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auch nicht selten, wie bei Eigenthums- und Erbschafts- 1 auch bei mehren Servitutenklagen, Paull. I, 11, 1. 2. Vat. fr. 92. Anstatt der Cautio iudicatum solvi konnte, natürlich nur wo es sich um das Eigenthum einer beweglichen Sache handelte, Sequestration dieser Sache 2 bestimmt werden.

Achtzehntes Capitel.

Contumacialverfahren.3

Wenn eine Partei durch Ungehorsam oder Unthätigkeit das Beginnen oder das Fortschreiten des Prozesses hinderte, wurden von Seiten des Magistratus folgende Handlungen vorgenommen.

zess nicht geführt werden, denn dass Nävius gegen Quinctius einfach ohne satisdatio klagen sollte, war nicht zu verlangen, da er sich damit aller Vortheile durch die erhaltene prätorische possessio entschlagen haben würde. Ferrati epist. p. 4 ff. 246 — 251. Heffter, ad Gai. obs. XVII. Klotz, zu Cic. p. Qu. p. 576 f. 564. 134 f. Keller, sem. I, p. 114 ff. und Rec. in Jen. L. Z. 1842, N. 200. J. Frey, d. Rechtsstreit zwischen P. Quinctius und N. Zürich 1852, p. 21 f. 34.

1 Keller, p. 241 ff. Bei dinglichen Klagen mit formula petitoria giebt der Beklagte Sicherheit durch die satisdatio iud. solvi, bei der alten 1. actio sacramento durch praedes litis et vind. und bei der Sponsionsklage durch stipulatio pro praede lit. et vind. Gai. IV, 16. 91. 94. Cic. Verr. I, 45. s. p. 836. Paull. I, 11, 1.

* Dig. II, 8, 1. 7, §. 2. XLVI, 5, 1.7. Muther, Sequest. p. 149 — 164. p. 164–175. (statt der Caution zur Sicherung künftiger Exhibition, Dig. I, 18, 1. 6.) p. 175-195 (bei Appellation, Paull. V, 36. Dig. XXXVI, 3, 1. 5. §. 1. XLIX, 1, l. 21. §. 3.) p. 247—360 (über die Anwendung der Seq. in Cod. Theod. und Just. statt der Cautionen). Im Justinianischen Recht hat sich die cautio iud, solvi nur noch für den Vertreter des Beklagten erhalten, welche der dominus zu leisten hat. Der Beklagte, welcher selbst prozessirt, cavirt jetzt, quod in iudicio permaneat usque ad terminum litis, Inst. IV. 11, 2. 4.

3 Contumacia (verwandt mit contemno, Quinct. VI, prooem. Isid. XII, p. 1071 Goth. Dig. XI, 1, 1. 11, §. 4. XLII, 1, 1. 53. §. 1.) bezeichnet bei den Römern Ungehorsam gegen die Befehle der Obrigkeit oder des Richters (non obtemperare, non obsequi u. dgl. XLII, 1, l. 53 pr. §. 3.), z. B. Nichterscheinen aus Stolz und Trotz (praesentiam sui non facere, non respondere); im neueren Prozess jede Prozesshemmung von den Parteien herbeigeführt. Z., p. 434 f. 453-458. BH., p. 277–296. T. Brackenhoeft, in Sells Jahrb. II, p. 316-342. 389-431. O. E. Hartmann, d, röm. Contum, Gött. 1851, p. 102–213. Keller, p. 298 ff.

I. Gegen den nicht erscheinenden Beklagten 1 machten sich Massregeln am meisten nöthig.

1) Erschien derselbe nach geschehener Ladung in iure nicht, so trat nach der gewöhnlichen Meinung Exekution ein, um den Beklagten zur Einlassung in die Klage zu nöthigen, es ist aber ungewiss. Bei versäumtem vadimonium stellte der Kläger auf

-

S.

