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oder „Emberre" „,,Speer".) Die Wakamba handeln viel mit den Mbä: holen Elfenbein, Tabak und Sclaven und bringen Metalldraht und Glasperlen dorthin. Sie hüllen fast ihren ganzen Körper in weichgegerbte, mit eisenhaltigem Lehm roth gefärbte Ziegenfelle und schlingen ihr langes Haar zu einem Knoten, den sie im Nacken befestigen. Die Ohren werden durchstochen und durch Holzklötze erweitert und verlängert, bis sie die Schultern erreichen. Beide Geschlechter bearbeiten die Felder und verwenden dazu hölzerne Hacken. Grosser Bestand an Rindern, Ziegen, Schafen, Eseln, Hühnern und mächtigen, gelben Hunden ist vorhanden; Katzen dulden sie nicht. Sie sind geschickte Schmiede und Jäger. Als Waffen werden geführt: Speere mit armlangen Blättern, grosse Schwerter und Keulen. Schilde bestehen aus der Haut des Rhinoceros. Jeder Mann trägt am linken Oberarm ein kleines Messer. Handlange Tabaksflaschen Elfenbein, rothe Glasperlen und Messingringe bilden den Halsschmuck; beide Arme werden mit Messingdraht umwunden. Die Wathaka sollen den Mbä verwandt und in Allem ähnlich sein, nur besitzen sie keine Esel und weniger Rinder als diese; aus Honig bereiten sie ein berauschendes Getränk. Zu den dort sitzenden Wandorobo, welchen die Wakuafi vor langer Zeit die Rinder raubten und sie so zur Feldarbeit und Jagd zwangen, stehen die Waëmbu, Wawuri und Wapore in verwandtschaftlichen Beziehungen, gehören jedoch sämmtlich zur Gruppe der Wambä. Diese vier Stämme führen dieselben Waffen wie die Wambä, benutzen aber zur Jagd vergiftete Pfeile. Sie treiben Ackerbau, besitzen grosse Rinder- und Ziegenheerden und einige Esel. Die Walemeru, Waleikipia und Wasaidjo treiben wenig Feldbau; sie nähren sich von ihren Heerden und von der Jagd, welcher sie mit Speeren obliegen, besitzen Esel und Kameele. Obwohl diese und die im Folgenden genannten Völker eines Stammes sein sollen mit den Wamba, wird bei ihnen doch besonders die Schwäche

der Waden hervorgehoben, die noch auffälliger sein soll, als bei den Wagalla.

Alulia, Tigereï und Muamonia sollen noch zu den Wakuafi gehören, die Dserre, Ndigiriri, Wasamburu, Mbergete und Mbellete dagegen zum Stamme der Mbä und Leikipia. Diese sind sämmtlich Hirtenvölker, gehen ganz unbekleidet, haben grosse Bärte und langes, schlichtes Haar, welches sie nicht verschneiden, sondern um den Leib winden. Ihr Besitz besteht in Kameelen, Rindern, Ziegen, Schafen und Eseln. Die Wasamburu haben vorwiegend Kameele und Pferde. Sie jagen mit Bogen und Pfeil und befahren den Samburu mit Kähnen. Die bei Boldjoi lebenden Wasamburu sind von den Wakuafi abhängig; diese jagen zu Pferde auf Elephanten und Antilopen, wobei sie Speere und vergiftete Pfeile benutzen. Alle diese Völker, sowie die westlich und nördlich vom Samburu sitzenden Wakangani, Wagonsi und Andile, stehen mit den Somali von Brawa in Handelsverbindung. Die Somali kommen zu ihnen, weil diese Völker ihre Weide- und Jagd-Gründe nicht verlassen.

