebes, Streichen des Flötzes &c.; das Terrain kommt durch Höhencurven meistens von 10 zu 10 m, in einzelnen Partien von 20 zu 20 m Entfernung zur Darstellung. Die geologischen Formationen sind durch 22 verschiedene Farben übersichtlich unterschieden; 22 Profile, welche Querschnitte in verschiedenen Richtungen erläutern, bilden eine sehr dankenswerthe Beigabe. Die technische Ausführung gereicht dem K. K. Militär-geographischen Institute zur Ehre.

Prof. Erslev stellt in der neuesten Lieferung (1880, XI und XII) der ,,Geografisk Tidskrift" ein Verzeichniss von Höhenmessungen des dänischen Generalstabs in Jütland auf. Daraus geht hervor, dass als Culminationspunkt von Jutland und zugleich von ganz Dänemark nicht, wie man bisher glaubte, der Himmelsberg, sondern der bei Skanderborg gelegene Eier Bavnehöi mit Sicherheit anzunehmen ist. Seine Höhe beträgt 172 m. Dieselbe Lieferung enthält eine sehr werthvolle Abhandlung von A. Helland über die Geologie und Mineralogie der Faroer.

Über einen „,Statistical Atlas of England, Scotland and Ireland" von G. Phillips Bevan, von welchem bei W. & A. Johnston die ersten Lieferungen erschienen sind, heisst es in,,Nature": Die beiden Lieferungen enthalten die Religions- und Schul-Statistik, dreizehn andere sollen der Industrie, der Criminalstatistik, der Marine, dem Ackerbau, den Eisenbahnen, der Geologie, dem Bergbau &c. gewidmet sein. In den ersten beiden ist eine Fülle nützlicher statistischer Nachweise auf den Karten graphisch zur Anschauung gebracht und in besonderen Tabellen systematisch arrangirt. Ein grosser Theil der so gebotenen Information könnte nicht aus irgend einer anderen einzelnen Quelle geschöpft werden.

Von dem Prachtwerke,,Die Balearen in Wort und Bild geschildert", welches der kunstsinnige Erzherzog Ludwig Salvator von Toscana veröffentlicht, ist nach längerer Unterbrechung der dritte Band in zwei Theilen erschienen (Leipzig, bei F. A. Brockhaus. Fol., 933 SS. Mit 6 Tafeln in Farbendruck, 2 Tafeln in Holzschnitt, zahlreichen Holzschnitten im Text und 2 Karten. Nicht im Buchhandel). Wie wir schon bei dem Erscheinen der beiden ersten Bände die prächtige Ausstattung des grossartig angelegten Werkes rühmen konnten (s. 1869, S. 317; 1873, S. 80), so haben wir bei dem jetzt vorliegenden sehr starken Bande, welcher die Fortsetzung des allgemeinen Theiles über die eigentlichen Balearen enthält, nur Ursache, unser früheres Urtheil zu wiederholen. Sind auch die Illustrationen in Farbendruck an Zahl wesentlich verringert worden, so ist die Beigabe an instructiven Holzschnitten eine um so grössere. Mit welcher Sorgfalt und peinlicher Genauigkeit der fürstliche Verfasser die sich selbst gestellte Aufgabe erledigt,

davon giebt der reiche Inhalt des neuen Bandes wiederum den besten Beweis, indem in erschöpfender Weise alle Lebensverhältnisse der Bewohner Mallorca's geschildert werden: Geistlichkeit und Adel, die verschiedenen Arten der Bodenbewirthschaftung mit ihren Hülfsmitteln, Waldungen und ihre Nutzungen, Bienencultur, Geflügel-, Pferdeund Viehzucht, Jagd, Fischerei, Schifffahrt, Schiffbau, Bergbau, Salzgewinnung, Industrie, Handelsbewegung, Verkehrswesen im Innern und nach Aussen, Verwaltung und Behörden, Militär, Gefängnisse, Spitäler, Armenpflege, Municipalbudget und Steuersystem; es würde vergebene Mühe sein, das Buch zu durchsuchen, um irgend eine Frage über die Lebensverhältnisse der Bewohner zu finden, über welche man Belehrung zu vermissen hätte. Die zahlreichen statistischen Tabellen sind meistens bis zum Jahre 1874 fortgeführt worden, die Karten bringen die kohlenführende Nummulitenformation im Centrum von Mallorca und das Strassennetz dieser Insel im Jahre 1870 zur Darstellung.