1 Von dieser eigentlichen contumacia ist zu unterscheiden, 1) wenn der Beklagte ohne Absicht abwesend war, so dass die Ladung an ihn nicht gelangen konnte, 2) wenn der Beklagte daran Schuld war (durch Verborgenseyn), so dass die Ladung nicht vollzogen werden konnte. Im ersten Fall konnte ein ordentliches Verfahren nicht eingeleitet werden, denn das wäre höchst unbillig gewesen. Auf der anderen Seite musste auch der Kläger vor drohenden Nachtheilen geschützt werden. Darum gab der Prätor Einweisung in die bon. des Beklagten. Es fragt sich aber, ob diese missio nur custodiae causa, oder mit der Wirkung der venditio gegeben wurde. Letztere Ansicht ist die herrschende, Z., p. 240 f. Stieber, p. 41 ff. BH., p. 281 ff. Puchta, p. 73. Huschke, Nexum p. 168 f. Hartmann, p. 4-74., kämpft dagegen (auch Dernburg, p. 56—68.) wegen der Härte der Massregel und glaubt, dass missio in bona mit venditio nicht bei einfacher absentia eingetreten sey, sondern nur dann, wenn ein Verschulden (commissum Cic. p. Qu. 19.) hinzugekommen wäre, wie vadimonium desertum. So scharfsinnig und schön diese neue Theorie vertheidigt wird (p. 22-63.), so ist das Princip wenigstens für die republikanische Zeit nicht im Allgemeinen einzuräumen, denn gerade der Umstand, dass unter den Abwesenden einige Classen bevorzugt werden, zeigt, dass die anderen der strengen Behandlung verfielen. So z. B. war venditio ausgeschlossen bei dem, reipublicae causa sine dolo malo abfuerit oder qui ab hostibus captus est, Dig. XLII, 4, 1. 6. §. 1. XLII, 5, 1. 35. l. 39. §. 1. lex Jul. munic. c. 8. Auch fehlt es nicht an Beweisen des Gegentheils, XLII, 4, l. 13. exilio temporario puniti, si defensor non exsistat, bona veneunt 1. 5. Also wird es rücksichtlich der im Edikt nicht schon im Voraus bestimmten Fälle lediglich von dem Prätor abgehängt haben, ob die missio in solchen Fällen zur venditio führte, Keller, p. 364. Dass einzelne Juristen der Kaiserzeit der milderen Meinung waren, wie Hartmann, ist aber richtig, z. B. Ulp. Dig. IV, 6, 1. 21. §. 1. Wenn der zu Beklagende latitirte, so folgte missio mit venditio, s. Cap. 19., später öffentliche Ladung, Inst. III, 13 pr.

qui

2 Dass bei absentia missio in bona und darauf venditio eintrat, während bei dem Verfahren extra ordinem Contumacialverfahren erfolgt sey, ist die Annahme von Stieber, bon. vend. p. 36. BH., p. 287 ff. Puchta, p. 73. Wetzell, p. 192. Dernburg, bon. emt. p. 13 ff. 34 ff. Dagegen hat sich Hartmann, p. 133-157, erklärt und das Contumacialverfahren auch für den ordentlichen Prozess angenommen. Nach diesem Verfahren citirte der Prätor den Beklagten durch den Lictor mit Mult für den

die ausgemachte Summe eine Stipulationsklage an, Gai. III, 224 IV, 186.1 Wenn der Beklagte zwar in iure erschien, aber keine der Handlungen verrichtete, welche zur ordinatio iudicii führen, so wurde er als damnatus behandelt und Exekution folgte. 2

2) Wenn der Beklagte in iudicio ausbleibt, so wird die Sache untersucht und nach Ablauf einer gewissen Stunde das Urtheil gefällt, natürlich meistens condemnirend für den contumax, selten absolvirend, 3

Ungehorsamen (Gell. XI, 1.), später durch Denunciation und Edikte. Wenn die Ladung dreimal vergebens erfolgt war (Paull. V, 5a, 7. Dig. XLII, 1, 1. 53. §. 1. vgl. XL, 5, 1. 26. §. 9.), wurde die Sache untersucht und das Urtheil über den contumax gesprochen, Dig. XLII, 1, 1. 53 pr. 1. 54. Ulp. Dig. XLVIII, 19, l. 5 pr. Weder an diesen Stellen, noch Dig. V, 1, 1. 68-73. 1. 75. ist eine Beschränkung auf die Extraordinarsachen ausgesprochen. Zwar nahmen Manche an, dass eine wirkliche Condemnation des Beklagten, also auch des contumax, nur dann möglich sey, wenn derselbe litem contestirt hätte (Stieber, p. 34 ff. Z., p. 410 f.) und berufen sich auf Nov. 53, 4 pr. Aber lex Rubr. c. 21 f. spricht dagegen und Hartmann, p. 112–157. zeigt, dass derjenige, welcher sich dem iudicium nicht unterwerfen wollte, doch condemnirt werde. Der Prätor citirte und condemnirte den contumax, ohne dass die Sache an den Privatrichter kam. Das Verfahren überhaupt s. Hartmann, p. 172–211.