ein

Einen grossen Theil des östlich vom Lemeru-Gebirge liegenden Landes nehmen die Borani-Galla ein, grosses Hirten volk, welches viele Kameele und Pferde besitzt und zu N nach,,Habeschi" und ,,Harari" handelt. Sie ähneln den am Tana sitzenden Galla, sind jedoch höher gewachsen und tragen grosse Bärte. Ihre Tracht, Bewaffnung und Sitte ist die der südlichen Galla; aber ihre Sprache weicht etwas ab. Bararetta- und Kokawe-Galla nennen die Borani ihre Vettern und Brüder und besuchen sie. Der bezügliche Weg führt durch das Land der nomadisirenden Wadjole, Mimidi und Wakore, welche zum Stamme der Mbä gehören, aber nackt laufen, obschon sie Baumwollgewebe von den Somali beziehen. Dasselbe wird von ihnen als Schmuck und Schlafdecke benutzt. Die Somali unterhalten auch mit den Borani regen Handelsverkehr von Brawa, Kismaju und Lamu aus.

Die neue französische Landesbefestigung ').

(Mit Karte, s. Tafel 7.)

Nachdem Frankreich im letzten Kriege mit dem Elsass und einem Theile Lothringens die natürlichen Schutzlinien des Rheins, der mittleren Mosel und des nördlichen Theils der Vogesen, sowie die kleinen festen Plätze Diedenhofen, Marsal, Bitsch, Pfalzburg, Hagenau, Schlettstadt, Neu-Breisach und die beiden Hauptbollwerke seiner nordöstlichen Vertheidigungsfront Metz und Strassburg verloren hatte, ist es mit einer über jedes Lob erhabenen Opferwilligkeit rastlos bemüht gewesen, das Landesbefestigungssystem wieder auf

1) Die nachstehende Darstellung beruht auf Mittheilungen militärischer Fachschriften, anderer Zeitungen und der Registrande der geographisch-statistischen Abtheilung des Grossen Generalstabes, entbehren also in den meisten Fällen der directen Authenticität, wie sie nur französische officielle Nachweise liefern könnten. Dass diese aber Niemandem zur Verfügung stehen, ist selbstverständlich genug.

zurichten. Die Nationalversammlung bewilligte am 27. März 1874 die Mittel zur Neubefestigung von Paris mit 60 Millionen Francs, und am 17. Juli desselben Jahres die zur Errichtung der neuen Vertheidigungsfront an der Ostgrenze mit vorläufig 881 Millionen Francs, und zeigte hierbei eine Einmüthigkeit und über das geforderte Maass hinausgehende Bereitwilligkeit, die dem Patriotismus des französischen Volkes zur höchsten Ehre gereichen. Die Aufgabe war keine leichte; denn da Frankreich jetzt kein ausreichendes natürliches Hinderniss von einiger strategischer Bedeutung an seiner Nordostgrenze mehr besitzt, musste es vor allen Dingen darauf bedacht sein, ein künstliches und zwar ganz neues Befestigungssystem zu schaffen, da das alte, nach welchem durch Cordons kleiner, nach dem bastionären

Princip erbauter Grenzfestungen und durch eine volle Ausnutzung ihrer Wirkungssphäre zu passiver örtlicher Behauptung ein Angriff auf die Grenze zu verhindern war, sich als unzureichend erwiesen hatte. Hieraus ergab sich die Nothwendigkeit, die vorhandenen und benutzbaren Festungen der von der jetzigen Art der Kriegführung geforderten Verwendung grösserer Truppenmassen, denen auch die Möglichkeit zur Ergreifung der Offensive gegen die Belagerer gegegeben wäre, der unendlich gesteigerten Tragweite der Belagerungsartillerie und dem mehr und mehr in Aufnahme gekommenen radionalen und polygonalen Princip entsprechend umzugestalten und viele andere Festungen neu zu errichten. Aber sowohl die unbegrenzte Opferfreudigkeit des französischen Volkes und seine colossalen Hülfsquellen, wie auch die im letzten Kriege gemachten und sorgfältig und geschickt benutzten Erfahrungen boten die solideste Bürgschaft für befriedigende Resultate, und diese sind denn auch das kann sich Frankreich mit durchaus gerechtfertigtem Stolze sagen - bereits erreicht worden.

