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Sandsteinquadern aufgeführten Damm, Bandi Adhêm, geschlossen ist; bei dem niedrigen Wasserstande Ende März erhob er sich 40 Fuss über dasselbe, aber noch 30 Fuss höher an den Felswänden sichtbare Marken bezeichnen den Stand zur Zeit der Wasserfülle. Dieses Werk diente zur Regulirung zweier Canäle, ausser dem schon genannten Batt führte von hier direkt nach SO. der Nahr Rádhân, der zur Bewässerung der jetzt völlig wüst liegenden bis gegen den Châlis sich erstreckenden Ebene von Gharfa gedient haben muss*).

Der Rückweg zum Tigris in westlicher Richtung durchschnitt zuerst den höheren Theil der Ebene am Fusse der Hamrîn-Berge, der jetzt im ersten Frühling noch reichlich Gras, Blumen und besonders Trüffeln erzeugte und von überaus zahlreichen Trappen und Antilopen belebt war; aber schon halbwegs betrat man eine Flugsandregion mit hohen, aber beweglichen Hügeln, Mokta er-rds (, Ende des Kopfes ") genannt, und dann einen Strich salzhaltigen Bodens **), dessen Produkt von den Bewohnern von Dûr gesammelt und auf dem Tigris nach Baghdad geführt wird.

Von der „Bleibrücke", Kantaret-er-Reșds, wie uneigentlich die Pfeilerreste einer alten Schleuse genannt werden, wurde sodann der antike Hauptcanal „der Chosroviden", Ķâțûl et-Kesráwi, in seinen durchweg deutlichen Spuren bis zum Ausgangspunkte dieser letzten Excursion, der Mündung des 'Adhêm in den Tigris, zurück verfolgt.

2. Reise in dem westlich vom Tigris und nördlich von Baghdad gelegenen Landstrich, Ende März 1850. (Researches in the vicinity of the Median Wall of Xenophon and along the old course of the River Tigris and discovery of the site of the ancient Opis, p. 216-301.)

Die von Baghdad nördlich nur eine Stunde entfernte Vorstadt ***) mit der goldschimmernden Grabkuppel des von den Schiiten hochverehrten Imam-Märtyrs Mûså el-Káṭhem (Kdzem) und seines Enkels Muhammed Tâki (daher gewöhnlich Kathimein, die beiden Kâthem "

*) So p. 50. 121, die Position des Band astronomisch fixirt zu 34° 32' 50" N. und 17' Ost v. Baghdad. Bei Ritter X. 230 sind die beiden Canäle (der N. Batt verdruckt in Bull) irrig localisirt.

**) Jones p. 125 giebt der ganzen Gegend den, wie er selbst sagt, türkischen Namen Toos, erklärt diesen aber irrig mit,,Staub", was tôz heissen würde: es ist tûz,, Salz", gleichbedeutend dem arab. milḥ, womit der am Wege geschnittene Salzbach bezeichnet wurde.

***) Bekanntlich hat ihre starke Volkszahl (der Mehrheit nach schiitische Perser) und ihr lebhafter Verkehr mit der Regierungshauptstadt den unternehmenden Midhat Pascha zur Zeit seiner Baghdader Verwaltung Anfang der siebziger Jahre veranlasst, auf dieser Strecke die erste Pferdeeisenbahn im türkischen Asien anzulegen.

genannt), bildet nach dieser Seite auf weithin den letzten ständigen Wohnort; dann beginnt sofort die volle Wüste, durch einen nur etwa 400 Schritt breiten grünen Streifen vom Strome getrennt, aber überall erfüllt von den unverkennbaren Resten alten und mittelalterlichen Anbaues. Die zahlreichen Biegungen des Tigris abschneidend, geht der Weg längs eines von Ziegelmauern eingefassten, 50-60 Fuss breiten, jetzt trockenen Parallelcanals, der hier Serákha genannt wird; einen gleichnamigen kleinen See in seinem Bette umgeben mächtige Mauern aus altbabylonischen Ziegeln, welche noch fortwährender Zerstörung infolge des bequemen Transportes nach Baghdad zur Benutzung bei Neubauten ausgesetzt sind*).

Die nördlich benachbarte Ruinenstätte es-Sûk (der Markt), an beiden Seiten des hier nach ihr benannten Canals, schien neueren Ursprungs zu sein; eine Stunde weiter folgte wieder eine sehr alterthümliche, el-Hammamat (die Bäder), und ein zweites oberes Sûk mit einer Fülle antiker Glas- und Terracotta-Reste.