1 Dass Bruch des vadimonium Seitens des Beklagten Verlust des Prozesses nicht nach sich zog (wie man vor Alters meinte, zuletzt Kirchner u. Krüger zu Hor. sat. I, 9, 37.), sehen wir aus dem Prozess des Quinctius u. s. w. Zwar sagt Hor. a. a. O. perdere litem, allein mit Recht ist lis als die Summe des Vad. erkannt worden und heisst hier nicht Streitgegenstand. Ebensowenig zog versäumtes vad. Seitens des Klāgers Verlust des Prozesses nach sich, was Hurtmann, p. 75—86. behauptet und deshalb Hor. a. a. O. auf den Kläger bezieht, wogegen der ganze Zusammenhang, der Ausdruck respondere und vieles andere spricht. Wenn der Prozess für den Kläger ohnehin verloren gewesen wäre, so hätte der Beklagte kein Interesse haben können, den Kläger vor Gericht zu bringen, wie wir es bei Hor. am Ende lesen. Suet. Cal. 39. ist anders zu erklären. - Unter Umständen kam es bei vad. desertum zur

missio, s. Abth. 3.

2 Auf einen solchen Anwesenden, nicht auf einen indefensus überhaupt, bezieht sich, wie Hartmann p. 102—122. dargethan hat, lex Rubr. c. 21. aut se sponsione iudiciove cett. Dernburg, p. 80 - 89.

Vor Alters wurde wohl allemal zu Gunsten des Anwesenden entschieden, s. die XII Tafeln p. 884., was später anders wurde, Cic. Verr. II, 17. Dig. III, 5, 1. 31. §. 2. XVII, 2, 1. 52. §. 18. XL, 12, 1. 27. §. 2. XLII, 1, 1. 60. XLIX, 1, 1. 28 pr. Das Contumacialverfahren heisst eremodicium (s. g. von foruos dixn, lis deserta), Dig. IV, 4, 1. 7. §. 12. XLVI, 7, 1. 13 pr. Cod. 1, 1. 13. §. 3. 4. Eine Appellation war dann nicht zulässig. Paull. V, 5a, 7.

II. Contumacia des Klägers war seltner, da diesem gewiss daran gelegen war, zu erscheinen und den Prozess durchzuführen. Wenn er in iudicio ausblieb und die Zeit der Klage lief ab, so erlosch das Klagrecht und der Beklagte schützte sich durch Verjährung, Gai. IV, 104. 105. Liv. XXXIX, 18 Doch konnte der Beklagte auf Untersuchung und Urtheil (was meistens absolvirend war) dringen, um vor allen Ansprüchen gesichert zu seyn, Dig. XL, 12, 1. 27. §. 1. XLII, 2, 1. 6. §. 3. XLIX, 1, 1. 28 pr.

Neunzehntes Capitel.
Exekution. '

Dem Urtheil folgt, wenn es von der condemnirten Partei nicht erfüllt wird, auf vorher angestellte actio iudicati, obrigkeitliche Vollstreckung, welche doppelter Art war, Personalund Realpfändung.

1) Manus iniectio, Personalexekution (zuerst durch legis actio, p. 890. dann im Formularprozess ohne Förmlichkeiten auf iudicati actio zu bewirken), war ursprünglich gestattet gegen aeris confessi rebusque iure iudicatis (s. p. 890.), also ebensowohl gegen den condemnatus, als gegen den confessus. 2 Legal wurde das Verfahren auch auf actio depensi (p. 672.) ausgedehnt. Der Condemnirte wurde 30 Tage nach dem Urtheil, wenn er während dieser seine Verbindlichkeit nicht erfüllte, von dem Gläubiger mit manus iniectio (Gai. III, 78. IV, 21.) vor Gericht geführt, wo er, sobald er keinen vindex auftreiben konnte, 3 dem Gläu

1 Z., p. 126 f. 434 f. 410 ff. v. Savigny, d. altröm. Schuldrecht. Berlin 1834. BH., p. 296-346. Puchta, II, p. 208-224. (229-248.) Keller, p. 355-372. O. Gallenkamp, de exec. ap. Rom. Berol. 1855.