Nach dem adoptirten und zum grössten Theil ausgeführten Plane, dem die Ansicht zu Grunde lag, dass Frankreich bei einem neuen Kriege mit Deutschland anfänglich möglicherweise auf die strategische Defensive angewiesen sein würde, bildet eine ca 300 km lange, theils über grosse befestigte Lager, theils über Sperr- und andere Forts und Citadellen führende Linie, die an der belgischen Grenze beginnt und bis Belfort reicht, die geschützstarrende Hauptfront gegen Deutschland. Sie ist sowohl die Basis für den strategischen Aufmarsch der Armeen in der Nähe der Grenze und für den Einfall in Deutschland, wie auch und vorzugsweise die erste Schutzwehr gegen den Einbruch feindlicher Heere, und gewinnt dadurch noch an besonderer Stärke, dass sie sich mit den Flügeln an neutrale Staaten lehnt, wodurch eine Umgehung derselben unmöglich gemacht ist. Damit nicht zufrieden, hat Frankreich für den unwahrscheinlichen, aber bei den rapiden Fortschritten der Kriegstechnik immerhin möglichen Fall, dass diese Front durchbrochen würde, eine zweite, gleichfalls sehr stark befestigte Linie errichtet, die von Reims über Langres nach Besançon geht und den Zweck hat, die Dépôts aufzunehmen und den etwa zurückweichenden Armeen zur Aufnahme und als Stützpunkt für eine abschnittsweise Vertheidigung des Landes zu dienen.

Und wenn es nun doch einem von Osten her vordringenden feindlichen Invasionsheer gelungen wäre, alle ihm an der Grenze aufgethürmten Schwierigkeiten zu überwinden und die französische Hauptarmee zu schlagen, so stände es jetzt erst vor einer Aufgabe, wie sie schwieriger bisher wohl keiner Armee gestellt worden ist: vor der Belagerung von Paris, weil einmal doch ein Krieg gegen Frankreich

ohne die Einnahme von Paris, dem ,,Hirn und Herzen Frankreichs", wie es nicht nur von Schwärmern à la Victor Hugo, sondern sogar in officiellen Actenstücken genannt wird, nicht zu einem den Sieger befriedigenden Abschluss gebracht werden kann. Paris ist durch seine neue Befestigung das furchtbare Reduit geworden, das geeignet scheint, allen feindlichen Absichten trotzen zu können, wenn nicht neue, bis dahin unerhörte Angriffsmittel von einer noch nicht zum Abschluss gekommenen Belagerungskunst geboten werden.

Wenden wir uns jetzt zur näheren Betrachtung dieser einzelnen Abschnitte der Landesvertheidigung.

In der ersten Linie der an der Grenze gegen Deutschland liegenden befestigten Positionen ist zuerst die Festung I. Classe 1) Verdun zu nennen, welche, da sie das Flussthal der Maas, der ersten natürlichen Schutzwehr gegen Nordosten, beherrscht und am Kreuzungspunkte der längs der Nordost- und Ostgrenze Frankreichs fortlaufenden strategisch hochwichtigen, alle nur irgend für die Vertheidigung wichtigen Punkte verbindenden Eisenbahn und der MetzPariser Linie, sowie vieler anderen Strassen liegt, eine erhöhte Bedeutung gewonnen hat. Verdun hatte im letzten Kriege zwar nur eine Enceinte und eine an der Westseite gelegene Citadelle, war aber durch sein gutes Inundations- und Minensystem ein ganz achtbarer fester Platz; trotzdem wurde es wegen Mangels an Deckung durch detachirte Forts schliesslich eine Beute der deutschen Truppen. Nach dem Vorschlage des Genie-Generals de Chabaud La Tour, Vertreters der Vertheidigungs-Commission, welche alle neuen Anlagen zu berathen hat, beeilte man sich, die Widerstandsfähigkeit Verduns durch Verstärkung der Citadelle zu erhöhen und die Position durch Anlage detachirter Forts auf den den Ort umgebenden Höhen zu einem gewaltigen Waffenplatz umzugestalten. Zunächst wurden das starke Fort Tavannes bei Bois brulé zwischen Strasse und Eisenbahn nach Etain zum Schutze dieser und der anderen nach O sich verzweigenden Communicationen, auf dem rechten Maasufer zwei Batterien bei Belleville, nördlich, und bei Belrupt, südöstlich von Verdun gelegen, zur Bestreichung des Maasthales und im Westen ein Sperrfort erbaut. Später kamen die Forts Rozellier, Haudainville und Marre und die Redouten St.-Michel, Fleury, Dugny, Regret und Chaume dazu. Auch die beiden Batterien wurden zu Redouten umgestaltet.