Das nächste Nachtquartier beim Chan-Tarmije lag in einer trostlos öden Sandfläche; dass sie in alter Zeit auch unter Cultur gestanden hatte, zeigte der Verlauf eines neuen, bisher zur Linken gelassenen, weit aus NW. herkommenden grossen Canals, genannt en-Nathriját „die Wachtplätze“, nach den ihn beiderseits einfassenden Resten der Dämme. Eine Stadtruine an seiner Ostseite von einer engl. Meile Durchmesser, von den hier hausenden Beduinen nur mit dem gleichgültigen Namen Abu Sachr Vater des Felsens bezeichnet, erwies sich wiederum durch die zu Tage liegenden Reste als allen älteren historischen Perioden angehörig.

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Noch bedeutender sind die 1 Stunde nördlicher gelegenen

*) Der Name Serâkha soll ein langes Thongefäss bedeuten, wie deren hier viele von derselben Form gefunden worden, die auch sonst in Babylonien im Altertum für Särge üblich war. Jones p. 226 meint, diese Ortslage passe besser, als (nach Chesney's Hypothese) das wenig nördlicher liegende, nicht durch ähnliche antike Reste ausgezeichnete Scheri at el-béḍa (,,die weisse Furth"), für die Lage der von Xenophon passirten Grossstadt Sittake, zumal auch die 15 Stadien Distanz vom Tigris hier zutreffen: ein Argument, welches allerdings gegenüber den zahlreichen in den Stromläufen eingetretenen Veränderungen von geringem Gewicht ist. Er verschweigt auch nicht, dass ebensoviel für H. Rawlinsons Vermuthung spreche, jene alte Stadt möge auf der Stelle der westlichen Vorstadt von Baghdad selbst gelegen haben, in welcher bei dem niedrigsten seit langen Jahren dagewesenen Wasserstand im Herbst 1845 in einer Tiefe von 24 Fuss unter dem jetzigen Boden altbabylonisches Mauerwerk blosgelegt wurde, dessen Massenhaftigkeit und Ausdehnung auf eine sehr bedeutende Stadt schliessen liess. Diese könnte immerhin, ebensogut wie Babylon and ihre Nachfolgerin Seleucia, bereits verödet gewesen sein, als Baghdad im Jahre 762 der Tradition nach auf freiem Felde übrigens auf der östlichen Seite des Stromes gegründet wurde.

Ruinen von Akbara, welche ausnahmsweise einmal den mittelalterlichen, vielleicht antiken Namen bewahrt haben*); sie werden mitten durchschnitten von einem breiten jetzt trocken liegenden Flussbett, das sich weiter oben aus dem jetzigen Tigrislaufe abzweigt und unzweifelhaft als der ältere Lauf desselben anzunehmen ist; dies bezeichnen auch seine beiden gleichbedeutenden Namen des „kleinen Tigris", Schtêt und Didjel**), von denen der letztere jetzt auch für den ganzen, von diesem Flussarme und seinen Seitencanälen durchschnittenen Distrikt gebraucht wird. Der Hauptort desselben, Summêtsche***), ist ein elendes, von ackerbauenden Schiiten bewohntes Dorf von 200 in einer Dattelpflanzung zerstreuten Lehmhütten. Über ein paar verlassene Trümmer moderner Dörfer und an einer grossen viereckigen Ummauerung eines wahrscheinlich antiken Castels, Tell-Hyr t), vorbei wurde dann ein grosses trockenes Canalbett gekreuzt, dessen Fortsetzung in ONO.- Richtung später, jenseit des Tigris, als Seitenarm des Katûl-Kesrawi sich herausstellte; dasselbe gilt von anderen correspondirenden Canalspuren, die auf beiden Ufern in der Nähe der Ausgangsstelle des Schṭêt aus dem heutigen Tigrisbette constatirt wurden, so dass die jüngere Entstehung des letzteren dadurch erwiesen ist, allerdings bereits vor den Canalanlagen des späteren Mittelalters, welche das verlassene Bett des Didjêl quer durchsetzen ††).

Weiter westlich dehnt sich am alten Strombett die grössere

*) Jâkût und Abulfeda nennen 'Ukbarâ, zwar nur als Dorf, in der nahe zutreffenden Entfernung von 10 Farsach von Baghdad. Die nahe SO. davon liegende Ruine Wane will Jones (p. 235) in dem cit. Ms. Kitâb el-akalim als Uwâne genannt gefunden haben.