In der gegenwärtigen Zeit, in welcher der Orient in der Tagesgeschichte einen so hervorragenden Platz einnimmt, wird manchem unserer Leser eine neue Publication des erfahrenen Reisenden und fruchtbaren Schriftstellers: A. v. Schweiger - Lerchenfeld: Der Orient, willkommen sein, welcher jetzt in 30 reich illustrirten Lieferungen erscheint (Wien, bei A. Hartleben, à M. 0,60). Die ersten 4 uns vorliegenden Lieferungen schildern Albanien, Epirus, Griechenland, Thessalien und Macedonien in Bezug auf Landschaft, Vergangenheit, Sitten und Gebräuche und jetzigen. Culturstandpunkt.

Das Reisehandbuch über die Türkei von Dr. Moritz Busch, ein handliches kleines Buch, das in den allgemeinen Abschnitten wie in der Beschreibung der Einzeltouren alles Wissenswerthe übersichtlich zusammenfasst, hat seine praktische Brauchbarkeit dadurch bewiesen, dass bereits eine dritte verbesserte Auflage (Triest, J. Ohswaldt, 1881) nothwendig geworden ist. Eine neue Karte von etwas gefälligerem Äussern und mit ausreichenderem Detail könnte

nicht schaden.

Die Specialkarten der neuen Grenzen auf der Balkan-Halbinsel von Prof. H. Kiepert, auf die wir schon im Voraus aufmerksam gemacht hatten, liegen jetzt im 1. diessjährigen Hefte der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin auf 6 Blättern vor. Die Aufnahmen wurden gemäss den Beschlüssen des Berliner Congresses von 1878 durch eine internationale Commission ausgeführt und phototypische Copien der 66 Originalblätter in 1:42 000 (einiger in 1:30000) den betheiligten Regierungen übergeben, aber nicht veröffentlicht. Auf 1:300000, d. h. den Maassstab der Karte des Wiener Militär-geographischen Instituts redu cirt, werden sie durch Prof. Kiepert's Verdienst allgemein zugänglich. Nach seinem Urtheil ist es ein werthvolles Zeugniss für die relative Zuverlässigkeit der Recognoscirungen, auf welchem die österreichische Karte beruht, dass die in den beiderseitigen Beobachtungsrayon fallenden Partieen keine bedeutenden oder in stark reducirtem Maassstab überhaupt in's Auge fallenden Differenzen zeigen, wogegen der Gewinn an neuen topographischen Thatsachen ein erheblicher in denjenigen Strichen ist, welche bisher von keinem Beobachter betreten worden waren und daher in der österreichischen Karte phantastisch ausgefüllt erscheinen.

Dahin gehört fast der ganze neue Grenzstrich von Serbien, die Südwest-Grenze von Bulgarien oberhalb Köstendil und die Südwest-Grenze Ost-Rumeliens im Rhodope-Gebirge und an der Arda. Dass Prof. Kiepert die internationalen Grenzaufnahmen bereits in seiner neuen Generalkarte der UnterDonau- und Balkan-Länder (1:1 500 000) benutzt und mit dem anderweitigen topographischen Material in Verbindung gebracht hat, wurde schon bei dieser (s. Seite 33) erwähnt.

Über ein benachbartes Gebiet, die europäischen Küstenländer und einige Inseln des Ägäischen Meeres bietet der 40. Band der „,Denkschriften der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften" in Wien (k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1880) eine Reihe geologischer Arbeiten als Frucht der Aufnahmen und Untersuchungen, die 1874-76 von Mitgliedern der k. k. Geologischen Reichsanstalt mit Unterstützung des österreichischen Unterrichtsministeriums unternommen wurden. Es betheiligten sich daran Prof. M. Neumayr, Dr. A. Bittner, Fr. Teller, L. Burgerstein und Fr. Heger, und ihre Arbeiten erstreckten sich auf die Inseln Kos, Chios, Euboea, die Chalkidische Halbinsel, Theile von Thessalien und das nördliche Griechenland bis zum Golf und Isthmus von Korinth. Den 12 einzelnen Abhandlungen, worunter auch die schon früher von uns erwähnten Heger'schen Höhenmessungen, ist ein „Überblick" angefügt und eine grosse Anzahl von Profilen, geologischen Ansichten, Abbildungen von Petrefakten, sowie Karten beigegeben. Diese vortrefflich in Farbendruck ausgeführten Karten betreffen die Inseln Kos (1:120 000) und Chios (1:275 000), die Chalkidische Halbinsel und Theile von Thessalien (1:500 000), das griechische Festland und Euboea (1:400 000), und ihnen schliesst sich eine tektonische Übersichtskarte der Küstenländer des Ägäischen Meeres in 1:1850 000 an.