Zum Schutze der für die Vertheidigung so wichtigen Maaslinie wurden bei Etain Eisenbahn - Sperrforts und auf den das rechte Maasufer begleitenden Höhen in einer bis in die Nähe von Toul sich hinziehenden Linie die Forts

1) Später bezeichnet nur eine römische Ziffer hinter dem Namen die Classe der Festung.

Génicourt und Troyon, die Citadelle St.-Mihiel auf dem Camp romain, dann die Forts Liouville, Gironville und Boucq angelegt.

Bei Toul wird das Gebiet der oberen Mosel für die Vertheidigung wichtig, und deshalb sind daselbst bedeutende Bauten ausgeführt. Toul selbst hatte im Kriege 1870-71 nur eine bastionirte Enceinte, wurde jedoch durch geschickte Benutzung des reichlichen Wassers der Mosel, des hier der Mosel zufliessenden Ingressin - Baches und des parallel mit der Strassburg-Pariser Eisenbahn südlich von dieser fliessenden Rhein-Marne-Canals zu Inundationen ein wirksames Hinderniss für die Unternehmungen der deutschen Truppen. Seine Lage in dem 1200 m breiten, von dominirenden, plateauartigen Höhen umgebenen Flussthale, an den bereits genannten wichtigen Communicationen und in einem Knotenpunkte zahlreicher anderer nach allen Richtungen ausgehenden Strassen machte Toul besonders zum Mittelpunkt einer ausgedehnten, starken Position geeignet. Es wurden denn auch starke Forts auf dem im N der Stadt belegenen Mont-St.-Michel, der die nach Metz und Verdun führenden Strassen, die Eisenbahn und den Canal beherrscht, westlich davon bei Ecrouves auf der Südostspitze des waldbedeckten Plateau's von Pagney zur Bestreichung des Canals, der Ostbahn und des Ingressin-Thales, auf den dieses Thal im SO begleitenden Höhen bei Domgermain und südöstlich von Toul auf den Höhen von Villey-le-Sec auf dem rechten Ufer der hier einen starken Bogen nach Toul hin beschreibenden Mosel angelegt. Später kam das Sperrfort bei Foug, westlich von Ecrouves, hinzu. Die hier am weitesten vorgeschobenen Posten sind: im NO das Fort bei Frouard an der Einmündung der Meurthe in die Mosel und im SO das Fort Pont-St.-Vincent am Einfluss des Madon in die Mosel, beide zum Schutze wichtiger Knotenpunkte von Land- und Wasser - Communicationen und der reichen Industriestadt Nancy erbaut. Als weitere Bollwerke für letztere dienen im NO das Fort auf dem Waldplateau bei Amance und im SO das bei St.-Nicolas-du-Port belegene Fort. Zeitungen wussten auch noch von dem Bau eines Forts bei Bouxières aux Dames südöstlich von Frouard und eines südlich davon belegenen Sperrforts bei Champigneulles an der Strasse von Nancy nach Frouard zu berichten. Östlich von Lunéville ist im März 1879 das Sperrfort bei Marainviller in Bau genommen worden.