**) Schuṭait nach classischer, Schtet nach heutiger Vulgäraussprache ist die regelmässige Deminutivform von Schatt, dem gewöhnlichen arabischen Namen des Tigris (ursprünglich ein Appellativ von der Bedeutung „Flussufer"); es wird daher hier von Jones p. 235 richtig Shatayt geschrieben und,,the lesser river" erklärt, weniger genau p. 2. Shtaitha,,old river"; bei Ross und Lynch und danach in den Chesneyschen und allen dieser Quelle folgenden Karten ist daraus ganz irrig Shatt Eidah oder Aidha gemacht. Dudjail, jetzt vulgär Didjel ist das Deminutiv von Didjle, dem altarabischen, jetzt nicht mehr gebräuchlichen Namen, identisch mit dem syrischen (und wohl auch mit dem altassyrischen) Diglath, den die Perser in Tigra und danach die Griechen in Tigres, Tigris umgebeugt haben.

***) So schon bei Ross und Lynch 1836; es ist Vulgäraussprache für Summeike ,,das röthliche", ein aus dem Syrischen abzuleitender Name (S.). Zur Zeit der genannten Reisenden war Beled, ein Name, der einfach,,die Ortschaft" bezeichnet, zugleich die einzige bewohnte der ganzen Gegend, also auch der Distriktshauptort.

†) Da der Name aus dem Persischen Feuer" erklärt wird, wird obige Schreibart Hir, nicht Hair lauten.

††) So der Canal von el-Alth (einem Orte, den gleichfalls schon Jâķût unter demselben Namen kennt), und ein zweiter zwischen diesem und der Ruinengruppe Djibbara, der noch jetzt mit dem Namen seines Erbauers Mostanşir (13. Jahrh.) bezeichnet werden soll.

Stadtruine Harbeh*) aus, noch in muhammedanischer Zeit bewohnt, wie mehrere noch stehende Minarete beweisen, aber auch voll von viel älteren Resten, namentlich Thonfiguren und einer mächtigen aus Ziegeln aufgeführten Plattform, wie sie so viele altbabylonische Städte aufweisen. Mitten in ihr sind die steilen und tiefen Ränder des nicht fuhrtbaren Canals Didjêl durch eine 190 Fuss lange, 43% Fuss breite, mit einer 8 Fuss hohen Brustwehr. versehene Brücke aus Ziegeln verbunden, deren vier spitze Bögen ihren Ursprung und die einstige Grösse des Wasserlaufes, der jetzt unter einem der Bögen Platz findet, verrathen; deutlicher spricht die schon in Ross' Bericht erwähnte, aber erst von Jones in Abschrift und Übersetzung mitgetheilte, die ganze Brückenlänge zu beiden Seiten einnehmende Inschrift, indem sie Mostanṣirbillah, den letzten Chalifen aus dem Hause der Abbasiden, als Erbauer im J. 629 (1213 n. Chr.) nennt.

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Den Endpunkt der Recognoscirung bildete der eine Stunde westlicher, mit einer Kuppe, die eine Kapelle des Chidr Elids trägt, beginnende Wall, welchen früher Lynch und Ross unter dem wenig mehr gebräuchlichen Namen Sidd-Nimrûd (Nimrod's Damm) beschrieben und für Xenophons Medische Mauer" erklärt hatten, indem sie der Versicherung der Anwohner, dass er quer durch die mesopotamische Ebene bis zum Euphrat reiche, Glauben schenkten **). Jones erklärt alle diese Erzählungen für gewöhnliche arabische Lügen; er hat ihn in der geraden Linie S. 26 W. (S. 28 W. nach Ross) 4 Stunden weit verfolgt, dort durch ein aus NW. kommendes breites flaches Bett eines Winterbaches unterbrochen und jenseit desselben nur noch Reste einer kleineren alten Befestigung gefunden; er bemerkt, wie wenig des griechischen Autors Angabe einer aus in Asphalt gelegten Ziegeln erbauten Mauer auf diese flache, nur aus dem an der Aussenseite (nach NW. hin) vorliegenden Graben ausgehobenen Kiesschüttung passe, die er sich nur behufs Schutz des Ackerlandes gegen die Über

*) So schreibt Jones und denkt dabei (p. 256) an das sicher nicht hierher gehörige arabische Wort harb,,Krieg, Schlacht" (Harbach im älteren Bericht von Ross, auch bei Ritter); es ist wohl nichts als das allgemeine arabische Wort für Ruinen, Chörbe oder Chirbe. Uebrigens zeugte auch hier ein offenbar einer weiblichen Gottheit zugehörig gewesener mit Kuhhörnern versehener Kopf in Terracotta von einer vormuhammedanischen Periode (p. 271).