Asien.

Adrianow, ein Begleiter Potanin's auf dessen mongolischer Reise, hat sich erboten, einen noch wenig bekannten Theil Sibiriens zu bereisen, und hat den Auftrag dazu von der kaiserl. russischen Geographischen Gesellschaft erhalten. Er will von Tomsk südwärts über Kuznetzk nach den Bergen von Abakansk gehen, die Mündungen des Tersey und die Flussthäler des Tom, der Mrassa und der Kondana exploriren. Sein Fach ist die Geologie, doch wird er auch für die Ornithologie, Botanik und Ethnographie thätig sein. Nach einer Bemerkung des Secretärs der Gesellschaft sind die Gebiete des Tom, der Mrassa und der Kondana bisher nur flüchtig von einigen Reisenden berührt worden, und zwar 1844 von Stschurowsky und 1856 von der Schwarz'schen Expedition.

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Aus dem Inhalt des 22. Heftes der ,,Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens" (Yokohama, December 1880), heben wir als von geogra phischem Interesse hervor die ziemlich ausführliche Abhandlung von Dr. B. Scheube in Kioto über den Bärencultus und die Bärenfeste der Ainos, die Beobachtungen der Modalität des Erdbebens vom 25. Juli 1880 am Wagener'schen Erdbebenmesser von E. Knipping, die magnetischen Ortsbestimmungen zwischen Tokio, dem Vulcan Asama und dem Fujigawa von Otto Schütt mit Kartenskizze zur Übersicht der Beobachtungspunkte, und das Itinerar einer Reise im

südlichen Theile von Jesso von Dr. Scheube mit Höhenmessungen und Einwohnerzahlen.

Unter den Arbeiten, welche die so überaus inhaltreichen Publicationen des Geological Survey of India in neuester Zeit bieten, nennen wir besonders die Karten, die auch in topographischer Beziehung von Wichtigkeit sind. Heft 4 des 12. Bandes der Records enthält eine geologische Karte des nördlichen Theiles des Districts Arcot in 1:506880, Heft 1, Band XIII eine Skizze von Ladak und Umgegend in 1:506880, Heft 2, Band XV der Memoirs eine Karte des Kohlengebietes von Ramkola und Tatapani in 1:253 440, Heft 1, Band XVII eine Karte des westlichen Theiles der SindhDivision in 1:1013760, Heft 2 eine Karte der TransIndus Salt Range in 1:253 440 und speciellere Darstellung einzelner Theile derselben, nämlich der Umgebung von Kálabágh und der Shekh Budín Hills.

In ,,Allen's Indian Mail" vom 26. Januar lesen wir folgende Notiz über Einführung einer neuen Schreibart der Ortsnamen in der Präsidentschaft Madras: Die Government Gazette veröffentlicht ein langes Verzeichniss der wichtigeren Orte in Madras, deren Orthographie von der Regierung festgestellt und vom Generalgouvernement von Indien gebilligt worden ist. Als Probe dieser Schreibart, „die in Zukunft streng beobachtet werden soll", sei erwähnt, dass so bekannte Orte wie Arcot, Bellary, Bimlipatam, Calicut, Cannanore, Coconada, Cochin, Malabar, Mangalore, Masulipatam, Palamcottah, Pondicherry, Rajahmundry, Sadras, Tinnevelly, Travancore, Tuticorin, Vellore und Vizagapatam fortan verkleidet werden in Arkadu, Ballari, Bhimunipatnam, Korikot, Kannur, Kakinada, Kochchi, Malayam, Mangaluru, Mochilipatnam, Palaiyamkotai, Puducheri, Rajamahendrasam, Sathurangapatnam, Tirunelveli, Tiruvankodu, Tutugudi, Rayaelluru und Vishakhapatnam. Sogar Madras wird durch ,,correcte Transliteration" zu Chennapatnam oder Madraspatnam, und Ootacamund zu Ontikalmanda.

Afrika.