Das obere Moselthal, die aus diesem über St.-Loup, Luxeuil und Lure in die Franche-Comté führenden Strassen und die über den Frankreich verbliebenen Theil der Vogesen leitenden Wege und Pässe werden durch die um Epinal sich gruppirenden Werke und eine befestigte Linie vertheidigt, die sich südöstlich bis zum Ballon d'Alsace hinzieht und an diesen anlehnt.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1881, Heft IV.

Von französischer Seite strahlen von der in Lunéville sich von der Ostbahn abzweigenden, über Raon-l'Etape, St.-Dié, Epinal und Belfort führenden Bahn vier besondere neu erbaute Stränge gegen den südlichen Theil der Vogesen aus und erreichen in Fraize, Gérardmer, Cornimont und Bussang ihre Endpunkte. Ebenso lösen sich auf der deutschen Seite von der von Zabern über Mülhausen nach Belfort führenden Eisenbahnlinie mehrere Bahnstrecken ab, die sich gegen den Ostabhang der Vogesen richten, und zwar die Strecken Molsheim-Schirmeck-Rothau, SchlettstadtMarkirch, Kolmar-Münster, Rotweiler-Gebweiler und die bei Lutterbach abgehende und bei Sennheim sich gabelnde Bahn, deren nördlicher Zweig bis Wesserling reicht, während der südliche in Sentheim sein Ende findet. Es war natürlich, dass die Franzosen darauf bedacht sein mussten, die genannten Endpunkte der auf ihrer Seite befindlichen Eisenbahnen, von denen zahlreiche Strassen und Pässe über die Vogesen führen, durch permanente Befestigungen zu sperren.

Epinal, früher nicht befestigt, hatte jedoch durch seine Lage im oberen Moselthal, am Nordostabhange des ausgedehnten Hochlandes der Monts Faucilles und in dem Knotenpunkte der von Paris nach Belfort führenden Bahn, aller im östlichen Frankreich von S nach N gerichteten Eisenbahnlinien, der oben erwähnten, nach dem südlichen Theil der Vogesen ausstrahlenden Strecken und vieler Strassen eine besondere Wichtigkeit erhalten, und wurde demnach zu einer sehr starken Position gemacht. Zunächst wurden die Forts Razimont im O und bei Dogneville im N und die Redouten bei Longchamp im NO und La Mouche im SO, alle vier auf dem rechten, das Fort bei Arches, auf dem linken Moselufer belegen, erbaut und schliesslich noch die Forts bei Roulon und Girancourt auf dem linken Moselufer in Angriff genommen. Bei der von Epinal südöstlich längs des Moselthales sich hinziehenden befestigten Linie begann man mit Erbauung der Forts Savronière, südöstlich von Epinal, Parmont bei Remiremont, Roche-laHaie bei Rupt und Château Lambert (früher Tête-del'Ours) bei le Thillot. Später kam das bedeutende, an den Ballon d'Alsace sich anlehnende Werk auf der nur 3 km Luftlinie von der deutschen Grenze entfernten Kuppe des Ballon de Servans dazu und wurde zur Verbindung dieser Forts untereinander der Bau einer Militärstrasse über den Rand der das linke Moselufer begleitenden Höhen, des Chemin des crêtes, unternommen.

Eine ganz besondere Sorgfalt hat die französische Regierung auf das allerdings hochwichtige, in der für ein Eindringen feindlicher Truppen aus dem Sundgau so günstigen Bodensenkung zwischen Vogesen und Jura belegene Belfort verwendet, das übrigens auch vor dem Kriege schon

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durch seine mit einer Vauban'schen Enceinte umgürtete, durch starke Vorwerke, die weiter vorgeschobenen, aber doch mit den Hauptwerken in Verbindung stehenden Forts La Justice, La Motte, Les Barres und Denfert - Rochereau (früher Bellevue) und die etwas weiter nach SO vorgerückten Forts Hautes - Perches und Basses - Perches geschützte Citadelle eine Achtung gebietende Stärke hatte. Da diese Werke jedoch für den heutigen Stand der Belagerungskunst der Citadelle zu nahe liegen, um mit dieser vereint einen sicheren Schutz des hochwichtigen Knotenpunktes aller Communicationen zwischen den Thälern der Rhône und des Rheins und zwischen Vogesen und Jura zu bilden, sind zahlreiche Neubauten ausgeführt. So entstanden zunächst die Forts auf dem nordwestlich belegenen Berge Salbert, auf den Höhen bei Roppe im NO, bei Vezelois im SO und auf dem Berge Vaudois im SW von Belfort.