**) Auf solche Angaben hin erscheint diese alte Grenzmauer in Chesney's Karten V. u. VII. in gerader Linie von Kadesia am Tigris nach Feludja am Euphrat quer durchgezogen: allerdings durch Punktirung nur als hypothetisch angedeutet. Wie unsicher diese Tracirung war, ergiebt sich aus den eingetragenen Wegelinien von Chesney selbst 1837 und Fitzjames 1836, welche jenen angeblichen Wall in seiner Mitte schneiden müssten, ohne dass an der betreffenden Stelle eine Spur von seinen Resten angedeutet ist.

strömung mit den aus den höheren nördlichen Strichen herabfluthenden Regenwassern angelegt denkt*). Der jetzt gebrauchte Name Tschali Batiḥ, oder gewöhnlicher gesprochen Batikh, bezeichnet eben auch nur kiesigen, steinigen Grund. Auch der Rest einer im spitzen Winkel auf die Aussenseite des Dammes stossenden langen Mauer, jetzt nur Hait-el-abiad weisse Mauer" genannt, scheint eher die Umfassungsmauer einer Ortschaft vorzustellen. Die medische Mauer" an ihrer wirklichen Stelle nachzuweisen, bleibt also noch künftigen genaueren Local-Untersuchungen jenes nördlichen Grenzstriches vorbehalten **).

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Der Rückweg wurde von Harbe aus östlicher, näher dem heutigen Tigrislaufe, aber im Osten des alten oder des Schtêt genommen und belohnte sich durch die Auffindung zweier bedeutender alter Städte. Die zweite derselben, halbwegs nach Baghdad gelegen, bewahrt in ihrem Namen el-Busara***) nur das Andenken eines muhammedanischen Wohnplatzes; von grösserem historischen Interesse erwies sich dagegen die nördlichere, Tell Mandjùr, zu welcher von Harbe aus der Weg über zwei festungsartig ummauerte Schutthügel: Tell Abr und Tell Dheheb (die Goldkuppe) führte; durch eine die ganze Landschaft beherrschende Höhe und einen Umfang von über einer deutschen Meile†), diese ganze Strecke was ein untrügliches Zeichen höheren Alterthums ist ohne irgend ein offen zu Tage liegendes Mauerfragment, sondern aus ungeheuren Schuttmassen bestehend, worin Thongefässe, auch Bildwerke von Terracotta (darunter ein nackter weiblicher Torso), sehr zerstörte Kupfermünzen, Messer und andere Instrumente aus Achat und ähnliche Anticaglien überall in Menge zu finden sind (p. 272 ff.). Wir können nur der Beweisführung des englischen

*) Unverständlich, wenigstens gewaltig überschätzt erscheinen uns die, auch bei Ritter wiederholten Maassangaben von Ross: 60 F. Breite des Grabens, wie des Walles, 35-40 F. Höhe des letzteren. Jones' einziger Ausweg, in der bekannten colossalen, aber zu isolirten Ruinengruppe von Akarkûf einen Rest der Mauer, im nördlichsten der grossen Euphrat-Tigris-Canäle, dem Nahr Seklâwije, den zugehörigen Graben zu vermuthen, kann jetzt ebensowenig mehr als ernstlich gelten, wie die Versetzung derselben weit von dieser Stelle mitten ins babylonische Culturgebiet südlich von Seleucia bei Bewsher (oben S. 12, Note ***).

**) p. 259 ff.; ein ganz ähnlicher Damm, genannt Tschali Djelil ed-Darb (wohl der unwegsame" S.), soll nach Erzählung der Araber weiter nördlich auf derselben Seite des Tigris, gegenüber Samarra sich finden (p. 271).

***) Unwahrscheinliche Wortform mit a in der zweiten Silbe, wenn dies nicht im englischen Sinne gemeint ist, also dann el- Buséra, Deminutiv von Busra (Bostra), beides häufige Ortsnamen. Als entsprechende Form führt J. p. 300 aus dem Kitâb el akâlîm Busrey an.

†) Der Durchmesser wird p. 273 zu 11⁄2 geographischen Meilen (d. i. nautischen = Minuten der Breite), also = 2,8 Kilom., p. 280 zu 2 miles, d. i. wenn statute miles gemeint sind, 3,2 Kil. angegeben, wonach der Umfang 8,7 bis 10 Kilom. (7,4 = 1 deutsche geogr. Meile) betragen würde.

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