In einem jetzt auch separat erschienenen Aufsatze in den Transactions of the Birmingham Philosophical Society ,,The Flora of Algeria considered in relation to the physical history of the Mediterranean region and supposed submergence of the Sahara" (London bei E. Stanford), sucht Wm. Mathews aus pflanzengeographischen Gründen die Hypothese eines erst posttertiären Aufsteigens der Sahara aus dem Meere zu widerlegen. Von 275 Pflanzenspecies, welche nach Munby's Catalogus der Algerischen Sahara angehören, finden sich 70 in Europa, 105 (meistens reine Wüstenformen) in Asien; nur 100 sind endemisch. Dieser Zusammenhang europäischer und saharischer Flora kann nach der Ansicht des Verfassers nicht jungen Datums sein, sondern muss schon in präglacialer Zeit, als Spanien und Sicilien mit dem afrikanischen Continente in unmittelbarer Verbindung standen, wofür die enge Verwandtschaft der sicilischen und spanischen Flora mit der algerischen als Beweis angeführt wird, Statt gefunden haben. In der Tertiärzeit kann demnach die Sahara nicht mehr vom Meere bedeckt gewesen sein.

Im Dschebel Aures in der algerischen Provinz Constantine hausen die Aulad-Daud, welche im Lande wegen ihrer Unbändigkeit einen üblen Namen haben. Zu ihrer Ehren

rettung giebt Prof. E. Masqueray, welcher sich behufs archäologischer Studien 2 Jahre im Dschebel Aures aufhielt und bei diesem Stamme freundlichste Aufnahme und Pflege gefunden hatte, in einer lesenswerthen Monographie (Note concernant les Aoulad-Daoud du Mont Aurès 1) eine Schilderung ihrer Geschichte, Lebensweise, Sitten und Gebräuche. Zur Orientirung dienen 3 Karten: der nördliche Theil des Aures-Gebirges in 1:100 000, eine bereits im Bulletin der Pariser Geogr. Gesellschaft veröffentlichte Skizze des FumKsantina mit seinen Gräberbauten in 1:10000, und eine Aufnahme der Medina-Ebene in 1:20 000.

Eine Karte von E. Masqueray, „Le Sahara occidental d'après trois pélerins de l'Adrar" (Alger, impr. A. Jourdan. 1:1 900 000), enthält neue Details nicht nur über Adrar, sondern namentlich auch über das Wady-System des Saquiet el Hamra, dessen südliche Zweige bis zum 24. Parallelgrad reichen.

Étapes Sahariennes ') betitelt F. Fhilippe seine Tagebuchblätter, die er als Dolmetscher einer kleinen militärischen Expedition im Februar und März 1874 von Biskra über Tugurt nach Wargla und zurück über El Wad nach Aïn Beïda aufgezeichnet hatte. Ohne Prätensionen schildert er die Eindrücke der Reise, Pflanzen- und Thierwelt der durchzogenen Landschaften, die verschiedenen Völkerstämme in ihrem häuslichen Leben, in ihren religiösen Anschauungen und ihren Fehden und giebt zugleich durch geschichtliche Excurse einen Überblick über ihre Vergangenheit. Von besonderem Interesse ist ein Capitel über die religiösen Secten der Sahara, unter welchen der bekannte Orden der fanatischen Snussi die erste Stelle einnimmt. Die beigefügte Karte ist eine terrainlose Reproduction der 1876 vom Kriegsministerium veröffentlichten Karte von Algier in 1:800 000.

Französische Zeitungen bringen die wichtige Nachricht, dass Oberst Flatters, welcher bekanntlich mit Vorarbeiten zu der projectirten Transsahara-Eisenbahn betraut ist, in das Bergland der Hogar eingedrungen und daselbst von dem Fürsten dieses Stammes gut empfangen worden sei. Er war am 19. December 1880 von Hassi-Inifel, südöstlich von El-Golea im Wadi Mija gelegen 2), aufgebrochen und über den südöstlichen Theil des Plateau's von Tedmaid an den Hassi-Missiggen (28° 15' N. Br.) gelangt, wo er Rohlfs' Route von 1864 überschritt. Am 6. Januar reiste er von dort weiter über die Ebene von Adschemor, kam durch die Irauen-Berge an die Stelle des Igharghar, wo dieses grosse Flussbett seine nördliche Richtung in eine nordöstliche verändert, und erreichte am 18. Januar Amdschid am Westrande des Tasili-Plateau's (261° N. Br.). Von dort gelangte er über Adschellman-Erghen bei der Sebcha von Amadghor gegen Ende des Januar in das Hogar-Gebirge.