Gleichzeitig wurde das Retranchement des Perches ausgebaut. Dann schritt man zur Schliessung der noch vorhandenen Lücken durch Errichtung der Forts bei dem 12 km nördlich von Belfort belegenen Giromagny an der Savoureuse- einem rechten Nebenflusse der rechts in den Doubs sich ergiessenden Allaine, an dem auch Belfort selbst liegtzur Bestreichung der durch das Thal der Savoureuse führenden Communicationen, auf dem Plateau des Grand-Bois im S von Belfort, auf dem rechten Ufer der Savoureuse zwischen Bahn und Strasse nach Montbéliard, auf der Höhe bei Bosmont dem vorhergehenden gegenüber, auf dem linken Ufer des genannten Flusses, bei Pérouse im O und bei Essert im W von Belfort und durch Aufführung einer vorgeschobenen Enceinte auf der Westseite der Festung.

Als Ergänzung zu dem Befestigungssystem Belforts sind die Werke bei Montbéliard in der eigentlichen durch das Thal des Doubs und der Allaine bezeichneten Trouée de

Belfort zu nennen. Montbéliard selbst ist eine Festung IV. Classe, sperrt jedoch im Vereine mit den neu angelegten Werken die Trouée vollständig ab. Hierher gehören: das Fort auf dem östlichen, am Zusammenflusse der Allaine und des Doubs belegenen Theile des plateauartigen, bewaldeten Mont-Bart zur Beherrschung des Thales und der durch dasselbe nach Besançon führenden Bahn und Strasse, das 14 km südlich von Montbéliard belegene Fort bei Blamont auf dem Nordabhange des Lomont-Gebirges und zur Vertheidigung des Doubs - Überganges das Fort

bei Pont-de-Roide auf dem linken Ufer des Doubs mit den beiden letzterem gegenüberliegenden Batterien auf den Roches. Schweizer Zeitungen berichten, dass auch bei Beaucourt auf dem Berge Gramont, an dessen Fuss die Bahn Montbéliard-Porrentruy-Basel vorüberführt, ein neues Werk errichtet werden soll. Auch verlautet, dass man die wichtigsten Sperrforts mit schmiedeeisernen Thürmen, den

Drehthürmen der Schiffe ähnlich und zwei 15,5 cm Geschütze von einer Tragweite von 10 km führend, zu armiren gedenkt.

So ist die Schutzmauer beschaffen, die sich Frankreich in den befestigten Lagern von Verdun, Toul, Epinal und Belfort und in den längs Maas, Mosel und Doubs sich hinziehenden Forts gegen Deutschland errichtet hat.

Hinter derselben liegt eine zweite Linie von gleicher Stärke, die bei Reims beginnt und über Vitry-le-Français, Langres, Besançon und Dijon nach Chagny führt.

Reims liegt an der Vesle, einem linken Zuflusse der in die Oise sich ergiessenden Aisne, und dem Canal von der Marne zur Aisne, am Nordfusse des Montagne de Reims und im Knotenpunkte von vielen Strassen und fünf Eisenbahnen, die sich mit dem ganzen französischen Eisenbahnnetz verzweigen. Kein Wunder also, dass der Ort zu einem grossen Waffenplatze geworden ist, der durch die Forts bei Brimont im N, St.-Thierry im NO und Montbré sichergestellt wird. Auch das südlich von Reims belegene Epernay sollte mit vier selbständigen Werken umgeben und Nogent-sur-Seine befestigt werden, um die Zugänge zum Plateau von Brie und zu Paris selbst zu decken.