2 Diese Worte werden von Hugo, R. G. p. 351. v. Savigny, p. 4 ff. nur von baar geliehener Geldschuld verstanden, von allen Geldschulden aus beliebigen Ursachen von Niebuhr, R. G. p. 669. Rudorff, Jahrb. f. wiss. Krit. 1838, p. 698. Puchta, II, 213 f. (237.) Der Ausdruck rebus iure iud. deutet nicht auf eine Beschränkung auf Geldsachen, sondern auf jedes Urtheil, welches freilich in Geld gefasst werden muss. So sagen auch die XII T. ni iudicatum facit. Gai. IV, 21. iudicati (also bei jedem Judicat), lex Rubr. 21. 22. Savigny gegen v. Scheurl, Nex. p. 35 -41. Walter, II, p. 362. Bachofen, Nex. p. 130 ff.

• Gell. XX, 1. XV, 13. Gai. III, 78. Dig. XLII, 1, 1. 4. §. 5. 1. 7. Cic.

biger vom Prätor zugesprochen wurde (iudicatus Liv. VI, 27. 34. addictus Ter. Phorm. II, 2, 20 ff.). 60 Tage musste ihn der Schuldherr in Fesseln bei sich lassen und während dieser Zeit an drei Markttagen öffentlich ausstellen und seine Schuld ausrufen, ob ihn vielleicht Jemand löse, dann aber durfte er ihn tödten oder in die Fremde als Sklaven verkaufen (trans Tiberim). Wenn mehre Gläubiger waren, so hatten sie nach dem Buchstaben des Gesetzes das Recht, den Schuldknecht verhältnissmässig in eben so viel Stücke zu schneiden. So wenig sich die Richtigkeit dieser Bestimmung abläugnen lässt, eben so fest kann man behaupten, dass nie ein Schuldherr von dieser Erlaubniss Gebrauch gemacht hat, wie auch Gell. XX, 1. versichert. Der Gläubiger behandelte vielmehr den ihm Zugesprochnen als einen Knecht, welcher seine Schuld abarbeiten musste (Liv. VI, 27. 34. Dion. Hal. VI, 79.) und den Misshandlungen des harten Gläubigers ausgesetzt war. 2 Durch lex Poetelia (p. 658.) wurde die Lage der addicti verbessert, die Haft derselben dauerte fort

de or. II, 63. Sen. ben. III, 8. IV, 12. Fest. v. vindex, Boeth. Top. 2. p. 291. Or. Gai. IV, 21 f.

1 Hüllmann, Röm. Grundverf. p. 178 f. erklärt tertiis nundinis partis secanto (sie mögen Theile schneiden), si plus minusve secuerunt, se fraude esto. der XII Tafeln gegen Gell. XX, 1. Quint. Inst. III, 6. Dio Cass. (ed. Mai. p. 217.) u. Tertull. Apol. 4. (ähnlich wie Bynkershoek obs. I, 1. Heinecc. synt. u. A.) als Theilung der aus dem persönlichen Verkauf gelösten Summe oder für Theilung der Dienste. Dann würde der Zusatz si etc. ganz unnütz seyn, wodurch das Gesetz dem in Shakespeare's Kaufmann von Venedig gemachten Einwurf schon im voraus begegnete. Die früheren Vertheidiger der strengen Ansicht (Sigonius, Spanheim, Salmasius etc.) und der figürlichen Ansicht zählt Z. auf, p. 134 f. Ganz eigenthümlich J. Taylor, in Fellenberg iurispr. I, p. 565-600. Dass die Verordnung dem Geist des ältesten Rechts entspreche, behauptet auch BH., p. 300. v. Savigny, a. a. O. Osenbrüggen, in krit. Jahrb. 1842, p. 113 ff. Irving, an introd, to the study of the civil law. p. 21 f. Häckermann, de legisl. Xvir. Gryph. 1843, p. 9-26. u. A.

2 Was das persönliche Verhältniss der spätern addicti betrifft, so giebt Quint. Inst. VII, 3. V, 10. III, 6. die beste Auskunft. Er sagt nemlich, dass der befreite addictus ingenuus werde, also ganz in seinen alten Zustand zurücktrete, dass er sogar gegen den Wunsch seines Herrn durch Zahlung die Freiheit gewinne, dass er vor Injurien seines Herrn geschützt sey (Gai. I, 141.) und dass er Namen und Tribus behalte. Dass er in der Gefangenschaft von dem eignen Vermögen leben durfte, bestimmten schon die XII Tafeln, Gell. XX, 1.

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