Durch seinen effectvollen Einband zieht ein Buch von A. W. Mitchinson die Augen auf sich und sein Titel,,The expiring continent, a narrative of travel in Senegambia" (London, W. H. Allen, 1881), ist dazu angethan, die Neugierde noch mehr anzuregen. Das Bild der Einbanddecke stellt drei abgemagerte Neger dar, die um ein Feuer kauernd ein

1) Algier bei Ad. Jourdan, 1879.

2) Zur Orientirung siehe A. Petermann's Karte des Mittelländischen Meeres in 8 Blatt, Nr. 5, Ergänzungsheft I von Stieler's Hand-Atlas. Gotha 1880.

Paar magere Knochen benagen, während aus dem Hintergrund die Hyäne, aus dem Dschungel der Leopard heranschleicht, um die voraussichtlich demnächst Verhungernden als ihr Nachtmahl in Anspruch zu nehmen. Die untergehende Sonne, welche diese Scene beleuchtet, dient jedenfalls als Symbol für den absterbenden Continent. An einigen Stellen des Buches, namentlich im 12. Capitel, wird denn auch dem ganzen Afrika das traurige Prognostikum gestellt, dass es rasch an zunehmender Dürre zu Grunde gehen werde, leider bringt der Verfasser aber keine neuen und besseren Beweise dafür bei, als die localen, so oft schon in Reisebüchern über Afrika erwähnten Beobachtungen und Traditionen, er ist sich vielleicht der Nothwendigkeit exacterer und für grosse Gebiete gültiger Beweise nicht bewusst, denn er sagt u. A., „bekanntlich nehme die Regenmenge und in Folge dessen die Verdunstung in Afrika rasch ab", und hält die Märchen von einem ehemaligen Zusammenhang der Flüsse Senegal, Gambia und Niger bei Timbuktu, sowie die auf mittelalterlichen Karten so constanten Flussverbindungen im Sudan überhaupt für hinlängliche Beweise. In dieser Beziehung befriedigt das Buch die erweckte Neugierde nicht, es enthält aber eine ganze Anzahl Bilder, die dem der Decke an sensationeller Wirkung nichts nachgeben, und ist im Grunde die lebhafte Beschreibung einer Reise über Madeira und die Capverdischen Inseln nach dem Senegal, diesen Fluss hinauf bis zur Einmündung des Bafing und zurück nach St. Louis, sodann nach Bathurst und den Gambia hinauf nach Baraconda. In welches Jahr die Reise fällt, wird nicht gesagt. Die Karte ist eine rohe Übersichtsskizze der Flussläufe des Senegal und Gambia.

J. M. Schuver, ein erfahrener Reisender, der in London einen Cursus wissenschaftlicher Instructionen durchgemacht hat, ist von Cairo abgereist mit der Absicht, ganz Afrika von Nord nach Süd bis zum Cap der Guten Hoffnung zu durchwandern. (The Academy, 12. Februar 1881.)

Für die Riebek'sche Expedition ist an Stelle des Dr. Mook, der im Jordan ertrank, Dr. Manthey, ein Schüler Virchow's und bisher praktischer Arzt in Cairo, engagirt worden. Ausserdem hat sich ihr vor Kurzem Dr. G. Schweinfurth angeschlossen, um mit ihr bis Sokotra zu gehen und die Flora dieser so wenig bekannten Insel zu studiren. Er begleitete sie bereits auf einer zehntägigen Reise durch die Arabische Wüste, wo er wiederum eine ganze Anzahl neuer grosser Wadis entdeckte, den von Ost nach West langgestreckten Nordabfall des nördlichen Gallala recognoscirte und Anderes zur Vervollständigung der Karte beitragen konnte.

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Gessi-Pascha schrieb uns Dr. Schweinfurth am 23. Februar von Sues aus war 3 Monate im Bahr-el-Gazal bei der Ghaba Gjerdiga im Grase eingekeilt und verlor die Mehrzahl seiner Begleiter durch Hunger. Er schreibt mir, dass von 500 mitgenommenen Soldaten, Arrestanten und deren Familien 400 am Hunger elend zu Grunde gingen, da nur für einen Monat Proviant mitgenommen worden war. Auch musste eine der Barken zertrümmert werden, um als Brennmaterial zu dienen. Die Leiden des armen Gessi müssen haarsträubend gewesen sein. Zudem hat er auch noch viel Ärger mit der Regierung, die ihm alle Vollmachten entzogen und, was ihn am meisten verletzen musste,

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