Die Festung Vitry-le-Français (IV) an der Marne, dem Marne-Canal, der Ostbahn und im Knotenpunkte von fünf nach allen Richtungen ausgehenden Strassen gelegen, und Chaumont an der oberen Marne mit dem weit nach NO vorgeschobenen Posten an der oberen Maas und der Bahnstrecke Toul-Neufchâteau, dem Fort Pagny-la-BlancheCôte, bilden die Verbindungsglieder zwischen Reims und der überaus starken Position von Langres. Die Festung Langres liegt an der obersten Marne, auf dem Nordwestabhange des Plateau's gleichen Namens und im Mittelpunkte eines reichen Communicationsnetzes, und hat hierdurch sowohl wie als Stützpunkt des rechten Flügels der ersten Vertheidigungslinie gegen Deutschland eine hohe strategische Bedeutung. Es war auch früher schon eine starke Festung II. Classe und durch seine Citadelle, die Werke von Champigny, das Fort Peigney, die Batterie laPointe-Franchise, das Werk Brévoine, die Redoute von Corlée und das Fort von la-Marmotte im O und durch die Werke bei Bonelle und Buzon ein bedeutender Waffenplatz, entsprach aber doch nicht mehr den Anforderungen der Neuzeit. Deshalb wurden die Werke bei Peigney, Bonelle und Buzon ausgebaut und der Bau der die Wirkungssphäre der Position auf 12 km ausdehnenden Forts Cognelot im SO, Dampierre im NO und St.-Menge im N mit der zwischen den beiden letzteren liegenden Batterie bei der Pointe-de-Diamant, die später auch ein Fort wurde, in Angriff genommen. In der Folge kam noch das 12

13 km gegen O vorgeschobene Fort Plesnoy mit vier dazugehörigen Batterien hinzu.

Das zweite starke Reduit des rechten Flügels der Vertheidigungsfront ist Besançon, das, schon durch seine Lage das Gebiet der Saône und des Doubs, sowie die hier sich kreuzenden Bahnen von Lyon, Dijon, Langres und Vesoul zu beherrschen geeignet, zu einem starken befestigten Lager umgestaltet ist. Auch schon während des Krieges war Besançon eine mächtige Position, denn ausser der Citadelle im SO der Stadt hatte es die Forts Toussey und Trois Châtels, den Brückenkopf Griffon, die Forts Brégille, Beauregard und Grand - Chaudanne und die 1870 errichteten provisorischen Forts Palente, Justice, Monts Boucons, Rosemont, Petit-Chaudanne, de l'Ouest und de l'Est des Buis und Montfaucon. Später baute man diese provisorischen Befestigungen aus, befestigte die Position von Tallenay-Châtillon im N der Festung auf der Wasserscheide zwischen Ognon und Doubs und erbaute das Fort bei Fontain im S und das weiter nach NO vorgeschobene Fort bei Lomont, in der Mitte zwischen Besançon und Pont-de-Roide zur Bestreichung des Doubs-Thales im Ausgange der Trouée de Belfort.

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Zur Erhöhung der Wirksamkeit der starken Positionen von Langres und Besançon und zugleich zur Sicherstellung der Zugänge zu dem ausgedehnten, mit seinen nordöstlichen Ausläufern das Plateau von Langres erreichenden waldbedeckten Hochlande der Monts Morvans und der Côte d'Or und der Verbindung mit dem Rhône-Bassin dienen Dijon und Chagny. Dijon hat zu diesem Zwecke die Forts auf der Motte Giron im W zur Vertheidigung des tief in das Plateau einschneidenden Thales des Canals von Bourgogne, der oberen Ouche und der auf dem linken Ufer derselben sich hinziehenden Bahn nach Paris, bei Asniè6 km nördlich von Dijon, zum Schutze des Thales des Suzon, der nach Langres führenden Bahn und der nach N vielfach sich verzweigenden Strassen, bei Varois in NO zur Bestreichung der Thäler des Norges und der Tille (Nebenflüsse der Saône) zwischen Sennecey und Mirande im SO und bei Chenôve im SW erhalten. Später wurde der Bau der Redoute des Mont Affrique und der Forts bei Hauteville im NW zwischen Ouche und Suzon und bei St.-Apollinaire im NO zwischen Festung und Fort Varois begonnen. Als ein Verbindungsglied zwischen Dijon und Besançon ist die an der Saône und im Knotenpunkte wichtiger Communicationen belegene Festung Auxonne (IV) zu betrachten.

An dieses gegen die deutsche Grenze gerichtete Befestigungssystem schliessen sich im S noch die Sperren der Jurapässe bei Pontarlier, wo am Durchbruche des Doubs

und an der nach Neufchâtel führenden Bahn die Forts von

Joux und von Larmont liegen, ferner die Festungen Les Rousses (III) auf der Strasse nach Genf, Salins (IV) am Kreuzungspunkte der Bahnen Dijon-Neufchâtel und Besançon-Genf und südlich von Pontarlier in der Nähe der Schweizer Grenze ein Sperrfort bei St.-Antoine am Passe, durch welchen die Strasse von Pontarlier nach Lausanne führt.

Der Vollständigkeit wegen nennen wir noch kurz die Festungen, welche die Vertheidigungsfront gegen Belgien bilden und trotz der völkerrechtlich bestehenden Neutralität dieses Staates durchaus nicht vernachlässigt worden sind. In der ersten Linie, die hauptsächlich zum Schutze der längs der Nordostgrenze hinlaufenden und der damit verzweigten Eisenbahnen dient, liegen östlich von der Maas: Longwy (II) und Montmédy (III); an der Maas: Sedan, das geschleift werden soll, aber als Eisenbahnsperre vorläufig noch in seiner Citadelle erhalten bleibt, Mézières (II) und Givet (I); zwischen Maas und Schelde: Rocroy (III), das Sperrfort bei Hirson, Landrecies (III), Maubeuge (II) und Le Quesnoy (III). Dann folgt das Festungsviereck Cambrai und Valenciennes an der Schelde und Arras und Douai an der Sarpe, alle I. Ranges, unterstützt durch die kleineren Plätze Condé (III) und Bouchain (IV). Nördlich vom Viereck liegt Lille (I), durch die neu angelegten Forts eine der stärksten Positionen, ist es der Stützpunkt für die folgenden nördlicher und an der Küste belegenen Festungen: St.-Omer (II), Aire (IV), Bergues (IV), Dunkerque (I), Gravelines und Calais.

In der zweiten Linie folgen dann in derselben Ordnung von SO nach NW: Soissons (II) mit dem nach NO vorgeschobenen Laon (IV), La Fère (II), alle drei mit Forts umgeben; die zwar declassirte, aber im Ressort des Kriegsministeriums verbliebene Citadelle Ham (IV), Péronne (II), die Citadellen von Amiens (IV) und Montreuil (IV) und das mit Ham im gleichen Verhältnisse stehende Boulogne (III).

Die Werke der 1867 declassirten Festungen Avesnes, Béthune, St.-Venant, Doullens und Abbeville sind auch noch theilweise erhalten und können wohl binnen kurzer Zeit hergestellt werden.

Eine Betrachtung dieser Vertheidigungsanstalten in ihrem Ganzen lässt nun ziemlich deutlich das Verfahren erkennen, welches die französische Kriegsleitung bei einem etwaigen Kriege mit Deutschland zu beobachten gedenkt. Von der Voraussetzung ausgehend, dass die deutschen Heere früher operationsfähig sein werden als die französischen, würde sich die eigentliche Haupt- und Operationsarmee unter dem sicheren Schutze der Vogesen und der starken Position von Belfort zu concentriren und deshalb der für einen Einmarsch des feindlichen Heeres günstigste Abschnitt

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